Beitragvon Kalliope » 21. Februar 2016, 10:07
Vielen Dank für Eure Antworten! Ich denke, Ihr liegt beide zu einem gewissen Teil richtig.
Vorab: ich bin sozusagen aus bürokratischen Gründen komplett psychiatrisch durchbegutachtet und man fand keine wie auch immer geartete Persönlichkeitsstörung oder Auffälligkeit. (Aber vielleicht kann ich mich auch schlicht gut tarnen. Es war wohl mal überlebensnotwendig, sich hochgradig und gegen mein Wesen anzupassen, sonst wäre ich wohl mal irgendwann vor die Hunde gegangen.)
Allerdings laufe ich mittlerweile doch mit einer s.g. "reaktiven Depression" herum. (Dem stimme ich zu, wobei ich auch für eine Depression, zumindest eine akute, nicht alle Voraussetzungen erfülle. Da wie gesagt, meine Gefühlswelt ausgesprochen reichhaltig und differenziert ist)
Grundtypus: Melancholikerin/Misanthropin (bezieht sich nicht auf den Einzelnen, aber auf die Menschheit in ihrer Gesamtheit). Hoch kreativ. High sensitive.
(< alle drei Faktoren bedingen mein Rückzugsbedürfnis)
@Indigocat: der Artikel ist sehr interessant. Wer mich kennt, stuft mich gemeinhin nicht als introvertiert ein. Aber tatsächlich würde ich mich "eigentlich" da einsortieren und mich als "antrainierte" "Normale" bezeichnen. Also mein eigentliches Wesen ist introvertiert, aber ich habe halt gelernt, dem nicht stattzugeben.
Was sich sehr deckt ist die Kindheitsbeschreibung. Mich konntest Du (und kannst!) mit einem Stift und einem Blatt Papier irgendwo absetzen und dann ein paar Stunden alleine lassen und ich war (und bin!) glücklich. Mitunter reicht auch Sand und Stöckchen ;-).
Ich bin rein biologisch ja nicht Männchen (geistig-emotional verstehe ich mich als Bigender), aber man stelle sich einfach den Opa vor, der "für ein paar Stunden" oder auch tagelang in seiner Kellerwerkstatt verschwindet. So ungefähr.
Es ist nicht schlimm, wenn mich da wer mal anquatscht (nur nicht VOLLquatscht), aber ich brauche es dann halt auch echt nicht.
Was mir komplett abgeht ist "Seichtigkeit", Oberfläche (weil: bringt mir nüscht, Zeitverschwendung, lästig). Manche halten die Tiefe nicht aus, weder die emotionale noch die geistige. Also die Intensität, WENN ich denn dann in Interaktion trete. Wenn das nicht möglich, verzichte ich lieber komplett. Zumindest ist das m/eine Vermutung.
@Aion: ja, ist was dran. Wobei ich ja zur Zeit gar keinen Kontakt oder "Beziehung" (ist ja eh nicht möglich im herkömmlichen Sinne) mit Schizoidem habe. Aber Du liegst richtig, dass ich in gewisser Weise und für eine gewisse Zeit eine "Mitschwingerin" bin. Das hat wohl mehrere Ursachen, bedingt zum Einen in meiner Kindheit (eigene Grenzen definieren, aber auch, dass es da überlebensnotwendig war, sich hochgradig anzupassen. Also heißt es aufpassen, nicht zu sehr sich im Mitschwingen zu verlieren, sehr richtig. Allerdings kann ich heute sehr gut unterscheiden, wo der andere aufhört und ich anfange. Nur kann es mir passieren, dass meine natürlichen und echt vorhandenen schizoiden Anteile - die wir ja nach Riemann alle in uns haben und damit gehe ich konform - dann stärker mitklingen lasse. Eben, weil die Anpassung dann eben auch opportun.).
Ein weiterer Grund aber ist schlicht mein Interesse an den unterschiedlichen "Artigkeiten" des Menschen. Ich bin von Grund auf ein komplett analytisches Wesen, eine Beobachterin (das ist sozusagen meine Kernkompetenz! S.a. an Indigocat Gerichtetes.). Diese Beobachtungs- und Analysebegabung bezieht sich auf ALLE Bereiche, deswegen auch mein Hang zur Wissenschaft beruflich, bzw. zur Tüftelei. Ich denke, dass darin auch mein "schizoider" Anteil im Riemannschen Sinne zu finden ist.
Also: indem ich "mitschwinge" und die Seiten in mir anklingen lasse, kann ich sie dann auch "verstehen" und analysieren.
Und optimalerweise vielleicht etwas daraus lernen, eine Kompetenz entwickeln. Wie z.B. den Umgang mit eben anderen Andersartigen.(Ich vemeide gern den Begriff der "Krankheit", der gesamten psychologischen Nomenklatur kann ich nichts abgewinnen, sie sagt häufig mehr über das Denken der Branche aus, als über die Menschen, die sie damit bewerten. Wer das Wort "Persönlichkeitsstörung" erfunden hat, sollte posthum dafür noch geköpft werden, sorry. Denn wer sich da von wem gestört fühlt, sei mal dahingestellt. Egal. OT/Abschweifen.)
Wir sind ja nun alle Individuen und damit alle auf unsere Art und Weise "andersartig" oder eigenartig.
Dass sich meine Rückzugsbedürfnisse verstärkt haben liegt aber auch in meinen organischen Erkrankungen begründet. (Btw: auch organische Erkrankungen können Psychosymptome hervorrufen. Stichwort ZNS-Beteiligung. Ich führe das aber mal nicht weiter aus. Wen's interessiert, googlet mal.)
Wie auch immer, meine Affinität (im beziehungstechnischen Sinne) zu den Nerds, Aspergern, Ruhigen war schon immer vorhanden, bzw. diese suchen auch meine Nähe*. Hinsichtlich der Gefühls"flachheit" denke ich an ausgleichende Komplementarität, was die Bedürfnisse angeht, an sich ergänzende Ähnlichkeit.
*übrigens auch der schizoide Herr! Die Initiative, auch initial, ging tatsächlich von ihm aus. Das mal nur als Anmerkung.
"In Wirklichkeit ist der andere Mensch Dein empfindlichstes Selbst in einem anderen Körper" Khalil Gibran
"Das Ideal einer vollkommenen Gesundheit ist bloß wissenschaftlich interessant. Krankheit gehört zur Individualisierung." Novalis