Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

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Köln92
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Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon Köln92 » 18. April 2020, 18:55

Hallo zusammen, das ist mein erster Beitrag.

Wie geht ihr mit der Emotionslosigkeit, bzw. dem mangelnden Ausdrücken von Emotionen um oder habt ihr irgendwelche Tips/Anregungen?

Mir fällt es unheimlich schwer Emotionen zu zeigen oder auszudrücken. Wenn ich angelächelt werde oder Komplimente bekomme muss ich mich regelrecht zwingen mit einem „emotionalen Ausdruck zu Antworten“ und ich fühle mich dabei sehr unwohl, wenn ich es künstlich machen muss.
Bei manchen Menschen ist es schlimmer als bei anderen und es ist auch etwas von meiner Laune allgemein abhängig.
Leider ist es im Rahmen meiner Familie besonders schlimm. Da habe ich ein extreme Blockade ungezwungen Emotionen zu zeigen.
Früher habe ich von anderen Leuten auch viele dumme Sprüche an den Kopf geworfen bekommen weil mein Gesichtsausdruck immer gleich und monoton ist. Allein dieses Thema hat mich schon Freundschaften gekostet und Probleme in der Partnerschaft verursacht.

Wie geht es euch damit? Habt ihr erfolgreich daran arbeiten können und wenn ja, was hat euch geholfen?
Grüße aus Köln

träumer
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Re: Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon träumer » 18. April 2020, 23:54

Hallo nach Köln,

ich habe mich bisher immer zwingen müssen Emotionen zu zeigen, wo es eigentlich gar keine gibt. Ich habe es als ganz normal betrachtet, auf bestimmte Ereignisse zu reagieren wie es von einem erwartet wird. Ich habe es mir sozusagen antrainiert und kannte es nicht anders und ich habe bis heute keine Vorstellung von diesen "Emotionen". Leider ist dieses schauspielern und eine Maske aufzusetzen unheimlich kraftraubend und ich bin inzwischen an einem Punkt angelangt, wo die soziale Interaktion in Verbindung mit einem Beruf einfach zu anstrengend ist und ich auch überhaupt keine Lust mehr habe es zu versuchen.

Immerhin scheinst du in der Lage zu sein Partnerschaften einzugehen. Da bin ich schon etwas neidisch!

Gruß!

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Re: Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon bluemoon » 19. April 2020, 19:06

Hallo und willkommen,

ich bin mir gerade nicht sicher ob das hier der richtige Forumsbereich ist. (Hat ja nicht viel mit Vorstellung oder Abschied zu tun.) Eine kurze Antwort möchte ich trotzdem geben:

Es ist ein riesen Problem für mich. Die Gefühle sind da und echt. Ich bekomme sie aber nicht transportiert. Wenn ich gut drauf bin kann ich das einigermaßen mit bewussten schausspielen kaschieren, aber wenn's mir nicht so gut geht funktioniert das gar nicht mehr. In der Folge geht viel zu Bruch, was mich dann noch weiter runter zieht. Mitlerweile versuche ich es Menschen, die mir wichtig sind, zu erklären. Das funktioniert aber auch nur ab und zu und in Teilen.

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Re: Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon Anjuli » 20. April 2020, 07:25

Guten Morgen,

wie Du schreibst, es sind ja zwei Aspekte.
Emotionen haben und Emotionen ausdrücken.

Es hat immer einen Grund, wenn Emotionen nicht gefühlt werden können. Diese sind zwar da, aber sie sind abgespalten, dissoziiert, d.h. vom eigentlichen Erleben abgetrennt. In Folge davon lebt man sehr im Kopf.

Der "Sinn" bzw. die Lebensstrategie dahinter ist, das diese Emotionen früher - als Kind - einmal so überwältigend und bedrohlich waren, das man zu dem Schluss gekommen ist, besser nicht zu fühlen. Diese Emotionen werden heute immer noch als bedrohlich wahrgenommen, weshalb diese hinter Schloss und Riegel kommen und nicht gefühlt werden.

Das Problem dabei ist allerdings, sie sind dennoch nicht weg. Sie machen sich dann z.B. in Form von psychosomatischen Krankheiten bemerkbar. Ausserdem mindert Nichtfühlen stark die Lebensqualität und Lebendigkeit. Wieder fühlen können ist erlernbar, am besten mit Unterstützung.

Emotionen zu haben, diese aber nicht ausdrücken zu können, ist eine andere Sache. Ausdrücken kann man Emotionen nonverbal oder verbal.

Fühlst Du die Emotionen? Kannst Du diese in Worte fassen? Mit welchen körperlichen Empfindungen - Enge in der Brust, Wärme, Schwere... gehen diese einher? Spürst Du das? Kannst Du das in Worte fassen? Kannst Du sagen, welche Emotion das ist, die Du spürst?

Ein Grund, wenn das schwer fällt ist, dass man als Kind - Säugling - nicht richtig von den Eltern gespiegelt wurde. Ein Kind lernt seine Emotionen kennen, indem es in seiner Reaktion von den Erwachsenen stark übertrieben gespiegelt wird, so das es merkt, das die Erwachsenen nicht ihre eigenen Reaktionen zeigen, sondern die eigenen imitieren und dann kann es die Körpergefühle mit einem "Namen" versehen "ohhhh, Dutzi Dutzi, da freust Du Dich" - "Oh, hast Du Dich erschrocken".
Wenn das die Eltern nicht können - warum auch immer - lernt man seine Emotionen nicht kennen, man vermag die körperlichen Ereignisse, die z.B. mit Angst einhergehen, nicht zuzuordnen. Auch das lässt sich im Erwachsenenalter wieder lernen.

Die Emotionen nicht nonverbal, mimisch auszudrücken zu können - wenn alles andere gegeben ist, kann eine Angst sein, sich verletzlich zu zeigen - wenn ich Emotionen zeige, zeige ich "mich", mein inneres Wesen. Fehlendes Vertrauen. Angst sich zu offenbaren, wahrhaftig zu zeigen, da man dann vielleicht von anderen "beschämt wird", augelacht, beschimpft, verurteilt.

Wie war es in Deiner Familie? Du sagst, hier ist es besonders schlimm. Das spricht dafür, dass das zeigen von Emotionen als Kind in irgendeiner Form gefährlich war, weil man dann z.B. beschämt wurde.

Übliche Sprüche sind ja "ein echter Kerl weint nicht", "Du bist lächerlich", "Schäm dich...".

Beschämung bedeutet, man wurde in seiner Person und Art abgelehnt. Das ist für Kinder gefährlich, da sie zum Überleben die Bindung an die Fürsorgeperson brauchen (egal wie grausam diese ist) und sich anpassen. Kinder zu beschämen und zu berurteilen - zu verurteilen ist "Erziehung" - mit drastischen Folgen für den späteren Erwachsenen, weil es dann immer noch Verurteilung und Ablehnung bedeutet, sich zu zeigen.

Wenn man gelernt hat, dass das zeigen von Emotionen üble Folgen hat, macht man das nicht mehr. Wenn man Emotionen nicht zeigt, schützt man sich. Man ist dann nicht so angreifbar und verletzbar. Man versteckt sich - seine wahre Authentizität, die Gefühle.

Das Wort "Person" bedeutet nach Wikipedia. "Der Begriff entspricht dem griechischen πρόσωπον/prosopon = Gesicht, der sich wie auch das lateinische persona bereits in der Antike auf die Bedeutungen 'Schauspielermaske' (wie im antiken Theater), 'Rolle' (im Schauspiel oder Leben), 'Amtsstellung' und allgemein 'Person'/'Persönlichkeit' auffächerte.[2] Das Wort 'Persona' wurde auch als das 'Hindurchtönen' (personare = hindurchtönen, klingen lassen) der Stimme des Schauspielers durch seine Maske, die seine Rolle typisierte, verstanden. - In jüngster Zeit wird "Persona" auch für im Internet gezeigte Schein-Identitäten verwendet.[3]- Auch die Herkunft aus dem etruskischen „phersu“, das als Beschriftung einer Darstellung eines Zuges Maskierter gefunden wurde, gilt als möglich.[3] Die Ableitung aus dem Etruskischen (mit der Bedeutung „Maske“, „maskierte Figur“ oder „Maskierter“) wurde unter anderem von der Duden-Redaktion übernommen.[4]".

Eigentlich ist unsere Gesellschaft ja eher emotionslos. Das Zeigen von Emotionen wird oft als Schwäche gesehen und negativ sanktioniert. Man ist gern ein Verstandesmensch.

Man kann auch das langsam und vorsichtig lernen, Emotionen zu zeigen.

Mein Freund kann auch ganz schlecht Emotionen zeigen. Für andere Menschen - mich - ist das insofern schwierig, weil man dann nicht weiß, was in dem anderen vorgeht. Das macht Vertrauen - und Nähe schwierig. Schon in der Evolution diente das zeigen von Emotionen immer dazu, dass der andere eingeschätzt werden könnte, ob freundlich oder gefährlich. Bei Tieren ist es ja auch so.

Daher - nicht zeigen von Emotionen verhindert Kontakt - es verhindert auch Nähe. Das ist wieder auch ein Schutzmechanismus, eine Überlebensstrategie - gelernt als Kind.

Aus dem Kontakt zu gehen - auf den verschiedensten Ebenen - Kontakt zu seinen Emotionen, diese zu fühlen (Dissoziation) oder aus dem Kontakt zu Menschen (Nähe) - aus dem emotionalen Kontakt (Austausch und Vertrauen) ist eine Schutzstrategie. Man kann den Schutz meist erst dann ablegen, wenn man das Gefühl hat, sich nicht schützen zu müssen oder andere Methoden des Schutzes - der Abgrenzung hat - so das man selbst als Mensch nicht mehr in seinem Selbstwert, Wert, Selbstintegrität, Existenz, bedroht ist. Es hat alles seinen Sinn. Es ist eine alte Überlebensstrategie, gelernt als Kind, die eben als Erwachsener Probleme macht.

Wenn man trotzdem an Kontakt interessiert ist - also mir hat es schonmal geholfen, das mein Freund mir gesagt hat, er kann die Emotion nicht so zeigen, er kann es nicht zeigen, dass er mich mag. Für mich war das / ist das nicht einfach, da ich eben nicht weiß, wo ich mit ihm dran bin.

Wenn jemand gleichgültig erscheint, kann das als Unwichtig gedeutet werden, und macht auch Angst, dann ist keine oder wenig Bindung da-

Ich finde es einen guten Weg, sich soweit zu öffnen, das man dem anderen sagt, das es einem schwer fällt, oder - wenn es geht, die Emotionen in Worten auszudrücken.

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Re: Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon Kalliope » 20. April 2020, 17:50

@Anjuli: schöner Text, Dank dafür.
"In Wirklichkeit ist der andere Mensch Dein empfindlichstes Selbst in einem anderen Körper" Khalil Gibran
"Das Ideal einer vollkommenen Gesundheit ist bloß wissenschaftlich interessant. Krankheit gehört zur Individualisierung." Novalis

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Re: Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon Anjuli » 22. April 2020, 11:12

Kalliope hat geschrieben:@Anjuli: schöner Text, Dank dafür.


:lachen: Danke Dir für das Feedback :winken:

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Re: Emotionslosigkeit - Wie geht ihr damit um?

Beitragvon Laika » 22. April 2020, 20:57

Bei mir ist es so, dass ich an sich schon Emotionen habe und sie auch benennen kann. Nur beziehen sie sich oft nicht auf andere Menschen oder werden von ihnen ausgelöst. Ich habe mich nie als wirklich emotionslos / gefühlskalt wahrgenommen, weil ja Emotionen da sind, auch warme, freundliche. Habe aber im zwischenmenschlichen Bereich aber oft das Gefühl, ein Echo liefern zu müssen, das auf spontane Weise nicht entsteht.

Köln92 hat geschrieben:Leider ist es im Rahmen meiner Familie besonders schlimm. Da habe ich ein extreme Blockade ungezwungen Emotionen zu zeigen.
Früher habe ich von anderen Leuten auch viele dumme Sprüche an den Kopf geworfen bekommen weil mein Gesichtsausdruck immer gleich und monoton ist.

Was macht es im Rahmen der Familie besonders schlimm? Was würde passieren, wenn Du ungezwungen Emotionen zeigen würdest? Hattest du diesen monotonen Gesichtsausdruck schon immer?

Hat es in Kindheit / Jugend mal Situationen gegeben, wo ungehemmtes Ausdrücken von Emotionen deinerseits zu irgendwelchen Katastrophen geführt hat?

Ich meine damit Konsequenzen, die für dich verheerend waren. Unabhängig davon, ob es wirklich große, tragische Ereignisse waren. Ich erinnere mich z.B., wie ich als Kind an einem Silvester, da war ich vielleicht 10, vor Freude lauthals losgeschrieen habe, als das Auto meines Vaters anrollte, weil wir auf ihn gewartet haben. Infolgedessen hat sich mein Meerschweinchen zu Tode erschrocken, es wurde komplett panisch und konnte sich eine sehr lange Zeit nicht mehr beruhigen. Auf irgendeiner Meerschweinchenfrequenz muss ich, ohne es zu wollen, irgendetwas ganz Furchtbares geschrieen haben. Ich war entsetzt, was ich meinem Meerschweinchen angetan habe. Auf jeden Fall war das mein letzter Freudenschrei :schweigen:


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