Weil ich sofort gesehen habe, dass da nur ein wundes Thema bei mir getriggert wird und eine Antwort aus diesem (Defensiv-)Motiv heraus nicht unbedingt hilfreich wäre.Jette hat geschrieben:Warum hast du es nicht getan?
Hm, aber ich schreibe doch noch was zu drei Aspekten:
a) Der Bahnhof
Du schriebst in Deinem ersten Post, dass Andere oft respektvoller behandelt werden.
Warum denkst Du das?
Vielleicht basiert z. B., wenn Du beobachtest, dass Andere von Angehörigen/Freunden auf den Bahnsteig begleitet werden, dies nur auf deutlichen Absprachen (deutlicher als bei Dir und Deinem Freund) - ob damit alle Beteiligten so glücklich sind, ist die Frage.
Klar, der Etikette (dem "Anstand") ist Genüge getan, der Koffer wurde galant zum Bahnsteig getragen (da schien mir bei Dir auch so ein Anspruch dabei zu sein: "Mann muss Frau den Koffer tragen" ... Aber solche Rollenbilder gelten ja heute zum Glück nicht mehr, zumindest nicht automatisch) und es wird sich "ordentlich" verabschiedet. Nach außen alles sehr rücksichtsvoll ... Trotzdem vielleicht alle Beteiligten nur froh, wenn der Zug dann endlich abfährt.
Da finde ich Eure Variante weitaus besser: Zumindest einer hat so gehandelt, wie es ihm richtig schien und damit sehr ehrlich; von der Anderen kam in der Situation kein Widerspruch, so dass er annehmen konnte, es passt für sie.
Leider muss man die eigenen Wünsche oder Erwartungen - so man sie berücksichtigt haben will - oft deutlich äußern. So sehr auf einer Wellenlänge liegt man oft auch mit alten Freunden nicht, dass diese immer intuitiv wahrnehmen, was man möchte. Ich finde es auch nicht unhöflich, dann zu sagen "Könntest Du mir vielleicht mit dem Koffer helfen, der Aufzug ist bestimmt immer noch defekt", am besten schon im Vorfeld; so kann sich der Gebetene darauf einstellen und seinen eventuellen Groll über die Bitte (weil er es sich anders vorgestellt hatte) bis zur Ankunft am Bahnhof bearbeiten und ablegen.
Ehrlichkeit dieser Art finde ich immer ein sehr beziehungsstärkendes Element. Keiner der beiden muss dann latent Angst haben, hier wieder was "falsch" gemacht oder da nicht weit genug für den Anderen mitgedacht zu haben.
Jeder bleibt bei sich und dadurch wird die Beziehung möglich.
Ich weiß nicht, Begriffe wie "egoistisch" finde ich in solchen Kontexten irgendwie unpassend. U. A. deshalb, weil man in Freundschaften doch so sein dürfen sollte, wie man ist - und manchmal vielleicht eben auch egoistisch. (Er hatte vielleicht wirklich einfach gerade keine Lust, noch mit reinzugehen - warum soll er es dann von sich aus anbieten? Da wäre er schön dumm.)
Richtig auch der Hinweis von sdsdsdsv: (Viele) Männer denken da anscheinend wirklich nicht selbstständig weiter.
Mir fällt noch ein, mein Ex hat mir mal vorgeworfen, dass durch solche klärenden Bitten (Koffer tragen z. B.) im Vorfeld ich ihm immer die Möglichkeit genommen habe, das selbst anzubieten. Da habe er sich fremdbestimmt und gegängelt gefühlt. Kann man so sicher auch betrachten, kommt wohl immer auf BEIDE beteiligten Personen an.
Ich hab darauf gesagt "Da hättest Du eben schneller sein müssen".
Für mich persönlich sind Abschiede entweder erleichternd (endlich wieder allein sein, egal, wie schön der Besuch war) oder bzw. zugleich so beeinträchtigend, dass ich sie lieber möglichst früh habe, wenn sie denn schon kommen müssen. Ich bin dann froh, einvernehmlich nur vor dem Bahnhof abgesetzt zu werden; ein sauberer Cut. So bleibt auch der Besuch in schöner Erinnerung. Bahnhofsszenen belasten den Gesamteindruck für mich eher, und ich fühle mich dann auch erst wieder richtig allein und wohl, wenn ich in den nächsten Zug umgestiegen bin. Der ist dann wirklich "meiner", und erst ab da wird es zu "meiner" Reise.
b) Die neue Beziehung
Das kenne ich selbst auch, dass, sobald in (bei mir immer symbiotischer) Beziehung, sich die Relationen verschieben. Alte Freunde werden nicht unwichtig, aber man ist eben so in der Beziehung gebunden, dass man da kaum rauskommt.
Es ist ja ein hartes Stück Arbeit, an so einer gelungenen Symbiose zu arbeiten und da bleibt eben die Energie und Aufmerksamkeit für Andere(s) auf der Strecke, obwohl einem die alten Freunde weiterhin AUCH wichtig sind. Aber sie sind eben nicht soo präsent wie der Partner und müssen dadurch etwas zurückstehen.
So ähnlich KÖNNTE es auch bei Deinem Freund sein, oder auch nicht. Das ist ihm vielleicht nicht mal selbst so ganz bewusst. Jedenfalls denke ich, das für Dich sichtbare Hinhalten, Vertrösten, Verschieben ist vmtl. nur Ausdruck seines Dilemmas: Er möchte sich vmtl. schon mit Dir treffen und verabredet sich gerne mit Dir, solange das noch weit weg ist. (Vielleicht bist Du z. B. auch die Einzige, mit der er wandern gehen kann, oder nur Ihr habt bestimmte, ihm wichtige Gesprächsthemen etc.)
Rückt der Termin dann näher - egal, wie schön das Event auch wäre - bedroht er die Zweisamkeit mit der Partnerin und man sagt ihn lieber ab. Wenn er sich zusätzlich noch vor ihrer "Impulsivität" fürchten muss, wird sein Handeln m. E. noch verständlicher.
Er ist da vmtl. in einer ziemllichen Zwickmühle gefangen. Das MUSS gar nichts über Dich heißen (kann aber natürlich, auch hier wieder schwer von außen zu beurteilen).
c) Der Besuch der Eltern
Das war mein Triggerthema, s. o., deshalb halte ich es kurz.
Genau, Du hast es ja schon richtig benannt: Es ist nicht selbstverständlich.Jette hat geschrieben:Und nun haben sich die Eltern seiner Lebenspartnerin (heute Nachmittag !!!) gemeldet, sie hätten nächste Woche einen Termin in einer, in der Nähe liegenden Stadt und würden dann eine Woche bleiben. Und deshalb kann er jetzt nicht kommen.
Ich empfinde das sehr unfair. Sie kommen und überrumpeln ihn. Sie fragen anscheinend nicht danach, ob es passt. Ist es so selbstverständlich, dass deswegen dann alles abgesagt wird, weil man vor den Eltern der Partnerin nicht sagen möchte, dass man eigentlich mit einer Freundin zu einer Veranstaltung gehen möchte und dieser Termin schon ewig lange feststeht?
Sie überrumpeln ihn vielleicht mit ihrer Selbst-Einladung (eine Frechheit, wie ich finde, aber ... ), aber ER kann sich wehren. Er muss weder den Besuch hinnehmen noch sich in seiner Terminplanung dadurch einschränken lassen.
Tut er das doch, ist das seine Baustelle, und ob er es nun tut, weil er sich gegen seine Lebensgefährtin nicht wehren kann oder weil ihm ganz recht ist, dass der Konflikt "mit Dir zur Veranstaltung - Partnerin böse" sich so ganz zufällig und durch äußere Umstände auflösen lässt - damit musst DU Dich eigentlich nicht beschäftigen.
Es zeugt zwar von einem eher schwachen Charakter seinerseits (nur meine Meinung), muss aber auch hier wieder keinerlei Aussage über Dich bedeuten. (Kann aber ... siehe oben.)
Dass es von vielen Leuten als merkwürdig empfunden wird, wenn man in einer Partnerschaft ist und dann mit einem "besten Freund" des anderen Geschlechts etwas Größeres unternimmt, ist wieder ein anderes Thema. Wurde ja auch hier im Thread schon angesprochen.
Ich selbst würde so einen Elternbesuch meines Partners (zum Glück waren wir beide so gestrickt, dass keiner unserer vier Eltern in unserer Beziehung oder gar Wohnung etwas zu suchen hatte; unsere Eltern haben sich in 13 Jahren Beziehung nicht mal kennengelernt) mit Kusshand nutzen, um ihm zu einer lange geplanten Veranstaltung zu entkommen. "Hab ich doch schon so lange ausgemacht ..."
Aber wie gesagt, bei ihm spielen da wohl ganz andere (Verlust-?)Ängste mit, so wie Du es beschreibst. Und letztlich hat er vielleicht doch mehr Angst, bei fehlender Compliance seine Partnerin zu verlieren als Dich, die Du "nur" beste Freundin bist. Die Bindung an eine/n Partner/in ist eben einfach enger, das ist klar.
Mein Rat wäre, die Beziehung erst mal ruhen zu lassen und nichts zu erwarten. Melde Dich vielleicht auch erstmal nicht zwanghaft bei ihm. Das Bestreben, die Beziehung schnell kitten zu wollen, kenne ich auch. Manchmal ist es aber besser, die Dinge einfach laufen und reifen zu lassen. Zu viel Druck macht da eher einiges kaputt, so meine Erfahrung.
Passieren kann dann natürlich alles: Er stellt fest, er vermisst Dich gar nicht und es schläft wirklich komplett ein. Aber dann brauchst Du diese Beziehung auch ehrlich gesagt nicht mehr, so alt sie auch ist. Menschen entwickeln sich eben manchmal auseinander.
Oder ihm wird - ohne Druck - doch bewusst, dass er Dich sehr schätzt und kann selbst einen Rahmen entwickeln, in dem er Zeit mit Dir verbringen kann, ohne in Konflikt mit der Partnerin zu geraten.
Das musst Du vielleicht erst mal ihm überlassen.
Sehr lang ist das jetzt geworden ... Ich hoffe, Dir hilft etwas davon.