Anscheinende Gleichgültigkeit ...

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
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Anscheinende Gleichgültigkeit ...

Beitragvon Nessuno » 4. Dezember 2019, 14:32

... gegenüber Lob und Kritik.

Dies ist der einzige Punkt, mit dem ich mich etwas schwertue. Ich bin durchaus empfänglich für Lob, während Kritik mich nicht gerade froh stimmt. Lob bedeutet immerhin, daß man seinen Kram weitermachen kann. Kritik ist dagegen eine lästige Störung; man erwartet, daß ich etwas ändere. Diese Einstellung ist eigentlich ganz schön schizoid.

Das Gelobtwerden (kommt ja kaum vor) hat allerdings auch eine Schattenseite. Ich denke dann nämlich immer, daß es auf die Dauer keinen Bestand haben kann, sondern irgendwann in Enttäuschung umschlagen wird. Deshalb verunsichert Lob mich eher, als daß es mich zu weiteren Taten anspornt.

Nun heißt es aber "anscheinende Gleichgültigkeit"; das hatte ich lange Zeit zu wenig bedacht. Insofern bekomme ich bei diesem Kriterium vielleicht doch eine höhere Punktzahl, denn mein zur Schau gestelltes Verhalten bei Lob und Kritik entspricht nicht unbedingt dem, was ich wirklich denke. - Die Beendigung meines Arbeitslebens hat u.a. den Vorteil, daß ich nicht mehr mit Lob oder Kritik behelligt werde.

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Re: Anscheinende Gleichgültigkeit ...

Beitragvon Indigocat » 4. Dezember 2019, 14:45

Nessuno hat geschrieben:Dies ist der einzige Punkt, mit dem ich mich etwas schwertue. Ich bin durchaus empfänglich für Lob, während Kritik mich nicht gerade froh stimmt. Lob bedeutet immerhin, daß man seinen Kram weitermachen kann. Kritik ist dagegen eine lästige Störung; man erwartet, daß ich etwas ändere. Diese Einstellung ist eigentlich ganz schön schizoid.

Das Gelobtwerden (kommt ja kaum vor) hat allerdings auch eine Schattenseite. Ich denke dann nämlich immer, daß es auf die Dauer keinen Bestand haben kann, sondern irgendwann in Enttäuschung umschlagen wird. Deshalb verunsichert Lob mich eher, als daß es mich zu weiteren Taten anspornt.
Hallo Nessuno :winken:, ich denke das so, dass Lob und Kritik ja die subjektive Meinung des Äußernden widerspiegeln und nicht unbedingt der eigenen Wahrnehung oder den Tatsachen entsprechen. Vielleicht lobt mich der Arbeitgeber nur, um mich zu mehr Leistung anzuspornen, oder der Kollege kritisiert mich, weil er eifersüchtig ist und sich in den Vordergrund rücken will. Wie man Lob und Kritik wahrnimmt, hängt vielleicht oft mit den eigenen Eltern zusammen, haben die nur gelobt, wenn das Verhalten ihren eigenen Wünschen entsprochen hat oder haben sie gar alles kritisiert oder waren sie in der Lage, objektiv Erfolge des Nachwuchses zu würdigen und bei Misserfolgen zu trösten und andere Wege aufzuzeigen? Vielleicht ist es deshalb gar nicht so falsch, sich seine eigene Interpretation von Lob und Kritik zurechtzulegen und objektiv darüber nachzudenken (wem nützt das, wem schadet das....)?
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Re: Anscheinende Gleichgültigkeit ...

Beitragvon Nessuno » 4. Dezember 2019, 16:05

Indigocat hat geschrieben:.. hängt vielleicht oft mit den eigenen Eltern zusammen, haben die nur gelobt, wenn das Verhalten ihren eigenen Wünschen entsprochen hat oder haben sie gar alles kritisiert

Meine Eltern haben zuviel kritisiert, denke ich. Was ich tat oder sagte, haben sie selten einfach so hingenommen, sondern ständig besserwisserisch kommentiert, obwohl sie es nicht besser wußten. Ihr Verhalten hat stark dazu beigetragen, daß ich mich noch mehr in Schweigen hüllte als ohnehin schon. Und dann beschwerten sie sich darüber, daß ich "nie etwas erzählte".

Vielleicht ist es deshalb gar nicht so falsch, sich seine eigene Interpretation von Lob und Kritik zurechtzulegen und objektiv darüber nachzudenken (wem nützt das, wem schadet das....)?

Das tue ich, bei Lob und Kritik hinterfrage ich mit schizoidem Mißtrauen, was damit beabsichtigt sein mag. Aber ich erkenne durchaus, glaube ich jedenfalls, wenn Lob ehrlich nur gut gemeint ist. Viele Schizoide haben zwar mangelnde Sensibilität im Erkennen und Befolgen gesellschaftlicher Regeln, sind aber trotzdem ganz gute Beobachter und durchschauen die Menschen. (Klappt natürlich nicht in jedem Einzelfall.)

Ich mag es übrigens auch nicht, wenn man mir etwas schenkt. Das ist so ähnlich wie Lob, damit kann ich in dem Moment nicht gut umgehen. Das könnte auch mit Erfahrungen in der Kindheit zusammenhängen. Bei uns wurde erwartet, daß man sich über Geschenke überschwenglich zu freuen hatte. Und als meine Reaktion einmal "spaßig" nachgeäfft wurde, war es aus; seitdem wollte ich überhaupt keine Geschenke mehr haben.

Nun will ich es aber nicht so hinstellen, als ob die Schizoide Persönlichkeitsstörung durch das Verhalten meiner Eltern verursacht wurde. Aber verstärkt wurde sie dadurch wohl doch. - Ich war schon als kleines Kind schizoid und nicht erst seit der Adoleszenz, wie es bei einer Persönlichkeitsstörung eigentlich sein müßte.

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Re: Anscheinende Gleichgültigkeit ...

Beitragvon Indigocat » 5. Dezember 2019, 22:30

Nessuno hat geschrieben:Nun will ich es aber nicht so hinstellen, als ob die Schizoide Persönlichkeitsstörung durch das Verhalten meiner Eltern verursacht wurde. Aber verstärkt wurde sie dadurch wohl doch. - Ich war schon als kleines Kind schizoid und nicht erst seit der Adoleszenz, wie es bei einer Persönlichkeitsstörung eigentlich sein müßte.
Also ich denk schon, dass eine Persönlichkeitsstörung in der Hauptsache durch das (unangemessene) Verhalten der Eltern verursacht wird, auch wenn die in ihren Büchern schnell mal was anderes dahindrucken. Natürlich ist eine gewisse Veranlagung schon vorhanden, trifft man aber mit dieser Veranlagung auf günstigere Lebensumstände, könnte man sich vielleicht ganz anders entwickeln.

Das mit den Geschenken kenne ich auch, ich sollte mich auch darüber freuen. Und ich habe selten das bekommen, was ich mir gewünscht habe, sondern das, was meine Mutter sich gewünscht und mir geschenkt hat. Da ich ihr dann logischerweise den emotionalen Input verweigert habe, galt ich als ziemlich undankbar.

Meistens haben die Eltern (Mütter) von schizoiden Menschen eine abweisend-vereinnahmende Persönlichkeit. Die Pathogenese der SPS habe ich mehrmals hier im Forum aufgeschrieben, so auch unter folgendem Link, falls es dich interessiert.
viewtopic.php?f=32&t=2405&p=39347&hilit=energie#p39347

Es gibt aber wohl auch noch andere Entstehungsmöglichkeiten, wie Hospitalismus usw. Meistens kommen mehrere ungünstige Faktoren zusammen.
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Re: Anscheinende Gleichgültigkeit ...

Beitragvon Nessuno » 6. Dezember 2019, 00:10

Indigocat hat geschrieben:Also ich denk schon, dass eine Persönlichkeitsstörung in der Hauptsache durch das (unangemessene) Verhalten der Eltern verursacht wird, auch wenn die in ihren Büchern schnell mal was anderes dahindrucken. Natürlich ist eine gewisse Veranlagung schon vorhanden, trifft man aber mit dieser Veranlagung auf günstigere Lebensumstände, könnte man sich vielleicht ganz anders entwickeln.

Ja, so ist es wohl. Es gibt auch eine familiäre Häufung. Meine Mutter war "ungesellig", aber nicht so extrem wie ich. Ihr Vater, den sie haßte, war eher so wie ich, aber zusätzlich aufbrausend und beleidigend. Zu mir war er relativ nett. Er war mit seiner Cousine verheiratet, wahrscheinlich eine arrangierte Ehe. Die Frau hatte kein schönes Leben mit ihm.

Abgesehen von einer generellen Distanziertheit (vielleicht nicht das treffende Wort), hat meine Mutter in einzelnen Momenten mindestens zweimal schwere Fehler im Umgang mit mir begangen, wodurch sozusagen mein Urvertrauen erschüttert wurde. Einmal als ich 6 Jahre alt war und einmal als ich 10 Jahre alt war. Die Einzelheiten will ich jetzt nicht weiter ausführen. Ein normales Kind hätte das wahrscheinlich weggesteckt und schnell vergessen, aber ich war sowieso schon angeknackst. Danach wurde ich noch mißtrauischer und schweigsamer als vorher. Als ich sie Jahre später darauf ansprach, wollte sie sich nicht erinnern.

Mein Vater "glänzte" in meinen ersten 15 Jahren durch zu häufige Abwesenheit, weil er mit seinen Kumpels Sauftouren unternahm. Das führte dazu, daß meine Mutter noch unglücklicher wurde und mit ihrem Leben haderte. Mein Vater war also nicht ungesellig. Normalerweise war er ein sehr korrekter, zuverlässiger Mensch, aber damals hat er wohl Jugenderfahrungen nachholen wollen, die er in der NS-Zeit nicht machen konnte. In späteren Jahren hat er sich mehr zurückgezogen und zusammen mit meiner Mutter Geselligkeiten weitgehend gemieden, so daß sie ganz zufrieden war.

Ich will aber es nicht so hinstellen, als ob meine Eltern mich übermäßig schlecht behandelt hätten. Ich war nur ein schwieriges Kind, mit dem sie nicht umzugehen wußten. Bei mir sind auf jeden Fall mehrere ungünstige Faktoren zusammengekommen, wobei die Eltern nur ein Element waren.

Die familiäre Häufung von schizoiden und anderen Störungen wäre noch ein anderes Thema.


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