Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
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Clara
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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Clara » 12. April 2016, 23:39

13. Feb 2016, 11:36 » Milka hat geschrieben:Hallo,
ich wollte mal fragen, ob ihr vielleicht (wenn es mit den Menschen so schwierig und belastend ist) eine emotionale Bindung zu einem Haustier habt? Würde das nicht dafür sprechen, dass man sich grundsätzlich doch nach Bindung sehnt, aber der Weg dazu verstellt ist (z.B. weil man von Menschen nicht mehr so viel hält)?


Zu meinen beiden Katzen habe ich eine sehr innige Beziehung und kann mir ein Leben ohne Katze auch nicht vorstellen. Auf der einen Seite sind sie sehr selbständig und können ihre Dosenöffner sehr gut ignorieren. Aber auf der anderen Seite scheinen sie zu merken, wenn mir Körperkontakt gut tut und mir hilft.

Hunde sind da ganz anders und erinnern mich an (die meisten) Menschen. Immer nach Aufmerksamkeit heischend, sich nicht allein beschäftigen können und aufdringlich. Das zieht bei mir so viel Energie ab, dass ich mich nach so einem Kontakt oft erschöpft fühle. Es ist nicht so, dass ich von Hunden und Menschen nicht viel halte; ich ertrage sie halt nur in homöopathischen Dosen.

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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon orinoco » 13. April 2016, 10:38

12. Apr 2016, 23:39 » Clara hat geschrieben:Zu meinen beiden Katzen habe ich eine sehr innige Beziehung und kann mir ein Leben ohne Katze auch nicht vorstellen. Auf der einen Seite sind sie sehr selbständig und können ihre Dosenöffner sehr gut ignorieren. Aber auf der anderen Seite scheinen sie zu merken, wenn mir Körperkontakt gut tut und mir hilft.
Hunde sind da ganz anders und erinnern mich an (die meisten) Menschen. Immer nach Aufmerksamkeit heischend, sich nicht allein beschäftigen können und aufdringlich. Das zieht bei mir so viel Energie ab, dass ich mich nach so einem Kontakt oft erschöpft fühle. Es ist nicht so, dass ich von Hunden und Menschen nicht viel halte; ich ertrage sie halt nur in homöopathischen Dosen.


Ich denk man kann fast die Haustiere nach passender PS ordnen. Katzen für Schizoide und Hunde für Depressive. Ich seh mich als Mischtyp der mit beidem kann, aber auf Dauer besser mit Katzen. Für Hunde bin ich ein beliebter Spaziergangonkel und mir macht es auch Spaß, aber wirklich einen halten ... naja, die Frage stellt sich aufgrund eines absolut hundeunverträglichen Katers nicht. Hier darf nicht mal ein Hund zu Besuch kommen.
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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Sophie2 » 13. April 2016, 21:05

Ich (nicht-schizoid) wollte als Kind immer unbedingt einen Hund. Da mir der Wunsch über all die Jahre nicht erfüllt wurde, ging er schliesslich verloren und im Erwachsenenalter wollte ich dann auch überhaupt kein Haustier mehr, weil es unpraktisch ist (bin viel unterwegs) und noch mehr Arbeit macht, als man eh schon mit seinem Leben hat. Als ich nun eine Zeitlang im Ausland lebte, lief mir eine Katze zu. Sie kam zunächst mehrmals auf die Terrasse, dann liess ich sie immer wieder ins Haus. Sie war sehr klein und dünn, ich dachte sie wäre noch jung. Eine Mitbewohnerin und Katzenkennerin erklärte mir jedoch, dass es sich vermutlich um einen 'runt' (deutsche Übersetzung: Kümmerling, kannte das vorher nicht als Begriff) handelt, also ein Tier, das als letztes im Wurf geboren wird und oft viel kleiner als die anderen ist (wurde teilweise sogar ein paar Tage später, von einem anderen Vater empfangen). Diese Tiere werden von der Mutter nicht angenommen (vermutlich weil sie sie nicht für lebensfähig hält) und bekommen in Folge viel zu wenig zu essen und keine Zuneigung. Sie entwickeln sich dann nicht richtig und bleiben Zeit ihres Lebens klein und suchen immer nach der Liebe, die sie von ihrer Mutter nicht erhalten haben. 'Meine' Katze war das anhänglichste und liebesbedürftigste Lebewesen, das ich je kennengelernt habe. Sobald man sie reinliess strich sie einem um die Beine und miaute, wolle hochgenommen werden. Ich konnte sie wie ein Baby in den Arm nehmen (auf dem Rücken!) und am Bauch kraulen, was Katzen ja normalerweise gar nicht mögen. Nachts sprang sie immer auf mein Fensterbrett und versuchte das Fliegengitter wegzudrücken. Manchmal gelang ihr das auch und sie sprang ins Zimmer und dann in mein Bett. Ich habe sie aber immer schnell wieder rausgeschmissen, denn ich hatte keine Lust, mir von der streunenden Katze Flöhe und Schlimmeres zu holen. Untertags/abends war sie aber oft im Haus und auf meinem Schoss. Sie verlangte vehement Zuneigungsbekundungen, wenn man sich nicht sofort um sie kümmerte. Gefüttert hatte ich sie übrigens nicht. Fand es eine nette Erkenntnis: die liebt mich um meiner selbst willen, nicht weil ich ihr Futter gebe.
Mir kam dann der Gedanke, dass es doch merkwürdig ist, dass Katzen, die von ihrer Mutter vernachlässigt werden, besonders anhänglich und liebesbedürftig werden und ständig Kontakt suchen, während Menschen im selben Fall schizoid werden.

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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Indigocat » 13. April 2016, 21:23

13. Apr 2016, 21:05 » Sophie2 hat geschrieben:Mir kam dann der Gedanke, dass es doch merkwürdig ist, dass Katzen, die von ihrer Mutter vernachlässigt werden, besonders anhänglich und liebesbedürftig werden und ständig Kontakt suchen, während Menschen im selben Fall schizoid werden.


Meiner Meinung nach ist das nicht ganz richtig, so ich das selber verstanden habe, überwiegt in den meisten Fällen eine teils abweisende, teils vereinnahmende Mutterbindung. Das Kind wurde also nicht dauerhaft vernachlässigt. Dadurch kommt die Angst vor Bindungen, weil man die als gefährlich erlebt hat. Die Mutter konnte keine wärmende, beschützende Nähe geben, sondern war übergriffig und hat die Grenzen des Kindes nicht geachtet. Wie ich das so beobachte, können viele Menschen, deren Eltern oder deren Mutter durchweg abweisend war, später sehr gute und dauerhafte Beziehungen eingehen, wenn sie einen lieben passenden Partner finden. Sie haben ja Sehnsucht nach Nähe und keine Angst davor, da sie Nähe nicht als gefährlich erlebt haben.
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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Sophie2 » 13. April 2016, 21:47

Danke für deine schnelle Antwort, Indigocat. Aha, da könntest du eventuell recht haben, das könnte es erklären, so differenziert habe ich das noch gar nicht gesehen. Es wäre nun interessant, von den Betroffenen hier im Forum, die als eine der (Haupt-)Ursachen für ihre Schizoidie die gestörte Beziehung zur Mutter sehen, zu hören, ob sie deren Verhalten so erlebt haben, wie du es beschreibst.

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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Indigocat » 13. April 2016, 22:05

13. Apr 2016, 21:47 » Sophie2 hat geschrieben: Es wäre nun interessant, von den Betroffenen hier im Forum, die als eine der (Haupt-)Ursachen für ihre Schizoidie die gestörte Beziehung zur Mutter sehen, zu hören, ob sie deren Verhalten so erlebt haben, wie du es beschreibst.


Hallo Sophie, :)
ich habe eine Umfrage dazu erstellt. Natürlich kann man aus den paar Antworten keine allgemeingültige Regel ableiten, aber interessant ist es allemal. Du musst auf "Ich will nur das Ergebnis sehen" klicken, um die Ergebnisse anzuschauen.

plauderecke-umfragen-f22/umfrage-wie-war-deine-mutter-t1628.html
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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon MirrorMirror » 14. April 2016, 20:48

13. Apr 2016, 21:23 » Indigocat hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist das nicht ganz richtig, so ich das selber verstanden habe, überwiegt in den meisten Fällen eine teils abweisende, teils vereinnahmende Mutterbindung. Das Kind wurde also nicht dauerhaft vernachlässigt. Dadurch kommt die Angst vor Bindungen, weil man die als gefährlich erlebt hat. Die Mutter konnte keine wärmende, beschützende Nähe geben, sondern war übergriffig und hat die Grenzen des Kindes nicht geachtet. Wie ich das so beobachte, können viele Menschen, deren Eltern oder deren Mutter durchweg abweisend war, später sehr gute und dauerhafte Beziehungen eingehen, wenn sie einen lieben passenden Partner finden. Sie haben ja Sehnsucht nach Nähe und keine Angst davor, da sie Nähe nicht als gefährlich erlebt haben.

Meine Mutter war emotional nicht da. Da war keine Wärme, kein Schutz, kein Zuspruch. Auch mein Vater war nicht verfügbar. Der hat sich überhaupt nicht gekümmert und nichtmal für Schläge und Strafe Zeit gehabt. Das war eine permanente emotionale Vernachlässigung von beiden Seiten.
Die Angst vor Bindung bei mir kommt von eben keiner erlebten Bindung. Die Verbindung zu meiner Mutter war Strafe und Ignoranz. Mein Vater hat das alles beobachtet und mir nie geholfen.
Wegen dieser Bindungslosigkeit kann ich keine Verbindung zu anderen ertragen und Nähe schon lange nicht. Nähe ist sehrwohl gefährlich, weil es immer irgendwann zu Kritik und Streitereien kommt, also eine Wiederholung von früheren Erlebnissen.
Meine arg geschrumpfte Sehnsucht nach Nähe vergleiche ich mit dem Bedürfnis sehen zu können und das mit dem Wissen, dass ich unumkehrbar blind bin. Manches ist einfach so wie es eben ist.
Eine ehamalige Kollegin, auch sie aus schlechter Haltung, hat genau das Gegenteil gewollt und gemacht. Heiraten und Kinder kriegen. Sie wollte ihre erlebte Kälte in Wärme umwandeln und endlich Sicherheit spüren. Schön für sie und ihre Familie.
Man kann sich seine eigene Entwicklung nicht aussuchen. Manches muss man nehmen wie es ist.

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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Sophie2 » 14. April 2016, 21:03

Danke, Indigocat. In der Tat, die meisten haben also 'mal abweisend, mal vereinnahmend' angegeben. Allerdings ist die Zahl der Antworten insgesamt relativ gering, daher ist die Frage, ob das Ergebnis signifikant is.t Interessant wäre dann dabei auch noch, zu wissen, ob das Verhalten der Mutter als Hauptursache für die SP vermutet wird.

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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Trinity » 15. April 2016, 22:24

Hallo Milka.

Ich kann dich gut verstehen. In meiner Kindheit war meine Katze mein bester Kompane. Nie anstrengend aufdringlich, und doch da wenn ich sie brauchte. Wenn ich im Bett lag und weinte hat sie sich zu mir gelegt und einfach geschnurrt. Das hat mir schon gereicht um mich geliebt zu fühlen. Leider ist sie im hohen Alter vor ein paar Jahren gestorben.

Ich kann mir auch keine neue Katze mehr zulegen, da der Verlust für mich kaum aushaltbar war.
Ich habe aber seit ich klein war schon eine Vorliebe für Reptilien, daher halte ich jetzt einige Schlangen, und weiter noch Vogelspinnen, Ratten und Scharben.
Ich habe alle meine Tiere sehr gerne, aber an die Liebe die ich für mein altes Haustier empfand kommt keines von ihnen ran.

LG
"As long as you live, keep learning how to live." - Seneca

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Re: Emotionale Bindung an Haustiere möglich?

Beitragvon Indigocat » 16. April 2016, 15:36

14. Apr 2016, 21:03 » Sophie2 hat geschrieben:Interessant wäre dann dabei auch noch, zu wissen, ob das Verhalten der Mutter als Hauptursache für die SP vermutet wird.


Ich vermute es ist die Hauptursache in den meisten Fällen, da aber einige angegeben haben, dass die Mutter normal gewesen wäre, wohl nicht in allen. Da müsste man die Geschichte dahinter erfragen.

Um auf deine kleine Katze und das Thread-Thema zurückzukommen, wenn dein Gedankenkonstrukt stimmt und sie ist wirklich ein Kümmerling und mein Gedankenkonstrukt, dass vernachlässigte Kinder eher zur Anhänglichkeit neigen, könnte deine Geschichte durchaus passen.

14. Apr 2016, 20:48 » MirrorMirror hat geschrieben:Die Angst vor Bindung bei mir kommt von eben keiner erlebten Bindung.


Ich habe das auch vorsichtshalber nicht verallgemeinert. Bei dir kam ja auch noch körperliche Gewalt hinzu.

Eine ehamalige Kollegin, auch sie aus schlechter Haltung, hat genau das Gegenteil gewollt und gemacht. Heiraten und Kinder kriegen. Sie wollte ihre erlebte Kälte in Wärme umwandeln und endlich Sicherheit spüren. Schön für sie und ihre Familie.
Man kann sich seine eigene Entwicklung nicht aussuchen. Manches muss man nehmen wie es ist.


Ja jeder reagiert anders. Wobei alle, die ich kenne, die durchgehend vernachlässigt wurden, keine schizoide Störung haben.
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