Beitragvon Sophie2 » 13. April 2016, 21:05
Ich (nicht-schizoid) wollte als Kind immer unbedingt einen Hund. Da mir der Wunsch über all die Jahre nicht erfüllt wurde, ging er schliesslich verloren und im Erwachsenenalter wollte ich dann auch überhaupt kein Haustier mehr, weil es unpraktisch ist (bin viel unterwegs) und noch mehr Arbeit macht, als man eh schon mit seinem Leben hat. Als ich nun eine Zeitlang im Ausland lebte, lief mir eine Katze zu. Sie kam zunächst mehrmals auf die Terrasse, dann liess ich sie immer wieder ins Haus. Sie war sehr klein und dünn, ich dachte sie wäre noch jung. Eine Mitbewohnerin und Katzenkennerin erklärte mir jedoch, dass es sich vermutlich um einen 'runt' (deutsche Übersetzung: Kümmerling, kannte das vorher nicht als Begriff) handelt, also ein Tier, das als letztes im Wurf geboren wird und oft viel kleiner als die anderen ist (wurde teilweise sogar ein paar Tage später, von einem anderen Vater empfangen). Diese Tiere werden von der Mutter nicht angenommen (vermutlich weil sie sie nicht für lebensfähig hält) und bekommen in Folge viel zu wenig zu essen und keine Zuneigung. Sie entwickeln sich dann nicht richtig und bleiben Zeit ihres Lebens klein und suchen immer nach der Liebe, die sie von ihrer Mutter nicht erhalten haben. 'Meine' Katze war das anhänglichste und liebesbedürftigste Lebewesen, das ich je kennengelernt habe. Sobald man sie reinliess strich sie einem um die Beine und miaute, wolle hochgenommen werden. Ich konnte sie wie ein Baby in den Arm nehmen (auf dem Rücken!) und am Bauch kraulen, was Katzen ja normalerweise gar nicht mögen. Nachts sprang sie immer auf mein Fensterbrett und versuchte das Fliegengitter wegzudrücken. Manchmal gelang ihr das auch und sie sprang ins Zimmer und dann in mein Bett. Ich habe sie aber immer schnell wieder rausgeschmissen, denn ich hatte keine Lust, mir von der streunenden Katze Flöhe und Schlimmeres zu holen. Untertags/abends war sie aber oft im Haus und auf meinem Schoss. Sie verlangte vehement Zuneigungsbekundungen, wenn man sich nicht sofort um sie kümmerte. Gefüttert hatte ich sie übrigens nicht. Fand es eine nette Erkenntnis: die liebt mich um meiner selbst willen, nicht weil ich ihr Futter gebe.
Mir kam dann der Gedanke, dass es doch merkwürdig ist, dass Katzen, die von ihrer Mutter vernachlässigt werden, besonders anhänglich und liebesbedürftig werden und ständig Kontakt suchen, während Menschen im selben Fall schizoid werden.