Hi, ich bin Stanislav

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PoorYorick
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Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon PoorYorick » 23. März 2019, 11:44

Hallo,
ich bin Stanislav, 20, männlich und bin ziemlich sicher, dass ich SPS habe, könnte mich aber irren. Vor ca. 2 Jahren war eigentlich alles noch ganz gut. Ich hatte gute Noten in der Schule; Freunde, die mich unterstützten; breites Feld von Interessen (Gaming, Filme, Bücher, Musik). Dennoch war ich die meiste Zeit alleine und habe mich auch nie einsam gefühlt. Sehr gerne bin ich immer durchs Land Fahrrad gefahren und habe Hörbücher, oder Podcasts gehört. Hatte seit einigen Jahren einen Tinnitus (der sich ohne Grund entwickelt zu haben scheint, Gehör ist sehr gut), habe aber gut gelernt damit umzugehen und den zu ignorieren. Ich war schon lange relativ unemotional/rational, aber zufrieden.

Vor zwei Jahren habe ich auf meiner 18. Geburtstagsfeier einmal gekifft und hatte eine Panikattacke. Einige Tage später merkte ich dann, wie ich ständig darüber nachdachte, dass etwas nicht stimmte und nicht damit aufhören konnte. Ich fühlte mich falsch in der Welt und war nicht mehr so richtig im Moment. Alles schien auf einmal so verwirrend und kompliziert, die mentale Klarheit war hin. Einige Tage darauf schienen plötzlich auch Lichter sehr grell zu sein und ich meinte eine Art "Tunnelblick" entwickelt zu haben. Das war der Beginn meiner Depersonalisation, die ich bis heute auch nicht los bin. Hauptsymptome sind extremes selbstreflektives Grübeln, sich nicht im Moment fühlen, Freud- und Interessenlosigkeit und auch ein verwirrter Blick in meine Zukunft, bzw. fehlende Ambitionen. Symptome, die mich extrem belasten und mir meine Lebensfreude genommen haben. Ich war schon beim Neurologen, beim Augenarzt, beim Hausarzt. Keiner konnte etwas außergewöhnliches Feststellen. Seit fast zwei Jahren mache ich auch Verhaltenstherapie, aber ich hab das Gefühl wir kommen kaum weiter. Einige Male habe ich dort geweint, sonst kann ich das eigentlich nicht.

Also, falls das noch nicht zu sehr nach SPS klingt, der Part kommt jetzt: Vor ca. einer Woche bin ich auf das Störungsbild SPS gestoßen und bin erstmal in Panik ausgebrochen. Es traf alles so genau auf mich zu: Wenige Tätigkeiten bereiten Freude, emotionale Kühle, flache Affektivität, reduzierte Fähigkeit wärme, zärtliche Gefühle für andere oder Ärger auszudrücken, (fast) Gleichgültigkeit gegenüber Lob und Kritik, Wenig Interesse an sexuellen Erfahrungen (nicht asexuell, explizit wenig Interesse an sexuellen Erfahrungen mit anderen Menschen). Ich habe zwei-drei enge Freunde und auch andere nicht so enge, mit denen ich trotzdem was unternehme. Ich glaube nicht, dass ich je Liebe empfunden habe. Die Vorstellung arbeiten zu müssen strengt mich an, weil ich immer so viel vortäuschen muss und das anstrengend ist.

Danach bin ich ziemlich in Panik verfallen, weil die Leute auf dem /r/Schizoid Subreddit so pessimistisch waren alle und die Idee, dass ich nie wieder Freude am Leben finden könnte, hat mir Angst gemacht. Ich weiß aber auch, dass eine Persönlichkeitsstörung nicht einfach so entsteht und auch schon in früheren Jahren. Das Problem ist: Ich kann mich, wegen der Depersonalisation, sehr schlecht daran erinnern, wie es war ich zu sein. Ich erinnere mich immer nur an die selben Szenen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ich auch früher so kalt war. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich auch früher kaum Interesse an einer Beziehung gehabt habe. Ich weiß nicht, ob ich je meine Eltern geliebt habe, auch wenn sie mich zweifelsohne lieben und geliebt haben. Das ist auch der Knackpunkt. Es kann doch eigentlich nicht sein, dass ich eine Persönlichkeitsstörung entwickle, wenn meine Kindheit relativ unaufgeregt war und meine Eltern mich sehr lieben, oder? Ich kenne auch keine Fälle von psychischen Störungen in meiner Familie. Das einzige, was mir einfallen würde ist, dass es an den Umzügen liegt und daran, dass ich im Kindergarten noch kein deutsch konnte und es schwer hatte mir anderen zu Kommunizieren. (Ich bin in der Ukraine geboren) Ich war viel in meiner Kindheit auf mich alleine gestellt, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich in besonderem Maße isoliert war. Ich war sehr viel am PC und es hat mich auch fasziniert. An sich, habe ich aber auch kein Kindheitstrauma und nicht wenige Freunde gehabt. Ich frage mich aber trotzdem, inwieweit ich früher schon geschauspielert habe um rein zu passen. Ich kann mich eigentlich nicht daran erinnern, dass ich früher alles nur gespielt habe, oder doch? Ich war eigentlich gerne unter Leute, auch wenn ich schüchtern war. Jetzt eigentlich nicht mehr.

Hier ist nämlich das Problem. Ich weiß es nicht mehr genau. Könnte das alles auch ein Symptom von Depersonalisation + Depression sein? Ja, aber der Punkt, der mich am meisten beschäftigt, ist die Abwesenheit von großen Gefühlen, auch früher schon. Insbesondere von Liebe. Mein größtes Problem gerade ist natürlich die Depersonalisation und die (eventuell davon zu unterscheidende) Anhedonie. Ich finde an eigentlich nichts mehr Freude. Ich habe früher hunderte bis tausende von Stunden in Videospiele versenkt. Heute, kein Interesse. Habe früher gelesen, Hörbücher gehört, bin Rad gefahren. Heute, kein Interesse. Selbst Horrorfilme gruseln mich nicht mehr, weil ich Filme nicht mehr gucken kann, ohne ständig mein Fehlen von emotionaler Reaktion, oder Interesse an der Geschichte zu analysieren und festzustellen. Jeden Tag denke ich nur daran, was mit mir falsch ist und analysiere mich selbst und ich hab das Gefühl ich kann nicht mit meinem Leben weitermachen, wenn ich nicht wieder so bin, wie früher.

Aktuell studiere ich Mathematik an der Uni, weil mich das früher sehr interessiert hat. Mittlerweile bin ich am Anfang des vierten Semesters und muss mich, mehr oder weniger, durchquälen. Nicht, weil mich der Stoff insbesondere nicht interessiert sondern, weil ich generell eine Krise habe, was den Sinn meines Lebens und meine Zukunft angeht. Wenn ich in meine Zukunft blicke (metaphorisch, weil ich Aphantasie habe), sehe ich nichts. Ich habe keine Zukunftswünsche, außer wieder Freude am Leben haben zu können. Ich möchte nicht auf der Straße landen, weil ich mir selbst nicht wichtig genug bin.

Meine Eltern tun mir auch ein wenig Leid, aber nur theoretisch, weil ich wie schon beschrieben, kaum Gefühle wahrnehme. Sie geben sich so viel Mühe, aber ich kann das, was sie mir geben einfach nicht zurückgeben.

Ich habe einen Termin mit meiner Therapeutin am Montag, wo ich das Thema ansprechen werde, weil ich endlich Gewissheit brauche. Ich weiß also nicht, ob ich SPS habe (woher soll es kommen??! klingt es für euch nach SPS?), oder größtenteils Depersonalisation für die Symptome verantwortlich ist. Falls ihr irgendeine Meinung zu meinem langen und wirren Text habt, gerne her damit und ich entschuldige mich schonmal für die miese Grammatik.

Ansonsten interessiere ich mich (oder versuche es zumindest) für Filme, Literatur und Musik. Filme gerade besonders.
Lieblingsfilme: Mulholland Drive von David Lynch, Der Spiegel von Andrei Tarkowski, Love Exposure von Sion Sono und Chungking Express von Wong Kar-Wai um nur einige zu nennen.

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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon Indigocat » 23. März 2019, 21:15

PoorYorick hat geschrieben:Ich habe einen Termin mit meiner Therapeutin am Montag, wo ich das Thema ansprechen werde, weil ich endlich Gewissheit brauche. Ich weiß also nicht, ob ich SPS habe (woher soll es kommen??! klingt es für euch nach SPS?), oder größtenteils Depersonalisation für die Symptome verantwortlich ist.
Hallo PoorYorick, hast du denn schon einmal einen umfassenden Persönlichkeitstest gemacht? Wenn nicht, bitte mal deine Therapeutin oder andere, mit dir einen durchzuführen, am besten vielleicht in einer Klinik oder Tagesklinik, die haben da andere Möglichkeiten als niedergelassene Therapeuten.

Ansonsten würde mich stutzig machen, dass die Symptome erst nach dem Haschisch-Konsum aufgetreten sind und du früher eher normal warst. Eventuell wurde durch die Drogen irgendein Schalter umgelegt? Schizoide haben oft extremes Mobbing in Kindereinrichtungen und Schule erlebt, das scheint ja bei dir auch nicht der Fall gewesen zu sein. Die Tatsache, aus einem anderen Land zu kommen und viele Umzüge durchgemacht zu haben, kann Krankheits-begünstigend wirken. Auch die Familienstrukturen in den GUS-Staaten begünstigen Persönlichkeitsstörungen wie Narzissmus und damit auch in Einzelfällen Schizoidie.

Außerdem schreibst du, dass deine Eltern dich immer geliebt haben. Kannst du das näher beschreiben, waren sie immer verständnisvoll und situationsangemessen oder auch manchmal erdrückend, übergriffig oder haben dich in wichtigen Momenten im Stich gelassen?
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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon Kalliope » 24. März 2019, 07:58

Hi Stanislav,

herzlich willkommen.

Mir kamen zwei Gedanken/Assoziationen.
Auch ich bin erstmal über das von Dir beschriebene Kiff-Erlebnis gestolpert. Du beschreibst es so, als wäre es ein Initiator, vielleicht auch nur ein Trigger oder Katalysator für Deinen jetzigen "Zustand".
Da kam mir dieser Artikel in den Kopf, den ich jüngst las:
https://www.spektrum.de/news/wird-kiffe ... er/1615912

Dass die Kifferei Psychosen auslösen kann, ist ja hinlänglich bekannt.
Frage ist: wie stark hat Dich dieses Erlebnis "beeindruckt"?

Meine zweite Assoziation geht in die Richtung, dass ich mich frage, ob ein Teil Deines jetzigen Zustandes auch etwas damit zu tun hat, dass Du Dich evt. da in etwas hineinsteigerst. (Vielleicht z.B. aus der Angst heraus, dass das schiefgelaufene Kiffdingens nachhaltigen Schaden verursacht haben könnte. Btw: hast Du danach noch mal konsumiert? Falls ja, wie ging es Dir da?)
Sorry, falls ich damit komplett schief liege, es war, wie gesagt, nur eine Assoziation.

Ansonsten klingt das halt ziemlich nach Lebenskrise. Kann man auch gut mit 20 haben. Depressionen können auch eine Anhedonie verursachen, das muss jetzt nicht zwangsläufig was mit SPS zu tun haben.

Ich selber hab hier auch einige Überschneidungen, ganz sicher aber keine SPS.

Ich wünsche Dir alles Gute und viele interessante Erkenntnisse beim hier Herumstöbern.
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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon PoorYorick » 24. März 2019, 13:19

Hallo und danke für die Antworten erstmal. Ich gehe mal auf beide gleichzeitig ein.

Ich bin in Psychotherapie, habe aber noch keinen umfassenden Persönlichkeitstest gemacht, weil wir Persönlichkeitsstörungen bisher noch nicht in Betracht gezogen haben. Werde ich demnächst aber wohl machen.

Ich habe kein Mobbing erfahren und meine Eltern sind auch nicht narzisstisch veranlagt. Trotzdem hatte ich schon immer ziemlich wenig Interesse an Menschen und an Erfahrungen mit anderen Menschen, was soweit ich weiß so das Hauptding bei SPS ist. Auch vor der Panikattacke war ich nie verliebt und habe mich nie einsam gefühlt. Außerdem lüge ich oft bei Kleinigkeiten, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ich weiß es ist nicht gut, und ich versuche aktiv dagegen anzukämpfen, aber es fällt mir nunmal sehr leicht. Vielleicht eine schlechte Gewohnheit.

Meine Eltern waren meist verständnisvoll, aber haben dadurch, dass sie den Großteil ihres Lebens in der Ukraine gelebt haben einfach eine andere Mentalität. Zum Beispiel konnte ich mich bis vor ein Paar Wochen nicht als schwul outen, weil ich wusste, dass sie nicht gut drauf reagieren werden, was sie auch nicht getan haben. Mittlerweile ist die Situation ein wenig besser und mein Bruder stand auch schon immer auf meiner Seite dabei. Erdrückend, übergriffig würde ich nicht sagen. Im Gegensatz zu meinem Bruder haben sie bei mir oft nach dem Laissez-faire Prinzip entschieden. Ich hatte nie eine starke Bindung zu ihnen, wobei ich mir da nicht ganz sicher bin. Vielleicht wirkt es auch nur jetzt so.

Mit dem Haschisch-Konsum haben nur die DPDR Symptome angefangen (und mit der Zeit wahrscheinlich eine Art Depression dazugekommen, weil DPDR auf Dauer schon die Hölle ist). Ich möchte nicht sagen, dass Kiffen SPS auslösen kann, das wäre Quatsch, aber es scheint echt irgendeinen Schalter umgelegt zu haben. Meine Theorie ist, es könnte sein, dass ich immer leicht Schizoid war, aber die Kiff-Panikattacke mich einfach noch weiter dissoziieren lassen hat. Dissoziation ist ja, so wie SPS, ein Schutzmechanismus. In dem Moment, wo ich gekifft hatte, dachte ich wirklich ich würde sterben. Vielleicht hat sich mein Gehirn einfach gedacht: Boot in safe mode.

Eine Psychose scheine ich nicht zu haben, das haben wir ausdrücklich getestet. Positive Symptome fehlen da komplett.

Nach dem einen Mal habe ich nicht mehr konsumiert. Das scheint sehr gefährlich für mich persönlich.

Es kann auch durchaus sein, dass ich mich schon hineinsteigere. Anxiety und DPDR gehen ja bekanntlich Hand in Hand. Zumindest wüsste ich nicht, wieso ich SPS haben sollte, außer dass ich ein sensibles Kind war und oft auf mich allein gestellt war, was ich aber nie als besonders fordernd oder schlimm wahrgenommen habe.

Es ist einfach dieses fehlen von Interesse an Menschen und an allem anderen auch gerade, was mir Sorgen bereitet.

Darf ich fragen, welche Überschneidungen du hast @Kalliope und wieso du SPS bei dir ausschließen kannst?

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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon Kalliope » 24. März 2019, 16:02

Hallo Stanislav,

Stanislav hat geschrieben:Meine Theorie ist, es könnte sein, dass ich immer leicht Schizoid war, aber die Kiff-Panikattacke mich einfach noch weiter dissoziieren lassen hat. Dissoziation ist ja, so wie SPS, ein Schutzmechanismus.

Klar, denkbar. Aber "nur Dissoziation" macht auch noch keine SPS.

Aber ist schon so fühlbar, dass Dich das Erlebnis nachhaltig beeindruckt hat, bzw. ggf. auch "geschädigt".

Stanislav hat geschrieben:welche Überschneidungen du hast @Kalliope und wieso du SPS bei dir ausschließen kannst?

Zum Beispiel lebe ich sehr zurückgezogen, mehr, als mancher hier mit SPS-Diagnose. Dann habe ich so eine Art "Gruppenaversion" (es ist keine direkt "Phobie", da ich nicht direkt Angst habe, aber sämtliche "gesellschaftlichen Anlässe" hochgradig nervig finde. Und, für mich, auch nutzlos.). Ob die hohe Sensitivität und Sensiblität auch eine Überschneidung darstellt, weiß ich nicht so ganz, aber hier finden sich Einige, die da auch ähnlich gelagert sind. Dann mein Analysier- und Reflektionsfetisch ;D.

Weshalb ich es ausschließen kann? Erstens sagen mir das diverse Fachmenschen, und zwar welche, mit denen ich befreundet bin und auch solche, denen ich aus anderen Gründen (andere Erkrankung) auf deren fachlicher/beruflicher Ebene begegnet bin. Da bin ich also gut durchbegutachtet.
Aus ganz persönlicher Sicht aber kann ich es auch bereits am Knackpunkt "Gefühle" ausmachen: ich fühle, die Klaviatur und sämtliche Graustufen und kann diese auch orten und benennen.

Hilft Dir da irgendwas evt. weiter?
Ich denke aber auch, dass Du das dann ggf. mit einem Therapeuten (m/w/x) besprichst und untersuchst.
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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon orinoco » 24. März 2019, 16:45

Hallo Stanislav,

aus deiner Erwähnung des Umzug aus der Ukraine nach Deutschland und die Erfahrung des als Kind auf sich alleine gestellt Seins, würde ich doch noch mal in Richtung frühkindliche Traumatisierung nachforschen, auch wenn es da keine direkte Erinnerung gibt bzw. geben kann. Das "sitting duck" Alter zwischen 1½ und 3 Jahren ist besonders kritisch, denn da hat man kaum bis keine direkte Erinnerung daran, ist aber hochgradig empfindlich für die Traumatisierung durch Dinge die für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene banal und harmlos sind, wie z.B. ein Umzug, Mutter geht wieder arbeiten, Mutterroutine bei Nachgeborenen, unbewußte Diskriminierung durch Eltern, physische oder emotionale Abwesenheit der Mutter oder eben mit (Sprach-)Problemen alleine gelassen zu werden.
Verständnis ist für den Traumatisierten, was die niedrige Bordsteinkante für den Rollstuhlfahrer.
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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon PoorYorick » 24. März 2019, 17:09

aus deiner Erwähnung des Umzug aus der Ukraine nach Deutschland und die Erfahrung des als Kind auf sich alleine gestellt Seins, würde ich doch noch mal in Richtung frühkindliche Traumatisierung nachforschen, auch wenn es da keine direkte Erinnerung gibt bzw. geben kann. Das "sitting duck" Alter zwischen 1½ und 3 Jahren ist besonders kritisch, denn da hat man kaum bis keine direkte Erinnerung daran, ist aber hochgradig empfindlich für die Traumatisierung durch Dinge die für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene banal und harmlos sind, wie z.B. ein Umzug, Mutter geht wieder arbeiten, Mutterroutine bei Nachgeborenen, unbewußte Diskriminierung durch Eltern, physische oder emotionale Abwesenheit der Mutter oder eben mit (Sprach-)Problemen alleine gelassen zu werden.


Das kann schon sein, aber wie sollte ich da vorgehen? Daran ließe sich ja eh nichts mehr ändern und da ich keine Erinnerungen an die Zeit habe, weiß ich selbst auch nicht, ob mich etwas davon besonders negativ getroffen hat...

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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon orinoco » 25. März 2019, 10:53

PoorYorick hat geschrieben:
aus deiner Erwähnung des Umzug aus der Ukraine nach Deutschland und die Erfahrung des als Kind auf sich alleine gestellt Seins, würde ich doch noch mal in Richtung frühkindliche Traumatisierung nachforschen, auch wenn es da keine direkte Erinnerung gibt bzw. geben kann. Das "sitting duck" Alter zwischen 1½ und 3 Jahren ist besonders kritisch, denn da hat man kaum bis keine direkte Erinnerung daran, ist aber hochgradig empfindlich für die Traumatisierung durch Dinge die für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene banal und harmlos sind, wie z.B. ein Umzug, Mutter geht wieder arbeiten, Mutterroutine bei Nachgeborenen, unbewußte Diskriminierung durch Eltern, physische oder emotionale Abwesenheit der Mutter oder eben mit (Sprach-)Problemen alleine gelassen zu werden.


Das kann schon sein, aber wie sollte ich da vorgehen? Daran ließe sich ja eh nichts mehr ändern und da ich keine Erinnerungen an die Zeit habe, weiß ich selbst auch nicht, ob mich etwas davon besonders negativ getroffen hat...


Sicher, ändern lässt sich daran nichts mehr. Aber es würde die Indizienlage hinsichtlich einer PS verbessern. Eine gute Erklärung warum man so ist wie man ist, kann schon viel helfen.
Was das Vorgehen betrifft, ist man für diese Zeit meist auf erwachsene Augenzeugen angewiesen. In erster Linie sind das die Eltern, ältere Geschwister oder auch Großeltern und Verwandte, die man fragen kann, was denn im fraglichen Zeitfenster los war. Gezielt nach eben so scheinbar harmlosen Dingen fragen, wie eben Umzug, Berufstätigkeit/Krankheit der Mutter o.ä. Ist eben Detektivarbeit.
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Re: Hi, ich bin Stanislav

Beitragvon Indigocat » 26. März 2019, 10:59

PoorYorick hat geschrieben:Meine Eltern waren meist verständnisvoll, aber haben dadurch, dass sie den Großteil ihres Lebens in der Ukraine gelebt haben einfach eine andere Mentalität. Zum Beispiel konnte ich mich bis vor ein Paar Wochen nicht als schwul outen, weil ich wusste, dass sie nicht gut drauf reagieren werden, was sie auch nicht getan haben.
Das ist natürlich sehr schade, dass deine Eltern da kein Verständnis gezeigt haben. Die Situation von Homosexuellen ist ja in der Ukraine sehr schwierig bis lebensgefährlich. Ich denke aber, hier in Deutschland in einer Großstadt wirst du damit weniger Probleme haben.

Wie ist denn das Verhältnis deiner Eltern untereinander nach modernen Maßstäben? Ist es eher so eine Vernunftehe, wo Frau sich unterordnet, oder ist es eine gleichberechtigte, liebevolle Beziehung?
... (und mit der Zeit wahrscheinlich eine Art Depression dazugekommen, weil DPDR auf Dauer schon die Hölle ist).
….
Es ist einfach dieses fehlen von Interesse an Menschen und an allem anderen auch gerade, was mir Sorgen bereitet.
Das fehlende Interesse (aktuell) könnte durchaus ein Symptom der Depression sein. Sollte es tatsächlich schon vorher bestanden haben (klingt aber nicht danach), könntest du auch mal auf Autismus testen lassen, zumindest einer sehr leichten Form davon....
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