Bin ich schizoid?

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Huitzlipochtli

Bin ich schizoid?

Beitragvon Huitzlipochtli » 26. April 2014, 19:19

Hallo ihr,

ich habe seit Jahren den Verdacht, dass bei mir eine schizoide Persönlichkeitsstörung vorliegt. Bei mir liegen meines Erachtens alle oder zumindest die meisten Diagnosekriterien nach ICD und DSM vor. Meine Vermutung wurde bisher aber von meinen Therapeuten abgelehnt. Stattdessen gab es von therapeutischer Seite den Verdacht auf andere Störungsbilder, die sich aber nicht bestätigen konnten (Asperger-Autismus : ausgeschlossen, weil Fähigkeit Gesichtsausdrücke zu deuten völlig im Normbereich war; Schizophrenia Simplex : Ausgeschlossen, weil Störung nicht plötzlich aufgetreten ist und keine wahnhaften Symptome vorliegen). Eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung wird auch bei mir vermutet, und klingt plausibel, ist für mich aber nicht das eigentliche Problem.

Mein Verdacht aus SPS bleibt, trotz entgegengesetzter therapeutischer Einschätzung und ich habe die Befürchtung, dass viele bisherige Therapieanläufe deshalb nicht sonderlich fruchtbar waren, weil in der Behandlung nicht auf eine eventuelle schizoide Problematik eingegangen wurde. Dass die therapeutische Einschätzung so sehr von meiner abweicht könnte auch daran liegen, dass ich mich nicht immer klar genug ausgedrückt habe, und wegen Scheu nicht sämtliche Probleme und Eigenarten offen angesprochen habe.

Mir ist bewusst, dass man
1) sich nicht selbst diagnostizieren sollte
2) Foren kein Ort für eine fachgerechte Diagnose sind

Dennoch würde mich interessieren, inwieweit sich Menschen mit diagnostizierter schizoider Persönlichkeitsstörung in meinen Schilderungen wiederfinden können. Wenn jetzt von euch überwiegend das Feedback kommt, dass bei mir keine/kaum schizoide Züge vorliegen würde es meinen Verdacht erstmal zum Ruhen bringen. Wenn sich aber viele von euch in meinen Schilderungen wiederfinden, würde ich in der Therapie darauf pochen, diese Problematik intensiver zu untersuchen.

Ich werde hier einfach mal Erlebnisse und Eigenschaften aufzählen, die mich an eine SPS erinnern (und die, die von therapeutischer Seiten gegen eine SPS sprachen)

Würde mich über Rückmeldungen sehr freuen, vielen Danke :)

Also dann, zu mir :
Ich bin männlich, 26, Student.

Meine Mutter habe ich schon immer als latent feindselig wahrgenommen. Sie schien nicht in der Lage, Mitleid zu empfinden oder auszudrücken. Anstatt mich zu trösten, wenn ich mich verletzt hatte, schimpfte sie mit mir, weil ich zu unvorsichtig war. Ich habe mich nicht geliebt gefühlt, sondern nur als Störfaktor für meine Mutter wahrgenommen. Sie hatte (auch explizit geäußert) einen großen Hass auf ihren Vater, und erwähnte manchmal, dass ich im ähnlich bin. Ich hatte/habe das Gefühl, stellvertretend für ihn gehasst worden zu sein.

Bereits im Kindergarten wurde mir rückgemeldet, dass ich arrogant wirke und sonderbar bin. Ich habe zeitweise wenig Kontakt zu anderen Kindern gesucht und bin nur immer wieder den gleichen Weg auf dem Schulhof entlang gelaufen, in Träumereien an eine Fantasiewelt versunken. Ich war zeitweise in eine Clique im Kindergarten integriert, in der Hierarchie stand ich jedoch ganz unten.

In der Schule wurde wurde ich massiv gemobbed, hatte sehr schlechte Leistungen und musste zweimal eine Klasse wiederholen. Grund dafür scheint rückblickend zu sein, dass ich mich nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte und immer in Gedanken versunken war. Auch jetzt fällt es mir schwer, mich auf Dinge zu konzentrieren, die mich nicht interessieren.
Im Kontrast dazu habe ich das Abi nachher aber als einer der besten in meinem Jahrgang abgeschlossen.

In der Schule hatte ich wenig Freunde, meist waren diese Aussenseiter wie ich. Diese Freundschaften waren meisten asymetrisch, ich war der schwächere, unterlegene Part.
Ich hatte immer nur eine Freundschaft zu einem Jungen zur Zeit. Aber rückblickend habe ich nicht das Gefühl, dass ich mir mehr Freunde parallel gewünscht habe (so ich denn in der Zeit einen hatte). Ich habe/hatte eher den Wunsch nach einer einzigen, besonders intensiven Bindung an eine Person.

Um mein 16 Lebensjahr herum erkrankte meine Mutter an Schizophrenie. Anfangs hatte ich noch Mitleid mit ihr, als es zu schlimm wurde habe ich mich bewusst emotional von ihr abgeschottet.

Seitdem habe ich kein Mitleid mehr mit ihr empfunden. Meine Fähigkeit, Mitleid zu empfinden scheint beinahe nicht (mehr) vorhanden zu sein. Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren jemals Mitleid empfunden zu haben - und ich war in einer Klinik, habe also genug tragische Schicksale und Tränen miterlebt.

Zu meinem Vater habe ich ein schlechtes Verhältnis. Er hat mir indirekt das Gefühl gegeben, dass er von mir enttäuscht ist, weil ich ihm zu "dumm" bin(seine Wortwahl) und künstlerisch zu untalentiert.

Mit 16 entwickelte ich einen starken Wunsch nach Beziehungen zu Frauen (der bis jetzt aber nie erfüllt wurde).
Aus dieser Sehnsucht entstand sehr schnell ein bis heute anhaltender Suizidwunsch.

Vor ungefähr 4 Jahren ist mir aufgefallen, dass ich keine Freundschaft mehr zu anderen Männern wünsche und keine emotionale Bindung zu anderen Männern aufbaue. Meisten fühle ich mich während der Unterhaltungen mit anderen Männern vollkommen leer. Es besteht von mir aus keine Abneigung, aber auch nicht das geringste Interesse daran, Zeit mit ihnen zu verbringen. Die Unterhaltung mit anderen Männern interessieren mich nur, wenn sie ein hohes Niveau haben und für mich inhaltlich sehr ansprechend sind. Doch auch dann denke ich mir, dass ein guter Essay oder ein Forschungsbericht für mich die selbe Bedeutung hätten. Mich interessiert eigentlich nur der Inhalt, niemals der Gesprächspartner selbst.

Generell bin ich Small Talk abgeneigt, ich interessiere mich nur für tiefsinnige Gespräche.

Im Gegensatz dazu baue ich sehr schnell intensive emotionale Bindung an Frauen auf. Meist an attraktive Frauen in meinem Alter, mit denen ich mir eine Beziehung wünsche. Teilweise entwickle ich aber auch emotionale Bindungen zu viel älteren Frauen, bei denen kein partnerschaftliches Interesse vorliegt. Bindungen zu älteren Frauen sind für mich aber nie intensiv, und ihr Wegfallen kümmert mich nicht sehr.

Der Kontaktverlust zu Frauen, mit denen ich mir eine Beziehung wünsche, ist für mich jedoch sehr schmerzhaft und geht meist mit Suizidwünschen einher.

Ich habe keine emotionale Bindung an meine Familie, auch wenn ich ein gutes Verhältnis zu meinem Bruder habe.
Als letztes Jahr meine Mutter verstarb, war es für mich völlig bedeutungslos. Trauer habe ich keine Empfunden. Ich denke nicht, dass ich über den Tod irgendeines Familienmitglieds trauern würde.

Im Gegensatz dazu hat es für mich eine bis jetzt andauernde schwere Krise ausgelöst, als eine Frau, die ich gern mag und die nur 2 mal freundschaftlich mit mir ausgegangen ist, den Kontakt zu mir vor 2 Monaten abgebrochen hat. Es fällt mir generell sehr schwer, Frauen, an denen ich ein partnerschaftliches Interesse habe, loszulassen.

Andererseits möchte ich keine Küsse und keinen Sex. Habe beides probiert aber nie etwas dabei empfunden. Ich empfand es immer als "profan", im Gegensatz zu leichten Berührungen hatte es für mich nichts "magisches".

Stattdessen möchte ich mich Frauen Schmusen/Kuscheln, habe danach aber ein sehr starkes Verlangen.

Wenige Dinge machen mir Spaß. Eigentlich nur kreativ/künstlerisch arbeiten und der Kontakt zu Frauen.
Tatsächlich erlebe ich außerhalb dieser Tätigkeiten wenig Momente, in denen es mir nicht schlecht geht, in denen ich nicht von dumpfen Schmerzen bedrückt werde.

Ich verstehe soziale Normen nicht, immer wieder wieder berichten mir andere davon, dass ich bestimmte Normen missachtet habe, ohne es zu wissen.

Mir wurde von therapeutischer Seite immer rückgemeldet, dass ich emotional ausdruckslos bin. Vor kurzem habe ich mich dafür entschieden, daher gezielt mehr Mimik zu zeigen. Meine damalige Therapeutin stellte dann von eine Woche auf die nächste eine völlige Veränderung fest, fand mich viel offener. Mein neuer Therapeut danach konnte dann gar nicht nachvollziehen, wieso ich jemals als "emotional ausdruckslos" eingestuft wurde. Für mich ist diese Mimik aber künstlich, sie kommt nicht von alleine, und ich empfinde es als Schauspiel.

Ich werde immer wieder als arrogant eingestuft, obwohl ich seit meiner Gymnasialzeit ein sehr geringes Selbstbewusstsein und starken Selbsthass entwickelt habe.

Ich kann Geräusche sehr schlecht ignorieren, bei Hintergrundgeräuschen oder auch nur bei mehreren Gesprächen gleichzeitig fühle ich mich schnell überreizt. Auch bei Geräuschkulissen, die für andere kein Problem darstellen, ergreife ich schnell die Flucht.

Ich schätze mein Denken als differenzierter und tiefer ein als das meiner meisten Mitmenschen, obwohl ich nach eigener Einschätzung eine durchschnittliche bis leicht unterdurchschnittliche Intelligenz besitze. Viele Menschen halten mich aber auch für hochbegabt. Ich vermute aber, dass dieser Eindruck fälschlicherweise entsteht, da ich mich sprachlich präzise ausdrücke, und differenziert, wenn auch eher langsam denke. Habe keinen Intelligenztest gemacht, kann es also letzlich nicht beurteilen.

Ich lasse in mein Denken selten Gefühle eingehen, es ist sehr rational. Ich werde auch öfters "Kopfmensch" genannt.

Mir scheint generell, dass ich weniger Gefühle empfinde als andere Menschen.

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Re: Bin ich schizoid?

Beitragvon Schattentanz » 26. April 2014, 21:38

Hallo Huitzlipochtli,

herzlich willkommen im Forum. :glück: Vielleicht hilft es dir zusätzlich bei der Selbsteinschätzung, wenn du dich hier etwas umschaust.
Edit: Ah du bist ja schon eine Weile hier.

[mod="Schattentanz"]Da der Vorstellungsbereich nur für eine kurze Vorstellung gedacht ist und nach einiger Zeit gesperrt wird, habe ich eine Kopie deines Beitrages in dem Unterforum Therapie erstellt.

@all: Antworten zu den gestellten Fragen bzw. alles, was vom Umfang deutlich über eine Begrüßung hinausgeht bitte dort posten.[/mod]
Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke.

Huitzlipochtli

Re: Bin ich schizoid?

Beitragvon Huitzlipochtli » 26. April 2014, 22:47

ok ich wusste nicht, in welchen bereich das gehört.

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Re: Bin ich schizoid?

Beitragvon Schattentanz » 27. April 2014, 15:45

Kein Problem. [;)]
Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke.

Suchende
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Re: Bin ich schizoid?

Beitragvon Suchende » 10. Mai 2014, 16:48

Hallo Huitzlipochtli,

noch nachträglich herzlich willkommen auch von mir :Ballon: .

Die gleiche Fragestellung, wie du sie hast, hatte mich auch hierher geführt.

Lg Suchende

Zweistein

Re: Bin ich schizoid?

Beitragvon Zweistein » 13. Mai 2014, 01:52

Bin gerade hier aufgeschlagen, bin garantiert nicht schizoid, verhalte mich aber als überzeugter Misanthrop so
(wegen unzähliger Erfahrungen mit Mitmenschen).

@ Huitzlipochtli

Auch ich konnte keine Trauer beim Tod meines Vaters, meiner Mutter empfinden, sie hatten mein Gefühl an
Anteilnahme aufgebraucht, weil sie mich ständig negativ bewerteten. Man glaubte den Nachbarn mehr als dem eigenen Kind. Ich schätze, dass dein Problem im Vertrauen (Urvertrauen) zu suchen ist, deshalb kann die klassische Psychiatrie dich nicht korrekt einschätzen.

Auch ich beziehe mich zunächst auch auf intellektuelle Eigenschaften meines Gegenübers, bevor daraus mehr werden könnte.
Negativbeispiele hatte ich genug und verzichte in meinem Alter zunächst auf sexuelle Betätigung (wer fickt schon wen, den er nicht kennt), obwohl bei mir das Bedürfnis danach besteht. Ich denke, dass wir beiden da auf unser Bauchgefühl hören. Du wegen Pre-, ich wegen Posterfahrungen.
Und das ist das Problem der klassischen Psychiatrie, die Selbsterfahrung. Klar, keine Eigendiagnose, keine Foren.
Ich habe mir Eigendiagnose und Foren ganz tolle Erfahrungen gemacht. Ich kenne mich und muss nicht jedem glauben.


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