Hätte, hätte, Fahrradkette

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
1stein
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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon 1stein » 30. Juni 2016, 19:23

Indigocat hat geschrieben:Ich glaube, hier hast du bestimmte Sachen noch nicht ganz gecheckt. Ständiges Jammern und anderen die Schuld geben bringt für den Betreffenden durchaus einen Gewinn, und zwar Zuwendung und Aufmerksamkeit derjenigen, die dieses Spiel nicht durchschauen. In dem Fall ist das "Opfer" der Täter, indem er anderen ständig Energie entzieht. Oft hört bei denjenigen, die pausenlos Verständnis für sich einfordern, das Mitgefühl schlagartig auf, wenn es um die Belange und Befindlichkeiten anderer geht. Im Endeffekt schadet sich der Betreffende aber eben selbst, weil irgendwann fast jeder dieses Spiel durchschaut und sich von ihm abwendet.

Naja in extremen Fällen gibt es schon solche jammernden Persönlichkeiten mit derartigen Motiven - die haben dann wohl eine histrionische Persönlichkeitstörung.
Grundsätzlich sollte man aber Jammern und Klagen über seine Vergangenheit nicht kategorisch verdammen. Es ist nämlich auch eine Form der Verarbeitung, gerade weil andere einem bei der Strukturierung und Aufarbeitung helfen. Dann kann man sich wieder besser auf die Zukunft konzentrieren. Wenn man von anderen Trost erhält, dann erzeugt das wieder Zutrauen in "diese Welt" und Hoffnung - dann hat man ebenfalls mehr Kraft, sich der Zukunft zu widmen.

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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon Indigocat » 30. Juni 2016, 21:02

SKuriosum hat geschrieben:@Indigocat: Damit habe ich lediglich "Deine Erkenntnis" auf eines von vielen Beispielen gemünzt. Menschen, die diese Erkenntnis noch nicht oder nur oberflälich erlangt haben, neigen oft dazu, aus verschiedenen Gründen, andere Menschen in abwertende Schubladen zu kategorisieren. Daher ist es wichtig, dass man diese Erkenntnis auch allumfassend sehen und anwenden kann.
Das Beispiel "Loser" habe ich nur gewählt, weil es sehr aussagekräftig ist.


Sorry, da habe ich dich - wieder mal - falsch verstanden... :kein Plan:
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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon Indigocat » 30. Juni 2016, 21:07

1stein hat geschrieben:Naja in extremen Fällen gibt es schon solche jammernden Persönlichkeiten mit derartigen Motiven - die haben dann wohl eine histrionische Persönlichkeitstörung.


Ja, aber nicht nur, da gibt es viele Persönlichkeits-Arten die gerne jammern - und wohl auch manch Normaler hin und wieder.

Grundsätzlich sollte man aber Jammern und Klagen über seine Vergangenheit nicht kategorisch verdammen. Es ist nämlich auch eine Form der Verarbeitung, gerade weil andere einem bei der Strukturierung und Aufarbeitung helfen. Dann kann man sich wieder besser auf die Zukunft konzentrieren. Wenn man von anderen Trost erhält, dann erzeugt das wieder Zutrauen in "diese Welt" und Hoffnung - dann hat man ebenfalls mehr Kraft, sich der Zukunft zu widmen.


Ja das hatte ich oben schon erwähnt, das Jammern ist die erste Stufe der Verarbeitung. Auf dieser Stufe ist es auch richtig und wichtig, dass man Zuwendung und Trost von anderen erfährt. Nur sollte man da nicht stehenbleiben, sondern nach vorne gucken und Zutrauen in die Welt finden, wie du schon schreibst. Wer ständig über die Umstände jammert, gibt auch ein stückweit die Verantwortung für sich selber ab.
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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon MirrorMirror » 30. Juni 2016, 21:44

Indigocat hat geschrieben:Aber man sollte an diesem Punkt nicht stehenbleiben. Irgendwann erkennt man, dass die Eltern u. a. prinzipiell auch nicht wirklich "schuld" sind, sondern aus einem bestimmten Grund so geworden sind.

Interessant. Mal abgesehen von deiner bipolaren Frau Mama, nicht alle haben die Diagnose. Manche denken einfach nicht nach und werken unreflektiert, die Betonung liegt auf unreflektiert, vor sich hin. Das liesse sich vermeiden. Einfach mal die Birne einschalten und es gäbe weniger geschädigte Figuren auf diesem Planeten.
Da haben Eltern ihrem Kind alles mögliche an Ängsten umgebunden (Höhenangst, Angst im Dunkeln, Angst in Menschenansammlungen, Angst in fremder Umgebung, Angst, Angst, Angst und damit hat der Proband die Aufgabe sich selber aus dem Sumpf zu ziehen.
Tschulligung, aber ich sitze grade grinsend da. Wenn alles so einfach wäre, ich hätte mich hier niemals anmelden brauchen, ich wäre simpel durch meine eigene Kraft genesen. Mindestens. Und würde lustig anderen erklären, sie bräuchten sich einfach nicht so dämlich anstellen.

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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon SKuriosum » 30. Juni 2016, 22:06

@MirrorMirror: Jeder Mensch hat seine eigenen Beweggründe für sein Handeln und Denken - egal ob bewusst oder unbewusst.
Wenn jemand nicht umsichtig denkt, dann vielleicht, weil sein Hirn schlicht nicht in der Lage dazu ist, oder die Person es nie gelernt hat bzw. darauf konditioniert wurde. Bei der Reflektion ist es genauso - und bei allem, was man sich vorstellen kann. Jeder ist, ausgehend vom Rohmaterial, ein Produkt seiner Umwelt.
Es ist immer sehr einfach, einem Menschen Dummheit, Faulheit, Uneinsichtigkeit, Schwäche oder was auch immer vorzuwerfen. Klar kann das vorübergehend angewandt werden, um etwas zu bewältigen. Aber das entspricht nunmal nicht den Tatsachen.
So wie Du unter Deinen Eltern gelitten hast, sind Deine Eltern ihrerseits auch irgendwann mal durch irgendwelche externen Einflüsse so geformt worden, dass das Dir bekannte Endresultat dabei entstanden ist.
Auch eine 99,9%ige Sicherheit beherbergt 100% Ungewissheit.

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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon Indigocat » 1. Juli 2016, 07:36

MirrorMirror hat geschrieben: Mal abgesehen von deiner bipolaren Frau Mama, nicht alle haben die Diagnose.

Die ist nicht bipolar, genau genommen ist sie nicht mal depressiv. Dazu schafft sie es viel zu effektiv, ihrem Umfeld Energie zu entziehen.
Manche denken einfach nicht nach und werken unreflektiert, die Betonung liegt auf unreflektiert, vor sich hin. Das liesse sich vermeiden. Einfach mal die Birne einschalten und es gäbe weniger geschädigte Figuren auf diesem Planeten.

Beim Menschen ist der natürliche Instinkt, Kinder aufzuzuiehen, verloren gegangen. Sie wissen einfach nicht, was sie machen sollen, sie können dieses Wissen nur durch lernen erwerben. Und wenn sie keine geeigneten Lehrer hatten und von sich aus nicht den Antrieb hatten, sich dieses Wissen anzueignen oder schlicht nicht wussten, wo sie dieses Wissen beschaffen sollten....
Meine Erzeugerin wusste das alles durchaus, die hat mich schlicht und ergreifend produziert, um eine unerschöpfliche Quelle für emotionale Zufuhr zu haben.
Viele Eltern lieben ihre Kinder auch nicht, sei es, weil sie diese nur bekommen haben, weil es eben so üblich ist oder sie ungewollt schwanger geworden sind... und wer sein Kind von Anfang an ablehnt, hat natürlich auch keinen Antrieb in Erfahrung zu bringen, wie man es am besten behandelt....
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14330785.html
Da haben Eltern ihrem Kind alles mögliche an Ängsten umgebunden (Höhenangst, Angst im Dunkeln, Angst in Menschenansammlungen, Angst in fremder Umgebung, Angst, Angst, Angst und damit hat der Proband die Aufgabe sich selber aus dem Sumpf zu ziehen.

:kein Plan: Die einzige Möglichkeit. Aber keine unlösbare Aufgabe.
Und würde lustig anderen erklären, sie bräuchten sich einfach nicht so dämlich anstellen.

Mein Grundtenor ist eigentlich immer: Mach das Beste daraus!
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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon Clara » 1. Juli 2016, 10:55

Wie die Überschrift und andere nette Sprüche beweisen, weiß selbst der Volksmund, dass was-wäre-wenn Gedanken und Argumentationen zu nix führen. Trotzdem ist es ein beliebter Volkssport, die Schuld immer bei anderen zu suchen und selbst jegliche Eigenverantwortung weit von sich zu schieben. Das macht das Leben nämlich so schön einfach.

Es ist richtig, dass ein Kind nichts dafür kann / keine Schuld hat, wie es erzogen oder auch nur aufgezogen wurde. Und dann steht das Kind irgendwann da, schaut sich sein Leben an - und hat zwei Möglichkeiten. Es kann das schwache Kind bleiben, jammern und die Welt verfluchen, dass sie so ungerecht ist. Oder es kann feststellen, dass es zwar echt doof gelaufen ist, jetzt aber die Verantwortung übernehmen und aus dem, was da ist, das Beste machen.

Die Schuldfrage ist dabei die unproduktivste, die es gibt. Wenn man nämlich oft genug fragt, wer Schuld hat, landet man irgendwann bei Adam und Eva oder dem Urknall. Wobei oft auch noch echte Schuld und Kausalität verwechselt wird. Und was bringt die Frage? Selbst wenn man eine Antwort für sich selbst findet? Nichts. Man kann dann zwar die Verantwortung für sein mehr oder weniger verkorkstes Sein weit weg schieben, ändert aber nichts an der Situation.

Die Frage sollte lauten: Was kann ich tun, damit es mir gut, oder zumindest besser, geht? Da ist dann aktives Denken und Handeln angesagt, was durchaus anstrengend sein kann - und unbequem. Einige schaffen das allein, andere brauchen Hilfe. Und die Hilfe will gesucht und eingefordert werden, die klopft nicht an die Tür oder drängt sich auf. Und Hilfsangebote gibt es in der heutigen Zeit sehr viele. Nicht nur professionelle Hilfe von Therapeuten, sondern z.B. auch Foren wie dieses hier.

Zu hören/lesen, wie andere mit ihren Problemen umgehen, kann schon eine große Hilfe sein. Man muss selbst nichts machen, außer aktiv zu lesen, reflektieren und für sich das, was passt, rauspicken und ausprobieren. Man kann aber auch Fragen stellen, um die Meinung(en) von anderen zu einer konkreten Sache zu bekommen. Ich bin wirklich dankbar zur Generation "Forum" zu gehören, wo Menschen einen Gedanken in mehr als einem Satz und einem Emoticon formulieren können. Und ich bin dankbar, dass diese Menschen bereit sind, ihre Erfahrungen, Meinungen, Ansichten mit mir zu teilen. Und ich bin noch sehr viel dankbarer, dass es nicht nur "Plüschblümchen", Zustimmungen und Likes gibt, sondern auch Kritik, kontroverse Gedanken und Widersprüche.

WTF? Was soll das Gejammer über vergossene Milch?

Shut up & deal with it.


Das klingt wirklich sehr hart, auch wenn es den Kern trifft. Aber vielleicht gibt es ja Menschen, die einfach ein wenig Hilfestellung brauchen, um in Zukunft die Milch nicht noch einmal zu vergießen - oder einen Lappen brauchen. ;)

Ewiges jammern, ohne etwas zu ändern, bringt nix - und zieht allen, die das Jammern ertragen müssen, Energie ab. Ich kann mich entscheiden, selbst nicht zu jammern - und mich von anderen nicht volljammern zu lassen. Und ich muss lernen, zu unterscheiden: was ist jammern, was ist eine Bitte um Hilfe? Oder hatte da jemand nur einen schietigen Tag und muss sich einfach mal auskotzen?

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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon Lostsoul » 3. Juli 2016, 12:43

Es tut gut, über die Existenz im Allgemeinen zu lästern und seinen Unmut über diese verpfuschte Welt hinauszuschreien, während der Rest der unglücklichen Kreaturen sich vollgestopft mit Sinnplacebos und Illusionen durch die Routine und Monotonie der Stunden, Tage und Jahre schleppt.
Vor dem Hintergrund der brütenden Nichtigkeit dieser Welt hilft nur Raserei und Wahnsinn - man kann sich zwar mentale Strategien zurechtlegen wie man als reflektiertes Wesen, welches um die problematische existentielle Situation weiß, vergessen und verdrängen kann, was man ist und worin alle Straßen münden, aber es wird nichts ändern.
Halten wir uns also immer wieder vor Augen was der Mensch ist... ein Hampelmann, eine lächerliche Puppe, die der Zeit hinterherläuft... all diese trivialen Bedürfnisse und Sehnsüchte, die nie befriedigt, oder erfüllt werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Aus dem Nichts als bewusstes Nichts ins Nichts.
"Close your eyes and imagine the world in which you live in
Open your eyes and admit to believe in hope is vain
"

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Re: Hätte, hätte, Fahrradkette

Beitragvon WhyNot » 15. Juli 2016, 06:01

Headmatter hat geschrieben:Was ich immer mal wieder in Postings lese: WÄRE ich geliebt worden, HÄTTEN meine Eltern mir Zuwendung gegeben usw. usw. dann! ja dann: wäre vielleicht alles anders. Könnte ich auf andere Menschen zugehen usw.

In everyone there sleeps
A sense of life lived according to love.
To some it means the difference they could make
By loving others, but across most it sweeps
As all they might have done had they been loved.
That nothing cures.


[Zitat aus Philip Larkins Gedicht "Faith Healing" http://www.poetryconnection.net/poets/P ... arkin/4770]

WTF? Was soll das Gejammer über vergossene Milch?

Shut up & deal with it.

Ernsthafte Frage, ich versteh's nicht.

Tätärätätätärä! Treffer.
Mehr kann ich dazu schon gar nicht sagen, es sei denn meinerseits ein Zitat (wenn auch nur ein sehr, sehr kleiner Ausschnitt)

...and then you took the Words right out of my Mouth.....
Meat Loaf
The mind is not a book to be opened at will and examined at leisure.


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