Hmm ja, das sind so Lebensentscheidungen und Prioritäten, die man anders als die anderen trifft und die wohlhinterdemmond hat geschrieben:der normalbürger akzeptiert den künstler überhaupt nur, wenn der bettelarm ist und erst nach seinem tod berühmt wird. sonst gerät sein ganzes konstrukt ins wanken: "was, da ist einer, der macht das, was ihm spaß macht, und ist auch noch erfolgreich damit?!" da kann er nicht mit umgehen. aber das trifft nicht nur künstler. es gibt bei zeit online so eine serie, wo leute erzählen, was sie verdienen und wofür sie das geld ausgeben. wenn du ein malocher bist, der für 3500€ netto im monat bei vw in der gießerei schuftet und das verdiente geld in eigentumswohnungen investiert, bist du ein held. du darfst nur nicht die falsche frau heiraten, die dich ausnimmt. aber wehe, du hast deinen langweiligen verkäuferjob bei peek&cloppenburg hingeworfen und bist jetzt selbständiger fitnesstrainer mit 1500€ netto-einkommen im monat. oder du bist ein kleiner gruftie, hast dich schon immer für den tod interessiert und bist nach dem studium selbständiger bestatter geworden, und verdienst 1700€ im monat. dann kommen die ganzen spießer aus ihren löchern gekrochen und fangen an zu stänkern: "und was machst du wenn du alt bist? ohne rente. liegst du dann dem staat auf der tasche?" und wie kommt man überhaupt mit so wenig geld über die runden?" "wie will so jemand eine familie gründen?" "und überhaupt, was passiert, wenn sich alle selbständig machen und nur das tun, was ihnen spaß macht für nen appel und ein ei, wer zahlt dann die ganzen steuern und abgaben?" du merkst, wie die leute innerlich erschüttert werden, weil sie merken, es geht auch anders.
die anderen, die sich mit ihren Entscheidungen in trockenen Tüchern wähnen, verunsichern.
Ging mir ja in kleinem Ausmaß schon so, als ich auf Teilzeit reduziert hab. Nicht nur dass mein Arbeitgeber mir
massig Steine in den Weg gelegt hat, auch meine Kollegen reagierten mit Unverständnis und Befremden
"dann hat man ja kein Geld mehr für einen Kaffee trinken gehen und Urlaub";
und trotz der Jammerei über die Mühle käme der Verzicht auf Geld und in den üblichen Schienen zu bleiben
(Eigenheim, Frau, Hund mit Hundeschule, zweimal Urlaub, paar Hundert Euro für Style ausgeben im Monat,
weitere paar Hundert Euro für Spaß und Nachtleben)nicht in Frage.
Bei mir wirds bei der Rente auch knapp (aber das nötige wird schon da sein), aber vielleicht mache ich dann noch
einen Mini Job bis ich 70 bin und falle dann einfach direkt ins Grab (beim Gruftiebestatter )
Genau das könnte aber sein, warum die anderen da so verärgert reagieren; dass du an diesen "Strippen" nichthinterdemmond hat geschrieben:aber man ist ja nicht nicht nur künstler, sondern hat auch diverse andere rollen zu erfüllen. und die erfülle ich alle nur unzureichend. ich würde mir höchstens eine 4+ dafür geben. aber das macht mir so gar nichts aus. es ist wie eine 4+ in mathe. man hat die nacht durchgemacht, geht ohne was zu lernen in die klausur schreibt 4+ und freut sich riesig, dass man so billig davon gekommen ist. so ist es auch mit meiner ehe und allem anderem. null ehrgeiz im zwischenmenschlichen bereich. das ist das problem, aber, wie gesagt, eher für die anderen.
zu kriegen bist.
Wenn man davon ausgeht, dass jemand Mühe reinsteckt in die anderen Rollen und was erfüllen will, dann hat man
den ja in der Hand und weiß wie der tickt und weiß, woran man ziehen kann, um den zu motivieren.
Gleichzeitig denke ich, "normale Menschen" meinen es auf ihre Art gut, sie denken, dass das Leben auf
sicheren Schienen einfach besser und weniger beunruhigend läuft. Kraft der Gruppe und des Bewährten
usw.Darum wird dir vielleicht auch panisch das Scheitern und "Tod" vorausgesagt, wenn du nicht auf diesen
Schienen bist, weil diese Schienen das bessere Leben verheißen können.
"Kein Mensch", das ist aber auch ne Aussage
Naja, als ich meine Familienschiene verlassen hab und mehr auf mein eigenes beharrt, da war ich auch
"ganz seltsam, schon immer anders, krank und wohl in einer Sekte" (nur die Sektenschiene kann eine
Erklärung sein, dass man willenlos ist und die einzig gute richtige Schiene verlässt, ist klar )
Es fühlt sich an, als würde man von den anderen ausgestoßen oder sowas wie "für tot erklärt", das ist
ne komische Dynamik. Verletzt auch irgendwie oder erschüttert, wenn man sich doch noch teilweise
durch die anderen spiegelt und sieht da nur das reine Grauen.
Es ist so als würden sie die ganze Zeit schreien "fasse nicht auf die heiße Herdplatte, bist du des Wahnsinns"
und geben irgendwann auf; wobei letztendlich immer noch die Hoffnung da ist, dass sie einen auf
den in ihren Augen richtigen Weg ziehen können.
Naja, und ich finde, ich bin noch gar nicht so ein krasser radikaler Fall, ich bin so halb und halb.
Aber reicht schon für gewisse Konflikte und argwöhnisch beäugt werden.
Meinst du hier das schlechte Gewissen der anderen? Obwohl sie die Norm und den Normbürger auf ihrer Seite haben?hinterdemmond hat geschrieben: weil sie mehr erwarten und enttäuschungen natürlich vorprogrammiert sind. dann ist es auch egal, was der "normalbürger" dazu sagt. das eigene schlechte gewissen kann er auch nicht entlasten.
Mir wirken sie ja schon oft sehr sicher und selbstgefällig, vor allem in der Überzahl.
Aber auch so verunsichert und aufgeschreckt, dass sie sich doch zusammenrotten und noch größere Kommittes
bilden müssen, dass sie ja doch richtig sind und der anders denkende / handelnde / fühlende krank, abartig und besorgniserregend.
Was mir aber auch noch in den Sinn kam, von wegen der "sadistischen Wirkung" auf den Normalbürger:
ist es vielleicht die Neigung zur Wahrnehmung und Innenwelt beim abweichenden oder Künstler,
die vorhanden ist, und die ja vermutlich auch erst zu ganz eigenen Entscheidungen und Wegen führt?
(Mehr Innenwelt, weniger notwendige Schienen und Sicherheit außen; mehr unvorhersehbares und
unkontrollierbares; als würde man sich ohne Netz dem Leben ausliefern ein Stück weit auch).
Ich glaube, dass die Leute auf den Schienen auch immer ganz vieles ihrer Innenwelt bekämpfen müssen
(vielleicht hier das schlechte Gewissen?), damit der Lebensstil richtig und gerechtfertigt bleibt.
Und wenn man diese Innenwelt anrührt, was durch die Art des Seins aber auch durch die Kunst
passieren kann, könnte das sogar eher unangenehm berühren und zu diesen panisch verärgerten
Abstoßungsreaktionen führen, immer mit der Hoffnung "Der/die wird schon noch vernünftig"
(zur Not mit krasseren Aussagen)