Mino301 hat geschrieben:Naja, ich empfinde es ja auch nicht gleich als Schuld. Wenn ich die Menschen wegtrete, ist es mir auch völlig egal, was ich da anrichte. Im Gegenteil, ich will ja, dass sie gehen und kann dann endlich wieder atmen, wenn sie weg sind.
Dass es mir jetzt leid tut, kam nach Jahren. Die längste Beziehung, für deren Ende ich mich entschuldigen möchte, liegt 26 Jahre zurück, die Kürzeste vier Jahre.
Mir ist durchaus nach längerer Zeit bewusst, dass ich daran mit meinem Verhalten Schuld bin. Teilweise war da so viel Kampf von der anderen Seite und eben das ist mir mittlerweile bewusst geworden, dass diese Menschen ja nicht ohne Grund gekämpft haben und ich ihnen mit meinem Verhalten richtig weh getan haben muss. Und das kann ich mittlerweile nachfühlen. Diese Trauer, dieses Unverständnis, dieses Aus-allen-Wolken-fallen, diese Ohnmacht, die sie empfunden haben müssen. Und eben das tut mir so richtig leid und ich würde bei jedem Einzelnen gern die Zeit zurückdrehen und anders handeln, damit sie nicht so leiden müssen.
Ich möchte, dass sie verstehen können, dass ich innerhalb der Situationen nicht anders handeln konnte. Wenn es ein Dialog wird (wovon ich während eines Gespräches absolut ausgehe), möchte ich auch ihre Sicht der Dinge wissen und versuchen zu verstehen.
Ja, natürlich möchte ich daraus auch für die Zukunft lernen, möchte versuchen anders handeln zu können, überhaupt eine Wahl zu haben anders zu handeln. Damit ich diese Wahl habe, muss ich alles bis ins Kleinste verstehen und daran arbeiten. Deshalb jetzt auch der erneute Therapiewunsch, weil ich halt merke, dass ich ausschliesslich mit Erkenntnissen allein nicht viel weiter komme. Da müssen wohl mal Anstösse von aussen her, neue Sichtweisen, Bestätigungen und auch Fehlermeldungen.
Also die Ohnmacht ist das eigentlich schlimme. Weil in dem Moment, wenn sich ein Mensch hilflos fühlt, kann das eben traumatisierend sein. Sicher nicht bei allen Menschen, aber insbesondere sehe ich da eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, wenn Menschen selbst schon vor traumatisiert sind. Und da ist eben die Wahrscheinlichkeit höher dass das ein Partner eines Schizoiden ist, weil ein völlig gesunder Partner in der Regel schon mal rein intuitiv keine Beziehung mit einem Bindungsgestörten eingeht.
Das was mich jetzt noch plagt 1,5 Jahre nach der Trennung sind keine Trennungsschmerzen, sondern Traumafolgen. Ich weiß nicht ob das noch so wäre, wenn man freundschaftlich verbunden geblieben wäre und eben nach einer gewissen Abstandszeit zusammen aufgearbeitet hätte, was da verkehrt gelaufen ist (ohne die Absicht auf ein Ex Back). Aber das hatte mein Ex ja genauso abgelehnt, wie eine Therapie, oder Paartherapie um die Trennung zu verhindern. Weil wie hier in dem Strang schon erwähnt wurde, Schizoide sehen für sich oft die Notwendigkeit nicht, da sie selbst nicht leiden und wohl nicht sehen (wollen?), dass es die anderen tun. Eventuell spielt da ja auch Scham eine Rolle, oder eben schlicht Desinteresse.
Was so lange Zeiträume angeht... ich habe die Erfahrung gemacht, dass Zeit relativ ist. Mir ist es schon passiert, dass ich jemanden zu dem ich rund 20 Jahre keinen Kontakt hatte, wieder gesehen habe. Der hat sich aber nicht entschuldigt, sondern das Treffen war erst mal ganz nett. In Folge des Treffens sind bei mir im Nachgang aber verdrängte Erinnerungen hochgekommen, die bei mir die ganze Zeit unbearbeitet geblieben sind. Was dann folgte waren sechs ganz harte Wochen, aber danach hatte ich das verarbeitet. Und das was da nicht verarbeitet gewesen ist, hat mich im Untergrund all die Jahre im Leben blockiert. Ich habe zwei Jahrzehnte Erinnerungen abgespalten. Du siehst also... Zeit ist kein Argument. Was ist schon Zeit?
Und dass ich es 11 Monate mit dem Ex ausgehalten habe, lag eben an meiner Fähigkeit negative Dinge abzuspalten. Ich habe immer wieder in Mails (und natürlich auch persönlich) die Dinge angesprochen, aber war dem doch hilflos gegenüber, weil es änderte ja nichts. Und wenn ich diese alten Mails manchmal wieder hervor krame und lese, kann ich mir gar nicht erklären weshalb ich nicht viel früher Schluss gemacht habe. Aber das sind dann auch Inhalte, welche ich ganz schnell im Bewusstsein abgespalten habe. Und dann lese ich das und es kommt mir wieder ins Bewusstsein. Also wenn ich mal wieder für einen Moment das Gefühl bekomme ich vermisse den Ex, muss ich nur seinen Ordner im Emailaccount öffnen und beliebig reinklicken. Man wird da trotz bestimmt 2000 Emails schnell fündig. Nach liebevollem zu suchen... oyyyy, da müsste ich viel Zeit zum Suchen investieren.
Also schriftliche Dinge sind gar nicht soooo schlecht. Weil im Gegensatz zu einem persönlichen Gespräch kann man sie immer wieder ansehen. Das war auch sehr hilfreich in den letzten zwei Beziehungsmonaten. Weil um mich von sich zu stoßen, hat er ja oft Blame Shifting benutzt. Also er machte A und ich reagierte mit B und er warf mir vor er hätte A nur gemacht, weil ich B gemacht habe. Da wird man total blöde im Kopf wenn man ständig Gaslightning ausgesetzt ist. Und wenn man dann an seinem eigenen Verstand beginnt zu zweifeln, hat man immer noch die Mails. Das waren am Ende dann nicht mehr Mails zwischen uns (weil wir ja dann zusammen lebten), sondern meine Berichte der Vorkommnisse an Freundin und Schwester.
Du weißt ja nie genau was in den Exen so vor sich geht, was dann eine Entschuldigung bringt, oder eben nicht bringt. Aber schaden tut sie jedenfalls nicht. Und letztlich ist es ja auch für dich selbst gut. Ich sehe alles was eine Entschuldigung potentiell zur Folge haben durchweg als positiv. Also wenn du jetzt nicht gerade her gehst und noch weitere schlimme Dinge beichtest, wovon sie bislang gar nichts wusste und zusätzlich belastest. Also so z. B.: Ach übrigens ich bin ständig zweigleisig gefahren als wir zusammen waren und das lastet mir jetzt noch auf der Seele und ich wollte das jetzt unbedingt mit dir noch teilen. Daaaas wäre eher nicht so gut.