Sozialer Kontakt als Antrieb

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
frozen

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon frozen » 26. Dezember 2018, 22:00

Vielen Dank!

tiffi

Re: Neurotypisch

Beitragvon tiffi » 27. Dezember 2018, 12:18

sdsdsdsv hat geschrieben:
frozen hat geschrieben:Darf ich kurz dazwischenfragen, wer oder was ein "NT" ist?

Das ist die Abkürzung für "neurotypisch", bzw. neurotypische Menschen, also solche, die sozial und sprachlich normal entwickelt sind.

https://de.wikipedia.org/wiki/Neurotypisch
Ja, in dem Sinne meinte ich es.
Wusste gar nicht, dass der Begriff eher aus dem Aspergerbereich kommt und hätte auch gedacht,
der würde eher nur "umgangsprachlich" genutzt, aber dem ist ja dann gar nicht so.

frozen

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon frozen » 27. Dezember 2018, 22:35

Das liest sich hier eher wie eine Abrechnung mit Nicht-Schizoiden. Und eine nahezu Glorifizierung der Schizoidie. Der Schizoide ist hochintelligent, hochsensibel und natürlich hochintellektuell. Der Nicht-Schizoide ist das Alles nicht, sondern eher stumpf, alles andere als individuell. Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht.

Zu deiner Ausgangsfrage, Schneegeflüster:

Das heißt, die Lösung für die SPS wäre (theoretisch) schlichtweg erfüllender sozialer Kontakt (so absurd das auch klingen mag).

Wie steht ihr dazu?


Ja, so ist es (praktisch). Absurd klingt es auch nicht. Nur schwierig.

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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon knolle » 1. Januar 2019, 11:03

frozen hat geschrieben:Das liest sich hier eher wie eine Abrechnung mit Nicht-Schizoiden. Und eine nahezu Glorifizierung der Schizoidie. Der Schizoide ist hochintelligent, hochsensibel und natürlich hochintellektuell. Der Nicht-Schizoide ist das Alles nicht, sondern eher stumpf, alles andere als individuell. Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht.
Es gibt hier einige Stellen im Forum, die sich so lesen. Ich wundere mich auch immer darüber :lachen:

tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 1. Januar 2019, 12:51

frozen hat geschrieben:Das liest sich hier eher wie eine Abrechnung mit Nicht-Schizoiden. Und eine nahezu Glorifizierung der Schizoidie. Der Schizoide ist hochintelligent, hochsensibel und natürlich hochintellektuell. Der Nicht-Schizoide ist das Alles nicht, sondern eher stumpf, alles andere als individuell. Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht.
War eher nicht meine Absicht und sehe da auch mehr Differenzierungen.
Zumal die aktiv schreibenden ja noch nichtmals glasklar schizoid diagnostiziert sind.

Aber kann nachvollziehen, dass man das so lesen kann.
Eine Art Polarisierung steckt da schon drin.

Teilweise aber auch eher eine defizitäre Sichtweise (eher leidend, eher sich isolieren "müssend", eher "armes
Würstchen Syndrom"), wenn man genauer liest.

In Gruppen teilen und Etiketten laden wohl dazu ein, Vergleich und Konkurrenzdenken aufzumachen.

frozen

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon frozen » 1. Januar 2019, 22:40

Das hier:

Schneegeflüster hat geschrieben
Die Idee mit dem Komplementären für's Rollenskript gefällt mir. Meist wird dieses Skript ja durch gewisse gesellschaftliche "Ideale" geprägt, basiert also nichtmal auf individuellen Wünschen, sondern nur dem Bedürfnis der Gleichartigkeit.
Das ist im Übrigen die Eigenschaft der NTs, die mich in einem früheren Beitrag hier zur These verleitet hatten, Schizoide bis zu einem gewissen Grad seien an sich gesünder. Es scheint einfach so zu sein, dass dem durchschnittlichen NT das Bedürfnis nach Freiheit und Integrität fehlt?


liest sich für mich nicht nach einem "arme Würstchen Syndrom".

Auch das Fehlen des Bedürfnisses nach Freiheit und Integrität eines Nicht-Schizoiden halte ich für eine gewagte These. Ich kenne jedenfalls keinen, der im übertragenem Sinn gefesselt und geknebelt sein möchte. Da hilft auch ein Fragezeichen und/oder Konjunktiv in anderen Beiträgen nichts. Die interpretiere ich rein als rhethorische Stilmittel. Kann natürlich falsch sein, keine Frage.

Das Bedürfnis nach (relativer) Gleichartigkeit. Nun ja, das hat wohl tatsächlich fast jeder Mensch. Nur ist es bei Einigen mehr verschüttet als bei Anderen. Sicherlich auch bedingt durch (traumatische) Erfahrung (im Kindesalter oder auch im späteren Leben).

tiffi hat geschrieben
Zumal die aktiv schreibenden ja noch nichtmals glasklar schizoid diagnostiziert sind.


Genau darin sehe ich ein Problem. Der nicht von einem Fachmann Diagnostizierte kann (!) sich in eine Weltsicht (besser: "Selbstsicht") eindrehen. Stichwort: sich selbst erfüllende Prophezeihung. Das sehe ich gerade aufgrund des Alters des TE als kritisch. In dem Alter (17 Jahre, wenn die Altersangabe stimmt) ist eine Persönlichkeit noch nicht vollständig ausgereift. Die wenigsten Ärzte würden eine PS diagnostizieren. Falls doch, würde ich deren Seriosität anzweifeln. Die Psyche, und damit die Persönlichkeitsstruktur, entwickelt sich nun einmal bis in die Mitte der Zwanziger. Die juristische Volljährigkeit mit 18 ist kein Maßstab.

Was hindert die aktiv Schreibenden, diese Diagnose nicht einzuholen, wenn sie sich recht sicher sind, schizoid zu sein? Das könnte ihr Leben so oder so erleichtern.

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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 1. Januar 2019, 23:34

tiffi hat geschrieben:Es lässt mit Rollen auf jeden Fall weniger Spielraum, für aktuelle überraschende Aktionen / Reaktionen /
Entscheidungen. Bzw, wenn man es tut, ist das Gegenüber sowas wie beleidigt, weil die Rolle verlassen
wurde. Was eigentlich noch nicht heißt, die Bindung wurde verlassen, aber manch einer betrachtet
das als "Verrat" - so mein Empfinden / Beobachtung.


Dazu fällt mir ein Vergleich ein, mal sehen, wie gut sich das Prinzip tatsächlich übertragen lässt:
Ich hatte mich mal eine Zeitlang für das Thema verbale und nonverbale Kommunikation interessiert (um rational die Dinge nachvollziehen zu können, die andere intuitiv wahrnehmen können). Eines der Grundprinzipien dabei, wenn es um das Thema Erkennen von Lügen geht, ist die Kongruenz der Signale, die der Andere aussendet. Die Idee ist, dass ein widersprüchliches bzw. inkongruentes Verhältnis von verbaler zu nonverbaler Kommunikation eine Lüge indiziert.
Wenn wir das auf die Rollenproblematik übertragen (können?), könnte man daraus vielleicht ja schließen, dass ein Bruch mit den Erwartungen, die Andere an die Rolle, die man angenommen hat, haben, für diese Anderen ebenso inkongruent und damit unglaubwürdig wirkt, sie sich also auf eine Weise belogen/manipuliert fühlen. Klingt das plausibel?

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ohne bösen Hintergedanken, hatte ich gerade das Bild eines Don Quijotte bei den Windmühlen im Kopf. Es ist einfach ein aussichtsloser Kampf, zu versuchen, sie zum Nachdenken zu bringen, denn erstens sind es zu viele und zweitens sind sie zu träge und zu ignorant :x


Hm, das Bild würde aus meiner Sicht passen, wenn ich den Wunsch hätte, andere zu verändern.
Ich dachte eher daran, dass ich es anderen gleichtun möchte. Sehe da eher ein Bild von einem Drachen in einer
Herde von munter meckernden Ziegen, die eben munter kommunizieren.
Und der Drache möchte auch sich mitteilen, holt Luft und ein Schwall Feuer kommt mit raus, die Ziegen sind stumm,
erschrocken, teilweise versengt... :schweigen:


Wir brauchen mehr Drachen in dieser Welt, glaub ich...

Wenn du sagst, du willst es anderen gleichtun, meinst du dann damit, dass du ebenso zwanglos mit anderen interagieren können willst, oder meinst du, dass du ebenso leicht wie die anderen, "nur" durch soziale Interaktion, zufriedenzustellen sein willst wie die anderen?

tiffi hat geschrieben:Ja schon. Empathie oder sehr stark beobachten, vorwegnehmen, vorausberechnen, nach Verständnis suchen.
In meinem Fall war es mehr überlebensnotwendig, also weniger aus meinem Wunsch raus, weil mir
die Rolle gut gefällt, sondern um Übel abzuwenden.
Darum vielleicht auch keine echte Verschmelzung.


Sind es, langfristig gesehen, ähnliche/identische Faktoren, die dich in die immerselbe Rolle zwingen, oder gab es da einen Wandel, wenn ich Fragen darf?

tiffi hat geschrieben:In entspannterer Atmosphäre im NT Bereich ist es vielleicht doch eher eigener Wunsch und nichts unangenehmes.
Vermutlich nimmt ein NT die Diskrepanz zu einer Rolle dann gar nicht wahr, oder dass er eine spielt, warum
auch, wenn sich alles stimmig einfügt und innen und mit anderen gut anfühlt. 


Spielt er denn in dem Moment, wo er die Rolle assimiliert hat, überhaupt noch eine, oder wird er im Prozess des Assimilierens nicht vielmehr zu seiner Rolle? Und wenn er die Rolle, die er nach außen zeigt, im Innern tatsächlich auch ist, ist er dann nicht authentischer und integrer als wir alle zusammen?

tiffi hat geschrieben:Bzgl. individuieren- weiß gar nicht ob es ein "Fehler" war oder eine so freie Entscheidung oder irgendwie
notwendig.


"Freie Entscheidung" ... Wille und Freiheit, nehme ich an. Letztlich ist der Wille immer bestimmt durch Anlage und Prägung, entsprechend kann die Entscheidung nicht frei sein.
Ich tue mir schwer mit dem Begriff "notwendig." Ich finde es logischer, von einer extremen Verteilung der Vor- und Nachteile auf die bestehenden Alternativen zu sprechen, als zu sagen, es gäbe keine Alternativen. Wenn wir von Notwendigkeiten sprechen, impliziert das eine Wertung, wo doch letztlich nur das jeweils betroffene Individuum werten kann.

tiffi hat geschrieben:Wobei ggf. ein anderer Mensch in meiner Situation die Chance gehabt hätte, sich nicht zu individuieren?
Ja, denke schon. Mein System hat mir viele bequeme und bedrohliche Angebote gemacht, mich nicht
zu individuieren, ich wollte es aber trotzdem.


Wie bereits gesagt, ist Wille Produkt von Anlage und Prägung. Im Bereich der Anlagen ist dabei vor allem der Punkt "Ansprechbarkeit" interessant, denn der entscheidet letztlich ja, wie das betroffene Individuum eine Situation für sich wertet und aufnimmt, wodurch prägende Faktoren, die theoretisch ja objektiv festlegbar sein sollten, verzerrt werden können. Ein bedeutend weniger ansprechbares Individuum hätte die Prägungen, die du erfahren hast, anders aufgenommen und wäre zu anderen Ergebnissen gekommen, u.U. ohne den Willen zu Individuieren.

tiffi hat geschrieben:Und andersrum wird vielleicht auch jemand mit eher "heilen" Startbedingungen ggf. die Lust verspüren,
sich zu individuieren, obwohl es auch bequemere Möglichkeiten geben würde, und auch hier das
Herausfallen aus einem sich einigen und schönen System bedrohlich sein kann.


Auch "heil" ist wiederum nur Frage der Ansprechbarkeit.
Du stellst das Individuieren hier zu negativ dar, finde ich. Erich Fromm (noch zwei Mal, dann wird das ein Running Gag) geht davon aus, dass der einzige Weg zu gesunder Liebe, zu Integrität, zu Glück, zusammenfassend also zu einem gesunden und glücklichen Leben, Individuation ist. Er beschreibt die bereits kritisierten Faktoren des Wertenihilismus und Hedonismus in der Populär- und Jugendkultur als Folge des Ausbleibens der Individuation. Er stellt es so dar, dass die Ich-Werdung zwar notwendig, aber schwer/unangenehm ist. Wenn wir aber in Betracht ziehen, was hinter diesen Mühen versprochen liegt, vielleicht ist es das ja sogar wert? Vielleicht lohnt es sich ja, dafür die Mühen des Individuierens auf sich zu nehmen? Vielleicht ist "der" SP näher an der psychischen Gesundheit, als "der" NT?
-- zumindest fällt es mir schwer zu glauben, dass "der" NT weiter sein soll...

tiffi hat geschrieben:

Ich brauche sie eigentlich nicht.
Ich habe nur festgestellt, dass die anderen sie brauchen, und dass ich sie außerhalb der Rolle erschrecke /
befremde / nicht erreiche. (Ausnahme: Jemanden treffen, der auch keine braucht, sehr selten)

Also vielleicht entwickle ich auch deswegen meine Rolle nicht weiter, weil ich sie unnötig finde und es mich
etwas nervt, und bleibe deswegen bei immer demselben Stück, um aber immerhin den Schein zu wahren,
eine Rolle zu haben und hier und da darüber "Berührungspunkte", die ja keine eigentlichen sind.

Aber sind es Berührungspunkte mit "entwickelten Rollen"? Mir kommt es vor: dass nicht.
Darum sehe ich da irgendwie auch keinen Sinn drin, Rollen weiter zu entwickeln, Spaß macht es mir ja auch nicht,
in anderer Rolle anderen zu begegnen.


Du meinst, es fehlt im Bereich Konsum / Hedonimus sowas wie der höhere Sinn, etwas geistiges, irgendeine
Form von Streben und Entwicklung? Könnte schon sein, dass das innerlich viel leerer macht ohne und zu negativen
Grundhaltungen führt.Ggf. auch Süchten.Bildung von Individualität, Beschäftigung mit geistigen Dingen, Begegnung
in Integrität wären sicher nicht die schlechtesten "Gegenkräfte" zum Zeitgeist.


Was fehlt, ist der Schritt vom Haben zum Sein. Ich glaube, ich habe gerade erst das gleichnamige Buch von Fromm verstanden, danke dafür. Das man also aufhört, sich über die Dinge zu definieren, die man hat, also besitzt, erwirbt und konsumiert, und stattdessen anfängt, zu sein, und zwar man selbst. Dass man sich also quasie "über sich selbst" definiert.


tiffi hat geschrieben:Näher dran sein, aber als "einsame Insel" ist auch irgendwie blöd. Aber ab und zu gibt es ja "Inselfunk".


Offensichtlich ist es blöd, sonst wäre SPS ja keine Krankheit, sondern der Inbegriff mentaler Gesundheit :)


tiffi hat geschrieben:Und "das Soziale auf die Reihe kriegen" -hmm, gerade denke ich eher an die Quadratur des Kreises....


Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder es ist schwer, glücklich zu sein, und dann validiert das nur meine These, wenn sie schwer ist, oder es ist leicht, glücklich zu sein, und wir alle machen nur irgendwas ganz schrecklich falsch. Als bis es stichhaltige Belege für das Zweite gibt, gehe ich mal vom Ersten aus, sonst müsste ich mir selbst überaus unfähig vorkommen. Außerdem geht es hier immerhin um die Frage (oder einen Hauptaspekt der Frage) wie der Mensch langfristig Glück und Geistige Gesundheit erreichen kann, da ist wohl inhärent, dass das eine große und schwere Frage sein muss


tiffi hat geschrieben:Würde das heißen, sich dem Rollenverständnis und Hedonismus anzupassen?
Oder Gemeinsamkeiten zu finden und dass man sich irgendwo in der Mitte trifft?


Nein, im Gegenteil. Die beste Lösung wäre wohl, sich mit ausreichend Individuen zu umgeben, die so weit Individuiert sind, dass sie keine Rollen fordern, und mit ihen so viele integre soziale Bindungen aufzubauen, bis man damit sein Sozialbedürfnis / Bedürfnis nach Nähe abgegolten hat. Ich glaube nicht, dass Interaktion mit Rollen für den Zweck besonders nützlich ist, das würde dafür also alle NTs, die nicht so weit individuiert

frozen hat geschrieben:Das liest sich hier eher wie eine Abrechnung mit Nicht-Schizoiden. Und eine nahezu Glorifizierung der Schizoidie. Der Schizoide ist hochintelligent, hochsensibel und natürlich hochintellektuell. Der Nicht-Schizoide ist das Alles nicht, sondern eher stumpf, alles andere als individuell. Nun ja, kann man so sehen, muss man aber nicht.


Da hast du Recht. Bei mir spielt da, denke ich, eine tiefsitzende, irrationala Frustration mit drin, weil es "Der" NT (in meiner subjektiven Empfindung) so leicht zu haben scheint, letztlich vielleicht eine Art Abwehrmechanismus. Das ist halt das Problem, wenn man einmal anfängt, zu verallgemeinern. An sich ist ja der Zustand neurotypisch, wenn wir uns einmal auf den Aspekt "Sozial normal entwickelt" konzentrieren, mehr ein Ideal als ein "Feindbild" irgendeiner Art

Edit: BBCode gerichtet und kleine Inhaltliche Ergänzungen

Themis

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Themis » 2. Januar 2019, 15:05

frozen hat geschrieben:Was hindert die aktiv Schreibenden, diese Diagnose nicht einzuholen, wenn sie sich recht sicher sind, schizoid zu sein? Das könnte ihr Leben so oder so erleichtern.
Ich wüsste nicht, inwiefern. Diagnosen sind relativ.
Erleichtern - etwa in Form eines Schwerbehindertengrades? Der Weg dahin ist lang, und nicht jeder will ihn sich antun. Zumal auch dann Schaden gegen Nutzen abzuwägen wäre.

Und wozu sollte man sich von außen ein Etikett geben lassen, wenn man sich "recht sicher" ist, "schizoid zu sein"? Reicht diese eigene Annahme einer passenden Zuordnung nicht? :roll:
Man sieht sich ja i. d. R. weniger als stolz darauf an, in eine bestimmte "Psycho-"Ecke zu passen, sondern die Suche ergibt sich aus eigenem Leidensdruck und Nichtpassen/Anderssein, das meist nicht nur von einem selbst, sondern vor allem von Anderen bemerkt wird.
Kann völlig ausreichend sein ...

frozen

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon frozen » 2. Januar 2019, 15:43

Themis hat geschrieben:
Erleichtern - etwa in Form eines Schwerbehindertengrades?


Nein, den Gedanken hatte ich nicht. Geht das überhaupt?

Ich versuche es mal anders zu erklären: wenn ich einen Tumor hätte, würde es mich schon erleichtern zu wissen, ob er gut- oder bösartig ist. Entsprechende Vorgehensweisen würden sich aus einem solchen Befund ergeben. Von Nichts tun bis OP. Wenn ich weiß, kann ich Alternativen abwägen. Wenn ich nur vermute, schwimme ich eher.

Wenn jemand unter Schizoidie leidet, warum sich dann keine Hilfe holen?

Und ich sehe es nicht so, dass sich jemand in eine Psycho-Ecke stellt (das ist von dir eher negativ gemeint, oder?). Jemand ist krank, leidet darunter und geht zum Arzt. Eigentlich doch ganz einfach, oder?

Themis

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Themis » 2. Januar 2019, 17:36

frozen hat geschrieben:Ich versuche es mal anders zu erklären: wenn ich einen Tumor hätte, würde es mich schon erleichtern zu wissen, ob er gut- oder bösartig ist. Entsprechende Vorgehensweisen würden sich aus einem solchen Befund ergeben. Von Nichts tun bis OP. Wenn ich weiß, kann ich Alternativen abwägen. Wenn ich nur vermute, schwimme ich eher.

Wenn jemand unter Schizoidie leidet, warum sich dann keine Hilfe holen?

Und ich sehe es nicht so, dass sich jemand in eine Psycho-Ecke stellt (das ist von dir eher negativ gemeint, oder?). Jemand ist krank, leidet darunter und geht zum Arzt. Eigentlich doch ganz einfach, oder?
Das ist m. E. weder einfach noch zu vergleichen. Aus u. a. folgenden, natürlich rein subjektiven Gründen:

a) Es ist nochmal eine ganz andere Hürde, sich zur Behandlung psychischer Schwierigkeiten zu entschließen, als es bei physischen der Fall ist.

b) Auch im Falle des Tumors warten sehr viele Menschen einfach ab; die Symptome werden mit der Zeit so vertraut, dass man annimmt, es könne nichts Gravierendes sein. Schließlich kommt man irgendwie auch so zurecht.

c) Generell ist die Bereitschaft, sich irgendwem zu öffnen und Hilfe zu suchen, vmtl. bei schizoid Strukturierten noch geringer als bei anderen Menschen.

d) Da Veränderungen bei PS nur mit sehr viel Kraft und Motivation, sehr langsam und auch im Endergebnis in eher nur geringem Ausmaß möglich sind (laut Statistik), müsste man den Fall mit einem metastasierenden bösartigen Tumor vergleichen, um in Deinem Bild zu bleiben - oder einem sehr Raum greifenden gutartigen, der auch bei Ektomie prognostisch immer wieder nachwachsen würde. In beiden Fällen bleibt die Beeinträchtigung, ohne dass viel getan werden kann.
Hat die exakte Diagnose also weitergeholfen?

e) Eine PS ist eben kein draufgesetzter Tumor, sondern in gewisser Weise Teil der Persönlichkeit. Möchte man die eigene Persönlichkeit, die ja so "gewachsen" ist, verlieren, indem störende Teile wegbehandelt werden? Und was bleibt dann? Eine zwar funktionalere, aber angepasst leere Hülse?

Und nein: Auch mit erkennbaren, gut und mit wenig Aufwand behandelbaren Zipperlein geht längst nicht jeder zum Arzt; auch unter NTs nicht. Dass irgendeine Art theoretischer Behandlungsbedürftigkeit bestünde, zieht - auch bei Symptomwahrnehmung und/oder Leidensdruck - nicht zwangsläufig einen Reparaturwunsch nach sich.
Zumindest keinen durch Hilfe von außen. Dass man versucht, sich mit Mitteln der eigenen Wahl selbst zu helfen, ist was anderes. Dazu können, müssen aber nicht, z. B. auch Psychotherapie oder -pharmaka gehören. Allerdings kaum mit dem Ziel, "die Störung loszuwerden"; sondern im Kleinen und BEI SICH (nicht gegen sich) etwas zu verändern. Etwas hinzugewinnen, nicht etwas töten.

Dies nur meine persönliche Meinung.


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