Gefühle von Anderen

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
BadNickname

Gefühle von Anderen

Beitragvon BadNickname » 2. Juni 2013, 13:38

Hallo zusammen,

da ich ja nun hier bin kann ich endlich mal eine Frage stellen die schon mich einige Jahre beschäftigt und ich jemand "normalen" sowas schlecht fragen kann.

Es geht um Emotionen von anderen Menschen. Wenn ich mich denn mal mit jemanden unterhalte oder auch nur
eine Konversation von anderen mitbekomme in der es emotional wird, oder auch mitbekomme wie jemand z.B.
weint oder sich ärgert o.ä. werd ich einfach das Gefühl icht los diese Menschen lügen - Nein nicht wirklich lügen, heucheln oder masslos übertreiben trifft es eher.
Mein Verstand sagt mir natürlich das es nicht sein kann das jeder Mensch dies tut, trotdem ist da immer dieses
Misstrauen (hmm..mir fällt kein besseres Wort ein)

Meine Theorie ist da ich schon seit Jahren Emotion vortäusche, ich davon ausgehe das jede Andere dies auch tun.

Mal ein paar Beispiele:

Person: Ich freue mich dich zu sehen.
Ich denke:Ja...is klar, so wie komme ich jetzt am besten hier weg.
Ich sage:Auch schön dich zu sehen.

Oder letztens bei der Gruppentherapie ich kam wie immer als letztes zu Wort(Ich hoffe immer man vergisst mich klappt leider nie.)
Psychologin: Was fühlen sie wenn sie die Probleme der Anderen hören?
Ich denke: Die hätten ja nicht so übertreiben müssen.
Ich sage: Es freut mich das Person A besser geht - oder - Schade das sich Person B schlechter fühlt.
( Muss dazu sagen ich bin dort der einzige mit SPS, die anderen haben wohl Depressionen und Schizophrenie,
meine Psychologin weiss aber mitlerweile in etwa was ich denke)

Das Beste sind Beerdigungen wenn alle um mich herum todtraurig sind und ich einfach nur total teilnahmlos bin (Irgendwie kann ich keine Trauer vortäuschen) und denke die Leute masslos übertreiben

Wollte eigentlich nur fragen ob das bei euch auch vorkommt, weil ich das extrem anstrengend finde und dies einer der Hauptgründe für meine Ruckzüge ist, gefolgt von ganz einfachem Desinteresse an meinen Mitmenschen.

Entschuldigung für den langen Post (hätte nicht gedacht das ich überhaupt fähig bin soviel zu schreiben) aber hab die Erfahrung gemacht wenn ich nicht genau erkläre was ich meine versteht man mich nicht.
Zuletzt geändert von BadNickname am 2. Juni 2013, 14:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon nuechternheit » 2. Juni 2013, 13:53

Hallo BadNickname,

Ich kann die Gefühle der anderen auch nicht einschätzen.
Wenn ich mit einer Person nett rede und mir dann denke "ja, war ganz gut so",
dann kommen mir Zweifel auf, ob die Person es auch wirklich ehrlich meint.
Jede Kleinigkeit, lässt in mir Zweifel aufkommen.
Beziehungen sind bei mir ein extrem instabiles Konstrukt, dass bei jeder
Unsicherheit sofort zusammenbricht. Lieber die Gefühle abschalten,
als zu riskieren, dass sie vom anderen nicht erwidert werden.

Ich war vor paar Monaten auf der Beerdigung meiner Urgroßmutter.
Die erste Beerdigung auf der ich war, innerhalb unserer Familie.
Ich war schon traurig, aber wie die anderen rumgeweint haben,
unglaublich. Habe mich auch mit niemandem unterhalten.
Meine Mutter meinte dann irgendwann, dass ihr mein Verhalten peinlich
ist und sie schon viele Leute gefragt haben, ob mit mir alles in Ordnung ist.

Nein, du bist wohl nicht der Einzige, dem es so geht.

Edit:
Wenn ich eine Gruppentherapie machen und die Psychologin mich das fragen würde,
wäre meine authentischste Antwort wohl "Aha", auch wenn das gar keine
Antwort auf die Frage ist.
Der Tod wacht über die Lebenden.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon BadNickname » 2. Juni 2013, 14:48

Ich wusste ja schon das die Psychologin mich nicht mit einem "aha" davonkommen lässt.

Zu der Trauer muss ich sagen das ich noch nie buwusst Trauer wahrgenommen habe
und sie deswegen wahrscheinlich auch nicht nachahmen kann.

Zu meinem Glück hat meine Familie (d.h. eigentlich nur meine Schwester welche so ziemlich
mein einziger sozialer Kontakt ist ) genug Erfahrung mit mir das sie sich nicht mehr über mich wundert.
Und selbst bei ihr hab ich Zweifel ob sie emotional ehrlich ist.

Aber meinem Vater, wenn wir uns mal sehen, bin wohl auch ständig peinlich.
Zitat: Sei doch einfach mal anders, sonst denkt man ich mit dir was falsch gemacht.
Zum glück passiert das nur 1 - 2 mal im Jahr. (und das ist mir eigentlich noch zu viel)

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon nuechternheit » 2. Juni 2013, 14:57

Der Tod selbst hat mich nicht berührt. Sie fehlt mir weder noch interessiert es mich direkt.
Aber der Gedanke daran, dass ein alter Mensch, voll an Lebenserfahrung gestorben ist,
hat mich schon traurig gemacht. Mit ihr ist Wissen gestorben, welches unwiderruflich
weg ist ist. Sie hat Zeiten erlebt, die wir nur aus Erzählungen kennen.
Mich hat das bl*de (*hust*) Rumgeheule auf der Beerdigung ziemlich genervt,
konnte damit überhaupt nichts anfangen.

Ok, dann hätte ich wohl auch sowas in die Richtung wie "Freut mich, dass es
Person A besser geht." gesagt. Aber wo ist der Sinn etwas zu sagen, was
andere hören wollen, obwohl man nicht so denkt? Gerade in der Therapie
sollte man doch die Dinge so aussprechen können, wie man sie wirklich
empfindet. Oder auch nicht empfindet^^
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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon Nebeltal » 2. Juni 2013, 15:32

Das mit der Trauer ist immer so eine Sache...
Als ich auf den Beerdigungen meiner beiden Omas war, empfand ich keine trauer. Ich habe dann halt versucht ein betroffenes Gesicht zu machen, keine Ahnung ob es funktioniert hat.
Von Vorteil war sicherlich auch das keiner der anwesenden Männer geheult hat, so viel es vielleicht nicht auf.
Mir fällt es auch schwer Trauer zu Definieren, was ist denn genau trauer ? Als mich meine Freundin verlassen hat, war ich richtig verwirrt, was ist das jetzt genau, fragte ich mich. Wut? Hass? Angst? gleichgültig war es mir anscheinend nicht.
Und wenn ich Probleme von anderen höre sind die mir absolut egal, außer sie betreffen mich indirekt. Das kann man natürlich nicht immer so direkt rausplautzen, meistens gebe ich dann irgendeinen Tipp wie man das Problem lösen könnte.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon nuechternheit » 2. Juni 2013, 15:45

Ich finde nicht nur Trauer stellt ein Problem da. Ich kann auch Freude nicht wirklich definieren.
Es gibt Dinge die ich lustig finde und über die ich aus ganzem Herzen lachen kann, aber
Enthusiasmus, wie ich ihn bei anderen sehe, kenne ich nicht. Bei mir ist die Emotionslage
ziemlich monoton und die Ausschläge in beide Richtungen sind sehr gering.

Es ist nicht so sehr, dass ich die Gefühle spüre, bei manchen weiß ich einfach,
dass sie dann da sind. Wut spüre ich gerade körperlich sehr stark im Bauch,
ansonsten werde ich durch Wut träger und ziehe mich mehr zurück.
Ziemlich verrückt eigentlich, wenn man seine eigenen Gefühle nicht wahr nimmt.
Auf die Frage "Wie geht's dir?" wäre meine Antwort "Normal", nicht gut, nicht schlecht,
mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich kann genervt sein, aber dann geht es mir immer
noch normal, ich kann traurig sein, dann geht es mir auch normal. Schwer
das so zu beschreiben, besser kann ich das jetzt leider nicht.
Der Tod wacht über die Lebenden.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon BadNickname » 2. Juni 2013, 16:11

Die wie geht`s dir Frage kenn ich sag immer: Okay, könnte besser sein könnte schlechter sein.
Obwohl ich nicht sicher bin wie ich besser und schlechter definieren würde.

Trauer und Freude sind auch für mich sehr schwer bis garnicht nachzuempfinden.
Meine Psychologin sagt dauernd ich soll in mich gehen ( ein Konzept was ich überhaupt nicht verstehe )
und schauen was mir denn Freude bereiten würde und von mir kommt
immer die Frage wo nach ich suchen soll.

Zu der Gruppentherapie ich weiss ich sollte sagen was ich denke hab aber über die Jahre gelernt das Menschen
einfach alles was man sagt und tut persönlich nehmen. Also wenn jemand mit Depressionen sagt es geht ihm/ihr
schlecht und ich antworte: Und? oder das ich es nicht nachvollziehen kann gehe ich zu 99% davon das er/sie sich persönlich angegriffen fühlt. Basiert rein auf Beobachtung ich selbst fühl mich nie persönlich angegriffen
nichtmal wenn es anscheinend die Absicht des Anderen war.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon nuechternheit » 2. Juni 2013, 16:37

Ja, diese vorgespielte Höflichkeit ist ein Wahnsinn.
Mir ist es auch egal, was jemand zu mir sagt. Ein "Ich mag dich." ist nicht mehr wert
als ein "Ich mag dich dich.", aber bei einem "Ich mag dich nicht." weiß ich
wenigstens sicher wo ich dran bin, weil man das nicht so aus Höflichkeit
daherschwindelt, sondern nur sagt, wenn dem wirklich so ist.

Mir vergeht da auch die Lust, mit anderen Menschen zu interagieren.
Ich selbst bin froh, wenn den Leuten egal ist, wie es mir geht.
Wenn mich jemand nach meinem Befinden fragt, dann würge ich die Person
ab und wenn sie weiter nachbohrt, werde ich unfreundlich.
Es gibt da einfach nichts, was ich mitteilen müsste oder wollte.

Respekt übrigens, dass du eine Gruppentherapie machst.
Ich könnt mir das nicht geben. Wenn ich es unsensibel, aber ehrlich ausdrücken darf:
Die Scheiße interessiert mich nicht.
Ich will nicht, dass sich eine Person wegen meinem Verhalten schlecht fühlt,
aber es ist schwer, mein eigenes Bedürfnis und Verständnis von Gefühlen und
erwarteten Verhaltensweisen mit dem der anderen zu vereinen.
Der Tod wacht über die Lebenden.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon Nebeltal » 2. Juni 2013, 17:12

Die Frage " Wie geht es dir" ist ausdruck puren heuchelns, kein mensch interessiert es ernsthaft wie es einem geht.
Deshalb kurz und knapp Antworten "gut" und das Thema ist erledigt. Egal wie scheisse es einem auch geht.
Als ich damals in stationärer Behandlung war, hatte ich 8 Wochen lang Gruppentherapie. Nie wieder. Was ich mir da für belanglosen scheiss anhören musste. "*heul* mein freund hat mich verlassen und deshalb musste ich hier her" war so der Klassiker. Ich frage mich wie eine eine Gruppentherapie aussehen würde wenn 10 schizos da sitzen würden ? das hätte mich vielleicht weiter gebracht aber depressive, essgestörte und Burnout Patienten ? Die sind ohne Frage auch behandlungsbedürftig, aber die hatten mit meinem Krankheitsbild so viel gemeinsam wie Hitler mit dem Weltfrieden.

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Re: Gefühle von Anderen

Beitragvon nuechternheit » 2. Juni 2013, 18:46

Im Prinzip gibt es das Wort, mit dem ich auf "Wie gehts dir?" antworten
würde nicht. Ich hab ein Gefühl dazu, aber ich kann es nicht in Worte
fassen. Eine Mischung aus gleichmäßig, leer, konstant, normal und konstant
trifft es am ehesten, aber auch nur annähernd. Oder einfach nur
"Es geht mir"... mehr nicht. Nicht gut, nicht schlecht.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Gruppentherapie einem Schizoiden
etwas bringen kann, sofern meine Vorstellung von diesen mit der Realität
übereinstimmt. Schon klar, Sozialkontakte sind wichtig, gerade für
Schizoide, damit die nicht vollkommen verarmen, aber sicher nicht
im Rahmen einer Therapiesitzung. Eher eine Freizeitgruppe in der ein
lockeres Klima herrscht und in die sich der Schizoide nach Lust und Laune
integrieren kann, ohne, dass ein Druck oder Zwang herrscht.
Der Tod wacht über die Lebenden.


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