Das kann man natürlich so sehen.bahnhof hat geschrieben:Eine SPS ist keine Eigenart wie jede andere auch und das Unbehagen in geselligen sozialen Kontaktensie ist sehr wohl ein Defekt. Darum heißt es ja auch 'Störung' und ich gäbe alles dafür, sie nicht zu haben. Dieses vermeintliche Selbstbewusstsein der Leute hier ist nichts anderes als Verleugnung und Verdrängung. In Wahrheit sind wir alle ganze kleine arme Würste, die schweinisch leiden. Aber wir lassen uns das natürlich nicht anmerken. Im Gegenteil, wir verklären unsere Lebensweise noch als Philosophie.
Ich für mich persönlich möchte das aber nicht, denn was hätte ich davon? Das ist die Sache mit dem halb vollen und halb leeren Glas.
Auch vor der Diagnose hatte ich die "Störung" ja schon und habe die Nachteile immer gespürt und gesehen; das Etikett selbst hat schließlich nichts an mir geändert. Außer, dass ich jetzt doch irgendwo dazugehöre und sehe, dass es noch mehr Leute gibt wie mich. Ist doch eine ganz angenehme Erkenntnis?
Na ja, und sich auf einem "Leiden" auszuruhen ist einfach nicht meins. Wunde desinfizieren und verbinden, zack, weiter. Immer mal nachschauen, dass sich aus ihr keine zu negativen Folgen ergeben ...
"Verleugnung und Verdrängung" - hmm, nein. Ich setze mich sehr intensiv damit auseinander, sehe dadurch mittlerweile die wohl unveränderlichen Beschränkungen in meiner Person, aber auch andere Horizonte. Es ist ja nicht alles nur SPS! Ein (großer) Teil von mir, aber "ich" bin (hoffentlich) doch etwas mehr.
Damit leben muss man so oder so, aber Verbesserungen sind möglich und die ergeben sich m. E. nicht zuletzt durch eine "positive" Haltung. (Klingt jetzt bißchen wie so Chakka-Motivationstraining, war nicht meine Absicht. Ich hab nur immer wieder diese Erfahrung gemacht.)
Ein Beispiel:
Ich bin ja seit mittlerweile 2 Jahren nochmal in einer 3-jährigen Berufsausbildung mit etwa 60 % Praxiseinsatz (Arbeiten) und 40 % Schul-Blockunterricht. Schwierig für mich sind besonders die Schulblöcke, vor allem, da die (durchaus nette) Gruppe auszuhalten.
Da wechseln sich Phasen absoluten Rückzugs (wo ich um meine Ich-Grenzen kämpfe und das Gefühl habe, fast zu zerbrechen) mit welchen "neutraler Offenheit" ab; an sehr guten Tagen sogar welche mit fast "normalem", aufgeschlossenem Verhalten. Am Ende eines solchen 3-4-wöchigen Blocks bin ich jedes Mal - obwohl ich ihn nur gerade so überstanden habe - traurig, dass ich in den folgenden Wochen/Monaten nun erstmal nicht mehr in dieser Gruppe bin. (Bißchen merkwürdig, ist mir schon klar. )
Aber jedenfalls haben die Anderen von Anfang an wahrgenommen, dass ich "komisch" und anders, aber irgendwie interessant bin. Ich habe mittlerweile auch einigen gesagt, dass ich "ein Problem mit Gruppen habe" und es nicht gegen die Klasse als solche gerichtet ist. (Von schizoid habe ich nichts gesagt, da die Leute da, wie ich an anderer Stelle erfahren musste, gleich an "fast so was wie schizophren - Vorsicht!" denken.)
Das wird verstanden, der Rückzug wird akzeptiert und ich werde dann wohlwollend in Ruhe gelassen. Ich werde aber immer beobachtet, und sobald offenbar Zeichen von "Ansprechbarkeit" da sind, werde ich vorsichtig integriert. Das finde ich eigentlich recht schön im Ganzen.
Damit sagen wollte ich: Schmerzhafte "Behinderung", ja, natürlich - aber es kommt immer darauf an, was man damit macht. Und da hat man zum Glück durchaus einige Möglichkeiten.