Oh, Zeit also auch das Thema mal abzufrühstücken.
Vorgeprägt bin ich mit den klassischen Serien wie "Sindbad", "Captain Future" oder "Biene Maja", die in den 70ern produziert wurden und die gerade wegen ihres langsameren Pacings und zeitlosen Geschichten auch heute noch anschaubar sind. Anfang der neunziger ging es dann weiter mit "Königin der tausend Jahre", "Mila Superstar" oder "Rock 'n Roll Kids" auf Tele 5.
Über einen Artikel in der Zeitschrift "Video Games", in der Anime erstmals als popkulturelles Phänomen vorgestellt wurden, kam ich dann an Infos und Bezugsquellen für weitere Filme. Das internationale Label "
Manga Entertainment" (die jedem Film ihr großartiges
Intro voranstellten) vertrieb die VHS-Kassetten damals in Europa. Auf diese Weise kamen meine Freunde und ich an die frühen "modernen" Filme mit einer großen thematischer Bandbreite. Von SciFi (Guyver, Venus Wars) über Action (Akira, Fist of the North Star, Crying Freeman) und Komödien (Project A-Ko) oder Horror (3x3 Eyes) war alles dabei. Die Filme liefen nebenbei, wenn wir uns am Wochenende trafen und mit irgendeinem Computerspiel beschäftigten.
Ende der neunziger, also in den letzten Schuljahren, kam dann der "Review" hinzu, ein monatlich erscheinender, dicker Katalog, in dem ich alles mögliche bestellen konnte, das dann von Japan nach Amerika importiert und von dort (mit ein bisschen Glück) nach Europa verschifft wurde. Eine Bestellung brauchte so 3 Monate, bis ich die Dinge in Händen hielt, bzw. bis der örtliche Comic- und Spielzeughändler dann den Karton in irgendeine Ecke stellte, wo man sie mir auch wegschnappen konnte (was aber nie geschah). Vorteil war auch, dass ich kurz reinschauen konnte und nur das mitnahm, was mir gefiel. Schließlich verfügte ich in diesen Prä-Internetzeiten nur über die kurzen Beschreibungen im Katalog. Der Umrechnungskurs war dabei sehr fair und für britisches Pfund zahlte ich 1:1 mit D-Mark (da hat er wohl was verschusselt). Alles in allem war das Leben als Animefan ganz gut in den Neunzigern.
Ein wenig hat man sich damals schon wie ein Pionier gefühlt, schließlich konsumierte man recht exklusive popkulturelle Erzeugnisse, die nur wenigen Anderen zur Verfügung standen. Andererseits war auch damals nicht alles Gold was glänzt und wir (ich) waren ziemlich unkritisch, was aber offenbar nicht ungewöhnlich war, wenn man sich die Rezensionen in der "Animania" ansieht, in der einerseits seichte Soapoperas besprochen werden, andererseits Sachen wie
Uritsukidoji, ein Horror/Gore/Erotik-Anime, der nichts für schwache Nerven (oder Minderjährige) ist. Alles wurde da durcheinandergewürfelt und wohlwohlend besprochen. In der Rückschau wirkt das sehr befremdlich.
In diesem Zusammenhang fällt mir die große Ablehnung von "Anime" und den sog. "Weeaboos" aus dem amerikanischen Raum ein, von Leuten, die wohl etwas genauer wissen, welche Werte sie vertreten, bzw. was noch akzeptabel ist. Ich kann's ihnen ehrlich gesagt nicht verdenken - sexualisierte Darstellungen, der "male Gaze" und vor allem der freizügige Umgang mit sexualisierter Gewalt sind in vielen Produktionen äußerst problematisch. Andererseits vermute ich, dass auch noch eine gewisse amerikanische Xenophobie hinzukommt, aber das entkräftet das erste Argument nicht.
Naja, Anfang der 2000er war ich dann mit dem Thema einigermaßen durch. Ich bin ganz froh im Nachhinein einige Filme und Serien gesehen zu haben, die nie offiziell in Deutschland veröffentlicht worden sind, stehe dem ganzen aber kritischer gegenüber.
Den Akira Comic fand ich toll (den Film etwas weniger), wie auch die anderen Sachen von Katsuhiro Otomo. Einen Kurzgeschichtenband und "Domu" habe ich als einzige Mangas noch. "Battle Angel Alita", "Crying Freeman" und "3x3 Eyes" mochte ich wegen der Action und der spannenden, geheimnisvollen Geschichte. Die "Blade of the Immortal" Serie war auch cool, "Maison Ikkoku" lustig. Anfang 2000 verkaufte ich meine Bücher für vielleicht 1 EUR pro Band. Was für ein Verlustgeschäft. Heute schaue ich noch ein- zweimal im Jahr online in ein neues Manga.
Mit "One Piece" konnte ich noch nie etwas anfangen. Die merkwürdigen Proportionen, das manische Grinsen des Hauptcharakters und die Gewalt haben mich da abgeschreckt. "One Punch Man" dagegen fand ich sehr witzig!
"Takemitsu Zamurai", "Teppuu" und "Franken Fran" habe ich von den neueren Sachen noch in guter Erinnerung.