Interessiert euch die Politik?

[andersoderwie]

Aus aktuellem Anlass dachte ich mal, ich mache einen Thread zum Thema Wählen, Parteien und Politik auf.

Falls ihr vorhabt, wählen zu gehen und euch nur in kurzer Form mit den Programmen auseinandersetzen wollt, gibt es ab dem 29.8. den Wahl-o-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung:
http://www.bpb.de/politik/wahlen/wahl-o-mat/

Er ersetzt aber natürlich nicht die Zeit, die man zum gründlichen Recherchieren der Programme einsetzen hätte können, sondern gibt nur erste Ideen für eine mögliche Partei.

Mich hat die Weltpolitik immer mehr interessiert als das Geschehen in Deutschland oder meiner Heimatstadt. Bei den Themen Ökologie und Menschenrechte gibt es aber gerade hier viel zu tun. Manche reden ja vom globalen Denken und lokalen Handeln. In die Politik würde ich persönlich nicht gehen, dann lieber ehrenamtlich engagieren. Ich kenne aber junge Leute, die sich für die Politik entschieden haben und viel Energie hineinsetzen. Es hängt alles irgendwie miteinander zusammen. Insgeheim hoffe ich immer, dass meine Stimme den Ausgang der Weltpolitik beeinflussen kann. Deswegen gehe ich immer noch wählen. Von Leuten, die nicht wählen oder die Stimme einer Splitterpartei ohne Erfolgschancen geben und sich am Ende beschweren, halte ich nicht sehr viel.

Geht ihr wählen, falls ja warum? Falls nein, warum nicht? Erkennt ihr eine Politikverdrossenheit in der Bevölkerung oder ist es eher Unaufgeklärtheit? Was haltet ihr von der Politik der Nichtregierungsorganisationen im Vergleich zu den Parteien? Glaubt ihr, jeder Mensch betreibt eigentlich Politik?

[tournesol]

Ich geh wählen, um das "geringere Übel zu unterstützen !
Selbst halte ich von Politik nicht viel---ebenso, wie jede andere Vorgabe von Ferne aus (grins) die nur von Verstand aus irgendeinerTheorie bestimmen will.
L.G. Tournesol

[knallschnute]

Nachdem ich einmal nicht wählen war, weil mich die Wahlprogramme der Parteien einfach nur mürbe machen... (Die versprechen viel vor den Wahlen, was sie letztlich eh nicht halten bzw. durchsetzen können!) ... werde ich es dieses Jahr doch mal wagen.
Zwei kleinere Parteien habe ich auch schon ins Auge gefasst. Diese werden mit Sicherheit keine Mehrheit bekommen, doch vielleicht setze ich so auch ein Zeichen!
Die großen Parteien, wie CDU/CSU, SPD, FDP und die Grünen bewirk(t)en in diesem Land eh nicht viel. Ich bezweifle auch, dass es irgend eine andere Partei schaffen würde den ganzen Sauhaufen einfach mal umzukrempeln. Wie sollte das auch gehen? Die Drahtzieher - hoch lebe die Verschwörungstheorie - bleiben so oder so auf ihren Posten und werden weiterhin Verderben für die Menschheit bringen.

Oft liest man auch, dass Macht den Charakter verdirbt. Da ich selbst noch nie Macht hatte - Gott bewahre mich davor! - kann ich nicht aus eigenen Erfahrungen sprechen, doch es ist mir möglich mir das sehr gut vorzustellen.
Eine Gesellschaft die auf Leistung plädiert, konsumsüchte Kinder erschafft und den Raubbau an der Natur als selbstverständlich ansieht, die kann man ohnehin nicht mehr retten.

Hätte ich keine Familie und müsste mich in dieser Gesellschaft nicht groß integrieren würde ich mit Sicherheit ein noch spezielleres und dieser Gesellschaft entgegengesetztes Leben führen. Allein schon zum Trotz!
Naja, so ganz beschweren darf ich mich auch nicht... Was täte ich nur ohne Internet. Vermutlich "nur" eine Sache der Entwöhnung und Verlagerung von freier Zeit.

Edit: noch zu dieser Frage:

Erkennt ihr eine Politikverdrossenheit in der Bevölkerung oder ist es eher Unaufgeklärtheit?

Beides. Die einen sind es irgendwie leid und haben (wie ich) das Gefühl, dass sich eh nicht viel mehr ändern wird und die anderen haben schlichtweg keinen Bezug bzw. Ahnung von Politik. (Wobei ich mich mit Politik auch nicht großartig auseinander setze und schon seit vielen Jahren Nachrichten meide und trotzdem das Wesentliche aufschnappe. Gibt so oder so genug, über das man sich aufregen kann.)

Lieben Gruß
Knallschnute

[Nordstern]

Bei Politik und Wahlen fallen mir immer gleich zwei Dinge sofort ein:

1. Das Lied "Sei wachsam" von Reinhard Mey (http://www.reinhard-mey.de/start/texte/ ... ei-wachsam). Dem kann ich aus meiner Sicht vollkommen zustimmen.
2. Aus meiner Sicht gibt es in unserer Gesellschaft zwei Grundübel. Eines davon: Es existiert zu wenig Verantwortung und Verlässlichkeit. Das ist auch in der Politik so.

Ich bin bisher immer zur Wahl gegangen und werde es auch weiterhin tun. Früher habe ich immer dieselbe (oder die gleiche?) Partei gewählt, das ist aber seit einigen Jahren vorbei. Ich bin zum "Wechselwähler" geworden. So werde ich auch diesmal abweichend von der Vorwahl wählen. Wie tournesol versuche ich, das geringere Übel auszuwählen. Daher, liebe andersoderwie, vielen Dank für den Link zu den Partei-Programmen.

Mir ist schon bewusst, dass unsere Politiker keinen leichten Job haben und dass alles nicht so einfach geht, wie wir uns das manchmal vorstellen. Aber: Wenn einer Politiker wird, dann erwarte ich Standhaftigkeit, Ehrlichkeit und Verantwortlichkeit und eben nicht, dass man seine Fahne nach dem Wind der Mehrheit ausrichtet. Die Medien tragen sicherlich auch ihren Teil dazu bei.

Außerdem halte ich den Umgangston in der Politik für nicht gut. Er ist teilweise zu polemisch, unsachlich und verletzend.

@knallschnute:
Macht kann den Charakter sicherlich verderben. Jeder, der eine Position mit Machtfülle innehat, kann aber selbst bestimmen, ob und wie sich sein Charakter verändert. Ich denke, die eigenen Wertvorstellungen spielen da eine große Rolle. Ich kenne Unternehmer, die mit großer Sorgfalt und Fürsorge ihr Unternehmen führen - natürlich kenn ich auch genau die gegenteiligen Typen. Mir ist nur wichtig: Es gibt auch die "Guten".
Im Übrigen: "Strenge Herren regieren nicht lange" (Lucius Annaeus Seneca).

Wie ihr seht: Mein Bild von der Gesellschaft / Politik strahlt nicht gerade farbenfroh und hell...

LG
Nordstern.

[andersoderwie]

@ Knallschnute: Mir wäre es egal, ob mein Charakter verderben würde, aber ich hätte gerne mehr Macht! Ich würde meine Macht nutzen, um den ganzen Laden umzukrempeln. Ich wäre auch so gerne Chefin in einem Unternehmen, nur um Leuten höheren Akters oder mit Behinderungen eine Chance zu geben. Ich würde so gerne meine Ideen umsetzen!

Bisher ging es bei mir noch mit dem kleineren Übel. Ich habe mir immer eine Partei ausgeguckt, die vielleicht zeitweise nervt, aber grundsätzlich immer meine Ideale vertrat. Nur zu letzt ist diese eine Partei so diffus geworden, dass ich nicht mehr weiß, ob sie es überhaupt noch sind..! Und ich schätze mittlerweile, dass alle Parteien im Bundestag sich so sehr zusammengeschlossen haben, dass man eigentlich von 1 Partei sprechen kann. Selbst wenn die Ideen unterschiedlich klingen, beim Handeln ziehen sie dann doch am gemeinsamen Strang, oder? Ich habe bisher z.B. wenig Empörung über die Waffenlieferungen und Auslandseinsätze in Kriegsgebieten gehört. Man hat kritisert, aber für einen Boykott hat es nicht gereicht. Gerade da hätte ich u.a. mit der Linke oder den Grünen gerechnet.

@ Nordstern:
Also, wenn ich mir einige Freunde ansehe, die in die Politik gegangen sind, dann erkenne ich die Werte, von denen du sprichst. Aber ich glaube, sie werden entweder kaputt gemacht (bis sie aussteigen) oder werden Teil des "Establishments". Gerade deshalb bräuchte man eigentlich immer den nahen Kontakt zum Bürger. Ich finde es in Deutschland aber schwierig. Hier sagen die Leute zu vielem nichts. Es wird viel hingenommen. In Frankreich empören sich die Leute noch richtig. Die Meinungen sind nicht immer für mich vertretbar, aber wenn die Bürger sich so sehr engagieren und einmischen, kann es nicht falsch sein. Oder doch?

[knallschnute]

@andersoderwie

Wer Macht hat, der lebt nicht mehr für sich selbst und er findet kaum noch Zeit und Muse das Richtige zu denken.
Und wenn er es trotzdem kann bzw. tut, dann bleibt er nicht lange im Amt, weil man Mittel und Wege finden wird so einen "größenwahnsinnigen" Weltverbesserer zu stürzen!
Außerdem hat niemand die alleinige Macht. Die Kanzlerin z.b. ist letztlich nur eine Figur (von vielen!), die ihren Kopf für alle anderen Tunichtgute, die mitbestimmen, hinhalten muss! Sie kann gar nicht, alles nach ihrem Sinne verbessern, wenn sie es denn wollte, sondern müsste sich dem fügen, was man ihr anrät, wohin man sie mit den nötigen Mitteln drängt.
Und weil vieles so schön unübersichtlich und von den verschiedensten Stellen organisiert wird, behält sie ohnehin nicht den Überblick. Also sind Berater an ihrer Seite und die haben ihre eigenen Interessen.

So lange es Menschen gibt, die Macht wollen, werden die alle Mittel und Wege finden sich Macht anzueignen. Das ist ja der springende Punkt. Eigentlich gehört keinem einzelnen Menschen die ganze Welt. Jeder Mensch gehört sich selbst, jeder Mensch sollte - im Idealfall - im Einklang mit der Natur leben und weder sie, noch die Tiere oder seine Artgenossen ausbeuten. Leider erleben wir auf Erden etwas ganz anderes, auch wenn das nicht auf alle Menschen zutrifft. Klar, nicht jeder Mensch ist automatisch schlecht - ob mit oder ohne Macht - aber die Politik, die Gesetze könnten wir uns eigentlich sparen, wenn wir alle in der Lage wären friedlich und in wertschätzender Art miteinander klar zu kommen. Wenn der Anwalt die Arbeit der Bäckerin nicht minder schätzt, als seine, nur weil sie kein Studium absolvierte, dafür aber auch SEINEN Magen füllt, mit den Brötchen die er selbst nicht zu backen in der Lage ist, wird es immer Neid, Missgunst und Ungerechtigkeiten geben. (Das bezieht sich auf so vieles, wo in Klassen unterteilt, nach Leistung ansehen und Geld vergeben wird.)
Es wird viel zu vieles als selbstverständlich angesehen, dabei ist rein gar nichts selbstverständlich.
Wir haben das Glück aus einer riesigen Menge an Essen auswählen zu können, ein Dach über den Kopf zu haben und eine gewisse Bildung zu genießen, etc.
Und weil du es Ansprichst: Wozu Kriege!? Sinnloses Niedergemetzel, ewige Feten und andauerndes Leid das in manchen Ländern schier kein Ende findet.
Man kann der Menschheit nicht helfen - der Einzelne, der klug genug ist, kann nur schauen, wie er so unbeschadet wie nur möglich die Lebensjahre übersteht und in voller Dankbarkeit diesen Planeten verlässt!
(Sorry, für diese sehr düsteren Gedanken - manchmal ist mir danach. )

Lieben Gruß,
Knallschnute

[Nordstern]

@ knallschnute

Ich teile deine düsteren Gedanken. Es ist fast unmöglich, in diesem System seinen Werten treu zu bleiben. Man ist nicht alleine in dem System, Macht macht auch machthungrig (bisschen viel Macht in diesem Satzteil), es entstehen Abhängigkeiten, die man irgendwann nicht mehr kontrollieren kann, Macht bedeutet vielfach auch, dass man versucht, sie um jeden Preis zu erhalten. Deshalb ist es auch so schwierig, etwas zu verändern, selbst für Personen, die mit hohem Idealismus in die Politik gehen (diese Personen bewundere ich für ihren Mut). Das endet dann häufig so wie beschrieben:

Aber ich glaube, sie werden entweder kaputt gemacht (bis sie aussteigen) oder werden Teil des "Establishments".

Ich bin kein Politiker (und werde auch nie einer werden). Aber das Erhalten von hohen moralisch-ethischen Werten ist mir wichtig, vor allem der wertschätzende Umgang unter den Menschen. Deshalb verstehe ich wohl auch die Welt nicht mehr - und meine Schlussfolgerung ist ebenfalls:

Man kann der Menschheit nicht helfen - der Einzelne, der klug genug ist, kann nur schauen, wie er so unbeschadet wie nur möglich die Lebensjahre übersteht und in voller Dankbarkeit diesen Planeten verlässt!

Jede kriegerische Auseinandersetzung ist sinnlos; und leider nehmen diese zu. Wir sind unser eigener Feind und irgendwann werden wir es schaffen, uns selbst zu zerstören.

(Auch ich muss mich für meine düsteren Gedanken entschuldigen - lässt sich halt manchmal nicht ändern)

LG
Nordstern.

[andersoderwie]

Ist es nicht genau dieser Pessimismus, der zur Politikverdrossenheit führt? Wenn Menschen sich nicht ändern könnten, könnte man all das Geld für Bildung, Resozialisierung und Reha sparen. Man ließe nur die selbst ernannten Starken an die Macht und guckt zu, wie sie alles und jeden aufessen. Was nütz ein Überstehen auf dieser Welt, wenn man auch aktiv daran teilhaben kann?

[knallschnute]

Hallo andersoderwie,

prinzipiell finde ich es gut, wenn man positiv denkt und damit vielleicht auch das Gute auf dieser Welt fokussiert...

Wenn Menschen sich nicht ändern könnten, könnte man all das Geld für Bildung, Resozialisierung und Reha sparen.

An Bildung, Resozialisierung und Reha wird bereits gespart und die "selbst ernannten Starken" besitzen nicht nur Macht, sondern auch zuviel Geld.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer und eine Mittelschicht gibt es in dem Sinne kaum mehr. Wer Zeit hat und nicht den Großteil seines Lebens mit körperlich schwerer Arbeit verbringen muss, weil er sonst finanziell nicht über die Runden kommt, der kann sich natürlich ausreichend über Politik etc. informieren und sich aktiv beteiligen. Die Leute, denen es in dieser Gesellschaft schlecht geht, die sind so in ihrem Strudel aus Schwierigkeiten gefangen, dass sie gar keinen Ausweg sehen und auch keine Hilfe erfahren.

Das System ist einfach zum Scheitern verurteilt. Wem es an nichts fehlt, der hat Glück, weil er auf niemanden großartig angewiesen ist, aber wehe man braucht jemanden oder etwas, dann wird es düster in unserem Sozialstaat.
Auch ein Stehaufmännchen hat irgendwann die Nase voll. Wenn es dann noch erkennt, was hinter dem Desaster steckt und warum sich nichts ändern kann/ wird, ist jeder Gedanke oder jede Tat in diese Richtung reine Zeitverschwendung. Soll man sich wirklich so richtig rein hängen und dann die absolute Enttäuschung erleben?
Ich sehe das was um mich herum passiert sehr nüchtern.
Die Bundestagswahl ist so eine kleine Spielerei. Gerade so, als hätte man die Wahl - obwohl man am Ende so oder so denen ausgeliefert ist, die dann für das Volk entscheiden (weil sie meinen SIE hätten die Macht...).

Das sage ich jetzt aber nicht, um dir deine Vision von einer besseren Welt abzusprechen, sondern, weil ich der Ansicht bin, dass sich vor allem die Leute ändern müssten, die das Leid und die Ungerechtigkeiten verschulden.
Und das wird nicht geschehen.

Lieben Gruß,
Knallschnute

[sdsdsdsv]

Bedingt. Hier nochmals der Link zu Fefes Blog, falls es jemanden interessiert.