Schneegeflüster hat geschrieben:Das ist doch im Kern der selbe Vorgang wie bei periodisch interagierenden NTs, nicht? Es entsteht ja beides mal mehr Nähe / die existierende Nähe wird vertieft, nur dass bei dir (oder im Allgemeinen beim SP) das Öffnen, dass für Akzeptanz und Integrität nötig wäre, ausbleibt (oder zumindest nicht in dem Maße stattfindet, wie die Nähe zunimmt).
Für mich ist es z ZT am logischsten, da 3 Fälle zu sehen, aber Einteilungen sind ja immer etwas willkürlich:
-einmalige Rolle
-wiederholende Rolle (ggf. mit Änderung, Vertiefung, Lockerung bei den einen oder mehr Zwang / Erwartung
bei den anderen)
-keine Rolle
Schneegeflüster hat geschrieben: Vemutlich gibt es auch Sinn, die Beziehungen mit Nähe weiter zu differenzieren in solche mit positiver / aufbauender Nähe (oder wie man es nennen mag) und mit destruktiver / beklemmender Nähe.
Nähe mit (so gut wie) keiner Rolle finde ich eher nicht so beklemmend. Vielleicht nur
irritierend, weil keine Orientierungspunkte da sind.
Nähe im Sinne von wiederholende Rollen finde ich eher beklemmend, vermutlich weil sich das
bei mir so unflexibel ausgestaltet und die starre Rolle meine Authenzität einschränkt, sogar innerlich.
Schneegeflüster hat geschrieben:Das fällt dem NT vermutlich leichter, weil es ihm einerseits eher leichter fallen dürfte, sich zu öffnen, und es
andererseits für ihn weniger gibt, dass beim Öffnen enthüllt werden könnte.
NT hat weniger zu enthüllen – ja, empfinde ich auch so. Es wirkt auch so, als wären die Rollen
dann mühelos und nicht so, als müsste was anderes da sein.
NT könnte von meinen Enthüllungen eher bestürzt sein- > hab ich auch schon erlebt.
Wurde mir sogar in der Klinik geraten, besser nicht soviel zu zeigen, von Therapeutenseite.
Ich fühle mich in den Rollen, auch dann in diesen "lockereren Rollen", die bei den NTs entstehen,
irgendwie nicht zuhause, nicht authentisch. Weil mein Teil des Bewusstseins woanders gebunden
und unterwegs ist.
Schneegeflüster hat geschrieben:Verstehe ich dich richtig, dass es das (unterbewusste oder unwillkürliche) Assimilieren der Rolle ist, dass deine Integrität (dein Inneres) angreift? Und passiert das dann mit jeder Begegnung, die mehr als einmalig ist, dass eine neue Rolle entsteht, die sich dir aufdrängt?
Ja, das ist so ein zentrales Empfinden bei mir mit dem Assimilieren der Rolle, die in mein eigenes Empfinden
reinwirkt und es sogar dominiert oder verdrängt.
Dass ich mich gar nicht „bewusst und extra“ anderen Menschen anpasse oder Rollenerwartungen erfülle,
sondern das Gefühl habe, die Rolle macht sich in mir breit, ich spüre was erwartet wird und kann mich kaum
bewusst dagegen stemmen. Ist immer ein Riesenkraftakt.
Das scheint bei mir auch anders zu sein als das, was ich sonst hier von Erfahrungsberichten von
Schizoiden gelesen hab.
Nämlich dass bei anderen die innere Distanz ganz einfach bestehen bleiben kann, und die Rolle gut getrennt
werden kann.Da scheint bei mir irgendeine andere Strebung hineinzuwirken.
Schneegeflüster hat geschrieben:Vielleicht lässt es sich ja so darstellen, dass der durchschnittliche NT mit seiner Rolle kein Problem hat, weil er nicht weit genug indiviuiert ist, um durch diese Rolle seine Integrität gefährdet zu sehen? Zumal die typischen gesellschaftlichen Rollen ja letztlich von NTs für NTs geschaffen werden, also sowieso schon eher auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Ist das Bedürfnis nach Integrität für NTs überhaupt ein Thema?
Die anderen wirken da schon kongruent, als könnten sie gut die Rollen leben, zuhause ggf. andere Rollen
und wer weiß wie und wo vielleicht auch ohne Rollen sein (feiern, Konzert, Fußball, Alk ?)
Also stimme dem Absatz oben zu.
Schneegeflüster hat geschrieben:tiffi: Bei mir fühlt sich die wiederholte Rolle eher wie eine Einschränkung der Integrität an, da so fix
und mit drohender Wiederholung, und innerlich wenig Gefühl für Spielraum.
Meinst du Unflexibilität innerhalb der Rolle oder zwischen den Rollen?
Wenn ich dich richtig verstehe, scheint dein Problem also nicht die Rolle an sich zu sein (zumindest primär), sondern erstmal nur die Starrheit der Rolle? Dass also in sich wiederholenden Situationen deine Rolle starrer wird, wo sich die Rollen der Anderen wie selbstverständlich weiterentwickeln?
Erstmal scheint der Konflikt / das Starre in mir drin so zu sein. Hatte erst gedacht, die andere erwarten das Starre so, bis ich gemerkt hab, das kommt gar nicht von denen.
Der zweite Konflikt ist, dass ich mit meinem Selbstverständnis dann auch nicht so geschmeidig
mit den anderen interagiere. Ich kann nach 5 Jahren Kollegschaft immer noch völlige Banalitäten austauschen,
die man sonst vielleicht in den ersten 3 Tagen des Kennenlernens äußert. Und nichts weiter.
Und die anderen Dinge, die gehen dann "hinter die Rolle" und den anderen zu weit.
Ich denke, diese Flexibiltät des Rollenerweiterns, das ist bei mir eine Art von Manko.
Schneegeflüster hat geschrieben:Ich hatte sehr lange Zeit den zweiten Begriff gelebt, bis ich gemerkt habe, dass die Einsamkeit eben auch ein Problem ist. Und das ist eben das, was du (wenn ich dich richtig verstehe) mit "Fluch zum Individuellen" meinst.
Fluch zum Individuellen: Es wäre vielleicht manchmal erleichternd und bequem, sich in fertigen Schablonen,
wo sich ne Menge Leute mit wohlfühlen, ebenso wohlzufühlen.
Nicht denken zu müssen, nicht den Widerspruch und Zwiespalt zu fühlen.
Schneegeflüster hat geschrieben:Aber an sich basiert ja die Wirksamkeit dieser Strategie darauf, dass man selbst in der Rolle weniger angreifbar und distanzierter ist, weil man sein eigentliches Selbst von dieser Rolle losgelöst, distanziert betrachten kann; wird dieser Effekt dann nicht aufgehoben, wenn man sich zu sehr in seine Rolle hineinfindet / sie assimiliert?
Ja, deswegen funktioniert die Strategie bei mir auch nicht und ich hab noch nicht rausgefunden, wie ich das
von mir lösen kann.
Da komm ich mir genauso hilflos vor als würde ich mit zwei Händen versuchen, einen Bach am fließen aufzuhalten.
Und ich wunder mich immer, warum Therapeuten sowas sagen oder warum das so in Selbsthilfeliteratur steht
„machen Sie doch einfach“.
Schneegeflüster hat geschrieben:Genau; des weiteren noch die Freiheit, man selbst sein zu können und die Freiheit, zwischen Rollen zu wechseln und die Rollen selbst anzupassen, hätte ich gesagt
So eine Flexibiltät und Wahl und eigene Gestaltung ist immer gut. Selber wirksam sein.
Schneegeflüster hat geschrieben:Im Alleinesein kann man natürlich seine Integrität schützen, aber ebenso doch (theoretisch) in einer integren Beziehung?
Ja denke schon, das kann man erfahren, wenn man Respekt erfährt und der andere einen ähnlichen Blick hat
und keine Schablonen erwartet.
Schneegeflüster hat geschrieben:Dann wären die Rollen und Standards, die man sich in seine Identität integriert hat, ja auch vom Integritätsbegriff abgedeckt? Also das jemand, der sich über diese Standards definiert, diese Standards für seine Integrität braucht? Wie kann das aber gehen, dass man einen Standard als das eigene annimmt, wenn der Standard doch von außen kommt?
Ich fände es schlüssig, wenn man die auch mit aufnimmt. Also die Standards, die von außen kommen. Vielleicht wählt man eben nur die aus, die auch mit dem eigenen übereinstimmen.
oder sieht und interpretiert die Standards in der ganz eigenen Färbung? Und das ist dann individuell.
Schneegeflüster hat geschrieben:Die Idee mit dem rekombinieren vorgegebener Standards zu einer Identität hat die Schwäche, dass, weil die Standards eingeschränkt sind, auch das Ergebnis nur in einem gewissen Spektrum möglicher Kombinationen liegen kann, also mitnichten wirklich individuell sein kann. Außerdem stellt sich immernoch die Frage, wie aus von Außen kommenden Standards, selbst durch Rekombination, eine angemessene Repräsentation einer halbwegs individuierten Persönlichkeit werden kann; die Persönlichkeiten, die so eine Identität aufbauen können, die sie zufrieden stellt, müssten also auf eine Weise von außerordenlicher Stumpfheit sein. Allerdings deckt sich das auch mit dem Eindruck, den die Meisten NTs bei mir hinterlassen, eigentlich ist das nichtmal widersprüchlich
Der letzte Satz *lach* Das empfinde ich leider recht ähnlich. Zumindest sehr unbunt / uniform. Selbst
in der Tendenz, besonders individuell zu sein.
Hm, der Satz, dass man dann abhängig von äußeren Standards und Einflüssen ist, stimmt wohl.
Aber ich glaube, ganz ohne Stimulation von außen wäre auch wenig los mit der Individualität.
Die interagiert mit Einflüssen von außen.
Denke jetzt gerade an Kasper Hauser, der hatte keine menschlichen Einflüsse, aber dann Natur und Tiere, also auch komplexe Systeme um sich rum.
Schneegeflüster hat geschrieben:Vermutlich liegt in dieser Stumpfheit die Lösung begründet. Mir fällt da wieder ein, was ich hier zu einem früheren Zeitpunkt schonmal geschrieben hatte: Fromms Idee, dass wir alle (zumindest alle NTs) uns viel ähnlicher sind und auch viel ähnlicher sein wollen, als wir uns überhaupt eingestehen wollen. Vielleicht muss der durchschnittliche NT sich nur selbst überzeugen, individuell zu sein, und will eigentlich den Standards und den Anderen entsprechen
Das würde auch den Tendenzen zur Imitation entsprechen.
Dieses Jahr ist ein ganz komisches für mich. Nicht nur dass ich so emotional geworden bin, sondern ich erlebe
gerade auch eine bewusste Phase, wo ich imitieren möchte und dies auch tue. Etwas gruselig.
Aber ja, scheint normal zu sein. Und vielleicht müssen eben auch ansprechende Vorbilder erstmal da sein, mit
denen man innerlich einverstanden ist, um sie zu imitieren.
Mit dem ähnlicher sein zeigt sich vielleicht auch in der Hoffnung, verstanden und wahrgenommen
zu werden. Wenn mich jemand nicht erkennt, ist das schon eine Art sozialer Schmerz.
Wenn ich jemanden nicht verstehe / nachvollziehen kann, finde ich das auch eher unangenehm.
Vor allem betrifft das wohl Erfahrungen mit sehr engen Bezugspersonen (die man sich in der
Kindheit nicht aussuchen kann und wo die Kluft dann manchmal groß war)
Schneegeflüster hat geschrieben:Es war an dieser Stelle nicht allgemeingültig gemeint, sondern nur auf mich selbst in dieser konkreten Situation bezogen. Hätte ich eine Beziehung gehabt (mit Beziehung meine ich jede Art der Bindung mit einem gewissen Maß an Nähe, egal, ob familiär, sozial, platonisch, romantisch, sexuell, eine tiefe Freundschaft...), die mir das Bedürfnis nach Geborgenheit und Sicherheit erfüllt hätte, dann hätte ich zu der Erfüllung dieses Bedürfnisses keine abhängige / symbiotische Beziehung führen brauchen, was meine Integrität gewahrt hätte.
Die Abhängigkeit entsteht an sich ja in dem Moment, wo man gezwungen ist, Bedingungen zu erfüllen (eine Rolle auszufüllen z.B.), um eine (emotionale) Gegenleistung zu erhalten, auf die man (z.B. aufgrund eines Defizites oder besonderen Bedürfnisses) besonders angewiesen ist. Mit einer integren Beziehung wäre das Bedürfnis (bei mir Geborgenheit) bereits erfüllt gewesen, wodurch es gar nicht erst zur Abhängigkeit gekommen wäre. Dadurch also, das ich in einem Rahmen, der meine Integrität wahrt, mein Bedürfnis stille, wahre ich wiederum meine Integrität, indem ich mir das Abhängigkeitsverhältnis spare - war die Idee.
Ah okay, ich denke, so ist es mir klarer.
Komischerweise sind ja bei den Dramen der Weltliteratur (Faust z B), diese Liebesgefühle auch nie
so gerade aus und integer. (fällt mir nur gerade ein).
Ich denke / hoffe aber, dass zwei bewusste Menschen das eigentlich auch sauberer hinkriegen müssten. Spricht ja
nichts dagegen. Außer diese ganzen unbewussten Kräfte, die einem ein Schnippchen schlagen können.