Typisch, Alt-Wiener Kaffeehaus. Auf die Bestellung meines ersten Bieres musste ich 15 Minuten lang warten. Nachdem ich vergeblich versuche 10 Minuten lang die Aufmerksamkeit des einzigen Kellners auf mein leeres Glas zu lenken, konnte ich ihm nonverbal bedeuten, daß ich durchaus noch ein weiteres vertragen könnte.
Seitdem sind wieder gut 15 Minuten vergangen. Hat er es vergessen? Oder es versehentlich selbst getrunken?
(Gerade bedient er die Leute hinter mir, sieht mich an und teilt mir im Vorübergehen mit, daß er mein Bier vergessen hat... ich hoffe das heisst, daß ich es jetzt doch noch kriege! Wenn er nur meinte, er hat es vergessen und dann weiter nichts unternimmt haben wir ein Problem!)
Egal, eigentlich wollte ich noch etwas loswerden!
Am letzten Wochenende traf ich mich mit der schon zuvor erwähnten Ex-Kollegin und ihrem Freund zu einem Bowlingnachmittag/-abend.
Resüme: den Muskelkater in meinen Beinen schleppe ich auch heute - 6 Tage später!!! - immer noch mit mir rum! Bowlen beansprucht anscheinend Muskelgruppen in den Oberschenkeln, welche bei normalem Gehen nicht sonderlich beansprucht werden.
Bemerkenswerter waren aber die Studien zu Pärchenverhalten, die ich gezwungenermaßen anstellen durfte.
Dazu muss man die Katze von hinten aufrollen: wir beginnen mit einer Studie des Freundes/Geliebten/Partner/Lebensgefähren. Er kam sehr leger daher. Sein Blick war eher trübe, sein Haltung nicht gerade von Energie zeugend. Seine Mentalität würde ich als ruhig und unaufgeregt bezeichnen. Er ist kein unangenehmer Mensch, das Gegenteil würde ich ihm allerdingd genausowenig unterstellen. Anscheinend kann er mit neuen Menschen noch weniger anfangen als ich.
Aber er bemühte sich!
Auch wenn er offensichtlich nicht verstand, weshalb er seinen halben Samstag opfern musste, um sich mit einem Ex-Arbeitskollegen seiner Freundin zu treffen. Wo er doch eher an einem Auto rumschrauben könnte - etwas, dass er gerne freiberuflich ausübt.
Ich gab mir ebenfalls alle Mühe, mit ihm zu sprechen und ein paar Unterhaltungen hatten wir auch.
(Der Kellner räumte gerade etwas von einem anderen Tisch ab, sah, daß ich ihn ansah, und lief merkwürdig schnell weg! Irgendetwas geht hier vor!)
(Nachtrag: keine 10 Sekunden nach dem letzten Satz habe ich nun mein zweites Bier vor mir stehen! - er hatte mich tatsächlich schon wieder vergessen!!! LOL)
Kurzum: der Freund ist eher gesetzt; ein netter Kerl, der sehr ruhig ist.
Kommen wir zur Beschreibung meiner Ex-Kollegin. Sie hat ein strahlendes Lächeln, das immer die Augen leuchten lässt. Sie ist neugierig, ohne dabei aufdringlich zu sein. Ich hatte nie verstanden, weshalb sie so schnell beschlossen hatte, daß wir uns verstehen würden. Unauffällig studierte ich auch ihr Verhalten anderen Arbeitskollegen gegenüber. Obwohl sie immer freundlich war, schenkte sie mir besondere Aufmerksamkeit und suchte Nähe zu mir. Durch den schon zuvor erwähnten Wunsch sich bei meiner neuen Firma zu bewerben, damit wir auch weiterhin zusammen arbeiten könnten. Am letzten gemeinsamen Arbeitstag, meinte sie, wir sollten das „feiern“ und schlug vor bowlen zu gehen. Was wir dann auch eine Woche später machten.
Ich hatte sie nun als jemanden kennengelernt, der sehr offensichtlich vermitteln kann, daß sie Nähe möchte. Und in diesem Fall meine ich nicht, daß sie bezüglich meiner Person ein romantisches Interesse verfolgte. Sie wollte einfach nur, daß unser Kontakt nicht abbrach. Und unternahm Schritte, damit dies nicht so schnell geschehen würde.
So deutlich, daß selbst ich es bemerkte. Und das heisst schon etwas.
Bei unserem Bowlingspiel konnte ich wieder deutlich sehen, daß sie ein Mensch ist, der sich gerne ausdrücken würde. Ein kleine, theatealische Bewegung hier, ein paar Sekunden ein kleiner Tanz da. Ihren Freund hingegen könnte man als etwas starr beschreiben
Aber sie hält sich zurück. Auf jeden Fall, wenn er dabei ist.
Mir kam schon bald ein Verdacht, der sich im Verlauf des restlichen Abends bestätigte.
Als wir uns nach dem Spiel auf ein Getränk setzten, wurde sie Stimmung um vieles entspannter. Wir sprachen über verschiedene Themen, kamen recht gut miteinander aus. Irgendwann musste ich aufs Klo. Zuerst fuhr ich mit der Rolltreppe nach oben, weil die beiden meinten, dort oben sei die nächste Toilette. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Jugendlichen beschloss ich, daß es hier doch keine gab und fuhr wieder hinunter, um ein weiteres Stockwerk tiefer das Klo aufzusuchen, von dem ich wusste, wo es war.
Auf diesem Weg kam ich in einiger Entfernung an unserem Tisch vorbei und sah die beiden ohne mich sitzen. Er schaute irgendetwas auf seinem Smartphone nach, sie hatte sich zu ihm gedreht, ihr Blick ging allerdings ins Leere. Ich habe keine Ahnung, was in ihrem Kopf vorging. Aber es war nichts, daß ihr irgendwie Freude machte. So sassen sie schweigend, jeder für sich nebeneinander. Entfernt von einander.
Ich war auch jahrelang mit einem meiner beiden besten Freunde und seiner Freundin befreundet. Wir trafen uns zu diesem Zeitpunkt einmal pro Jahr. Ich erinnere mich noch, wie mich die beiden nach meiner Rückkehr aus Deutschland in meiner Wohnung besuchten. Ich kam gerade aus der Küche zurück und sie tauschten gerade grinsend einen schnellen Kuss aus.
Die beiden waren damals gut 10 Jahre zusammen. Und sie waren alles andere als eines dieser nervigen, knutschenden Pärchen, die glauben allen zeigen zu müssen, wie glücklich sie doch sind.
Aber Pärchen die funktionieren, kommen in Gesellschaft anderer in eine Art Kuschelmodus. Wenn die Stimmung passt, die Leute mit denen man zusammen ist, dann wird näher zusammen gerückt. Ich erlebte das auch mit meiner Ex-Freundin. Sobald der Abend fortgeschrittener wurde, suchte sie mehr Kontakt zu mir; und die Freundin meines Freundes den Kontakt zu ihm.
Kommen wir zurück zu diesem Moment. Ich fahre die Rolltreppe hinunter und siehe die beiden. Er auf sein Smartphone konzentriert, sie halb zu ihm gewandt aber abwesend vor sich hin schauend. Es erschreckte mich erst und machte mich sofort danach traurig. Den ganzen Nachmittag und Abend lang hatte ich versucht Zeichen zu lesen. Zuerst beim Bowlen. Jedesmal nach einem Wurf drehte ich mich um und versuchte (hoffte, vielmehr) die beiden bei einem schnellen Kuss zu erwischen. Oder einem Blick, den sie sich zuwerfen.
Spätestens als wir uns zu unseren Getränken gesetzt hatten und auch der Freund sich an mich gewöhnt hatte hätte ich vermutet, daß ich etwas vom dem „typischen“ Pärchenverhalten an ihnen beobachten könnte. Aber nichts da. Selbst wenn sie saßen, war so viel räumlicher Abstand zwischen ihnen... es war merkwürdig zu beobachten.
Ich könnte mir vorstellen, daß er jemand ist, der Zuneigungsbezeugungen in der Öffentlichkeit einfach nicht mag und sie gelernt hat das zu respektieren. Aber in vertrauten Situationen verwischen diese Rückhalte bald. Und zumindest von ihrer Seite hätte ein noch so subtiler Annäherungsversuch an ihn kommen müssen!
Denn: sie sucht Nähe zu Menschen, die sie mag. Das konnte ich selbst erleben! Aber sie sucht seine Nähe nicht. Nicht öffentlich auf alle Fälle. Obwohl sie Nähe will und braucht.
Als ich an ihnen vorbei zur Rolltreppe nach unten gelangt war und diese hinunter fuhr, sah ich nochmal zu den beiden hin. Gerade rechtzeitig. Er sah immer noch auf sein Smartphone, doch sie hatte mich entdeckt. Mit hoch gestreckem Arm winkte sie mir wild zu und ihre Augen und ihr Mund grinsten mich wieder an! Ich winkte zurück...
Und den Abend zum Abschluss zu bringen. Nach unseren Getränken beschlossen wir erstmal eine vor der Tür zu Rauchen. Wir waren gerade an einem sehr interessantem Punkt an unserem Gespräch angekommen dass ich gerne fortgeführt hätte. Zumindest die Ex-Kollegin und ich.
Doch nicht in der Kälte. Also fragte ich den Freund, was er nun gerne noch machen würde.
Nun, es sei schon ziemlich spät und er wäre nun dafür, daß sie heimfahren würden. Seine Antwort. Ich zeigte mich einverstanden, stimmte ihm natürlich zu, wir verabschiedeten uns und gingen unserer Wege.
Es war immerhin schon 20:30 Uhr... an einem Samstag!
Nun, er hatte lange tapfer durchgehalten, das muss ihm auf jeden Fall angerechnet werden.
Es ist traurig...
Er ist ruhig. Will keine Aufregung in seinem Leben. Das ist in Ordnung. Ich kann ihm das nachfühlen...
Und sie will tanzen! Man sieht so oft bei ihr, wie etwas aus ihr herauswill. Wie sie mehr machen möchte, doch sich zurückhält. Zumindest wenn ihr Freund dabei ist. Denn sie weiss, daß es ihn schlecht aussehen lassen würde, wenn sie um so vieles aktiver wäre als er. Also hält sie sich ihm zuliebe zurück. Meistens jedenfalls.
Und sie hält ihr Bedürfnis nach Nähe zurück. Obwohl sie ein Mensch ist, der Nähe braucht und auch ganz offen die Hand danach auszustrecken versteht.
Ich kenne nur Bruchstücke ihrer Geschichte: sie hatten in einer Wohung zusammen gelebt und sich nun ein kleine Haus geleistet. Wohnen anscheinend derzeit im Keller, den sie schon hergerichtet haben und wollten in diesem Jahr die Arbeiten an dem Haus weiter fortführen, damit sie dort richtig einziehen können.
Ich kenne sie als Menschen, der gerne anpackt und wie ich es sehe, haben die beiden nun ein Projekt, dass sie verbindet: sie bauen gemeinsam in Nest!
Und wenn das fertig ist (in einem oder zwei Jahren) wird es Zeit für ein neues Projekt, sn dem sie zusammen arbeiten können: ein Kind.
Soweit klingt das wertfrei ja nicht schlecht. Aber ich werde den Gedanken nicht los, daß für ihn die Beziehung soweit gut funktioniert, für sie aber so gar nicht. Wenn die gemeinsamen Projekte wegfallen, müsste sie einen ernsten Blick auf ihre Beziehung riskieren. Und würde feststellen, daß sie viel mehr opfert, als sie opfern sollte. Sich viel zu sehr zurückhält. Und dieser Rückhalt wird seine Spuren hinterlassen.
Das ist der Weg, den sie für ihr Leben gewählt hat. Und sie wird ihn weiter gehen. Sunk Cost Fallacy eben. Sie sind beide schon so weit gegangen - sich jetzt einzugestehen, daß der Partner ihres Lebensweges eigentlich so gar nicht zu ihr passt, wäre undenkbar.
Trotzdem: gegen einen weiteren Abend mit diesem Pärchen werde ich mich wehren. Es würde mich nur allzu traurig machen...
(Es ist 22:27 Uhr. Da ich zuletzt um etwa halb acht Uhr morgen etwas gegessen habe, hauen dei beiden Bier schon ordentlich auf den leeren Magen rein; Zeit nach Hause zu gehen und die vorbereitete Pizza zu essen!
Um 11 Uhr nachts! Ich hab doch nen Knall,
!!