Sozialer Kontakt als Antrieb

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
Schneegeflüster
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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 10. Dezember 2018, 17:49

tiffi hat geschrieben:
Themis hat geschrieben:Hmmmm ... Also bei mir z. B. ist die Bindung ans Leben aufgrund der schizoiden Struktur und des fehlenden Urvertrauens sowieso sehr gering. Da spielt die Angst vor der Endlichkeit keine Rolle, im Gegenteil.
Kann man aber natürlich nicht verallgemeinern.
Geht mir ähnlich, diese existentielle Situation der Endlichkeit, der Sinnlosigkeit von mir als einzelnen Menschen
war mir von Jugend an immer präsent.

Ist es nur Gleichgültigkeit, oder auch ein Stück weit Verlorenheit? Letzteres ist nämlich bei mir auch der Fall.

tiffi hat geschrieben:Da gibt es für mich auch in einer Beziehung keine Flucht vor.
Bzw wenn ich mal eine Beziehung hatte, wo wirklich viel "heile Welt" war und diese existentiellen
Aspekte für die andere Person so GAR NICHT vorkamen, hab ich innerlich ziemlich am Rad
gedreht, weil kaum auszublenden.

Wobei das jetzt keine erfüllende, sondern nur eine oberflächliche Art der Beziehung ist; gerade wenn man sich dann noch verstellen muss, um in diese "heile Welt" überhaupt erst hineinzupassen, muss man sich selbst zu weit aufgeben, als dass die Beziehung noch erfüllend sein könnte.

tiffi hat geschrieben:Also Liebe als Beruhigungsmittel und Fluchtpunkt funktioniert bei mir nicht.
würde dann eh drüber nachdenken, wenn es zu schön ist, dass der andere auch sterblich ist
und früher oder später garantiert alles vorbei ist. (also diese Liebe und das Zusammensein)

Wenn das aber nur eine oberflächliche Beziehung war und nicht erfüllend (ich hoffe, ich trete dir mit meiner Wertung nicht zu nahe), dann kann es auch nicht hilfreich gewesen sein. Interessanter wäre da schon eine Beziehung, die mehr auf einem tiefen Gefühl der Verbundenheit, des Respekts, des gegenseitigen Verständnisses bei gleichzeitiger gegenseitiger Wahrung der Integrität des jeweils anderen basiert; eine solche Beziehung müsste entgegen der von NTs oft gelebten "Ideale" nichtmal zwingend sexueller oder romantischer Natur sein, platonische Liebe oder eine tiefgehende Freundschaft würden an sich ja schon ausreichen.

tiffi hat geschrieben:In Bezug auf Soziales hatte ich als Jugendliche eher den Antrieb, die Leute mit ihrer
Endlichkeit zu konfrontieren, die sie ja gewaltig auszublenden schienen.
Durch z B bestimmte T Shirts tragen mit gewissen Bildern oder Sprüchen, die dann
etwas irritierten. Oder eine Form von Aktionskunst, die ich mir vorstellte
in bezug auf "Tod in die Gesellschaft mit reinnehmen".

Zweifellos amüsant, aber nicht wirklich produktiv (habe da auch schon meine erfahrungen gemacht). Man erreicht einfach nicht genug Leute, um etwas zu verändern, und selbst die, die man erreicht, weinen sich irgendwo aus, bauen ihre Ignoranz weiter aus und machen weiter wie bisher. Verrückt eigentlich.

tiffi hat geschrieben:Aber nicht sozialer Kontakt als Antrieb "ich machs mir schön und gemütlich und kuschelig".
in Bezug auf Vereine und Gruppen.
In Bezug auf intimere Konstellationen wie Freundschaft und Partnerschaft ist es schon
etwas anders. Also dass diese Seiten zwar drin vorkommen (existentielle Unsicherheit),
aber auch schönere Seiten mit Verbundenheit.

Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst, tut mir leid :rätseln:

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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon orinoco » 10. Dezember 2018, 18:24

Schneegeflüster hat geschrieben:
orinoco hat geschrieben:Bei unsereins ist das nun extrem verschoben bis hin dazu, dass man meint besser alleine zu leben, weil selbst Familie, Verwandte und Bekannte uns Angst machen und man auch nur wenige bis gar keine Freunde oder Partner findet, die einem keinen Stress machen. Aber an der prinzipiellen sozialen Natur ändert das nichts. Eine einzige unterstützende Beziehung kann unser Leben vollkommen zum Positiven verändern, aber es ist nicht leicht für uns so jemanden zu finden.

Bei mir ist es eher so, dass andere Menschen mir nicht Angst machen, sondern der soziale Kontakt mir schlicht keine erfüllung bietet; ich isoliere mich nicht aus Angst, sondern aus Desinteresse. Ich weiß jetzt zwar nicht, wie representabel ich als einzelner bin, meine aber, auch schon von anderen Schizoiden gelesen zu haben, denen das ähnlich geht. Angst und Streß mögen zwar Faktoren sein, aber ich denke nicht, das sie immer wirken müssen

Also ich will andere Motivationen nicht ganz ausschließen, aber Emotionen und besonders die negativen, sprich Angst, sind zum einen die stärksten die es gibt. Und sie äußern sich auch nicht immer so direkt wie wenn man die Hand auf die heiße Herdplatte legt. Ich hab 42 Jahre nicht gemerkt, dass ich da ein Problem habe und hab zwar gemerkt ich bin anders, aber dachte ich bin irgendwie doch "normal", schlicht weil ich nichts anderes kannte. Man kann eigentlich nach dem Grundsatz, dass allem negativem (Sozial-)Verhalten eine negative Emotion zugrunde liegt, fast immer irgendwo eine Angst ausmachen, manchmal sogar eine weit zurück liegende an die wir uns nicht erinnern und/oder eine, die gar keine reale Gefahr darstellt und wir das mit unserem Bewußtsein zu 100% wissen, die aber unbewußt getriggert wird, man also im Bewußtsein davon gar nichts merkt, nicht mal ein besondere körperliche Reaktion bemerkt, aber das eigene Verhalten dann doch negativ ist, vor allem eben im Vergleich zu anderen. Unser Bewußtsein ist ja nur eine Nussschale auf dem Ozean des Unbewußten, das aber maßgeblich zu dem beiträgt wie wir - scheinbar bewußt - reagieren. Klassisches Beispiel sind die Regeln der deutschen Grammatik: wir haben sie alle im Kopf und wenden sie automatisch richtig an, aber bewußt benennen können wir sie nicht, es sei denn wir unterrichten Deutsch für Ausländer und haben sie explizit dafür nochmal bewußt gelernt, so wie es alle Ausländer tun müssen, wenn sie Deutsch lernen. Mir geht es inzwischen sogar im Englischen so, dass ich obwohl ich Englisch erst als Fremdsprache ab der 7. Klasse gelernt habe, dass ich nicht mehr groß über die Grammatik nachdenke, sondern es fließt einfach heraus und manchmal fallen mir sogar spontan Wörter ein, wo ich erst hinterher, wenn ich sie im Lexikon noch mal nachgeschlagen habe, merke, dass ich sie automatisch richtig verwendet habe.
Und nicht zuletzt ist da das dauerplappernde Bewußtsein, das auf alles eine logisch-rationale Antwort findet, aber garantiert die falsche, weil es von Emotionen keine Ahnung hat. Man (er-)findet also immer rationale "Ausreden" warum man gerade so reagiert und übergeht oftmals die eigene Angst.
Also ich für mich kann sagen, dass seit ich dieses Prinzip kenne und mir bewußt gemacht habe, dass ich hinter meinen negativen Reaktionen wesentlich häufiger, ja eigentlich immer, eine Angst ausmache. Besonders deutlich wird dies wenn ich mich - wider besseres emotionales Wissen - mich dieser Situation doch aussetze. Ich fühl mich dann spontan schlecht und bemerke körperliche Angstreaktionen (Schwitzen, Kribbeln, ungutes Gefühl im Bauch, verzögert Verspannungen bis Rückenschmerzen, akut sogar diesen Adrenalin-Flash, der durch den ganzen Körper geht). Manchmal genügt es auch schon mir diese Situation vorzustellen. Und dann lass ich es dann besser gleich sein.
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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Indigocat » 10. Dezember 2018, 20:34

Schneegeflüster hat geschrieben:
tiffi hat geschrieben:In Bezug auf Soziales hatte ich als Jugendliche eher den Antrieb, die Leute mit ihrer
Endlichkeit zu konfrontieren, die sie ja gewaltig auszublenden schienen.
Durch z B bestimmte T Shirts tragen mit gewissen Bildern oder Sprüchen, die dann
etwas irritierten. Oder eine Form von Aktionskunst, die ich mir vorstellte
in bezug auf "Tod in die Gesellschaft mit reinnehmen".

Zweifellos amüsant, aber nicht wirklich produktiv (habe da auch schon meine erfahrungen gemacht). Man erreicht einfach nicht genug Leute, um etwas zu verändern, und selbst die, die man erreicht, weinen sich irgendwo aus, bauen ihre Ignoranz weiter aus und machen weiter wie bisher. Verrückt eigentlich.
Zweifellos profan, aber ich finde, hier passt es. Bild
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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 10. Dezember 2018, 23:01

orinoco hat geschrieben:Also ich will andere Motivationen nicht ganz ausschließen, aber Emotionen und besonders die negativen, sprich Angst, sind zum einen die stärksten die es gibt. Und sie äußern sich auch nicht immer so direkt wie wenn man die Hand auf die heiße Herdplatte legt. Ich hab 42 Jahre nicht gemerkt, dass ich da ein Problem habe und hab zwar gemerkt ich bin anders, aber dachte ich bin irgendwie doch "normal", schlicht weil ich nichts anderes kannte. Man kann eigentlich nach dem Grundsatz, dass allem negativem (Sozial-)Verhalten eine negative Emotion zugrunde liegt, fast immer irgendwo eine Angst ausmachen, manchmal sogar eine weit zurück liegende an die wir uns nicht erinnern und/oder eine, die gar keine reale Gefahr darstellt und wir das mit unserem Bewußtsein zu 100% wissen, die aber unbewußt getriggert wird, man also im Bewußtsein davon gar nichts merkt, nicht mal ein besondere körperliche Reaktion bemerkt, aber das eigene Verhalten dann doch negativ ist, vor allem eben im Vergleich zu anderen. Unser Bewußtsein ist ja nur eine Nussschale auf dem Ozean des Unbewußten, das aber maßgeblich zu dem beiträgt wie wir - scheinbar bewußt - reagieren. Klassisches Beispiel sind die Regeln der deutschen Grammatik: wir haben sie alle im Kopf und wenden sie automatisch richtig an, aber bewußt benennen können wir sie nicht, es sei denn wir unterrichten Deutsch für Ausländer und haben sie explizit dafür nochmal bewußt gelernt, so wie es alle Ausländer tun müssen, wenn sie Deutsch lernen. Mir geht es inzwischen sogar im Englischen so, dass ich obwohl ich Englisch erst als Fremdsprache ab der 7. Klasse gelernt habe, dass ich nicht mehr groß über die Grammatik nachdenke, sondern es fließt einfach heraus und manchmal fallen mir sogar spontan Wörter ein, wo ich erst hinterher, wenn ich sie im Lexikon noch mal nachgeschlagen habe, merke, dass ich sie automatisch richtig verwendet habe.
Und nicht zuletzt ist da das dauerplappernde Bewußtsein, das auf alles eine logisch-rationale Antwort findet, aber garantiert die falsche, weil es von Emotionen keine Ahnung hat. Man (er-)findet also immer rationale "Ausreden" warum man gerade so reagiert und übergeht oftmals die eigene Angst.

Vielleicht (vermutlich) hast du recht. Ich kann dennoch an mir selbst momentan keine solche Angst entdecken. Ich werde in der nächsten Zeit mal vermehrt darauf achten.
orinoco hat geschrieben:Also ich für mich kann sagen, dass seit ich dieses Prinzip kenne und mir bewußt gemacht habe, dass ich hinter meinen negativen Reaktionen wesentlich häufiger, ja eigentlich immer, eine Angst ausmache. Besonders deutlich wird dies wenn ich mich - wider besseres emotionales Wissen - mich dieser Situation doch aussetze. Ich fühl mich dann spontan schlecht und bemerke körperliche Angstreaktionen (Schwitzen, Kribbeln, ungutes Gefühl im Bauch, verzögert Verspannungen bis Rückenschmerzen, akut sogar diesen Adrenalin-Flash, der durch den ganzen Körper geht). Manchmal genügt es auch schon mir diese Situation vorzustellen. Und dann lass ich es dann besser gleich sein.

Macht es das denn besser, darin jetzt eine Angst zu erkennen?

tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 10. Dezember 2018, 23:20

Schneegeflüster hat geschrieben:Das ist eben die Stelle, an der auch Fromm die Grenze zieht, zwischen einer symbiotischen (abhängigen) Beziehung und "echter" Liebe: das letzteres die Integrität beider wart. Er hat das sehr schön mit folgendem Satz ausgedrückt: "In der Liebe findet sich die paradoxe Situation, dass zwei eins werden und zwei bleiben."
Das mag ich, mit der gewahrten Integrität. (gerade, weil ich für den Lösungsversuch einer
Zugehörigkeit auch schon das Gegenteil erlebt habe)

Ich denke, ein anderer Aspekt ist noch, dass es bei einer "echten Liebe" weniger feste Formen gibt.
Bei einer abhängigen Liebe gibt es mehr Formen, die zu erfüllen sind.
Und Erwartungen.
Und da spielt ja auch weniger die aktuelle Entwicklung, der aktuelle Zustand eine Rolle,
vermutlich, weil der Zugang dazu ja auch fehlt oder die Orientierung zum eigenen Ist-
Zustand.
Schneegeflüster hat geschrieben:tiffi hat geschrieben: Geht mir ähnlich, diese existentielle Situation der Endlichkeit, der Sinnlosigkeit von mir als einzelnen Menschen
war mir von Jugend an immer präsent.


Ist es nur Gleichgültigkeit, oder auch ein Stück weit Verlorenheit? Letzteres ist nämlich bei mir auch der Fall.
Ja, dieses Gefühl taucht bei mir auch manchmal auf. Manchmal Freiheit / Gelassenheit und manchmal
Verlorenheit.
Ich vermute, das ist auch das, was du meinst mit dem "Schatten des Schizoiden" (ganz so war der Begriff nicht,
nur in diesem Sinne) wo du gerne noch was ändern würdest?
Wenn man über Vergänglichkeit nachdenkt, und einem das bewusst wird, ist das nicht immer ein
aufbauendes Gefühl.
Schneegeflüster hat geschrieben:Sehe ich ähnlich: so wichtig ist das Leben an sich nicht - nur leider ist der Tod doch eine sehr beängstigende Vorstellung. Wenn man auf das Leben verzichten und gleichzeitig sein Bewusstsein behalten könnte, das wär schon was
Erinnert mich jetzt irgendwie an einen Film, wo jemand nur noch ein Gehirn in einem Glas war.
Und ich glaub, seine Frau fing noch eine Affäre an mit einem Freund von ihm, das fand er / das Gehirn
dann nicht mehr so gut. War ein ziemlich alter Film, komme nicht mehr auf den Namen.

Früher hab ich auch mal den Gedanken simuliert, dass das Bewusstsein bestehen bleibt, und dass
es NIE also wirklich NIE zu Ende wäre. Das hat mich andererseits auch irgendwie erschreckt, nie
aussteigen zu können.
Schneegeflüster hat geschrieben:Wobei das jetzt keine erfüllende, sondern nur eine oberflächliche Art der Beziehung ist; gerade wenn man sich dann noch verstellen muss, um in diese "heile Welt" überhaupt erst hineinzupassen, muss man sich selbst zu weit aufgeben, als dass die Beziehung noch erfüllend sein könnte.
Ja, richtig. Ich denke, es war meinerseits ein Versuch, dieser Verlorenheit zu entkommen.
In diese "heile Welt" einzutauchen.
Dass dann erst recht keine Nähe da ist und einige innere Anteile sich vernachlässigt gefühlt
haben und auf ihre Art rebellierten, wurde dann ziemlich deutlich.
Finde es nur erstaunlich, wie andere diese Anteile dann nicht fühlen und gut verdrängen können.
Oder nicht verdrängen müssen, weil sie das nicht fühlen.

Oder vielleicht kann man das wirklich unter dem Aspekt Regulierung im Gehirn sehen (das was orinoco
hier öfters erläutert). Wenn durch eine gute Bezugsperson in der Kindheit viele Stress- und Angstzustände
gut beantwortet wurden und reguliert wurden, dann ist vielleicht der aktuelle erwachsene Zustand
im Leben eher ausgeglichen und es besteht kein Bedarf, sich mit schwierigen Themen zu beschäftigen,
keine innere Unsicherheit.
Schneegeflüster hat geschrieben:tiffi hat geschrieben: Aber nicht sozialer Kontakt als Antrieb "ich machs mir schön und gemütlich und kuschelig".
in Bezug auf Vereine und Gruppen.
In Bezug auf intimere Konstellationen wie Freundschaft und Partnerschaft ist es schon
etwas anders. Also dass diese Seiten zwar drin vorkommen (existentielle Unsicherheit),
aber auch schönere Seiten mit Verbundenheit.


Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst, tut mir leid :rätseln:
Ging im Grunde nochmal darum, dass mir Vereine eher nichts geben (weniger Individualität),
aber Beziehungen zu zweit mit Individualität und authentisch, auch mit tieferen Seiten,
dann schon eher.
Schneegeflüster hat geschrieben: Interessanter wäre da schon eine Beziehung, die mehr auf einem tiefen Gefühl der Verbundenheit, des Respekts, des gegenseitigen Verständnisses bei gleichzeitiger gegenseitiger Wahrung der Integrität des jeweils anderen basiert; eine solche Beziehung müsste entgegen der von NTs oft gelebten "Ideale" nichtmal zwingend sexueller oder romantischer Natur sein, platonische Liebe oder eine tiefgehende Freundschaft würden an sich ja schon ausreichen.
Könnte ggf. auch einfacher und weniger stressig sein platonisch. Weil sich bei romantischen
und sexuellen Faktoren dann doch noch eher eine Befangenheit, Frustrierbarkeit, Erwartungen,
emotionale Instabiltät einstellt. Da geht etwas die Gelassenheit flöten.
Bräuchte dann so oder so wohl immer viel Reflektion und Kommunikation.
Schneegeflüster hat geschrieben:Zweifellos amüsant, aber nicht wirklich produktiv (habe da auch schon meine erfahrungen gemacht). Man erreicht einfach nicht genug Leute, um etwas zu verändern, und selbst die, die man erreicht, weinen sich irgendwo aus, bauen ihre Ignoranz weiter aus und machen weiter wie bisher. Verrückt eigentlich.
Denke auch, ist mehr ein kurzes Aufschrecken, aber keine Veränderung.
Kann man vielleicht auch nur als Selbstausdruck dann sehen, aber die Reaktionen dann auch gelassen
hinnehmen. Manchmal finden sich durch Selbstausdruck auch Gleichgesinnte (die es sowieso schon sind,
nicht weil man sie verändert hat), das ist ja auch ein guter Effekt, finde ich.

Themis

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Themis » 11. Dezember 2018, 01:54

Schneegeflüster hat geschrieben:
Themis hat geschrieben:Hmmmm ... Also bei mir z. B. ist die Bindung ans Leben aufgrund der schizoiden Struktur und des fehlenden Urvertrauens sowieso sehr gering. Da spielt die Angst vor der Endlichkeit keine Rolle, im Gegenteil.
Kann man aber natürlich nicht verallgemeinern.
Sehe ich ähnlich: so wichtig ist das Leben an sich nicht - nur leider ist der Tod doch eine sehr beängstigende Vorstellung. Wenn man auf das Leben verzichten und gleichzeitig sein Bewusstsein behalten könnte, das wär schon was
Das sehe ich anders, und das ist bei mir seit dem Teenageralter so: Das Leben ist nicht eigentlich feindlich, oder ich dem Leben gegenüber. Feindlich nicht - nur: fremd. Das Friedliche, Tote, Endlose, Aufgelöste, Unpersönliche, Undefinierte ist mir näher (und ich spreche aus vielfältigen konkreten Erfahrungen).
Die Sehnsucht dorthin ist riesengroß, die innere, irrationale Sehnsucht.

Nichtsdestotrotz habe ich immer schon das Gefühl, dass das Leben eine Art Prüfung ist, die man durchhalten muss. Sonst muss man vielleicht nochmal auf Los? :zu halten:

Also - weiter gehts. Es grüßen Eichhörnchen, Schildkröte und Schnecke. :Ballon:

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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon orinoco » 11. Dezember 2018, 13:55

Schneegeflüster hat geschrieben:
orinoco hat geschrieben:Also ich für mich kann sagen, dass seit ich dieses Prinzip kenne und mir bewußt gemacht habe, dass ich hinter meinen negativen Reaktionen wesentlich häufiger, ja eigentlich immer, eine Angst ausmache. Besonders deutlich wird dies wenn ich mich - wider besseres emotionales Wissen - mich dieser Situation doch aussetze. Ich fühl mich dann spontan schlecht und bemerke körperliche Angstreaktionen (Schwitzen, Kribbeln, ungutes Gefühl im Bauch, verzögert Verspannungen bis Rückenschmerzen, akut sogar diesen Adrenalin-Flash, der durch den ganzen Körper geht). Manchmal genügt es auch schon mir diese Situation vorzustellen. Und dann lass ich es dann besser gleich sein.

Macht es das denn besser, darin jetzt eine Angst zu erkennen?

Es macht es in so fern besser als ich - im Gegensatz zu früher - die körperlichen Signale und unguten Gefühle die auf Angst und Stress hindeuten ernst nehme und mein Bewußtsein oder sozialen Druck von außen nicht mehr sich über meine Ängste hinweg setzen lasse. So zumindest der Plan.
Damit kann ich nicht alle Ängste vermeiden (zumal es in häufig einen Dilemma zwischen zwei Ängsten ist) aber ich kann öfter guten Gewissens und mit guter Begründung zu etwas "Nein" sagen, wo ich früher mich von meinem rationalen Denken, schlechtem Gewissen, meiner Hilfsbereitschaft oder anderen hätte breitschlagen lassen.
Ich tue mir also was Gutes damit und habe zumindest etwas weniger Stress und alle damit verbundenen negativen Begleiterscheinungen.
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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Themis » 11. Dezember 2018, 15:35

tiffi hat geschrieben:Erinnert mich jetzt irgendwie an einen Film, wo jemand nur noch ein Gehirn in einem Glas war.
Und ich glaub, seine Frau fing noch eine Affäre an mit einem Freund von ihm, das fand er / das Gehirn
dann nicht mehr so gut. War ein ziemlich alter Film, komme nicht mehr auf den Namen.
Das ist Roald Dahls Kurzgeschichte "William und Mary". Sehr lesenswert :teufel: , wie alles von Roald Dahl.
(Film weiß ich jetzt nicht; Kurzgeschichte hat Open End, es geht um Macht und Ohnmacht in Beziehungen.)

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Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon Schneegeflüster » 11. Dezember 2018, 16:01

tiffi hat geschrieben:Ich denke, ein anderer Aspekt ist noch, dass es bei einer "echten Liebe" weniger feste Formen gibt.
Bei einer abhängigen Liebe gibt es mehr Formen, die zu erfüllen sind.
Und Erwartungen.
Und da spielt ja auch weniger die aktuelle Entwicklung, der aktuelle Zustand eine Rolle,
vermutlich, weil der Zugang dazu ja auch fehlt oder die Orientierung zum eigenen Ist-
Zustand.

Eben diese Erwartungen und Formen sind ja die Elemente einer Beziehung, die die Integrität stören.

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Ist es nur Gleichgültigkeit, oder auch ein Stück weit Verlorenheit? Letzteres ist nämlich bei mir auch der Fall.
Ja, dieses Gefühl taucht bei mir auch manchmal auf. Manchmal Freiheit / Gelassenheit und manchmal
Verlorenheit.
Objektiv betrachtet, sind die Begriffe Freiheit (im sozialen Kontext) und Verlorenheit an sich synonym, nur jeweils die Wertung ist verschieden, die man selbst an diesen Zustand gerade anlegt.

tiffi hat geschrieben:Ich vermute, das ist auch das, was du meinst mit dem "Schatten des Schizoiden" (ganz so war der Begriff nicht,
nur in diesem Sinne) wo du gerne noch was ändern würdest?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe, meinst du den Leidensdruck? Es ist nunmal so, denke ich, dass man als Schizoider letztlich sowohl weniger Bindungen hat, die einem gegen die Verlorenheit helfen, man aber auch gleichzeitig nichts anderes tun kann, um sich von dieser Verlorenheit abzulenken (wie es z.B. die hedonistischen, konsumorientierten Jugend- und Populärkulturen gerade vorleben), weil man als Schizoider da ein Stück weit drüber steht. Man nimmt halt auch gleichzeitig das Problem viel stärker war, weil man mehr darüber nachdenkt, schätze ich.

tiffi hat geschrieben:Früher hab ich auch mal den Gedanken simuliert, dass das Bewusstsein bestehen bleibt, und dass
es NIE also wirklich NIE zu Ende wäre. Das hat mich andererseits auch irgendwie erschreckt, nie
aussteigen zu können.

Kann ich nur teilweise nachvollziehen. Indem man sich als Schizoider allgemein weniger an seine Umwelt und Mitmenschen bindet, wäre zumindest Verlustangst ja kein Motiv mehr. Vermutlich würde man aber über kurz oder lang an den Punkt kommen, wo man eine Grenze findet in der Möglichkeit der intellektuellen Betätigung, weil entweder die eigenen Kapazitäten überstiegen werden oder aber quasi alle Gedanken gedacht und alle Bücher gelesen sind; wenn die Welt irgendwann bis zum Kern verstanden ist, dann würde es irgendwann langweilig werden. Man bräuchte also noch eine Möglichkeit, endgültig auszusteigen, da hast du recht.

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben:Wobei das jetzt keine erfüllende, sondern nur eine oberflächliche Art der Beziehung ist; gerade wenn man sich dann noch verstellen muss, um in diese "heile Welt" überhaupt erst hineinzupassen, muss man sich selbst zu weit aufgeben, als dass die Beziehung noch erfüllend sein könnte.

Ja, richtig. Ich denke, es war meinerseits ein Versuch, dieser Verlorenheit zu entkommen.
In diese "heile Welt" einzutauchen.
Dass dann erst recht keine Nähe da ist und einige innere Anteile sich vernachlässigt gefühlt
haben und auf ihre Art rebellierten, wurde dann ziemlich deutlich.
Finde es nur erstaunlich, wie andere diese Anteile dann nicht fühlen und gut verdrängen können.
Oder nicht verdrängen müssen, weil sie das nicht fühlen.
Ich denke, ein großer Teil des Leidensdrucks des Schizoiden darauf entfällt, dass eben diese Strategien, die bei NTs funktionieren, bei uns nicht ziehen (oder zumindest ist es bei mir so, ich weiß nicht, wieweit ich das verallgemeinern kann)

tiffi hat geschrieben:Oder vielleicht kann man das wirklich unter dem Aspekt Regulierung im Gehirn sehen (das was orinoco
hier öfters erläutert). Wenn durch eine gute Bezugsperson in der Kindheit viele Stress- und Angstzustände
gut beantwortet wurden und reguliert wurden, dann ist vielleicht der aktuelle erwachsene Zustand
im Leben eher ausgeglichen und es besteht kein Bedarf, sich mit schwierigen Themen zu beschäftigen,
keine innere Unsicherheit.

Du würdest also das nachhängen nach solchen Themen als Folge von Unsicherheit sehen?

Schneegeflüster hat geschrieben:tiffi hat geschrieben: Aber nicht sozialer Kontakt als Antrieb "ich machs mir schön und gemütlich und kuschelig".
in Bezug auf Vereine und Gruppen.
In Bezug auf intimere Konstellationen wie Freundschaft und Partnerschaft ist es schon
etwas anders. Also dass diese Seiten zwar drin vorkommen (existentielle Unsicherheit),
aber auch schönere Seiten mit Verbundenheit.


Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst, tut mir leid :rätseln:
Ging im Grunde nochmal darum, dass mir Vereine eher nichts geben (weniger Individualität),
aber Beziehungen zu zweit mit Individualität und authentisch, auch mit tieferen Seiten,
dann schon eher.[/quote]
An sich bringen Gruppen und Vereine immer eine Gruppenidentität mit sich, die die individulle Identität einschränkt und auch einschränken soll; damit täuschen NTs wohl darüber hinweg, dass sie selbst keine eigene Identität haben (zumindest keine nennenswerte, mit Tiefgang).

tiffi hat geschrieben:
Schneegeflüster hat geschrieben: Interessanter wäre da schon eine Beziehung, die mehr auf einem tiefen Gefühl der Verbundenheit, des Respekts, des gegenseitigen Verständnisses bei gleichzeitiger gegenseitiger Wahrung der Integrität des jeweils anderen basiert; eine solche Beziehung müsste entgegen der von NTs oft gelebten "Ideale" nichtmal zwingend sexueller oder romantischer Natur sein, platonische Liebe oder eine tiefgehende Freundschaft würden an sich ja schon ausreichen.


Könnte ggf. auch einfacher und weniger stressig sein platonisch. Weil sich bei romantischen
und sexuellen Faktoren dann doch noch eher eine Befangenheit, Frustrierbarkeit, Erwartungen,
emotionale Instabiltät einstellt. Da geht etwas die Gelassenheit flöten.
Bräuchte dann so oder so wohl immer viel Reflektion und Kommunikation.

Das ist halt immer eine Frage der Nähe, gerade der physischen Nähe, zu der man Fähig ist. Ich fühle mich da oft bedrängt oder bedroht (zumindest soweit hat orinoco also recht :rätseln)

tiffi

Re: Sozialer Kontakt als Antrieb

Beitragvon tiffi » 11. Dezember 2018, 17:33

Themis hat geschrieben:
tiffi hat geschrieben:Erinnert mich jetzt irgendwie an einen Film, wo jemand nur noch ein Gehirn in einem Glas war.
Und ich glaub, seine Frau fing noch eine Affäre an mit einem Freund von ihm, das fand er / das Gehirn
dann nicht mehr so gut. War ein ziemlich alter Film, komme nicht mehr auf den Namen.
Das ist Roald Dahls Kurzgeschichte "William und Mary". Sehr lesenswert :teufel: , wie alles von Roald Dahl.
(Film weiß ich jetzt nicht; Kurzgeschichte hat Open End, es geht um Macht und Ohnmacht in Beziehungen.)

Ah okay, als Geschichte gibts das auch. Ja, der Dahl schreibt recht skurrile Sachen. :alien: :)

Ich habe als Kind den Film gesehen, den ich damals kaum verarbeiten konnte.
Also das nur Hirn im Glas sein fand ich als Kind eher merkwürdig. Da mochte ich wohl noch
meinen Körper. :verwirrt:


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