Sozialer Kontakt als Antrieb

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 2. Januar 2019, 18:49

frozen hat geschrieben:Nein, den Gedanken hatte ich nicht. Geht das überhaupt?

Ich versuche es mal anders zu erklären: wenn ich einen Tumor hätte, würde es mich schon erleichtern zu wissen, ob er gut- oder bösartig ist. Entsprechende Vorgehensweisen würden sich aus einem solchen Befund ergeben. Von Nichts tun bis OP. Wenn ich weiß, kann ich Alternativen abwägen. Wenn ich nur vermute, schwimme ich eher.

Wenn jemand unter Schizoidie leidet, warum sich dann keine Hilfe holen?

Und ich sehe es nicht so, dass sich jemand in eine Psycho-Ecke stellt (das ist von dir eher negativ gemeint, oder?). Jemand ist krank, leidet darunter und geht zum Arzt. Eigentlich doch ganz einfach, oder?

Ich verstehe nicht, dass man so ausm Off raus direkt mit Kritik anfängt.
Wer bistn du überhaupt?

Betroffen anscheinend nicht..."irgendwie interessiert"....aber dann gleich von außen so die Dinge
kommentieren oder Tips geben, was Betroffene oder nicht Betroffene so machen sollten.
Und wie verirrt es hier läuft und wie einfach es wäre.

Ich geh doch auch nicht in ein Depressionsforum und sag "hey ihr Depressiven, was jammert
ihr so rum, seid ihr auch alle schon medikamentös eingestellt, dann kann man sich das alles
sparen und gut ist und lasst eure verzerrte Denkweise doch mal sein, ich wunder mich was ihr
hier so von euch gebt".

Vielleicht könntest du mal mehr auf Augenhöhe klarmachen, was dich hier so antreibt, hertreibt,
ggf. sogar selbst bewegt?
Ohne Beziehungsebene wenig Lust auf Inhaltsebene.

frozen

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon frozen » 2. Januar 2019, 20:09

Hallo Themis,

Es ist nochmal eine ganz andere Hürde, sich zur Behandlung psychischer Schwierigkeiten zu entschließen, als es bei physischen der Fall ist.


Ja. Ist das sich Hilfe holen aber in beiden Fällen nicht vom Leidensdruck abhängig? Es gibt leichte psychische Erkrankungen und schwere physische. Je nachdem, sollte entschieden werden, Einzelfallentscheidung halt.


Auch im Falle des Tumors warten sehr viele Menschen einfach ab; die Symptome werden mit der Zeit so vertraut, dass man annimmt, es könne nichts Gravierendes sein. Schließlich kommt man irgendwie auch so zurecht.


Das mag sein. Diese "vielen" Menschen kenne ich nicht. Ich kenne Menschen, die bei einem V.a. Tumor zum Arzt gehen. Insofern haben wir eine Wahrnehmungsdifferenz. Das empfinde ich nicht als schlimm, eher spannend.


Generell ist die Bereitschaft, sich irgendwem zu öffnen und Hilfe zu suchen, vmtl. bei schizoid Strukturierten noch geringer als bei anderen Menschen.


Ja, sehe ich auch so, komme aber auf den o.g. Leidensdruck zurück.


Hat die exakte Diagnose also weitergeholfen?


Mir hilft eine exakte Diagnose, ja. Andere Menschen dürfen (logisch ;) eine andere Meinung haben. Ich habe es als einen Lösungsweg in den Raum gestellt, nicht als Zwangsmaßnahme.


Und was bleibt dann? Eine zwar funktionalere, aber angepasst leere Hülse?


Ad hoc fällt mir dazu ein: "Liebling, was ist, wenn ich falle? Liebling, was ist, wenn du fliegst?" (Keine Sorge, dass Liebling ist kein Annäherungsversuch, sondern gehört zu dem Spruch.)

Es ist doch die eigene Entscheidung, ob das Ich funktionaler wird, angepasster oder gar leer. Ich lese da erst einmal Angst vor Veränderung heraus. Und die kann ich sogar verstehen.


sondern im Kleinen und BEI SICH (nicht gegen sich) etwas zu verändern. Etwas hinzugewinnen, nicht etwas töten.


Ist das denn so wenig, sich ein wenig Linderung zu verschaffen? Ob ich selbst es schaffe oder mit Hilfe eines Dritten, käme halt auf einen Versuch an.


Leidensdruck - nicht zwangsläufig einen Reparaturwunsch nach sich.


Wie geschrieben, es kommt m.E. auf die Höhe des Leidensdrucks an (und mag den Begriff Reparatur nicht - sorry). Ich verzichte hier gern auf Beispiele, sonst wird es evt leicht unübersichtlich.
Schizoidie wird häufig als ich-synton empfunden. Was ist, wenn das kippt und es als ich-dyston empfunden wird? Entsteht dann weiterhin kein Handlungsbedarf?

Auch für mich gilt, dass das Alles nur meine persönliche Meinung ist.

Themis

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Themis » 2. Januar 2019, 21:05

@ frozen:
Bei dieser Art einer Pseudodiskussion kommt man sich vor wie in einem Versuchslabor. :x
frozen hat geschrieben:
Themis hat geschrieben: Auch im Falle des Tumors warten sehr viele Menschen einfach ab; die Symptome werden mit der Zeit so vertraut, dass man annimmt, es könne nichts Gravierendes sein. Schließlich kommt man irgendwie auch so zurecht.

Das mag sein. Diese "vielen" Menschen kenne ich nicht. Ich kenne Menschen, die bei einem V.a. Tumor zum Arzt gehen. Insofern haben wir eine Wahrnehmungsdifferenz. Das empfinde ich nicht als schlimm, eher spannend.
Oh ja ... :feiern:
Themis hat geschrieben:nicht zwangsläufig einen Reparaturwunsch nach sich
frozen hat geschrieben:Wie geschrieben, es kommt m.E. auf die Höhe des Leidensdrucks an (und mag den Begriff Reparatur nicht - sorry).
"Reparatur" war so ganz leicht zynisch gemeint, falls das nicht bemerkt wurde ... in Bezug auf die Darstellung in Deinem Vorpost. :x
tiffi hat geschrieben:Ohne Beziehungsebene wenig Lust auf Inhaltsebene.
Ja. Es ist wie Schattenboxen.

frozen

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon frozen » 2. Januar 2019, 21:37

Hallo tiffy,

direkt mit Kritik anfängt


Kritik? Wenn du ein wertfreies "warum" mit Kritik verwechselst, ist es eher dein Film und nicht meine Intention.


Und wie verirrt es hier läuft


Hä?


wie einfach es wäre


Zur Klarstellung: es ist einfach, zum Arzt bzgl. einer Diagnose zu gehen. Es ist nicht einfach, Schizoidie zu behandeln (und damit meine ich nicht, sie zu heilen - nur um weiteren Missverständnissen vorzubeugen).


so machen sollten.


Sollen und können sind aber schon zwei Paar Schuhe, oder? Vor allem der Plural ist interessant. Wieviele Tips ich hier scheinbar gegeben habe...


Ich geh doch auch nicht in ein Depressionsforum und sag "hey ihr Depressiven, was jammert
ihr so rum, seid ihr auch alle schon medikamentös eingestellt, dann kann man sich das alles
sparen und gut ist und lasst eure verzerrte Denkweise doch mal sein, ich wunder mich was ihr
hier so von euch gebt".


Schrieb ich vom Jammern? Schrieb ich von Medikamenten? Schrieb ich davon, dass jemand etwas lassen soll?

Allerdings würde auch ein Depressiver von mir den Tip bekommen, sich professionelle Hilfe zu holen. Ein Laie hat m.E. keine Chance, einem Kranken wirklich zu helfen. Da scheint ein Verständnisproblem zwischen einigen Usern und mir vorzuliegen.


Vielleicht könntest du mal mehr auf Augenhöhe klarmachen, was dich hier so antreibt, hertreibt,
ggf. sogar selbst bewegt?


Das würde deine Meinung über meine Meinung ändern :rätseln: ?


Hallo Themis,

das war nicht mein Ansinnen.

Insgesamt hat mir dieser Thread, bzw. die Antworten auf meine Fragen innerhalb dieses Threads, geholfen, etwas klarer zu sehen (wenn auch in etwas anderer Hinsicht als ich es mir vorgestellt hatte). Dafür vielen Dank.

Ansonsten störe ich euch hier nicht weiter.

Schneegeflüster
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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 2. Januar 2019, 23:32

frozen hat geschrieben:Das hier:

Schneegeflüster hat geschrieben:Die Idee mit dem Komplementären für's Rollenskript gefällt mir. Meist wird dieses Skript ja durch gewisse gesellschaftliche "Ideale" geprägt, basiert also nichtmal auf individuellen Wünschen, sondern nur dem Bedürfnis der Gleichartigkeit.
Das ist im Übrigen die Eigenschaft der NTs, die mich in einem früheren Beitrag hier zur These verleitet hatten, Schizoide bis zu einem gewissen Grad seien an sich gesünder. Es scheint einfach so zu sein, dass dem durchschnittlichen NT das Bedürfnis nach Freiheit und Integrität fehlt?


liest sich für mich nicht nach einem "arme Würstchen Syndrom".


Ich weiß nicht, wie es sich für dich liest. An dieser Stelle war es von mir aber tatsächlich entschuldigend gemeint, ich schrieb das in der Intention, die vorher getätigte Aussage zu relativieren. Wie du es aufgreift, weiß ich nicht

frozen hat geschrieben:Auch das Fehlen des Bedürfnisses nach Freiheit und Integrität eines Nicht-Schizoiden halte ich für eine gewagte These. Ich kenne jedenfalls keinen, der im übertragenem Sinn gefesselt und geknebelt sein möchte. Da hilft auch ein Fragezeichen und/oder Konjunktiv in anderen Beiträgen nichts. Die interpretiere ich rein als rhethorische Stilmittel. Kann natürlich falsch sein, keine Frage.

Das Bedürfnis nach (relativer) Gleichartigkeit. Nun ja, das hat wohl tatsächlich fast jeder Mensch. Nur ist es bei Einigen mehr verschüttet als bei Anderen. Sicherlich auch bedingt durch (traumatische) Erfahrung (im Kindesalter oder auch im späteren Leben).


Das sehe ich mit folgender meiner Aussage beantwortet:

Schneegeflüster hat geschrieben:Da hast du Recht. Bei mir spielt da, denke ich, eine tiefsitzende, irrationala Frustration mit drin, weil es "Der" NT (in meiner subjektiven Empfindung) so leicht zu haben scheint, letztlich vielleicht eine Art Abwehrmechanismus. Das ist halt das Problem, wenn man einmal anfängt, zu verallgemeinern. An sich ist ja der Zustand neurotypisch, wenn wir uns einmal auf den Aspekt "Sozial normal entwickelt" konzentrieren, mehr ein Ideal als ein "Feindbild" irgendeiner Art


Ich wüsste dem auch nichts mehr hinzuzufügen.

frozen hat geschrieben:
Was hindert die aktiv Schreibenden, diese Diagnose nicht einzuholen, wenn sie sich recht sicher sind, schizoid zu sein? Das könnte ihr Leben so oder so erleichtern.


Kann mich da nur Themis' Aussage anschließen: inwiefern erleichtern?

frozen hat geschrieben:Ich versuche es mal anders zu erklären: wenn ich einen Tumor hätte, würde es mich schon erleichtern zu wissen, ob er gut- oder bösartig ist. Entsprechende Vorgehensweisen würden sich aus einem solchen Befund ergeben. Von Nichts tun bis OP. Wenn ich weiß, kann ich Alternativen abwägen. Wenn ich nur vermute, schwimme ich eher.

Wenn jemand unter Schizoidie leidet, warum sich dann keine Hilfe holen?


Was meinst du mit OP: Lobotomie? Ja danke... :x
[Sarkasmus aus]

Warum keine Hilfe holen? Ich kann nur für mich sprechen, aber erstens habe ich kein wirkliches Problem, für das ich keine Perspektive habe, wie ich es werde allein lösen können, und zweitens wüsste ich nicht, wie es ein Außenstehender, der in meinem Kopf rumpickt und Fehler sucht, besser machen würde. Nenn es wegen mir Stolz oder Jugendlich Torheit (mit meinen Unzurechnungsfähigen 17 Jahren...), aber das ist meine Situation, wie ich sie gerade sehe. Die Meinung eines Außenstehenden "Experten", der mir bestätigt oder widerlegt, dass ich in sein Verständnis der Schublade "SPS" passe, bietet mir einfach keinen Mehrwert. Im Gegenteil würde mich die (vermeintliche?) Sicherheit, zu wissen, in eine Schublade zu gehören, mehr einschränken und damit schaden, als mir nützen

frozen hat geschrieben:Und ich sehe es nicht so, dass sich jemand in eine Psycho-Ecke stellt (das ist von dir eher negativ gemeint, oder?). Jemand ist krank, leidet darunter und geht zum Arzt. Eigentlich doch ganz einfach, oder?


"Jemand ist krank, holt sich ein Aspirin und fertig. Eigentlich doch ganz einfach, oder?"
Naja....

frozen hat geschrieben:
Ja. Ist das sich Hilfe holen aber in beiden Fällen nicht vom Leidensdruck abhängig? Es gibt leichte psychische Erkrankungen und schwere physische. Je nachdem, sollte entschieden werden, Einzelfallentscheidung halt.


Nicht nur vom Leidensdruck, sondern auch von den Perspektiven, die die beiden Möglichkeiten "Ich hole Hilfe" und "Ich löse das allein" bieten. Wenn ich ein Problem habe, sei es physisch oder psychisch, dass mir einen schier unerträglichen Leidensdruck verursacht, aber die Perspektive, Hilfe zu suchen, wird absolut nichts daran verbessern, dann kann ich es ja auch sein lassen, nicht? Man beansprucht Hilfe nur, wenn man sich einen Mehrwert erhofft, der die Kosten aufwiegt, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und wie Themis schon gesagt hat: für "den" Schizoiden (um nochmal zu verallgemeinern ;)) mit einem relativ hohen Aufwand verbunden, sich zu Öffnen, um Hilfe zu suchen.
Die Grundregel der Ökonomie: Kosten und Nutzen

frozen hat geschrieben:Es ist doch die eigene Entscheidung, ob das Ich funktionaler wird, angepasster oder gar leer. Ich lese da erst einmal Angst vor Veränderung heraus. Und die kann ich sogar verstehen.


Die Frage ist immer: funktional - für welchen Zweck? Wenn ich mich anpasse, um funktionaler zu werden, werde ich nur funktionaler für die, an die ich mich anpasse. Ich will aber funktional werden für mich selbst, um mir selbst zu nützen, um Glück zu erreichen, und nicht, um Anderen zu nützen.

tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 6. Januar 2019, 12:35

Um mal hier wieder drauf zurück zu kommen.
► Text zeigen

Schneegeflüster hat geschrieben:Dazu fällt mir ein Vergleich ein, mal sehen, wie gut sich das Prinzip tatsächlich übertragen lässt:
Ich hatte mich mal eine Zeitlang für das Thema verbale und nonverbale Kommunikation interessiert (um rational die Dinge nachvollziehen zu können, die andere intuitiv wahrnehmen können). Eines der Grundprinzipien dabei, wenn es um das Thema Erkennen von Lügen geht, ist die Kongruenz der Signale, die der Andere aussendet. Die Idee ist, dass ein widersprüchliches bzw. inkongruentes Verhältnis von verbaler zu nonverbaler Kommunikation eine Lüge indiziert.
Wenn wir das auf die Rollenproblematik übertragen (können?), könnte man daraus vielleicht ja schließen, dass ein Bruch mit den Erwartungen, die Andere an die Rolle, die man angenommen hat, haben, für diese Anderen ebenso inkongruent und damit unglaubwürdig wirkt, sie sich also auf eine Weise belogen/manipuliert fühlen. Klingt das plausibel?
Ich würde da eher einen anderen Begriff einführen - nicht Kongruenz sondern Kontinuität.

Ich würde schon sagen, dass ich mich kongruent fühle, wenn ich außerhalb der erwarteten Rolle agiere.
Ich tue es GERADE weil ich mich kongruent fühlen möchte. Würde in der Rolle in mir eine Abweichung spüren.
Hmm, kann aber wie gesagt auch damit zusammenhängen, dass ich ein zu starres Rollenverständnis habe, und könnte
ggf. flexibler die Rolle gestalten, dass es IN der Rolle noch halbwegs authentisch ginge :rätseln:

Den Begriff Kontinuität meine ich in der Richtung, dass der andere eine Vorhersagbarkeit erwartet, in welchem
Rahmen / Rolle ich mich bewege. Falle ich da raus, könnte sich das wie Verrat anfühlen.
Meines Erachtens wäre das dann nicht gleichzusetzen mit "gelogen haben" oder unstimmig für meine eigene
Authenzität kommuniziert haben, oder?

Mir kommts mehr so vor, zu sehr einen sozialen Vertrag missachtet zu haben. Also irgendwie nicht in einer Rolle
drin geblieben zu sein, für die ich jetzt aber eben auch nicht so ein feines Gespür habe.
Wahrscheinlich hat man da schon gewisse implizite Höflichkeitsregeln oder den gemeinsamen sozialen Tanz verlassen
und Gegenüber zieht sich beleidigt raus oder fühlt sich vor den Kopf gestoßen oder sowas.
Also man hätte mehr eine Kontinuität erwartet, dass ich innerhalb der Rolle bleibe. Vielleicht den Spielraum nutze,
wie man in dieser Rolle Skepsis oder "keine Lust" ect äußert.
Aber mir ist dieser Eiertanz echt zu anstrengend, und ich empfinde die anderen da eher als inkongruent und denke,
warum macht man das so?

Z. B würde man nie sagen "ich hab keinen Bock mehr mich mit dir zu treffen, du gehst mir auf die Nerven" (könnte man
ja noch drüber sprechen, warum, was löst das aus ect, gäbe es ggf doch eine Basis wenn man ehrlich miteinander
kommuniziert). Nee dann wird für sich so hingedacht, mir geht die Person auf die Nerven, und dann antwortet man halt
nicht mehr auf WA Nachrichten oder hat ständig was vor bis dass es sich ausplätschert. (Meine Vermutung, Beobach-
tung von außen).

Mittlerweile hab ich schon so oft versucht, Dinge aus meiner Sicht ehrlich zu lösen, wo Leute dann überfordert
wirkten oder wie in so ne Art Rollenloch gefallen sind, Übersprungshandlungen machten, ignorierten, aggressiv
wurden oder beleidigend, dass ich dann, als ich gemerkt hab, ich brauche Distanz und ich hab so nen Menschen,
der sich nicht auseinandersetzt, es dann auch so mit dem Ausschleichen gemacht hab. Mit nem total blöden
und für mich unehrlichen Gefühl.

Mein Ziel ist es aber, solche Formen gar nicht mehr so weitreichend zu leben. (War aber da hineingeraten und
steckte da aus meiner Sicht viel zu tief drin, sprachlos, mit stummer Erwartung konfrontiert).
Eher direkteres zu finden.
Mein Motiv ist auch weniger das soziale Eingebettetsein, und Lösungen finden und mich in der Mehrheit
irgendwie bestätigt und sicher zu fühlen.
Mehr so aktueller Austausch, erforschen, erkennen.

Es stößt mich eher ab, wenn es "die absolut sicheren Lösungen, den absolut sicheren vernünftigen Weg
gibt", klar muss man nicht das Rad jedes Mal neu erfinden....aber so mit Mainstream Schablonen erschlagen
werden und so Lebensweisheiten egal jetzt aus ein paar zig Jahren Psychologie oder aus aktuellen Lifestyle
Selbsthilfe Coaching Dingen ist jetzt auch nicht so der Renner.(für mich).
Aber kann auch anerkennen , dass manche das gut finden...sowohl Tips zu geben als auch anzunehmen,
also einen Weg und Lösung gezeigt zu bekommen und dann ist alles relativ easy.
Sieht von außen wahrscheinlich wirklich unerklärlich aus, warum man das nicht wollen kann, oder es kommen
dann so Erklärungen wie "ist halt ne Krankheit, traumatische Störung in der Kindheit, will was besseres sein" ect.
Ich kanns gerade auch nicht erklären, warum ich nie diese Tendenz nach Gruppenkuscheln und einheitlichen
Dingen austauschen die hilfreich sein könnten, hatte. Mich das eher abstößt.

Und was diese Menschen betrifft, wo Austausch passen kann für mich: mir ganz egal, welche Diagnose
die haben oder ob sie überwiegend NT sind. (Irgendeine Mischung aus Störungen hat m. E. jeder)
Schneegeflüster hat geschrieben:Wenn du sagst, du willst es anderen gleichtun, meinst du dann damit, dass du ebenso zwanglos mit anderen interagieren können willst, oder meinst du, dass du ebenso leicht wie die anderen, "nur" durch soziale Interaktion, zufriedenzustellen sein willst wie die anderen?
In dem Moment würde ich gerne verschwimmen, keine Distanz spüren,dazugehören, mich wohlfühlen, nicht
zweifeln usw.Nicht unbedingt ausschließlich über das soziale, aber in dem Moment wo das Zusammentreffen ist.
Aber das funktioniert bei mir schon mit Alkohol nicht. Dass ich mich betrinke und dann verschwimme und meine
Distanz verliere.
Schneegeflüster hat geschrieben:Sind es, langfristig gesehen, ähnliche/identische Faktoren, die dich in die immerselbe Rolle zwingen, oder gab es da einen Wandel, wenn ich Fragen darf?
Frage, die sehr komplexe Gedanken- und Antwortmöglichkeiten zulässt. Könnte ich so aus dem FF gar nicht
sagen. Und wäre mir hier auch zu öffentlich. Aber danke für den Anstoß :cool:
Schneegeflüster hat geschrieben:Spielt er denn in dem Moment, wo er die Rolle assimiliert hat, überhaupt noch eine, oder wird er im Prozess des Assimilierens nicht vielmehr zu seiner Rolle? Und wenn er die Rolle, die er nach außen zeigt, im Innern tatsächlich auch ist, ist er dann nicht authentischer und integrer als wir alle zusammen?
Hier würde man dann als Vermutung voraussetzen, dass integer und authentisch eine glatte und eindeutige
Form ist.
Muss es ja nicht sein. Für den einen vielleicht ja, und der andere ist zerrissen und voller Anteile, und kann ja auch
mit diesen authentisch und integer umgehen.

Noch ein Gedanke:
Würde integer nicht auch heißen, dass man einem Wert / einer Richtung irgendwie treu bleibt, die einem
selbst entspricht?
Also dass man gar nicht integer ist in der Rolle und dem Drehbuch, was recht festgefahren aussieht (hier
darfst du hin, hier nicht, so darfst du dich verhalten, so nicht). sondern dass man einen Leitwert für sich hat,
wie z B bei Fromm erwähnt: Glück, Gesundheit, die er auf bestimmte Art interpretiert.

Wie man danach strebt, und wie man sich genau entscheidet oder bewertet, oder verhält, das bleibt
dann recht frei, aber der Wert in einem selbst bleibt dann vielleicht als fester Faktor (solange man ihn
als für sich richtig erkennt).

Ich würde da gar nicht so die Gruppen vergleichen. Jeder kann für sich auf seine Art integer sein.
Oder verfolgt vielleicht auch für sich andere Werte.
Wahrscheinlich sind engere Beziehungen auch einfacher, wenn man ungefähr die gleichen oder ähnlichen
Werte vertritt? Ich denke, das ist bei Freundschaft oder Partnerschaft schon zu beobachten.
Schneegeflüster hat geschrieben:"Freie Entscheidung" ... Wille und Freiheit, nehme ich an. Letztlich ist der Wille immer bestimmt durch Anlage und Prägung, entsprechend kann die Entscheidung nicht frei sein.
Ich tue mir schwer mit dem Begriff "notwendig." Ich finde es logischer, von einer extremen Verteilung der Vor- und Nachteile auf die bestehenden Alternativen zu sprechen, als zu sagen, es gäbe keine Alternativen. Wenn wir von Notwendigkeiten sprechen, impliziert das eine Wertung, wo doch letztlich nur das jeweils betroffene Individuum werten kann.

Stimme ich teilweise zu, dass manche Faktoren feststehen, manche Prozesse so laufen, auch die Abwägung
von den Faktoren in den Alternativen wird so sein.
Ich denke aber, gerade als Erwachsener entsteht auch ein Spielraum. Der wird ja auch in der Therapie genutzt
oder in der "Geistesschulung". Sonst wäre ja jede Hoffnung auf Lernen / Erkenntnis / Änderung vergebens.

Der Begriff der "Ansprechbarkeit" ist auch interessant.
Hatte mal ein kurzes Gespräch mit einem Pastor, den ich fragte, warum er an dem Tag so eindringlich
eigentlich ganz klare Sachen geäußert hat und er meinte halt, manche wären sensibel, da reichen
ganz kleine Hinweise und da geht schon was los, und andere bräuchten etwas mehr Nachdruck, damit
was durchkommt. Ist nicht hoffnungslos, nur es braucht andere Mittel. Was für den einen dann schon zuviel
an Reiz / Druck / Input sein kann.
Hab ich bei den Pferden / Reiten auch gemerkt, wie unterschiedlich die Tiere da sind im Sinne Ansprechbarkeit
und Interaktion und Kooperation. Auch sehr individuell, welche Beziehung sich da aufbaut.

Schneegeflüster hat geschrieben: (E. Fromm) Er stellt es so dar, dass die Ich-Werdung zwar notwendig, aber schwer/unangenehm ist. Wenn wir aber in Betracht ziehen, was hinter diesen Mühen versprochen liegt, vielleicht ist es das ja sogar wert? Vielleicht lohnt es sich ja, dafür die Mühen des Individuierens auf sich zu nehmen? Vielleicht ist "der" SP näher an der psychischen Gesundheit, als "der" NT?
-- zumindest fällt es mir schwer zu glauben, dass "der" NT weiter sein soll...
Ich tue mich mit den Vergleichen schwer. Wie frozen auch sagte, an dem Punkt stimme ich zu, hat auch
ein NT (falls man den klassifizieren sollte überhaupt), einen Wunsch nach Freiheit und Individuation.
Ich denke, mit den Gruppierungen tut man sich hier keinen Gefallen, außer böses Blut wecken, Ab- und Aufwertungen
generieren.

Bzgl. sich auf den (schwereren) Weg machen:
Wenn alles festgelegt sein sollte mit den Anlagen, Prägung, Ansprechbarkeit, wo wäre da überhaupt
ein Spielraum, sich zum individuieren zu entscheiden oder um mehr Glück oder Gesundheit anzustreben.
Schneegeflüster hat geschrieben:
Was fehlt, ist der Schritt vom Haben zum Sein. Ich glaube, ich habe gerade erst das gleichnamige Buch von Fromm verstanden, danke dafür. Das man also aufhört, sich über die Dinge zu definieren, die man hat, also besitzt, erwirbt und konsumiert, und stattdessen anfängt, zu sein, und zwar man selbst. Dass man sich also quasie "über sich selbst" definiert.
Mir macht das immer Spaß, neue Zusammenhänge zu verstehen oder Bücher im anderen Blickwinkel
plötzlich zu verstehen. Wofür danke weiß ich nicht, weil ich ja nix bewusst gemacht hab dafür ;)
Schneegeflüster hat geschrieben: Nein, im Gegenteil. Die beste Lösung wäre wohl, sich mit ausreichend Individuen zu umgeben, die so weit Individuiert sind, dass sie keine Rollen fordern, und mit ihen so viele integre soziale Bindungen aufzubauen, bis man damit sein Sozialbedürfnis / Bedürfnis nach Nähe abgegolten hat. Ich glaube nicht, dass Interaktion mit Rollen für den Zweck besonders nützlich ist...
Ja, das macht Sinn. Also zumindest mehr Spielraum wäre gut, oder immer wieder mögliche und flexible
Rollenerweiterungen, sodass immer mehr abgegolten ist und man nicht in ein Tabu oder "Loch" fällt, wenn man
Dinge, die nunmal da sind, äußert.
So gesehen kann man sich bei einem Austausch ja auch erweitern und mehr von dieser Grauzone füllen, wenn es
eben nicht nur um Rechthaben und ganz fixen Positionen geht, oder wenn es nicht nur um Macht geht, wo
gehts lang, wo auf keinen Fall, wer hat recht und die Mehrheit hinter sich, wer unrecht.
Ich finde es interessanter, wenn man Austausch als Spiel mit Perspektiven sieht und dadurch auch mehr erkennt.

Schneegeflüster
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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 13. Januar 2019, 23:12

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Dazu fällt mir ein Vergleich ein, mal sehen, wie gut sich das Prinzip tatsächlich übertragen lässt:
Ich hatte mich mal eine Zeitlang für das Thema verbale und nonverbale Kommunikation interessiert (um rational die Dinge nachvollziehen zu können, die andere intuitiv wahrnehmen können). Eines der Grundprinzipien dabei, wenn es um das Thema Erkennen von Lügen geht, ist die Kongruenz der Signale, die der Andere aussendet. Die Idee ist, dass ein widersprüchliches bzw. inkongruentes Verhältnis von verbaler zu nonverbaler Kommunikation eine Lüge indiziert.
Wenn wir das auf die Rollenproblematik übertragen (können?), könnte man daraus vielleicht ja schließen, dass ein Bruch mit den Erwartungen, die Andere an die Rolle, die man angenommen hat, haben, für diese Anderen ebenso inkongruent und damit unglaubwürdig wirkt, sie sich also auf eine Weise belogen/manipuliert fühlen. Klingt das plausibel?


Ich würde da eher einen anderen Begriff einführen - nicht Kongruenz sondern Kontinuität.

Ich würde schon sagen, dass ich mich kongruent fühle, wenn ich außerhalb der erwarteten Rolle agiere.
Ich tue es GERADE weil ich mich kongruent fühlen möchte. Würde in der Rolle in mir eine Abweichung spüren.
Hmm, kann aber wie gesagt auch damit zusammenhängen, dass ich ein zu starres Rollenverständnis habe, und könnte
ggf. flexibler die Rolle gestalten, dass es IN der Rolle noch halbwegs authentisch ginge :rätseln:


Wir meinen im Kern das Selbe, glaub ich. Ich meinte Kongruenz in Bezug auf den Eindruck / das Fremdbild, dass sich Andere von einem machen bzw. in welchem Maß man mit diesem Bild übereinstimmt. Die Idee ist, dass sich die Anderen gestört fühlen könnten, wenn man sich anders verhält, als sie denken, dass man sollte, gemäß dem Bild, dass sie sich gemacht haben.
Was du hier beschreibst, würde meinem Verständns nach unter unseren Integritätsbegriff fallen

tiffi hat geschrieben:Den Begriff Kontinuität meine ich in der Richtung, dass der andere eine Vorhersagbarkeit erwartet, in welchem
Rahmen / Rolle ich mich bewege. Falle ich da raus, könnte sich das wie Verrat anfühlen.
Meines Erachtens wäre das dann nicht gleichzusetzen mit "gelogen haben" oder unstimmig für meine eigene
Authenzität kommuniziert haben, oder?


Man lügt ja nicht direkt, weil man ja kein Ziel damit verfolgt, den Anderen glauben zu lassen, dass man anders sei, als man ist, nur, um ihn reinzulegen. Er könnte sich aber betrogen / verraten fühlen, weil eben dieser Bruch mit seinen Erwartungen vorliegt. Mir ist es schon passiert, dass mir das andere als Absicht und als Böswillig unterstellt haben - womit sie sich dann aber auch disqualifiziert haben, dass ich mich noch mit ihnen abgebe.

tiffi hat geschrieben:Mir kommts mehr so vor, zu sehr einen sozialen Vertrag missachtet zu haben. Also irgendwie nicht in einer Rolle
drin geblieben zu sein, für die ich jetzt aber eben auch nicht so ein feines Gespür habe.
Wahrscheinlich hat man da schon gewisse implizite Höflichkeitsregeln oder den gemeinsamen sozialen Tanz verlassen
und Gegenüber zieht sich beleidigt raus oder fühlt sich vor den Kopf gestoßen oder sowas.
Also man hätte mehr eine Kontinuität erwartet, dass ich innerhalb der Rolle bleibe. Vielleicht den Spielraum nutze,
wie man in dieser Rolle Skepsis oder "keine Lust" ect äußert.
Aber mir ist dieser Eiertanz echt zu anstrengend, und ich empfinde die anderen da eher als inkongruent und denke,
warum macht man das so?

Z. B würde man nie sagen "ich hab keinen Bock mehr mich mit dir zu treffen, du gehst mir auf die Nerven" (könnte man
ja noch drüber sprechen, warum, was löst das aus ect, gäbe es ggf doch eine Basis wenn man ehrlich miteinander
kommuniziert). Nee dann wird für sich so hingedacht, mir geht die Person auf die Nerven, und dann antwortet man halt
nicht mehr auf WA Nachrichten oder hat ständig was vor bis dass es sich ausplätschert. (Meine Vermutung, Beobach-
tung von außen).


Ich erkläre es mir so, dass das einfach Formalitäten sind, über die die Menschen sich geeinigt haben, um Situationen zu vermeiden, die ihnen unangenehm wären. Es ist zwar nicht immer ganz nachvollziehbar, aber wenn man einfach akzeptiert, dass das eben ist, wie sie funktionieren, ist es eigentlich relativ leicht, sich an die Formalitäten zu halten. Ob es um Mitmenschen, ein Automobil oder ein Computerprogramm geht, man muss sich doch immer an gewisse Formalitäten halten, weil das ist, wie diese Dinge funktionieren. Ich hab es aufgegeben, es zu hinterfragen, und versuche nur noch, zu adaptieren.
Gerade in deinem Beispiel könnte der Andere, wenn du ihn so konfrontierst, sich angegriffen fühlen. Anerkennung und Bestätigung scheinen ja Menschliche Grundbedürfnisse zu sein, die man dem Anderen damit nehmen würde - würde ich sagen.

tiffi hat geschrieben:Mittlerweile hab ich schon so oft versucht, Dinge aus meiner Sicht ehrlich zu lösen, wo Leute dann überfordert
wirkten oder wie in so ne Art Rollenloch gefallen sind, Übersprungshandlungen machten, ignorierten, aggressiv
wurden oder beleidigend, dass ich dann, als ich gemerkt hab, ich brauche Distanz und ich hab so nen Menschen,
der sich nicht auseinandersetzt, es dann auch so mit dem Ausschleichen gemacht hab. Mit nem total blöden
und für mich unehrlichen Gefühl.


Kenn ich, es fühlt sich immer so nach Heuchelei an, finde ich. Aber erstens ist es einfach zweckmäßig, und zweitens wollen sie es ja anscheinend, so behandelt zu werden, wer bin ich da, ihnen mein Kommunikationsmuster aufzuzwingen? Ich habe es aufgegeben, mich da mit Bedenken zu belasten

tiffi hat geschrieben:Und was diese Menschen betrifft, wo Austausch passen kann für mich: mir ganz egal, welche Diagnose
die haben oder ob sie überwiegend NT sind. (Irgendeine Mischung aus Störungen hat m. E. jeder)


Ich würde es vielleicht eher so darstellen, dass die menschliche Persönlichkeit aus verschiedenen, jeweils verschiedenartigen Eigenschaften zusammengesetzt darstellen lässt, die jeweils als Spektrum darstellbar wären; es gäbe dann natürliche Varianz auf diesen Spektren, wobei zu extreme Werte als krankhaft angesehen werden. Was "zu extrem" ist, wäre vermutlich daher zu entscheiden, ob das Individuum Leidensdruck empfindet und, aus Sicht der Gesellschaft zumindest, inwieweit das Individuum mit der Gesellschaft noch kompatibel ist oder wie funktional es ist


tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Sind es, langfristig gesehen, ähnliche/identische Faktoren, die dich in die immerselbe Rolle zwingen, oder gab es da einen Wandel, wenn ich Fragen darf?

Frage, die sehr komplexe Gedanken- und Antwortmöglichkeiten zulässt. Könnte ich so aus dem FF gar nicht
sagen. Und wäre mir hier auch zu öffentlich. Aber danke für den Anstoß :cool:


Dann freut es mich, wenn ich helfen konnte :)

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Spielt er denn in dem Moment, wo er die Rolle assimiliert hat, überhaupt noch eine, oder wird er im Prozess des Assimilierens nicht vielmehr zu seiner Rolle? Und wenn er die Rolle, die er nach außen zeigt, im Innern tatsächlich auch ist, ist er dann nicht authentischer und integrer als wir alle zusammen?


Hier würde man dann als Vermutung voraussetzen, dass integer und authentisch eine glatte und eindeutige
Form ist.
Muss es ja nicht sein. Für den einen vielleicht ja, und der andere ist zerrissen und voller Anteile, und kann ja auch
mit diesen authentisch und integer umgehen.


Gemeinhin geht man in der Psychologie ja davon aus, dass eine ganzheitliche Persönlichkeit gesünder ist als eine, die Teile von sich selbst ab- und verdrängt. Natürlich könnte man trotzdem integer sein, aber ich würde sagen, nur mit dem Teil, den man nicht verdrängt; indem man die Anderen Teile nämlich verleugnet, wird man wohl nicht versuchen, sie als Teil des Selbst in seine Handlungen einfließen zu lassen oder sie sonstwie nach außen zu tragen. Schon, dass diese Anteile abgetrennt wurden, impliziert doch, dass man sich nicht mit ihnen identifiziert (identifizieren will?), oder?

tiffi hat geschrieben:Noch ein Gedanke:
Würde integer nicht auch heißen, dass man einem Wert / einer Richtung irgendwie treu bleibt, die einem
selbst entspricht?
Also dass man gar nicht integer ist in der Rolle und dem Drehbuch, was recht festgefahren aussieht (hier
darfst du hin, hier nicht, so darfst du dich verhalten, so nicht). sondern dass man einen Leitwert für sich hat,
wie z B bei Fromm erwähnt: Glück, Gesundheit, die er auf bestimmte Art interpretiert.
Wie man danach strebt, und wie man sich genau entscheidet oder bewertet, oder verhält, das bleibt
dann recht frei, aber der Wert in einem selbst bleibt dann vielleicht als fester Faktor (solange man ihn
als für sich richtig erkennt).


An sich schon, aber wenn man nun in der Majoritätskultur eine Richtung vorgegeben findet, die einen hinreichend genau repräsentiert, dann könnte man die doch (theoretisch) übernehmen und trotzdem weitestgehend integer sein? Mal dahingestellt, wie realitätsnah das wäre, nur mal so rein vom Prinzip her...

tiffi hat geschrieben:Ich würde da gar nicht so die Gruppen vergleichen. Jeder kann für sich auf seine Art integer sein.
Oder verfolgt vielleicht auch für sich andere Werte.
Wahrscheinlich sind engere Beziehungen auch einfacher, wenn man ungefähr die gleichen oder ähnlichen
Werte vertritt? Ich denke, das ist bei Freundschaft oder Partnerschaft schon zu beobachten.


Ich würde auch sagen, dass Beziehungen, die auf ähnlichen Werten basieren, an sich einfacher wären, würde das aber noch um einen Aspekt erweitern. Es kommt nämlich noch auf die Mittel an, die man sich selbst zu benutzen zugesteht oder in der Lage ist, um seine Werte zu erreichen, also um die jeweiligen Wege, die einen zum jeweiligen individuellen "Ziel" führen; es klingt logisch, dass Individuen, die ähnliche Wege in ihrem Leben verfolgen wollen, es leichter haben werden, sich nahezukommen und auch zu bleiben, das stimmt dann wohl.


tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:"Freie Entscheidung" ... Wille und Freiheit, nehme ich an. Letztlich ist der Wille immer bestimmt durch Anlage und Prägung, entsprechend kann die Entscheidung nicht frei sein.
Ich tue mir schwer mit dem Begriff "notwendig." Ich finde es logischer, von einer extremen Verteilung der Vor- und Nachteile auf die bestehenden Alternativen zu sprechen, als zu sagen, es gäbe keine Alternativen. Wenn wir von Notwendigkeiten sprechen, impliziert das eine Wertung, wo doch letztlich nur das jeweils betroffene Individuum werten kann.


Stimme ich teilweise zu, dass manche Faktoren feststehen, manche Prozesse so laufen, auch die Abwägung
von den Faktoren in den Alternativen wird so sein.
Ich denke aber, gerade als Erwachsener entsteht auch ein Spielraum. Der wird ja auch in der Therapie genutzt
oder in der "Geistesschulung". Sonst wäre ja jede Hoffnung auf Lernen / Erkenntnis / Änderung vergebens.


Würde ich nicht so sehen. Von allen Entscheidungsmöglichkeiten, die man hat, entscheidet man sich schließlich doch immer für die Beste, wie frei ist man da dann noch wirklich? Natürlich bekommt man mit wachsender Lebenserfahrung eine größere Grundlage, auf der man vor seiner Entscheidung abwägen kann, aber an sich ist es doch immernoch so, dass man sich schließlich immer für die Alternative entscheidet, die den eigenen Motiven am Meisten entspricht. Ich würde aber nicht sagen, dass das sowas wie Lernen oder Änderung unmöglich macht; beides ist ja wiederum nur eine Frage von zum einen den eigenen Motiven, zum anderen aber auch Ansprechbarkeit, bei Dingen wie Änderung vielleicht präziser "Einsicht." Wenn man also Motive hat, sich zu ändern, und das dann auch einsieht und die Möglichkeit hat, sich zu ändern, wird man es wohl versuchen. Ich würde aber trotzdem nicht sagen, dass diese Entscheidung dann wirklich frei ist, sie entspricht ja nur jeweils deinem Willen, ist dadurch letztlich festgelegt. Oder, um es tautologisch zu formulieren, man kann nur das wollen, was man will. Und das, würde ich sagen, ist nicht frei, nicht vorsätzlich beeinflussbar, aber Produkt von Ansprechbarkeit und Prägung.


tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben: (E. Fromm) Er stellt es so dar, dass die Ich-Werdung zwar notwendig, aber schwer/unangenehm ist. Wenn wir aber in Betracht ziehen, was hinter diesen Mühen versprochen liegt, vielleicht ist es das ja sogar wert? Vielleicht lohnt es sich ja, dafür die Mühen des Individuierens auf sich zu nehmen? Vielleicht ist "der" SP näher an der psychischen Gesundheit, als "der" NT?
-- zumindest fällt es mir schwer zu glauben, dass "der" NT weiter sein soll...

Ich tue mich mit den Vergleichen schwer. Wie frozen auch sagte, an dem Punkt stimme ich zu, hat auch
ein NT (falls man den klassifizieren sollte überhaupt), einen Wunsch nach Freiheit und Individuation.
Ich denke, mit den Gruppierungen tut man sich hier keinen Gefallen, außer böses Blut wecken, Ab- und Aufwertungen
generieren.

Bzgl. sich auf den (schwereren) Weg machen:
Wenn alles festgelegt sein sollte mit den Anlagen, Prägung, Ansprechbarkeit, wo wäre da überhaupt
ein Spielraum, sich zum individuieren zu entscheiden oder um mehr Glück oder Gesundheit anzustreben.


Ich würde nicht sagen, dass da Spielraum ist. Ich würde sagen, alles, was da ist, ist Wille (Ansprechbarkeit * Prägung), dem man folgt. Wer gemäß seiner Prägung zur Entscheidung kommt, dass er das mit dem Individuieren einmal ausprobieren will, der wird es tun. Wer es nicht will, eben nicht.
Man sollte es aber noch um zwei Ebenen erweitern: zum einen ist Wille nicht binär (man will etwas oder nicht), sondern vergleichend, man will mehrere Sachen gleichzeitig, und muss sich entscheiden, was am wichtigsten ist, man muss also priorisieren.
Zum anderen gibt es Willen, würde ich sagen, auf verschiedenen Ebenen. Ich würde es grob aufteilen auf eine Vernunftbasierte und eine Triebbasierte (man könnte es mit Freud auf Ich und es Aufteilen oder in irgendein vergleichbares Modell einordnen); der Unterschied ist etwa der, dass vernunftbasierter Wille die bewusste Entscheidung ist, etwas zu tun, um etwas anderes zuerreichen, das man für erstrebenswert ist (etwa "Ich will jetzt aufstehen und Arbeiten gehen..."), während triebbasierter Wille dieses gefühlsding ist, dass einen daran hindert, zu erreichen, was man "will" (etwa: "Eigentlich ist mein Bett aber so schön warm und weich und ich jetzt wirklich nicht mit anderen interagieren müssen).


tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:
Was fehlt, ist der Schritt vom Haben zum Sein. Ich glaube, ich habe gerade erst das gleichnamige Buch von Fromm verstanden, danke dafür. Das man also aufhört, sich über die Dinge zu definieren, die man hat, also besitzt, erwirbt und konsumiert, und stattdessen anfängt, zu sein, und zwar man selbst. Dass man sich also quasie "über sich selbst" definiert.


Mir macht das immer Spaß, neue Zusammenhänge zu verstehen oder Bücher im anderen Blickwinkel
plötzlich zu verstehen. Wofür danke weiß ich nicht, weil ich ja nix bewusst gemacht hab dafür ;)


Ich kann es nicht richtig erklären, aber manchmal ist es bei mir so, dass mir andere helfen, irgendwas zu verstehen, ohne, dass sie direkt etwas beitragen oder überhaupt wissen, worum es geht. So ein bisschen wie ein Katalysator, der eine Reaktion ermöglicht, ohne direkt beteiligt zu sein

tiffi hat geschrieben:So gesehen kann man sich bei einem Austausch ja auch erweitern und mehr von dieser Grauzone füllen, wenn es
eben nicht nur um Rechthaben und ganz fixen Positionen geht, oder wenn es nicht nur um Macht geht, wo
gehts lang, wo auf keinen Fall, wer hat recht und die Mehrheit hinter sich, wer unrecht.
Ich finde es interessanter, wenn man Austausch als Spiel mit Perspektiven sieht und dadurch auch mehr erkennt.


Was meinst du mit "Grauzone"?

An sich stimmt es, dass Spiel mit anderen Perspektiven gewinnbringend sein kann, vorausgesetzt, die neue Perspektive ist es wert, betrachtet zu werden (sowas wie eine logische Kontinuität, Nachvollziehbarkeit, sinnvolle Ausgangspunkte der Schlussfolgerungen etc. machen da viel aus)

tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 16. Januar 2019, 15:58

Schneegeflüster hat geschrieben:Wir meinen im Kern das Selbe, glaub ich. Ich meinte Kongruenz in Bezug auf den Eindruck / das Fremdbild, dass sich Andere von einem machen bzw. in welchem Maß man mit diesem Bild übereinstimmt. Die Idee ist, dass sich die Anderen gestört fühlen könnten, wenn man sich anders verhält, als sie denken, dass man sollte, gemäß dem Bild, dass sie sich gemacht haben.
Was du hier beschreibst, würde meinem Verständns nach unter unseren Integritätsbegriff fallen
Kongruenz würde ich eher aus der Innensicht kongruent begreifen, nicht für den anderen in seinem
Erwartungsbild kongruent.
Vielleicht weil ich da an die Definition der personenzentrierten Gesprächstherapie nach Rogers denke https://www.carlrogers.de/grundhaltunge ... rapie.html
Da gehört Kongruenz so dazu. Denke aber auch, wir meinen wohl dasselbe, benennen es nur anders.
Schneegeflüster hat geschrieben:Man lügt ja nicht direkt, weil man ja kein Ziel damit verfolgt, den Anderen glauben zu lassen, dass man anders sei, als man ist, nur, um ihn reinzulegen. Er könnte sich aber betrogen / verraten fühlen, weil eben dieser Bruch mit seinen Erwartungen vorliegt. Mir ist es schon passiert, dass mir das andere als Absicht und als Böswillig unterstellt haben - womit sie sich dann aber auch disqualifiziert haben, dass ich mich noch mit ihnen abgebe.
Ja, sowas kenn ich auch, Bruch mit Erwartungen, die sich im persönlichen Verhältnis aufgebaut haben
(deswegen macht mir Verbindlichkeit und zunehmende Erwartungen auch eher etwas Angst).
Oder auch Bruch mit Erwartungen als gesellschaftliche Regeln, dass man bestimmte Dinge "einfach nicht
macht". Kann auch einen Sturm der Entrüstung lostreten, selbst wenn es niemandem schadet.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich erkläre es mir so, dass das einfach Formalitäten sind, über die die Menschen sich geeinigt haben, um Situationen zu vermeiden, die ihnen unangenehm wären. Es ist zwar nicht immer ganz nachvollziehbar, aber wenn man einfach akzeptiert, dass das eben ist, wie sie funktionieren, ist es eigentlich relativ leicht, sich an die Formalitäten zu halten. Ob es um Mitmenschen, ein Automobil oder ein Computerprogramm geht, man muss sich doch immer an gewisse Formalitäten halten, weil das ist, wie diese Dinge funktionieren. Ich hab es aufgegeben, es zu hinterfragen, und versuche nur noch, zu adaptieren.
Gerade in deinem Beispiel könnte der Andere, wenn du ihn so konfrontierst, sich angegriffen fühlen. Anerkennung und Bestätigung scheinen ja Menschliche Grundbedürfnisse zu sein, die man dem Anderen damit nehmen würde - würde ich sagen.
Ja, man kann damit viel Reibung vermeiden. Also in offiziellen eher förmlichen Kontexten.
In näheren Beziehungen halte ich ein genaueres Feedback schon für möglich, vielleicht mehr so verhaltensbezogen
und situationsbezogen, und weniger so, dass es Bedürfnisse angreift.

Und anerkennen und bestätigen, wenn mir jemand extrem auf die Nerven geht, das ist schwer. Vielleicht ist nicht
angreifen und sich aus dem Weg gehen da schon Entgegenkommen genug. :rätseln:
Schneegeflüster hat geschrieben:Kenn ich, es fühlt sich immer so nach Heuchelei an, finde ich. Aber erstens ist es einfach zweckmäßig, und zweitens wollen sie es ja anscheinend, so behandelt zu werden, wer bin ich da, ihnen mein Kommunikationsmuster aufzuzwingen? Ich habe es aufgegeben, mich da mit Bedenken zu belasten
Hm, hat auf jeden Fall nicht gefruchtet, wenn ich es auf meine Art machen wollte.Dann muss man halt die
anderen Codes lernen, um sie in dem Moment zu äußern, damit bei dem anderen auch das ankommt, was man
ausdrücken möchte. Codes z B für: auf Distanz gehen. Oder: Wege trennen sich, wir haben uns auseinanderentwickelt.

Ich habe mich da schon lange entrüstet und aufgerieben, wie es läuft, aber so langsam geht es. Musste die
Vorstellung aufgeben, dass es nicht die Überschneidungspunkte gibt, wie ich mir das gedacht hab.
Sodass eher eine Gleichgültigkeit über geblieben ist, wobei ich nicht finde, dass diese Gleichgültigkeit zu mir passt.
Aber man kann sich auch nicht gegen Welt und Gesellschaft auflehnen, kostet wirklich nur Energie.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde es vielleicht eher so darstellen, dass die menschliche Persönlichkeit aus verschiedenen, jeweils verschiedenartigen Eigenschaften zusammengesetzt darstellen lässt, die jeweils als Spektrum darstellbar wären; es gäbe dann natürliche Varianz auf diesen Spektren, wobei zu extreme Werte als krankhaft angesehen werden. Was "zu extrem" ist, wäre vermutlich daher zu entscheiden, ob das Individuum Leidensdruck empfindet und, aus Sicht der Gesellschaft zumindest, inwieweit das Individuum mit der Gesellschaft noch kompatibel ist oder wie funktional es ist
Ja, so kann man das sehen. Da ist wohl auch jede Kombination höchst individuell.Es gibt nicht zweimal denselben
"Kranken", weil noch soviele andere Faktoren mit reinspielen.+ innerer subjektiver Leidensdruck + Position im
Äußeren, ohne die man auch kaum "gesund" für sich sorgen kann.
Schneegeflüster hat geschrieben:Gemeinhin geht man in der Psychologie ja davon aus, dass eine ganzheitliche Persönlichkeit gesünder ist als eine, die Teile von sich selbst ab- und verdrängt. Natürlich könnte man trotzdem integer sein, aber ich würde sagen, nur mit dem Teil, den man nicht verdrängt; indem man die Anderen Teile nämlich verleugnet, wird man wohl nicht versuchen, sie als Teil des Selbst in seine Handlungen einfließen zu lassen oder sie sonstwie nach außen zu tragen. Schon, dass diese Anteile abgetrennt wurden, impliziert doch, dass man sich nicht mit ihnen identifiziert (identifizieren will?), oder?
Mit den Teilen meinte ich auch nicht verdrängte Teile, sondern durchaus bewusste Teile, die nur nicht so gut
zusammenpassen, konflikthaft sind, kein "glattes Bild" geben, verschiedene Tendenzen, "Seelen in der Brust".

Es ist mehr die Frage, ob man alle Teile, wenn sie bewusst sind, in ein ganzes Bild hinein ordnen könnte. Oder ob
nicht auch Widersprüche bleiben können. Dabei ist mir dann so ein Bild entstanden, ob Integrität eher eine
"glatte Form" ist oder auch etwas "kantiges" sein kann.

Aber diesen Mechanismus, den du beschrieben hast mit der Abspaltung, den gibt es durchaus auch.
Schneegeflüster hat geschrieben:An sich schon, aber wenn man nun in der Majoritätskultur eine Richtung vorgegeben findet, die einen hinreichend genau repräsentiert, dann könnte man die doch (theoretisch) übernehmen und trotzdem weitestgehend integer sein? Mal dahingestellt, wie realitätsnah das wäre, nur mal so rein vom Prinzip her...
Ja, denke ich auch so, aus dieser Warte.

Aber du meinst, wenn das mit der Richtung zwar gegeben und stimmig ist, aber viele Dinge nicht bewusst / reflektiert
sind, ist es dann doch keine Integrität?

Hm, auf der Definitionsebene hat Integrität einerseits etwas mit Vollständigkeit / Unversehrtheit zu tun, andererseits
auch mit Übereinstimmung zu Prinzipien und Werten im eigenen Handeln. (philosoph. Humanismus)
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde auch sagen, dass Beziehungen, die auf ähnlichen Werten basieren, an sich einfacher wären, würde das aber noch um einen Aspekt erweitern. Es kommt nämlich noch auf die Mittel an, die man sich selbst zu benutzen zugesteht oder in der Lage ist, um seine Werte zu erreichen, also um die jeweiligen Wege, die einen zum jeweiligen individuellen "Ziel" führen; es klingt logisch, dass Individuen, die ähnliche Wege in ihrem Leben verfolgen wollen, es leichter haben werden, sich nahezukommen und auch zu bleiben, das stimmt dann wohl.
Hm, du meinst es geht nicht nur um die innere Grundhaltung, sondern auch, wie man das nach außen lebt?

Mittel dazu, was wäre das zum Beispiel?

Rein theoretisch könnte man auch gleiche Wege gehen, aber eine andere Gesinnung verfolgen dabei.
Schneegeflüster hat geschrieben:Würde ich nicht so sehen. Von allen Entscheidungsmöglichkeiten, die man hat, entscheidet man sich schließlich doch immer für die Beste, wie frei ist man da dann noch wirklich? Natürlich bekommt man mit wachsender Lebenserfahrung eine größere Grundlage, auf der man vor seiner Entscheidung abwägen kann, aber an sich ist es doch immernoch so, dass man sich schließlich immer für die Alternative entscheidet, die den eigenen Motiven am Meisten entspricht.
An dem Punkt sind wir uns dann eher nicht einig.
Ich denke, man kann sich auch für etwas schlechteres entscheiden, oder gewichtet dann andere Gründe oder
Bindungen stärker. Oder hatte weniger Wissen, oder ist mal mehr oder weniger von Angst geleitet. Und selbst
wenn man dann mehr Wissen hat, fällt aus meiner Sicht nicht automatisch die Entscheidung für das nächst-beste.

Manchmal kann so eine Entscheidung sich auch länger hinziehen, oder man entscheidet nicht.Entscheiden heißt
für mich, dass zwei oder mehr Alternativen zur Auswahl stehen, vielleicht sind beide gut oder auch schlecht und
beide möglich. Und manchmal ist es haarscharf, was man lieber wählt.
Also ich kenne schon nicht so eindeutige Entscheidungssituationen oder dass Gefühl von Stagnation, wenn
Entscheidung vermieden wird, oder Reue.Würde sich glaub ich anders anfühlen, wenn das alles von selber und
unabdinglich so fließen würde. Ist aber eben auch nur meine Meinung und Sichtweise.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde aber nicht sagen, dass das sowas wie Lernen oder Änderung unmöglich macht; beides ist ja wiederum nur eine Frage von zum einen den eigenen Motiven, zum anderen aber auch Ansprechbarkeit, bei Dingen wie Änderung vielleicht präziser "Einsicht." Wenn man also Motive hat, sich zu ändern, und das dann auch einsieht und die Möglichkeit hat, sich zu ändern, wird man es wohl versuchen. Ich würde aber trotzdem nicht sagen, dass diese Entscheidung dann wirklich frei ist, sie entspricht ja nur jeweils deinem Willen, ist dadurch letztlich festgelegt. Oder, um es tautologisch zu formulieren, man kann nur das wollen, was man will. Und das, würde ich sagen, ist nicht frei, nicht vorsätzlich beeinflussbar, aber Produkt von Ansprechbarkeit und Prägung.
Hm, aber würde der Wille per se nicht auch beinhalten, dass ich dies oder jenes wollen kann?
Du meinst, der Wille ist eindeutig und nur eine Sache und auch schon fest? (PS- achso, das hast du ja später
nochmal erläutert)

Und ich kann doch auch entgegen meinem Willen handeln? Den unterordnen z B. Oder bin z B so stark auf Anpassung
aus, dass der Wille gar nicht so stark wahrnehmbar und handlungsleitend ist.

Ich denke, dass es Menschen mit mehr oder weniger Willensstärke gibt und mehr oder weniger Potential zum
Durchsetzen. (auch im Sozialen).Ein willensstärkerer Mensch kann ja auch den Willen und Entscheidungen von
anderen irritieren und es können m. E. auch Ungleichgewichte und Vor-/Nachteile entstehen.
Der mit den Nachteilen und der Irritierbarkeit kann eher gestört werden oder stagnieren und keine Entscheidungen
gemäß dem Willen mehr treffen. Denke ich.:rätseln:
Schneegeflüster hat geschrieben:Man sollte es aber noch um zwei Ebenen erweitern: zum einen ist Wille nicht binär (man will etwas oder nicht), sondern vergleichend, man will mehrere Sachen gleichzeitig, und muss sich entscheiden, was am wichtigsten ist, man muss also priorisieren.
Zum anderen gibt es Willen, würde ich sagen, auf verschiedenen Ebenen. Ich würde es grob aufteilen auf eine Vernunftbasierte und eine Triebbasierte (man könnte es mit Freud auf Ich und es Aufteilen oder in irgendein vergleichbares Modell einordnen); der Unterschied ist etwa der, dass vernunftbasierter Wille die bewusste Entscheidung ist, etwas zu tun, um etwas anderes zuerreichen, das man für erstrebenswert ist (etwa "Ich will jetzt aufstehen und Arbeiten gehen..."), während triebbasierter Wille dieses gefühlsding ist, dass einen daran hindert, zu erreichen, was man "will" (etwa: "Eigentlich ist mein Bett aber so schön warm und weich und ich jetzt wirklich nicht mit anderen interagieren müssen).
Ok, diese zwei Aspekte sind interessant. Also dass man mehreres will und vergleicht.Und dass da verschiedene
Ebenen reinspielen.

Aber gerade das mit dem priorisieren und für wichtiger befinden bringt einen doch dann in eine Entscheidung rein.
Immer wieder neu. Und vielleicht bei ähnlichen Situationen auch täglich neu, oder man probiert mal diese und mal
jene Priorisierung aus. Das wäre aus meiner Sicht dann wieder Spielraum.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich kann es nicht richtig erklären, aber manchmal ist es bei mir so, dass mir andere helfen, irgendwas zu verstehen, ohne, dass sie direkt etwas beitragen oder überhaupt wissen, worum es geht. So ein bisschen wie ein Katalysator, der eine Reaktion ermöglicht, ohne direkt beteiligt zu sein
Ah, ich glaube, das hab ich auch schon erlebt. Das irgendwas angestoßen wird, ohne dass der andere bewusst
drauf abgezielt hat.
Schneegeflüster hat geschrieben:
tiffi hat geschrieben:So gesehen kann man sich bei einem Austausch ja auch erweitern und mehr von dieser Grauzone füllen, wenn es
eben nicht nur um Rechthaben und ganz fixen Positionen geht, oder wenn es nicht nur um Macht geht, wo
gehts lang, wo auf keinen Fall, wer hat recht und die Mehrheit hinter sich, wer unrecht.
Ich finde es interessanter, wenn man Austausch als Spiel mit Perspektiven sieht und dadurch auch mehr erkennt.


Was meinst du mit "Grauzone"?
Meine mehr so den Begriff "blinder Fleck". Oder eher so, dass das bekannte ein kleiner Fleck ist und es noch
sehr viele andere Perspektiven gibt.
Hm, aber stimmt schon, es macht wenig Sinn, alles einfach so zu übernehmen, manches ist auch zeitraubend und
ohne Hand und Fuß.

Also so ähnlich deute ich das, was du damit beschreibst, dass weitere Perspektiven gewinnbringend sind mit
der Voraussetzung, dass es eine Logik gibt, sinnvolle Schlussfolgerungen.
Oder man hält sich eben auch mal im kreativ phantastischen Bereich auf. Oder gründet eine Religion mit einem
fliegenden Spaghettimonster. (alter Hut; aber ich vermute, hier sollte der Protest gegen die Unvernunft gezeigt werden).
--> https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegende ... ttimonster

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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 16. Januar 2019, 19:19

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Wir meinen im Kern das Selbe, glaub ich. Ich meinte Kongruenz in Bezug auf den Eindruck / das Fremdbild, dass sich Andere von einem machen bzw. in welchem Maß man mit diesem Bild übereinstimmt. Die Idee ist, dass sich die Anderen gestört fühlen könnten, wenn man sich anders verhält, als sie denken, dass man sollte, gemäß dem Bild, dass sie sich gemacht haben.
Was du hier beschreibst, würde meinem Verständns nach unter unseren Integritätsbegriff fallen


Kongruenz würde ich eher aus der Innensicht kongruent begreifen, nicht für den anderen in seinem
Erwartungsbild kongruent.
Vielleicht weil ich da an die Definition der personenzentrierten Gesprächstherapie nach Rogers denke https://www.carlrogers.de/grundhaltunge ... rapie.html
Da gehört Kongruenz so dazu. Denke aber auch, wir meinen wohl dasselbe, benennen es nur anders.


Zusammenfassend verstehst du also unter Kongruenz die Kongruenz von Identität und dem, was man nach Außen zeigt,
während ich die Kongruenz von dem, was man gewöhnlich nach Außen zeigt und dem, was man im Moment nach Außen zeigt, meine?

tiffi hat geschrieben:Ja, sowas kenn ich auch, Bruch mit Erwartungen, die sich im persönlichen Verhältnis aufgebaut haben
(deswegen macht mir Verbindlichkeit und zunehmende Erwartungen auch eher etwas Angst).
Oder auch Bruch mit Erwartungen als gesellschaftliche Regeln, dass man bestimmte Dinge "einfach nicht
macht". Kann auch einen Sturm der Entrüstung lostreten, selbst wenn es niemandem schadet.


Erwartung ist ja letztlich so etwas wie eine implizite Verpflichtung, die man implizit eingeht / von der der Andere erwartet / denkt, dass man sie eingeht; ich finde es nur immer schwierig, eine Pflicht zu akzeptieren, der ich nicht bewusst zugestimmt habe. Außerdem passiert es mir manchmal, dass ich einfach nicht erkenne, dass der Andere denkt, ich hätte eine solche Verpflichtung gerade akzeptiert, vor allem, wenn ich nicht erkenne, dass da überhaupt eine Verpflichtung da ist, die ich unbewusst hätte akzeptieren können. Gerade eben auch dadurch, dass ich in sozialen Dingen vergleichsweise langsam bin (also im Vergleich zu den Anderen, hier im Forum wohl eher "normal" so).

Und zu den Erwartungen als gesellschaftliche Regeln: das war ja das, was ich mit "Formalitäten" meinte; die machen ja auch oft keinen Sinn, sondern nur Umstände, aber sie ersparen es einem, in jedem einzelnen Fall neu entscheiden zu müssen, wie man reagiert. Es widerstrebt zwar meinem Sinn für unnötige Regeln, aber wenn man es akzeptiert, ist es vergleichsweise leicht zu adaptieren. Regeln kann man schließlich lernen, auch wenn man ihren Sinn hinterfragt. Der Zweck heiligt in dem Fall die Mittel, würde ich sagen (sie wollen es ja so).

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich erkläre es mir so, dass das einfach Formalitäten sind, über die die Menschen sich geeinigt haben, um Situationen zu vermeiden, die ihnen unangenehm wären. Es ist zwar nicht immer ganz nachvollziehbar, aber wenn man einfach akzeptiert, dass das eben ist, wie sie funktionieren, ist es eigentlich relativ leicht, sich an die Formalitäten zu halten. Ob es um Mitmenschen, ein Automobil oder ein Computerprogramm geht, man muss sich doch immer an gewisse Formalitäten halten, weil das ist, wie diese Dinge funktionieren. Ich hab es aufgegeben, es zu hinterfragen, und versuche nur noch, zu adaptieren.
Gerade in deinem Beispiel könnte der Andere, wenn du ihn so konfrontierst, sich angegriffen fühlen. Anerkennung und Bestätigung scheinen ja Menschliche Grundbedürfnisse zu sein, die man dem Anderen damit nehmen würde - würde ich sagen.


Ja, man kann damit viel Reibung vermeiden. Also in offiziellen eher förmlichen Kontexten.
In näheren Beziehungen halte ich ein genaueres Feedback schon für möglich, vielleicht mehr so verhaltensbezogen
und situationsbezogen, und weniger so, dass es Bedürfnisse angreift.


Es funktioniert nicht nur in förmlichen Kontexten, ich benutze das ganz erfolgreich in jeder Interaktion, die mit Rollen funktioniert und keine Integrität bietet / erforderlich macht. Es ist zwar irgendwie unangenehm, aber es funktioniert einfach (ich glaube, ich wiederhole mich :kein Plan:)

tiffi hat geschrieben:Und anerkennen und bestätigen, wenn mir jemand extrem auf die Nerven geht, das ist schwer. Vielleicht ist nicht
angreifen und sich aus dem Weg gehen da schon Entgegenkommen genug. :rätseln:


Das stimmt natürlich. Irgendwie scheinen manche Leute der Auffassung zu sein, die ganze Welt sei dafür verantwortlich, dass sie sich gut fühlen. Ich hatte das jetzt aber eher so gemeint, dass man, indem man Andere konfrontiert, ihnen nicht nur keine Anerkennung gibt, sondern sie direkt hinterfragt / diese Anerkennung oder Bestätigung angreift (also implizit).
Gerade im Kontext der heutigen Zeit und Kultur vor dem Hintergrund der Postmoderne scheint mir grundsätzlich das Verhältnis zur eigenen Identität (darf man das noch sagen, Identität? :ratlos:) gestört und die Bedürfnisse nach Anerkennung/Wertschätzung und nach Selbstverwirklichung chronisch unterversorgt zu sein (nach Maslow ja grundsätzliche menschliche Bedürfnisse).

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Kenn ich, es fühlt sich immer so nach Heuchelei an, finde ich. Aber erstens ist es einfach zweckmäßig, und zweitens wollen sie es ja anscheinend, so behandelt zu werden, wer bin ich da, ihnen mein Kommunikationsmuster aufzuzwingen? Ich habe es aufgegeben, mich da mit Bedenken zu belasten


Hm, hat auf jeden Fall nicht gefruchtet, wenn ich es auf meine Art machen wollte.Dann muss man halt die
anderen Codes lernen, um sie in dem Moment zu äußern, damit bei dem anderen auch das ankommt, was man
ausdrücken möchte. Codes z B für: auf Distanz gehen. Oder: Wege trennen sich, wir haben uns auseinanderentwickelt.


Ja genau. Erfolgreiche Kommunikation impliziert ja schließlich die Fähigkeit, eine Botschaft so zu formulieren, dass der Andere sie verstehen kann. Und es ist einfach leichter, sich selbst zu ändern als die Welt zu ändern, nehme ich an.

tiffi hat geschrieben:Ich habe mich da schon lange entrüstet und aufgerieben, wie es läuft, aber so langsam geht es. Musste die
Vorstellung aufgeben, dass es nicht die Überschneidungspunkte gibt, wie ich mir das gedacht hab.
Sodass eher eine Gleichgültigkeit über geblieben ist, wobei ich nicht finde, dass diese Gleichgültigkeit zu mir passt.
Aber man kann sich auch nicht gegen Welt und Gesellschaft auflehnen, kostet wirklich nur Energie.


Inwiefern Gleichgültigkeit?

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde es vielleicht eher so darstellen, dass die menschliche Persönlichkeit aus verschiedenen, jeweils verschiedenartigen Eigenschaften zusammengesetzt darstellen lässt, die jeweils als Spektrum darstellbar wären; es gäbe dann natürliche Varianz auf diesen Spektren, wobei zu extreme Werte als krankhaft angesehen werden. Was "zu extrem" ist, wäre vermutlich daher zu entscheiden, ob das Individuum Leidensdruck empfindet und, aus Sicht der Gesellschaft zumindest, inwieweit das Individuum mit der Gesellschaft noch kompatibel ist oder wie funktional es ist


Ja, so kann man das sehen. Da ist wohl auch jede Kombination höchst individuell.Es gibt nicht zweimal denselben
"Kranken", weil noch soviele andere Faktoren mit reinspielen.+ innerer subjektiver Leidensdruck + Position im
Äußeren, ohne die man auch kaum "gesund" für sich sorgen kann.


Ja genau; wäre die "Störung", in der der menschliche Verstand sich vollkommen von der Außenwelt abkoppelt, um losgelöst von dieser existieren zu können, nicht das, was man Psychose nennt?

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Gemeinhin geht man in der Psychologie ja davon aus, dass eine ganzheitliche Persönlichkeit gesünder ist als eine, die Teile von sich selbst ab- und verdrängt. Natürlich könnte man trotzdem integer sein, aber ich würde sagen, nur mit dem Teil, den man nicht verdrängt; indem man die Anderen Teile nämlich verleugnet, wird man wohl nicht versuchen, sie als Teil des Selbst in seine Handlungen einfließen zu lassen oder sie sonstwie nach außen zu tragen. Schon, dass diese Anteile abgetrennt wurden, impliziert doch, dass man sich nicht mit ihnen identifiziert (identifizieren will?), oder?


Mit den Teilen meinte ich auch nicht verdrängte Teile, sondern durchaus bewusste Teile, die nur nicht so gut
zusammenpassen, konflikthaft sind, kein "glattes Bild" geben, verschiedene Tendenzen, "Seelen in der Brust".


Davon ausgehend, dass zwei Teile einer Persönlichkeit konflikthaft sind, würde dass doch bedeuten, dass man jeweils nur eine davon aktiv nutzen oder nach Außen zeigen kann, oder? Wenn ja, dann wäre ja in diesem Moment der jeweils andere Teil unterdrückt, oder nicht?

tiffi hat geschrieben:Es ist mehr die Frage, ob man alle Teile, wenn sie bewusst sind, in ein ganzes Bild hinein ordnen könnte. Oder ob
nicht auch Widersprüche bleiben können. Dabei ist mir dann so ein Bild entstanden, ob Integrität eher eine
"glatte Form" ist oder auch etwas "kantiges" sein kann.


Mir gefällt da eine Idee aus dem Objektivismus ganz gut. Eine der Grundideen ist da nämlich, dass es nicht in der Natur der Welt liegt, Widersprüche zuzulassen, und das man deshalb, wann immer man auf einen Widerspruch trifft, seine Prämissen (die einen zu diesem Widerspruch geführt haben) überprüfen soll, weil sich nämlich eine davon als Falsch herausstellen wird.
Ich weiß nicht, ob diese Idee tatsächlich so stimmt (kenne aber noch kein Gegenbeispiel), könnte mir aber vorstellen, dass sich das Prinzip auch auf die menschliche Psyche anwenden lassen müsste.

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:An sich schon, aber wenn man nun in der Majoritätskultur eine Richtung vorgegeben findet, die einen hinreichend genau repräsentiert, dann könnte man die doch (theoretisch) übernehmen und trotzdem weitestgehend integer sein? Mal dahingestellt, wie realitätsnah das wäre, nur mal so rein vom Prinzip her...


Ja, denke ich auch so, aus dieser Warte.

Aber du meinst, wenn das mit der Richtung zwar gegeben und stimmig ist, aber viele Dinge nicht bewusst / reflektiert
sind, ist es dann doch keine Integrität?


Ich würde eher sagen, dass man nicht weiß, ob es Integrität ist / ob man integer mit der adaptierten Richtung ist, solange man nicht reflektiert hat. Wenn man nicht weiß, wer man ist, kann man ja schließlich nicht wissen, ob die Richtung, die man adaptiert, tatsächlich der eigenen Richtung entspricht.
Dazu kommt noch der Faktor, dass es ja eine "eigene Richtung" eigentlich unmittelbar auch nicht gibt, sondern nur eine Anlage/Prägung zu einer Richtung, aus der man die eigene Richtung dann erstmal abstrahieren muss (also die Frage "Wer bin ich - was will ich - wohin führt mich das")

tiffi hat geschrieben:Hm, auf der Definitionsebene hat Integrität einerseits etwas mit Vollständigkeit / Unversehrtheit zu tun, andererseits
auch mit Übereinstimmung zu Prinzipien und Werten im eigenen Handeln. (philosoph. Humanismus)


Ich würde mich gerade vor allem aus den zweiten Teil der Definition beziehen und den Ersten nur soweit berücksichtigen, als dass er in der Zweiten teilweise impliziert ist

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde auch sagen, dass Beziehungen, die auf ähnlichen Werten basieren, an sich einfacher wären, würde das aber noch um einen Aspekt erweitern. Es kommt nämlich noch auf die Mittel an, die man sich selbst zu benutzen zugesteht oder in der Lage ist, um seine Werte zu erreichen, also um die jeweiligen Wege, die einen zum jeweiligen individuellen "Ziel" führen; es klingt logisch, dass Individuen, die ähnliche Wege in ihrem Leben verfolgen wollen, es leichter haben werden, sich nahezukommen und auch zu bleiben, das stimmt dann wohl.

Hm, du meinst es geht nicht nur um die innere Grundhaltung, sondern auch, wie man das nach außen lebt?

Mittel dazu, was wäre das zum Beispiel?

Rein theoretisch könnte man auch gleiche Wege gehen, aber eine andere Gesinnung verfolgen dabei.


Zum ersten Teil: es geht mir vorangig nicht darum, wie man es nach außen lebt, sondern darum, wie man es nach außen leben will, sprich welche Mittel man gemäß der eigenen Prinzipien einzusetzen bereit ist. Das ist ja irgendwie auch ein Teil der eigenen Identität.
Um es etwas zu präzisieren, wäre es wohl geschickter, von den Mitteln zu sprechen, die man einsetzen Will, statt denen, die man sich erlaubt.

Zum zweiten Teil: An sich eine schwierige Frage, aber beispielsweise, ob man Gewalt für legitim hält, um seine Ziele zu erreichen und was man unter Gewalt genau versteht sowie ob man differenziert, gegen wen diese Gewalt gerichtet ist;
man kann, je nach Definition, an sich schließlich auch in Dingen wie Diebstahl oder Betrug Gewalt impliziert sehen. Außerdem könnte man, so im Robin-Hood-Stil der Meinung sein, dass es gewisse Gruppen gibt, gegen die Gewalt legitim ist (große Konzerne, andere Staaten im Kriegsfall, Terroristen; grundsätzlich jede Entität, die den eigenen Prinzipien widerspricht).

Zum dritten Teil: Sehr interessanter Ansatz. Theoretisch natürlich möglich, praktisch stellt sich mir aber die Frage, ob Wege, die verschiedene Gesinnungen, also verschiedene Ziele, im Sinn haben, wirklich auch langfristig deckungsgleich sein können; um die Wege-Metapher etwas auszuführen: es könnte ja auch so sein, dass man nur einen Teil der Wegstrecke gemeinsam geht, bis sich schließlich, aufgrund der Verschiedenen Ziele, die Wege irgendwann trennen.

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Würde ich nicht so sehen. Von allen Entscheidungsmöglichkeiten, die man hat, entscheidet man sich schließlich doch immer für die Beste, wie frei ist man da dann noch wirklich? Natürlich bekommt man mit wachsender Lebenserfahrung eine größere Grundlage, auf der man vor seiner Entscheidung abwägen kann, aber an sich ist es doch immernoch so, dass man sich schließlich immer für die Alternative entscheidet, die den eigenen Motiven am Meisten entspricht.


An dem Punkt sind wir uns dann eher nicht einig.
Ich denke, man kann sich auch für etwas schlechteres entscheiden, oder gewichtet dann andere Gründe oder
Bindungen stärker. Oder hatte weniger Wissen, oder ist mal mehr oder weniger von Angst geleitet. Und selbst
wenn man dann mehr Wissen hat, fällt aus meiner Sicht nicht automatisch die Entscheidung für das nächst-beste.


Die Idee "man kann sich auch für etwas schlechteres entscheien, impliziert einerseits objektive Wertigkeit der Optionen und andererseits vollständige Transparenz aller Optionen und ihrer Konsequenzen im Augenblick der Entscheidung.
Das es objektive Wertigkeit gibt, würde ich leugnen; das würde schließlich voraussetzen, dass es eine moralische Entität außerhalb des Individuums gibt, die als Maßstab zu benutzen ist, um das zu entscheiden. Das könnte dann ein Abstraktum sein wie ein Gott (mit implizierter Moral) oder etwas Konkretes wie ein Kollektiv an Menschen; dem Ersten würde ich die Existenz, dem zweiten die moralische Legitimation absprechen.
Vollständige Transparenz ist, ich würde sagen offensichtlich, nicht gegeben, weil der Mensch, weil die Welt nicht vollkommen ist. Man kann nie alles Wissen, was relevant wäre, und man kann deshalb auch nie alle Konsequenzen, vor allem nicht die sehr langfristigen, einer Entscheidung kennen, vgl. den vielzitierten sog. "Butterfly-Effekt."

Ich würde deshalb sagen, dass jede Entscheidung, die man trifft, sich nach dem richtet, was einem im Augenblick der Entscheidung gemäß der Prinzipien, die man anlegt, einem am Besten erscheint. Die Prinzipien, die man verwendet, müssen dabei aber nicht zwingend rational oder überhaupt bewusst sein, gemäß auch der Idee des Willens auf verschiedenen Ebenen.
Heute Morgen beispielsweise habe ich mich entschieden, nachdem mein Wecker geklingelt hat, nochmal eine dreiviertelstunde länger zu schlafen. Das war keine sehr rationale oder bewusste Entscheidung, und im Nachhinein auch keine sehr gute, erschien mir aber in dem Augenblick gemäß der Prinzipien, die ich verwendet habe (in dem Fall "mein Bett ist schön warm, ich bin so müde) die Beste zu sein.
Der Faktor Angst wäre ebenso ein Beispiel für eine solche unbewusste / irrationale Entscheidung.

Das ist, denke ich, auch das, was du meinst mit "man gewichtet andere Gründe stärker." Man entscheidet immer nach den Gründen, die man in dem Augenblick (bewusst oder nicht) am stärksten gewichtet.

tiffi hat geschrieben:Manchmal kann so eine Entscheidung sich auch länger hinziehen, oder man entscheidet nicht.Entscheiden heißt
für mich, dass zwei oder mehr Alternativen zur Auswahl stehen, vielleicht sind beide gut oder auch schlecht und
beide möglich. Und manchmal ist es haarscharf, was man lieber wählt.
Also ich kenne schon nicht so eindeutige Entscheidungssituationen oder dass Gefühl von Stagnation, wenn
Entscheidung vermieden wird, oder Reue.Würde sich glaub ich anders anfühlen, wenn das alles von selber und
unabdinglich so fließen würde. Ist aber eben auch nur meine Meinung und Sichtweise.


Zum Ersten: wie du schon sagst, "was man lieber wählt." Wahl impliziert willen, oder nicht?
Zum Zweiten: das kenne ich auch. Wenn man versucht, Entscheidungen bewusst und rational zu treffen, kann sich das sehr schwierig gestalten. Und unproduktivität empfinde ich für sehr unbefriedigend (Produktivität im Sinne von auf die eigenen Ziele hinarbeiten).
Wenn jede Entscheidung "von selber und unabdinglich so fließen würde" würde das nur bedeuten, dass man jede Entscheidung unterbewusst trifft; ich würde sagen, dass sowohl das Unterbewusstsein als auch das Bewusstsein gleichsam von Anlage und Prägung bestimmt sind. Die Grundlagen und Prinzipien, von denen aus man eine rationale Entscheidung trifft, müssen ja irgendwo herkommen.

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde aber nicht sagen, dass das sowas wie Lernen oder Änderung unmöglich macht; beides ist ja wiederum nur eine Frage von zum einen den eigenen Motiven, zum anderen aber auch Ansprechbarkeit, bei Dingen wie Änderung vielleicht präziser "Einsicht." Wenn man also Motive hat, sich zu ändern, und das dann auch einsieht und die Möglichkeit hat, sich zu ändern, wird man es wohl versuchen. Ich würde aber trotzdem nicht sagen, dass diese Entscheidung dann wirklich frei ist, sie entspricht ja nur jeweils deinem Willen, ist dadurch letztlich festgelegt. Oder, um es tautologisch zu formulieren, man kann nur das wollen, was man will. Und das, würde ich sagen, ist nicht frei, nicht vorsätzlich beeinflussbar, aber Produkt von Ansprechbarkeit und Prägung.

Hm, aber würde der Wille per se nicht auch beinhalten, dass ich dies oder jenes wollen kann?
Du meinst, der Wille ist eindeutig und nur eine Sache und auch schon fest? (PS- achso, das hast du ja später
nochmal erläutert)


Kennst du das, wenn man eine Tafel Schokolade in der Hand hat und eigentlich essen will? Schonmal versucht, diesen Willen abzuschalten? Mir ist das noch nicht gelungen, ich kann höchstens den Willen, sie wegzulegen, höher Priorisieren. Wenn du aber weißt, wie ich diesen Willen abschalten kann, ich wär dir dankbar :)

tiffi hat geschrieben:Und ich kann doch auch entgegen meinem Willen handeln? Den unterordnen z B. Oder bin z B so stark auf Anpassung
aus, dass der Wille gar nicht so stark wahrnehmbar und handlungsleitend ist.


Ich würde sagen, nein. Warum solltest du das wollen? (einmal tautologisch gefragt). In dem Moment, wo man "nein" zu einem Willen sagt, priorisiert man nur einen anderen, entgegengesetzten Willen höher, würde ich sagen. Du würdest also entgegen eines Willen handeln, indem du stattdessen nach einem entgegengesetzten Handelst, aber das ist eher damit verbunden, wenn man eine begrenzte Ressource zur Erfüllung zweier Bedürfnisse aufwenden muss: was ist wichtiger? Man macht halt abstriche am Unwichtigen, um das Wichtige zu bekommen

tiffi hat geschrieben:Ich denke, dass es Menschen mit mehr oder weniger Willensstärke gibt und mehr oder weniger Potential zum
Durchsetzen. (auch im Sozialen).Ein willensstärkerer Mensch kann ja auch den Willen und Entscheidungen von
anderen irritieren und es können m. E. auch Ungleichgewichte und Vor-/Nachteile entstehen.
Der mit den Nachteilen und der Irritierbarkeit kann eher gestört werden oder stagnieren und keine Entscheidungen
gemäß dem Willen mehr treffen. Denke ich.:rätseln:


Was ist das, Willensstärke? Ich würde es definieren als die Fähigkeit, eine Entscheidung entgegen eines "niederen", also unbewussten Willens, über einen "höheren", bewussten Willen zu treffen; man handelt immernoch nach dem eigenen Willen, priorisiert aber anders, obwohl es Kraft kostet.

Den Kontext zur Durchsetzungskraft habe ich jetzt nicht verstanden :rätseln:
Ich würde aber an sich sagen, dass man andere nicht dazu bringen kann, entgegen ihres Willens zu handeln, sondern nur, etwas anderes (mehr) zu wollen, als davor

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Man sollte es aber noch um zwei Ebenen erweitern: zum einen ist Wille nicht binär (man will etwas oder nicht), sondern vergleichend, man will mehrere Sachen gleichzeitig, und muss sich entscheiden, was am wichtigsten ist, man muss also priorisieren.
Zum anderen gibt es Willen, würde ich sagen, auf verschiedenen Ebenen. Ich würde es grob aufteilen auf eine Vernunftbasierte und eine Triebbasierte (man könnte es mit Freud auf Ich und es Aufteilen oder in irgendein vergleichbares Modell einordnen); der Unterschied ist etwa der, dass vernunftbasierter Wille die bewusste Entscheidung ist, etwas zu tun, um etwas anderes zuerreichen, das man für erstrebenswert ist (etwa "Ich will jetzt aufstehen und Arbeiten gehen..."), während triebbasierter Wille dieses gefühlsding ist, dass einen daran hindert, zu erreichen, was man "will" (etwa: "Eigentlich ist mein Bett aber so schön warm und weich und ich jetzt wirklich nicht mit anderen interagieren müssen).


Ok, diese zwei Aspekte sind interessant. Also dass man mehreres will und vergleicht.Und dass da verschiedene
Ebenen reinspielen.

Aber gerade das mit dem priorisieren und für wichtiger befinden bringt einen doch dann in eine Entscheidung rein.
Immer wieder neu. Und vielleicht bei ähnlichen Situationen auch täglich neu, oder man probiert mal diese und mal
jene Priorisierung aus. Das wäre aus meiner Sicht dann wieder Spielraum.


Man muss ja wiederum entscheiden, was man wie priorisieren möchte. Würde man es so betrachten, wäre es eine Verkettung ins unendliche, weil man, um das zu entscheiden, wieder die Prinzipien entscheiden müsste, nachdem man das entscheidet, wofür man erst .......
Ich würde es deshalb so darstellen, dass an einem Punkt am Anfang irgendwo ein Wille als Absolutum stehen muss, nach dem man weiß, was man eigentlich will. Er wäre soweit absolut, als dass nach ihm alle anderen Entscheidungen und Priorisierungen getroffen werden, und soweit nicht, als dass er durch Anlage und Prägung bestimmt ist, aber auch durch neue Prägung geändert werden kann.

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich kann es nicht richtig erklären, aber manchmal ist es bei mir so, dass mir andere helfen, irgendwas zu verstehen, ohne, dass sie direkt etwas beitragen oder überhaupt wissen, worum es geht. So ein bisschen wie ein Katalysator, der eine Reaktion ermöglicht, ohne direkt beteiligt zu sein
Ah, ich glaube, das hab ich auch schon erlebt. Das irgendwas angestoßen wird, ohne dass der andere bewusst
drauf abgezielt hat.

:)

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Was meinst du mit "Grauzone"?


Meine mehr so den Begriff "blinder Fleck". Oder eher so, dass das bekannte ein kleiner Fleck ist und es noch
sehr viele andere Perspektiven gibt.
Hm, aber stimmt schon, es macht wenig Sinn, alles einfach so zu übernehmen, manches ist auch zeitraubend und
ohne Hand und Fuß.


Ich muss grade, ich weiß auch nicht warum :engel:, an diese eine Szene aus der Serie Sherlock denken: --> https://youtu.be/p8u7K9UYPWk


tiffi hat geschrieben:Also so ähnlich deute ich das, was du damit beschreibst, dass weitere Perspektiven gewinnbringend sind mit
der Voraussetzung, dass es eine Logik gibt, sinnvolle Schlussfolgerungen.
Oder man hält sich eben auch mal im kreativ phantastischen Bereich auf. Oder gründet eine Religion mit einem
fliegenden Spaghettimonster. (alter Hut; aber ich vermute, hier sollte der Protest gegen die Unvernunft gezeigt werden).
--> https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegende ... ttimonster


Ja genau. Viele Perspektiven, die Andere mir herantragen wollen, haben sich einfach als repetitiv herausgestellt, als Permutationen bereits bekannter Ideen. Neue Perspektiven, die sich als nachvollziehbar und stichhaltig erweisen, dass ist der wahre Schatz :)

tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 18. Januar 2019, 16:36

Schneegeflüster hat geschrieben:Zusammenfassend verstehst du also unter Kongruenz die Kongruenz von Identität und dem, was man nach Außen zeigt,
während ich die Kongruenz von dem, was man gewöhnlich nach Außen zeigt und dem, was man im Moment nach Außen zeigt, meine?
Hm, nach meiner Vorstellung (ideal) wäre Kongruenz die Verbindung aus Identität und der Gewichtung der
Faktoren, die ich in dem Moment als stimmig erlebe (in Anbetracht verschiedener Faktoren, inneren Strebungen,
äußeren Faktoren,Beziehung, was will ich übermitteln).

Als Gegenteil davon sehe ich, dass von außen eine starrere Form erwartet wird (eher schon Zwang, ist so üblich,
darf keinen Spielraum geben, die inneren Entscheidungen spielen keine Rolle, Hauptsache äußere Konformität)

Ich schließe aber nicht aus, dass ich nicht auch gewohnheitsmäßige und wiederholte Verhaltensweisen habe und dass
die sich in wiederholten Kontexten so einschleichen.
Man ruht sich ja auch mal aus, spart Energie, kann auf das gewohnte sich verlassen,korrigiert nur noch bei gröberen
Unstimmigkeiten.

Und wie ist das bei dir und nach deinem Verständnis?
Ist der Kontext zur Identität und nach innen dann da, bzw wie ist er dann da beim „gewöhnlich nach außen zeigen“?
Und gibt es eine Abweichung in dem Verhältnis beim „im Moment nach außen zeigen“?

Weiß auch gerade gar nicht, ob die Fragen zu abstrakt sind, und wie man das präzise beschreiben kann.
Schneegeflüster hat geschrieben:Erwartung ist ja letztlich so etwas wie eine implizite Verpflichtung, die man implizit eingeht / von der der Andere erwartet / denkt, dass man sie eingeht; ich finde es nur immer schwierig, eine Pflicht zu akzeptieren, der ich nicht bewusst zugestimmt habe. Außerdem passiert es mir manchmal, dass ich einfach nicht erkenne, dass der Andere denkt, ich hätte eine solche Verpflichtung gerade akzeptiert, vor allem, wenn ich nicht erkenne, dass da überhaupt eine Verpflichtung da ist, die ich unbewusst hätte akzeptieren können. Gerade eben auch dadurch, dass ich in sozialen Dingen vergleichsweise langsam bin (also im Vergleich zu den Anderen, hier im Forum wohl eher "normal" so).
Du glücklicher, dass du diese Verpflichtungen gar nicht erst wahrnimmst und dieses unterschwellige auch gar
nicht erst anerkennst.

Ich höre da eher mal „die Flöhe husten“ und hab mich auch schnell verpflichtet gefühlt.
Soziale Erwartungen scheinen auch ganz selten konkret ausgesprochen zu werden. Ich fände das aber viel besser,
wenn es offener läuft und fair abläuft und jeder ganz genau seine Sichtweise äußert und dann vereinbart würde,
wo es einen gemeinsamen Nenner gibt.
Das ist für andere dann wieder befremdlich. „Darüber redet man nicht, das versteht sich von selbst“. (dass es nach
der Nase desjenigen läuft, der das „normale“ vertritt??)

Und selbst wenn man sich einigt, wir haben eine „Freundschaft“ so als Topf und Oberbegriff,woher weiß man,
was für den anderen da als Verhalten und Werte dazugehören?
Von sich nachts beistehen, bis Party machen, bis gemeinsam Bank ausrauben kann ja alles dabei sein.- und mehr.
Schneegeflüster hat geschrieben:Und zu den Erwartungen als gesellschaftliche Regeln: das war ja das, was ich mit "Formalitäten" meinte; die machen ja auch oft keinen Sinn, sondern nur Umstände, aber sie ersparen es einem, in jedem einzelnen Fall neu entscheiden zu müssen, wie man reagiert. Es widerstrebt zwar meinem Sinn für unnötige Regeln, aber wenn man es akzeptiert, ist es vergleichsweise leicht zu adaptieren. Regeln kann man schließlich lernen, auch wenn man ihren Sinn hinterfragt. Der Zweck heiligt in dem Fall die Mittel, würde ich sagen (sie wollen es ja so).
Ja, sie wollen es wohl so, das sind aber dann auch Menschen, die mir kaum was bedeuten, wo ich glatt
„untendurch“ laufe, geschmeidig funktioniere, aber eine Auseinandersetzung sind wir uns nicht wert.
(mit dem individuellen Menschen)

Kennst du dann auch diese Tendenz, dass du den Wert einer Beziehung hinterfragst, wenn es kaum persönlichen
offenen Austausch gibt, sondern mehr stillschweigende Erwartung?

Könnte ja auch eine kulturelle Sache sein?
Also dass z B im asiatischen Raum es wertgeschätzt wird, wenn man organisch Teil eines ganzen ist, da müsste
man nicht von Ego zu Ego alles auseinanderklabüsern. Da wäre es vielleicht wertvoller, sich anzupassen.

Und Anpassung ist mir für die Harmonie schon auch wichtig. Ist vielleicht mehr so das Gefühl,einmal bewusst
Dinge besprochen zu haben, freiwillig zugestimmt zu haben, einen stimmigen Ablauf zu finden in einer Beziehung,
und dann kanns von mir aus auch so dahinplätschern.

Aber so unausgesprochen, unbewusst, mit Regeln, mit denen ich mich weniger identifizieren kann, da kann ich nicht
so mitplätschern. Da kommt was rebellischeres raus.
Schneegeflüster hat geschrieben:Es funktioniert nicht nur in förmlichen Kontexten, ich benutze das ganz erfolgreich in jeder Interaktion, die mit Rollen funktioniert und keine Integrität bietet / erforderlich macht. Es ist zwar irgendwie unangenehm, aber es funktioniert einfach (ich glaube, ich wiederhole mich :kein Plan:)
Ok, du schränkst ja selber ein, dass dass dann Interaktionen sind, die keine Integrität bieten oder erforderlich
machen. Aber welchen Grund gibt es, dort freiwillig zu sein?
Ich stelle mir das eher so als Notwendigkeit vor, wie was offizielles was nicht zu umgehen ist. Pflichten wie
Schule / Arbeit. Familie so lange man noch abhängig ist. Behördensachen die zu regeln sind. Einkaufen gehen.

Alles andere wird doch dann langsam fakultativ.Und, da sind wir ja eigentlich wieder / noch beim Thema, da fehlt mir
im Grunde tatsächlich der Antrieb zu sozialem Kontakt, wenn ich da irgendwelche Regeln adaptieren muss, es ohne
Integrität läuft, stillschweigende Sachen erwartet werden, Konformität.
Schneegeflüster hat geschrieben:Das stimmt natürlich. Irgendwie scheinen manche Leute der Auffassung zu sein, die ganze Welt sei dafür verantwortlich, dass sie sich gut fühlen. Ich hatte das jetzt aber eher so gemeint, dass man, indem man Andere konfrontiert, ihnen nicht nur keine Anerkennung gibt, sondern sie direkt hinterfragt / diese Anerkennung oder Bestätigung angreift (also implizit).
Gerade im Kontext der heutigen Zeit und Kultur vor dem Hintergrund der Postmoderne scheint mir grundsätzlich das Verhältnis zur eigenen Identität (darf man das noch sagen, Identität? :ratlos:) gestört und die Bedürfnisse nach Anerkennung/Wertschätzung und nach Selbstverwirklichung chronisch unterversorgt zu sein (nach Maslow ja grundsätzliche menschliche Bedürfnisse).
Hm, dann kein Wunder, dass Leute sich mit mir unwohl /unsicher fühlen und anderes gewohnt sind.
Aber wenn ich zu geplant handle, fühle ich mich irgendwie so, als würde ich "über der Situation stehen".
Hm, im Grunde wäre das nix anderes, als das was Verkäufer machen, aber auch Berater und Therapeuten.
Viel über Kommunikation wissen und Emotionen und es entsprechend anwenden.
Als Alltagsmensch möchte ich das nicht.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ja genau. Erfolgreiche Kommunikation impliziert ja schließlich die Fähigkeit, eine Botschaft so zu formulieren, dass der Andere sie verstehen kann. Und es ist einfach leichter, sich selbst zu ändern als die Welt zu ändern, nehme ich an.
Ja stimmt. Nur wozu dann kommunizieren?

Welchen Gewinn ziehst du denn aus sowas?
Schneegeflüster hat geschrieben:tiffi hat geschrieben:Ich habe mich da schon lange entrüstet und aufgerieben, wie es läuft, aber so langsam
geht es. Musste dieVorstellung aufgeben, dass es nicht die Überschneidungspunkte gibt, wie ich mir das
gedacht hab. Sodass eher eine Gleichgültigkeit über geblieben ist, wobei ich nicht finde, dass diese
Gleichgültigkeit zu mir passt.


Inwiefern Gleichgültigkeit?
Eher so Akzeptanz, dass mein Fokus, meine Art von Wahrnehmung nicht so gewünscht ist,
innerer Rückzug. - für mein Gefühl dann so, als würde ich mich weniger interessieren müssen,
weil zuviel Interesse nicht gewünscht ist.
Vielleicht eher Bestätigung, dünn drüber. Das ist für mich wie Gleichgültigkeit.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ja genau; wäre die "Störung", in der der menschliche Verstand sich vollkommen von der Außenwelt abkoppelt, um losgelöst von dieser existieren zu können, nicht das, was man Psychose nennt?
Ja, denke schon.
Schneegeflüster hat geschrieben:Davon ausgehend, dass zwei Teile einer Persönlichkeit konflikthaft sind, würde dass doch bedeuten, dass man jeweils nur eine davon aktiv nutzen oder nach Außen zeigen kann, oder? Wenn ja, dann wäre ja in diesem Moment der jeweils andere Teil unterdrückt, oder nicht?
hm, nicht automatisch, man kann ja auch beide Teile zulassen, bis sich eine Synthese bildet.
Oder in einer wörtlichen Position beide Teile erwähnen. In einer Handlung wird’s vielleicht schwieriger beides
zu zeigen. Kann sich aber durch zögerliches Handeln zeigen.
Schneegeflüster hat geschrieben:Mir gefällt da eine Idee aus dem Objektivismus ganz gut. Eine der Grundideen ist da nämlich, dass es nicht in der Natur der Welt liegt, Widersprüche zuzulassen, und das man deshalb, wann immer man auf einen Widerspruch trifft, seine Prämissen (die einen zu diesem Widerspruch geführt haben) überprüfen soll, weil sich nämlich eine davon als Falsch herausstellen wird.
Ich weiß nicht, ob diese Idee tatsächlich so stimmt (kenne aber noch kein Gegenbeispiel), könnte mir aber vorstellen, dass sich das Prinzip auch auf die menschliche Psyche anwenden lassen müsste.
Hm, ich glaube da stärker an die Dialektik. Also halte Widersprüche für normal und dass beide Teile
Bestand haben können.
In einem logischen System gäbe es vielleicht nur ein einziges richtig und falsch.
Aber auch in der höheren Mathematik gibt es vielleicht schon viele verschiedene Lösungen.
Und in der Matrix der Emotionen und wenn so verschiedene Ebenen aufeinandertreffen und verschiedene Menschen
mit verschiedenen Ebenen, da sind doch die ganzen Widersprüche eigentlich vorprogrammiert.

Bin eher so der Typ – lieber verschiedene Dinge aushalten als eins davon auzulöschen.
Da wäre man sonst auch bei ziemlich radikalen Ansichten ( auch politisch – nicht meins! Also dass man eine
Sache unbedingt auslöschen muss!)
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde eher sagen, dass man nicht weiß, ob es Integrität ist / ob man integer mit der adaptierten Richtung ist, solange man nicht reflektiert hat. Wenn man nicht weiß, wer man ist, kann man ja schließlich nicht wissen, ob die Richtung, die man adaptiert, tatsächlich der eigenen Richtung entspricht.
Dazu kommt noch der Faktor, dass es ja eine "eigene Richtung" eigentlich unmittelbar auch nicht gibt, sondern nur eine Anlage/Prägung zu einer Richtung, aus der man die eigene Richtung dann erstmal abstrahieren muss (also die Frage "Wer bin ich - was will ich - wohin führt mich das")
Hm, stimmt, Thema Bewusstmachung ist dann dabei und auch die Abstrahierung.
Die (Modelle Worte) können ja auch nie so ganz den Ist Zustand widerspiegeln.
Schneegeflüster hat geschrieben:Zum ersten Teil: es geht mir vorangig nicht darum, wie man es nach außen lebt, sondern darum, wie man es nach außen leben will, sprich welche Mittel man gemäß der eigenen Prinzipien einzusetzen bereit ist. Das ist ja irgendwie auch ein Teil der eigenen Identität.
Um es etwas zu präzisieren, wäre es wohl geschickter, von den Mitteln zu sprechen, die man einsetzen Will, statt denen, die man sich erlaubt.
Hm, hab ich wenig drüber nachgedacht bisher glaub ich.
So rein assoziativ bin ich da bei den 10 Geboten aus dem Christentum. Ist jetzt nicht so das aktuelle Top-Modell,
aber als Beispiel auch nicht so entfernt von deinem Beispiel: Gewalt anwenden, um den Willen zu verfolgen.
Also man könnte morden, stehlen, sich alles nehmen, sich selbst an höchste Stelle setzen oder man könnte
auch andere Prinzipien haben.
Schneegeflüster hat geschrieben:Zum zweiten Teil: An sich eine schwierige Frage, aber beispielsweise, ob man Gewalt für legitim hält, um seine Ziele zu erreichen und was man unter Gewalt genau versteht sowie ob man differenziert, gegen wen diese Gewalt gerichtet ist;
man kann, je nach Definition, an sich schließlich auch in Dingen wie Diebstahl oder Betrug Gewalt impliziert sehen. Außerdem könnte man, so im Robin-Hood-Stil der Meinung sein, dass es gewisse Gruppen gibt, gegen die Gewalt legitim ist (große Konzerne, andere Staaten im Kriegsfall, Terroristen; grundsätzlich jede Entität, die den eigenen Prinzipien widerspricht).
Heikles Feld.
Aber kommt vor, ja.
Schneegeflüster hat geschrieben:Zum dritten Teil: Sehr interessanter Ansatz. Theoretisch natürlich möglich, praktisch stellt sich mir aber die Frage, ob Wege, die verschiedene Gesinnungen, also verschiedene Ziele, im Sinn haben, wirklich auch langfristig deckungsgleich sein können; um die Wege-Metapher etwas auszuführen: es könnte ja auch so sein, dass man nur einen Teil der Wegstrecke gemeinsam geht, bis sich schließlich, aufgrund der Verschiedenen Ziele, die Wege irgendwann trennen.
langfristig eher nicht. Aber ich denke, man hat manchmal nur dem Anschein nach etwas gemeinsam oder es
passt für eine gewisse Strecke.
Schneegeflüster hat geschrieben:Die Idee "man kann sich auch für etwas schlechteres entscheien, impliziert einerseits objektive Wertigkeit der Optionen und andererseits vollständige Transparenz aller Optionen und ihrer Konsequenzen im Augenblick der Entscheidung.
Das es objektive Wertigkeit gibt, würde ich leugnen; das würde schließlich voraussetzen, dass es eine moralische Entität außerhalb des Individuums gibt, die als Maßstab zu benutzen ist, um das zu entscheiden. Das könnte dann ein Abstraktum sein wie ein Gott (mit implizierter Moral) oder etwas Konkretes wie ein Kollektiv an Menschen; dem Ersten würde ich die Existenz, dem zweiten die moralische Legitimation absprechen.
Vollständige Transparenz ist, ich würde sagen offensichtlich, nicht gegeben, weil der Mensch, weil die Welt nicht vollkommen ist. Man kann nie alles Wissen, was relevant wäre, und man kann deshalb auch nie alle Konsequenzen, vor allem nicht die sehr langfristigen, einer Entscheidung kennen, vgl. den vielzitierten sog. "Butterfly-Effekt."

Ich würde deshalb sagen, dass jede Entscheidung, die man trifft, sich nach dem richtet, was einem im Augenblick der Entscheidung gemäß der Prinzipien, die man anlegt, einem am Besten erscheint. Die Prinzipien, die man verwendet, müssen dabei aber nicht zwingend rational oder überhaupt bewusst sein, gemäß auch der Idee des Willens auf verschiedenen Ebenen.
Die Sichtweise kann ich schon nachvollziehen.

Dennoch bleibt bei der Priorisierung, auch von dem unzureichenden was man weiß, ja ein Spielraum.
Oder bei dem Beispiel Schokolade – gebe ich der Gier nach (eine Ebene) oder einem anderen
Prinzip. (Diätvorsatz – schwierig aber nicht unmöglich ;) )

Durch das was du erläutert hast werden mir auch gerade andere Zusammenhänge etwas klarer.
Z B dass man bei Angstüberwindung zwar die Angst fühlt, aber ggf. lernt, auf ein anderes Prinzip
umzuschalten oder das zu trainieren. Mehr ins rationale reingehen oder in die Vision / Werte.

Hatte auch mal so ein Anfängerbuch zum Buddhismus gelesen (Volker Zotz), wo es darum geht, wie
man mit eher unliebsamen Impulsen umgeht.
Das waren so fünf Schritte, die ich gar nicht mehr so ganz zusammenkriege.
Fängt an mit Ignoranz des Impulses an, bis hin zu „Folgen und Schädlichkeit deutlich machen“.
oder „Impuls langsam abschwächen“ (etwas weniger tun, als der Impuls will).
Und ganz am Ende „Bekämpfen“. Dadurch versucht man quasi, die Priorisierung zu beeinflussen oder
ein anderes Ergebnis als gewohnt hinzubekommen.
Schneegeflüster hat geschrieben:Zum Ersten: wie du schon sagst, "was man lieber wählt." Wahl impliziert willen, oder nicht?
Zum Zweiten: das kenne ich auch. Wenn man versucht, Entscheidungen bewusst und rational zu treffen, kann sich das sehr schwierig gestalten. Und unproduktivität empfinde ich für sehr unbefriedigend (Produktivität im Sinne von auf die eigenen Ziele hinarbeiten).
Wenn jede Entscheidung "von selber und unabdinglich so fließen würde" würde das nur bedeuten, dass man jede Entscheidung unterbewusst trifft; ich würde sagen, dass sowohl das Unterbewusstsein als auch das Bewusstsein gleichsam von Anlage und Prägung bestimmt sind. Die Grundlagen und Prinzipien, von denen aus man eine rationale Entscheidung trifft, müssen ja irgendwo herkommen.
Wäre auf jeden Fall interessant, auch die unbewussteren Ziele besser zu kennen und auch die Faktoren, die auf
anderen Ebenen eine Rolle spielen, und die vielleicht einen öfters bestimmen.

Denn laut Psychologie macht ja jeder Trieb und Drang irgendwie einen Sinn. Man muss nur rausfinden welchen
und den vielleicht dann bewusster mit einbeziehen
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich würde sagen, nein. Warum solltest du das wollen? (einmal tautologisch gefragt). In dem Moment, wo man "nein" zu einem Willen sagt, priorisiert man nur einen anderen, entgegengesetzten Willen höher, würde ich sagen. Du würdest also entgegen eines Willen handeln, indem du stattdessen nach einem entgegengesetzten Handelst, aber das ist eher damit verbunden, wenn man eine begrenzte Ressource zur Erfüllung zweier Bedürfnisse aufwenden muss: was ist wichtiger? Man macht halt abstriche am Unwichtigen, um das Wichtige zu bekommen
Hm, das mag sein, dass ich im Beisein von anderen dann irgendwas anderes will und mich selber
eher vergesse. Also es wichtig ist, bei den andren zu sein in der Aufmerksamkeit.
Aus einem Grund, der heute bewusst gar nicht mehr so passt.
Schneegeflüster hat geschrieben:Was ist das, Willensstärke? Ich würde es definieren als die Fähigkeit, eine Entscheidung entgegen eines "niederen", also unbewussten Willens, über einen "höheren", bewussten Willen zu treffen; man handelt immernoch nach dem eigenen Willen, priorisiert aber anders, obwohl es Kraft kostet.

Den Kontext zur Durchsetzungskraft habe ich jetzt nicht verstanden :rätseln:
Für mich ist Willensstärke in dem Kontext Durchsetzungskraft. Also dass es Menschen gibt, die gar
nicht so lange und fragile Prozesse durchleben, sondern ihr Ding klar haben, klar äußern und auch andere
nicht berücksichtigen oder zuversichtlich sind, dass andere in ihrem Willen schon da rein passen.

Wer nicht widerspricht passt schon und wer widerspricht wird vielleicht betrotzt / bekämpft.
Finde schon, dass es da stärkere Menschen gibt. Und zögerlichere.
Ich brauche bei meiner Willensfindung auch oft viel länger.Wenn ich dann noch meine Tendenz hab,
nach außen zu sehen und da ist schon ein starker Wille bei jemand anderem, bin ich ja noch schneller
ablenkbar.Unwahrscheinlich, dass es da zu einer bewussten und gleichwertigen Einigung kommt.
Schneegeflüster hat geschrieben:Man muss ja wiederum entscheiden, was man wie priorisieren möchte. Würde man es so betrachten, wäre es eine Verkettung ins unendliche, weil man, um das zu entscheiden, wieder die Prinzipien entscheiden müsste, nachdem man das entscheidet, wofür man erst .......
Ich würde es deshalb so darstellen, dass an einem Punkt am Anfang irgendwo ein Wille als Absolutum stehen muss, nach dem man weiß, was man eigentlich will. Er wäre soweit absolut, als dass nach ihm alle anderen Entscheidungen und Priorisierungen getroffen werden, und soweit nicht, als dass er durch Anlage und Prägung bestimmt ist, aber auch durch neue Prägung geändert werden kann.
Hm, wäre ein Ansatz.
Werde ich mal beobachten, ob ich sowas hab, einen absoluten Grundwillen.
Ist vielleicht bei fehlendem Urvertrauen, wenig Selbstsicherheit auch nicht gerade einfach zu fühlen oder ziemlich
verschüttet.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich muss grade, ich weiß auch nicht warum :engel:, an diese eine Szene aus der Serie Sherlock denken: --> https://youtu.be/p8u7K9UYPWk
ja passt :cool: ;)


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