31 Jahre lang untergetaucht!

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
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31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon Mondgucker » 28. September 2015, 20:46

Ich stolperte am Freitag, den 25.09.2015, über einen für mich sehr interessanten Zeitungsartikel:

Bei einer 55 jährigen Frau, wohnhaft in Düsseldorf, wurde eingebrochen und sie rief die Polizei. Als sie sich nicht ausweisen konnte und den Fragen der Beamten auswich, wurden diese misstrauisch und schließlich gestand sie den Polizisten, eine vermisste Person zu sein, die im Jahre 1984 in Braunschweig verschwand und 1989 für tot erklärt wurde. Sie hatte ihr Untertauchen nach eigenen Angaben genau geplant und alles so aussehen lassen, als sei ihr etwas passiert. Die Eltern und den Bruder ließ sie dabei zurück. Sie hatte Wohnungen immer unter falschem Namen angemietet, keine Papiere besessen, kein Bankkonto gehabt und nur Jobs angenommen, bei denen sie bar bezahlt wurde. Wie sie das alles schaffte, wollte sie nicht detaillierter sagen. Außerdem lebte sie immer allein und (nach Aussagen von Nachbarn) still und zurückgezogen. Nachdem ihre noch verbliebenen Angehörigen erfuhren, dass sie lebt, wollten diese Kontakt zu ihr aufbauen, doch sie lehnt das weiterhin strikt ab. Doch meinte sie ebenfalls, dass die Umstände in ihrer Familie nicht der Auslöser für ihr Verschwinden waren. Auch an die Öffentlichkeit will sie nicht gehen.

Ob diese Frau nun schizoid ist oder nicht spielt für mich keine Rolle und ich denke, dass es auch Keinen außer ihr was angehen dürfte, wäre es so. Trotzdem faszinierte mich diese Nachricht, weil sie für mich einfach einen außergewöhnlichen "schizoiden Beigeschmack" hat.

Liebe Grüße, :winken:

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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon Insuffizienz » 28. September 2015, 21:35

Aus diesem Sachverhalt werden für mich zwei Aspekte deutlich:
1. Die (ungefragte) totalitäre Überwachung von Staaten jeglicher Art der Bevölkerung.
2. Die Unfreiheit des Menschen und die unfreiwilligen, zwanghaften Verpflichtungen, die ein Mensch zum Überleben, Miteinanderleben eingehen muss, die oft mit dem Staat zusammenhängen.

Der Vorfall aber lässt viel Raum für Fantasie. :D Warum hat sie das getan?

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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon Headmatter » 29. September 2015, 07:44

Ich weiß nur eins: Hätte ich die gleiche Entscheidung getroffen wie sie, wäre DAS http://www.n-tv.de/ticker/Polizei-will- ... 25261.html der schlichte Horror. Aber es liegt vielleicht im 'öffentlichen Interesse', eine möglichst tränenreiche Wiedervereinigung herbeizuführen.

Nähere Infos hier: http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... ragte.html
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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon orinoco » 29. September 2015, 12:34

wurde auch unter Gedankensplitter schon diskutiert.
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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon Mondgucker » 29. September 2015, 13:56

In jedem Fall scheint mir Folgendes klar zu werden:

1. Die Idee, sich "einfach in Luft aufzulösen", um trotzdem sein Leben dabei ungestört fortführen zu können, wie man möchte, scheint für Unsereins recht verlockend, aber aus verschiedenen Gründen wohl in den meisten Fällen nicht durchführbar zu sein.
2. Dass die Polizei in diesem Fall nun Aufgaben wahrnimmt, die nicht in ihren Aufgabenbereich fallen, sprich zu versuchen, die Frau wieder mit ihrer Familie zusammenzubringen, scheinbar widerspiegelt, dass es in unserer Gesellschaft nichts geben soll, was es nicht geben soll.
3. Dass diese Person ein Recht darauf hat, in Ruhe gelassen zu werden und man sie nicht unnötig bedrängen muss, mit ihrer Familie Kontakt aufzunehmen, nur weil sich so etwas wohl nicht anders gehört.
4. Es ist möglich, mitten in dieser Gesellschaft "fast" autark zurechtzukommen, ohne dabei als Obdachloser zu leben. Das ist wirklich äußerst bemerkenswert.

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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon ebowinger » 29. September 2015, 15:25

Also ich kann mich gut in die Dame rein versetzen (glaube ich zumindest), weil ich eine vermutlich ähnliche Situation hatte. Nicht so extrem mit völliger Anonymität und falschen Namen, aber doch in Ansätzen ähnlich. Beispielsweise war ich 8 Jahre lang nicht kranken versichert, obwohl es bereits gesetzliche Pflicht war. Als ich wegen diverser gesundheitlicher Probleme dann doch mich an die Krankenkasse wenden musste, hätte ich eigentlich fast 15.000 Euro Beiträge nachzahlen müssen, hatte aber Glück das die Politik im richtigen Moment eine Amnestie verkündet hat. Ich war auch in der Situation einfach aussteigen zu wollen, weil mir alles zuviel wurde und ich nicht mehr weiter wusste. Also lebte und lebe ich von Ersparnissen und Mini Jobs. An Ämtern und Behörden vorbei. So lebe ich in mietfreier eigener Wohnung mit Katze und Laptop. :zu halten:
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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon Nomore » 29. September 2015, 16:17

Die Dame dürfte ihre guten Gründe für diesen Schritt gehabt haben. Ich selbst habe mir schon oft überlegt, wie ich "auf ewig" verschwinden könnte, ohne jemals gefunden zu werden.

Bewundernswert ist, wie sie das geschafft hat, in einer Zeit wo alles überwacht und kontrolliert wird und das 31 Jahre lang.

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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon orinoco » 29. September 2015, 19:09

29. Sep 2015, 15:25 » ebowinger hat geschrieben:Also ich kann mich gut in die Dame rein versetzen (glaube ich zumindest), weil ich eine vermutlich ähnliche Situation hatte. Nicht so extrem mit völliger Anonymität und falschen Namen, aber doch in Ansätzen ähnlich. Beispielsweise war ich 8 Jahre lang nicht kranken versichert, obwohl es bereits gesetzliche Pflicht war. Als ich wegen diverser gesundheitlicher Probleme dann doch mich an die Krankenkasse wenden musste, hätte ich eigentlich fast 15.000 Euro Beiträge nachzahlen müssen, hatte aber Glück das die Politik im richtigen Moment eine Amnestie verkündet hat. Ich war auch in der Situation einfach aussteigen zu wollen, weil mir alles zuviel wurde und ich nicht mehr weiter wusste. Also lebte und lebe ich von Ersparnissen und Mini Jobs. An Ämtern und Behörden vorbei. So lebe ich in mietfreier eigener Wohnung mit Katze und Laptop. :zu halten:


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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon sheldina » 3. Oktober 2015, 14:05

Wie bekommt man denn ohne paiere eine wohnung?
Das wüsste ich mal gern.
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Re: 31 Jahre lang untergetaucht!

Beitragvon Headmatter » 3. Oktober 2015, 17:31

Meine bisherigen Vermieter haben, sofern es sich um Privatleute handelte, noch nie nach Papieren gefragt. Gestutzt hätten die vermutlich allerdings, wenn man mit Barzahlung mangels Kontoverbindung angekommen wäre...
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