Phantasien

Ein Leben in (völliger) Isolation? Du bist sehr introvertiert, ängstlich-vermeidend oder gar schizoid? Wie gehst du damit um?
benedicto
suchend
suchend
Beiträge: 4
Registriert: 8. Februar 2015, 17:19
SPS: Vielleicht

Phantasien

Beitragvon benedicto » 11. Februar 2015, 19:31

Hallo Kolleginnen und Kollegen!
Was bedeutet die SPS-Eigenschaft "übermäßige Inanspruchnahme durch Phantasien"??? :rätseln:
Ich verstehe das nicht. Was bedeutet das bei euch?
Viele Grüße

Benutzeravatar
unikum
aktiv
aktiv
Beiträge: 106
Registriert: 5. Februar 2014, 18:25
SPS: Eher Ja

Re: Phantasien

Beitragvon unikum » 11. Februar 2015, 22:43

Bei mir beobachte ich oft, dass in Gedanken bin. Auf irgendwas rumdenke oder mich in Gedankenexperimenten verliere. Was wäre wenn... Das läuft schon sehr unbewusst und automatisiert bei mir ab. Ich merke es nur manchmal, mache es aber viel öfter, denke ich.

Imagohominis
engagiert
engagiert
Beiträge: 178
Registriert: 20. November 2014, 20:48

Re: Phantasien

Beitragvon Imagohominis » 12. Februar 2015, 09:30

Ich bin m.E. sehr durch meine Fantasie eingenommen, die sogar die Wertigkeit der Realität als die wichtige Dimension, in der ich primär lebe, in Frage stellt, denn ich beschäftige mich lieber mit eigenen oder durch Büchern und Videospielen angeregten Fantasiewelten.. Wenn ich zuhause bin, beschäftige ich mich am liebsten mit diesen Konstruktionen, während ich im Alltag mit Gedankenexperimenten das "Hier und Jetzt" in eine Relation zu einer fiktiven Utopie bzw. Dystopie setze.. Diese Form des Denkens beeinflusst also jegliche Art und Weise, wie ich Menschen, Situationen und Dinge in der Realität bewerte...

Ein vielleicht eher absurdes Beispiel: Ich fahre oft Bahn und bemerke dabei, wie sehr sich Männer und Frauen offenkundig anziehen, Sympathien über Plattitüden austauschen und sexuell konnotierte Information im sog. Smalltalk codieren. Dann frage ich mich immer, wie es wäre, wenn die Menschen aus geschlechtslosen Androiden bestünden. Welche Sozialordnung bestünde dann usw.. Das ist bei mir sogar manchmal zwanghaft..
Um davon schließlich abzukommen, lese ich beim Bahnfahren Bücher... Flucht von der einen Fantasiererei in die andere...

Im Buch "Der Mann ohne Eigenschaften" von Robert Musil gibt es ein Kapitel, indem er über den Möglichkeits -und Wirklichkeitssinn philosophiert. Ich bin dann eindeuitig im Möglichkeitssinn gefangen...
Im Grund gibt es keinen Bodhi-Baum
Da ist kein klarer Spiegel auf einem Gestell
Im Ursprung ist da kein Ding
Worauf soll sich Staub legen

Benutzeravatar
Ambivalenz
alteingesessen
alteingesessen
Beiträge: 872
Registriert: 4. April 2013, 10:20
SPS: Ja

Re: Phantasien

Beitragvon Ambivalenz » 12. Februar 2015, 11:27

In der Realität existiere ich nur, in der Phantasie lebe ich.
Träume sind mir teuer.
Hoffnungen habe ich keine. Hoffentlich.

MfG Ambivalenz :Ballon:
Wer leuchten will, der flieht das Licht...
Grey would be the color, if I had a heart.

Lemur
erfahren
erfahren
Beiträge: 347
Registriert: 14. August 2013, 09:22
SPS: Ja
Wohnort: Freiburg

Re: Phantasien

Beitragvon Lemur » 12. Februar 2015, 13:04

12. Feb 2015, 11:27 » Ambivalenz hat geschrieben:In der Realität existiere ich nur, in der Phantasie lebe ich.
Träume sind mir teuer.
Hoffnungen habe ich keine. Hoffentlich.


Sehr schön formuliert! ... Geht mir ganz genauso. Ich bin die meiste Zeit "in Gedanken", in inneren Welten unterwegs und wende mich der Außenwelt nur zu, wenn unbedingt nötig.

Yuri87
engagiert
engagiert
Beiträge: 127
Registriert: 25. Dezember 2014, 16:39
SPS: Eher Ja
Wohnort: Brandenburg (LOS)

Re: Phantasien

Beitragvon Yuri87 » 12. Februar 2015, 13:08

"Übermäßige Inanspruchnahme durch Phantasien": Das kann eigentlich nur von Jemand formuliert worden sein dem es selbst an ein weinig Fantasie mangelte und das deshalb als Eigenschaft zu einer Persönlichkeitsstörung dazu gezählt hat. :peace:

Jedenfalls würde ich fantasieren zu können ja nicht unbedingt als Merkmal einer Krankheit/Persönlichkeitsstörung bezeichnen. Das wäre der Fall wenn es dazu führt das man die Wirklichkeit nicht mehr oder zumindest nicht mehr vollständig wahrnimmt, als wesentlicher Bestandteil einer Krankheit/Persönlichkeitsstörung so zu beschreiben. Aber das so darzustellen als sei das nur bei Menschen so die irgendeine Störung haben, das es vorkommt sich in Gedanken vertiefen zu können, halte ich dann doch für übertrieben.
Wäre dem so, müsste man sich ja echt fragen was die nicht-Schizoiden denn Gedanklich so machen wenn sie nicht grad einer Aufgabe nachgehen oder in Gespräche verwickelt sind - Denken die dann einfach an nichts und warten auf Input? Oder wie sollte man sich das sonnst bei den "normalen" vorstellen? :schlafen: Der begriff "Übermäßig" passt da irgendwie einfach nicht hin.

Also für mich ist das völlig normal permanent mit irgendwelche Gedanken beschäftigt zu sein. Es kommt auch schon mal vor das sich dabei sehr komplexe Geschichten (mit Emotionen und allem was so dazu gehört) aufbauen die man ohne Probleme als filmreif bezeichnen könnte, aber meistens sind es eher Planungen zu alle möglichen (nicht unbedingt Situationsgebundene) Themen, teilweise Gedanken in der Richtung "Was wäre wenn...", teilweise auch so eine Art Selbstgespräche mit anderen Personen um auf möglichst alles eine passende Antwort schon parat zu haben, wenn es denn mal nötig sein sollte. Das denke ich aber ist bei den meisten Menschen so, und nicht nur bei "verrückten".

Für andere Leute die gerne kommunizieren während man selbst nur antwortet wenn man angesprochen wird, und dann meistens auch nur auf sachlicher Basis - sehr wenig ,oder auch gar nicht auf ihre Fragen oder Lebensgeschichten eingeht, sieht das wohl so aus aus wäre das fast schon eine krankhafte Eigenschaft die einem daran hindert Kontakte aufzubauen, weil man ja lieber mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt ist und nicht auf sie eingeht weil man vielleicht nicht alles mitbekommen hat was der andere gesagt oder gemeint hat. Es kommt dabei allerdings auch manchmal unbewusst zu Gestiken meinerseits die nicht der Erwartungen des anderen entsprechen - was dann bestimmt erst recht als merkwürdig empfunden wird, wenn man ohne ersichtlichen Grund so vor sich hin lächelt oder was auch immer. Das hat dann zwar nichts mit dem Gegenüber zu tun, aber es sieht halt so aus als hätte man ein Ding an der Waffel :feiern:

Dabei bin aber ich nie so weit in Gedanken versunken das ich die Wirklichkeit um mich herum aus den Augen verliere oder das was Andere so sagen oder machen nicht mitbekomme, es ist eher so das es immer dann passiert wenn die wirkliche Welt um mich herum für mich als langweilig oder stressig empfunden wird.

Was das Thema Fantasieren angeht, würde ich das eher als Defizit sehen wenn ich das nicht könnte, weil genau diese Eigenschaft ja erst einmal dafür sorgt das man sich Dinge vorstellen kann die (noch) gar nicht passiert sind oder existieren. Und ohne die Möglichkeit würde sich die Menschheit doch überhaut nicht weiter entwickeln können.

Huii, so viel Text auf so eine kleine Frage :erklärbär1:

krebsi
erfahren
erfahren
Beiträge: 250
Registriert: 9. November 2013, 21:38
SPS: Eher Ja

Re: Phantasien

Beitragvon krebsi » 12. Februar 2015, 16:25

Es ist in der Tat so, dass allgemein Introvertierte Menschen die Phantasie übermäßig in Anspruch nehmen und Extravertierte Menschen eher wenig Phantasie nutzen. Das hat aber nichts mit Persönlichkeitsstörung oder psychische Krankheit zu tun sondern liegt in der Persönlichkeit des Menschen begründet.

Ich habe mich früher intensiv mit der Persönlichkeitslehre auseinandergesetzt. Danach wird die Persönlichkeit aller Menschen in zwei Spektren unterteilt. In ein zyklothymes Spektrum und ein schizophrenes Spektrum. Ins zyklothyme Spektrum werden extravertierte Persönlichkeiten wie Hysteriker, Borderliner, Dissoziale, und depressive eingeordnet und ins schizophrene Spektrum werden introvertierte Persönlichkeiten wie schizoide, schizotypen, ängstlich Vermeidende und paranoide eingeordnet. Extreme krankhafte ausprägungen führen beim zyklothymen Spektrum zur Manisch-Depressiven und beim schizophrenen Spektrum zur Schizophrenen Psychose. In der Mitte der beiden Spektren stehen die Borderline-Persönlichkeiten.

Extravertierte Menschen führen ihre Energie nach aussen und Introvertierte mehr nach innen. Deshalb sind extravertierte kontaktfreudiger, spontaner, impulsiver und verarbeiten Situationen und Ereignisse schneller. Bevor sie eine Tat ausführen, denken sie nicht weiter drüber nach. Sie tun es einfach.

Ein Introvertierter Mensch führt seine Energie nach innen und ist deshalb mehr mit sich selbst beschäftigt. Bevor er eine Tat vollzieht, lässt er es sich genau durch den Kopf gehen. Traumatische Ereignisse oder bewegende Situationen werden sehr langsam verarbeitet. Diese Situationen werden in der Phantasie auseinandergepflückt und genau analysiert während ein extravertierter Mensch nicht weiter darüber nachdenken tut und sich schon wieder neuen Ereignissen zuwenden tut.

Ein extravertierter kommt auch gar nicht so oft zum Phantasieren, weil er ständig unter Menschen ist und hungrig nach neuen Erfahrungen ist. Wenn er doch mal alleine ist, dann langweilt er sich schnell, wird aus Einsamkeit verrückt oder depressiv.

Ein Introvertierter Mensch hat dagegen eine gute Strategie gegen die Einsamkeit entwickelt. Und zwar die übermäßige Inanspruchnahme der Phantasie. Deshalb macht schizoide die Einsamkeit nichts aus oder ziehen sie sogar vor. Weil sie sich gut mit sich selbst beschäftigen können und ihr Leben in der Phantasie gut ausleben können.

Ein Introvertierter kann so auch nur schwer nachvollziehen, wie es ein extravertierter Mensch schafft ohne viel nachzudenken oder ins Grübeln zu geraten, bestimmte Aufgaben zu meistern oder es sogar vorziehen in Menschenansammlungen oder stressigen Situationen zu geraten.
Während ein extravertierter Mensch es nicht nachvollziehen kann, warum ein Introvertierter erst alles vorher genau analysieren muss, ständig in Grübeln oder Träumen gerät und Menschenansammlungen und stressige Situationen meiden tut.

Nun kann man sich darüber streiten, was nun besser ist. Ob man nun bestimmte Ereignisse in der Realität erleben tut? Man hat es erlebt real. Aber wenn es vorbei ist, dann ist die erlebte Situation ja auch wieder nur eine Erinnerung (Phantasie) und nicht mehr real. Oder aber man macht sich das Leben in der Phantasie schön und vermeidet so dadurch auch negative Erfahrungen und man tut auch anderen weniger Schaden zufügen. Die Realität wird auch nur deshalb für uns real, weil wir ihr zu viel Bedeutung zumessen und die Realität zu sehr ausleben.

benedicto
suchend
suchend
Beiträge: 4
Registriert: 8. Februar 2015, 17:19
SPS: Vielleicht

Re: Phantasien

Beitragvon benedicto » 12. Februar 2015, 19:05

Vielen dank für eure Antworte!
Ja, viel herum-philosophieren und mir andere Dimensionen/Räume/Zeiten vorstellen das mach ich auch.
Und bevor ich etwas mache, durchdenke ich sehr viele mögliche Situationen. So dass ich es dann gar nicht mehr mach.
Ich weiß auch während eines Gesprächs sofort wo das hin führt und was das Gegenüber sagen will, so dass mich das langweilt. Ich verstehe die Witze auch schon bevor sie jemand erzählt hat.
Also den Punkt "übermäßige Inanspruchnahme durch Phantasien" kann ich auch bei mir anhackerln ;)

SunlessDawn
engagiert
engagiert
Beiträge: 126
Registriert: 26. August 2014, 20:33
SPS: Nein

Re: Phantasien

Beitragvon SunlessDawn » 13. Februar 2015, 00:39

Für mich bedeutet es, dass es mir fast nie langweilig wird auch wenn ich sehr lange alleine bin oder auf etwas warte. Ich beschäftige mich dann einfach mit irgendetwas was in der Vergangenheit oder der Zukunft liegt. Oder mit einem meiner Träume oder Ideen. Das findet auch statt wenn ich unter Menschen bin, wo extrovertierte Personen dann lieber das Gespräch suchen würden. Es ist für mich ein sehr wichtger Bestandteil meiner Persönlichkeit und finde es schon interessant, dass es Menschen geben soll die das weniger in Anspruch nehmen, wo es doch so eine schöne Angelegenheit ist :)

Benutzeravatar
Nachtgängerin
Moderator
Moderator
Beiträge: 918
Registriert: 15. Dezember 2013, 05:42
SPS: Ja

Re: Phantasien

Beitragvon Nachtgängerin » 13. Februar 2015, 04:07

Die Realität erscheint mir grau, eindimensional und leblos. Meine Anteilnahme an ihr ist oft gespielt, gekünstelt und somit nicht durchgängig existent - ich fühle mich fremd im Leben.

In meiner Fantasie ist das etwas anderes.
In meiner Fantasie lebe und agiere ich.


Davon unterschieden ist allgemeines Gedenke. Wenn ich nicht fantasiere, dann durchdenke ich alle möglichen Dinge, Situationen und Szenarien, allerdings mit einem größeren Sachbezug als bei meinen Fantasien. Das hat eher etwas Analytisches.



Grüße.
Und dann wird die Dunkelheit zur Pforte.


Zurück zu „Schizoide Wesenswelten“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 30 Gäste