Gedichtesammlung

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Katana » 3. Mai 2013, 12:30

[align=center]Boomerang

Vergangenheit wie ein Boomerang
mit Kanten scharf, von Leid geschliffen
vor langer Zeit die Ferne traf
kam dann unerwartet zurückgeritten

gepeischt vom Eiswind des Lebens
durch Sehnsucht lange gestärkt
bäume mich auf, doch vergebens
so mein Kopf zum Boden fährt


Am Küchentisch

Zwei sich einander im Angesicht
die Sekunde im Takt das Schweigen bricht
und der Uhrentakt ins Leere hallt
denn ist im Raum der einzig schall

Keine Sprache, die zu färben mag
akkustisch farblos, der Raum so karg
beide Künstler von Talent verlassen
haben beide keine Idee zum fassen

Weil die Vergangheit ein Kissen nahm
sind nun Worte dem Ersticken nah
so wurde sie zum leisen Mörder
und beide Angesichter trennen sich - ohne Wörter[/align]

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Katana » 3. Mai 2013, 12:36

[align=center]An der Küste

Das vom Wind gepeitschte Nasse
zwangs getrieben durch die Gasse
weiß geschäumter Blick gen Wolken
ist dem Klippenhall am folgen

Die Welle trifft auf Felsengrau
zerspringt zu hellem Glitzerstaub
durchtränkt von weißem Sonnenlicht
zu einem kleinen Farbspiel bricht


Gedankengang

Ich irre herum, ohne Ziel
Auf Wegen ohne Schilder
Durch Treibsand, auf Asphalt
Es enstehen so viele Bilder

Ich gehe immer weiter
Immer in irgendeine Richtung
Hinterlasse dabei eine Spur
Ich schaue zurück: Die Dichtung[/align]

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Katana » 3. Mai 2013, 12:37

[align=center]Renovierung

Der Dichter in der kahlen Kammer
Eingeschlossen mit einer Idee
Hört man länger den Laut des hammers
Ist danach ein Palast zu seh'n

Und die Leser sind die kunden
Es entscheidet jeder für sich allein'
Ist die Renovierung ihm gelungen
Oder zieht keiner von ihnen ein

Man sagt

Jeder sei seines Glückes Schmied
Als wäre es Metall
Doch lernte ich dies Handwerk nie
So bleibt mein Eisen kalt

Man solle Gerechtigkeit walten lassen
Das sei naturgemäß Pflicht
Doch wo Licht ist, gibt es keinen Schatten
Anders herum gilt dies nicht[/align]

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Katana » 3. Mai 2013, 12:38

[align=center]Unerreicht

Der Horizont begehrt des Blauen Schönheit
Der weiße Glanz ihr am nächsten
Spürt dabei den Flügelschlag des Vögleins
Welcher ihn erfüllt mit Leben

Doch sind der Schönheits Diener nicht weit
Zerren an des Horizonts Stand
Und es schaut zu der Ewigkeits Zeit
So bleibt alles wie es begann


Naturkleid

mein Blick sehnsüchtig gestreut
von der Menschlickeit verscheucht
verliert sich im freiheitlichem Samt
die ich im Naturkleid vor mir fand[/align]

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Beitragvon sdsdsdsv » 11. Mai 2013, 20:59

[align=center]Zwischen »Gewiß« und »jawohl«:
was ist da für ein Unterschied?
Zwischen »Gut« und »Böse«:
was ist da für ein Unterschied?

Was die Menschen ehren, muß man ehren.
O Einsamkeit, wie lange dauerst Du?
Alle Menschen sind so strahlend,
als ginge es zum großen Opfer,
als stiegen sie im Frühling auf die Türme.

Nur ich bin so zögernd, mir ward noch kein Zeichen,
wie ein Säugling, der noch nicht lachen kann,
unruhig, umgetrieben, als hätte ich keine Heimat.

Alle Menschen haben Überfluß;
nur ich bin wie vergessen.
Ich habe das Herz eines Toren, so wirr und dunkel.

Die Weltmenschen sind hell, ach so hell;
nur ich bin wie trübe.
Die Weltmenschen sind klug, ach so klug;
nur ich bin wie verschlossen in mir,
unruhig, ach, als wie das Meer,
wirbelnd, ach, ohn Unterlaß.

Alle Menschen haben ihre Zwecke;
nur ich bin müßig wie ein Bettler.
Ich allein bin anders als die Menschen:
Doch ich halte es wert,
Nahrung zu suchen bei der Mutter.[/align]

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon knallschnute » 13. Mai 2013, 20:54

Sehr amüsant finde ich:

[align=center]Kopflos

Man nehm den Deckel nur vom Topfe
Und sieh, wie froh der Dampf entweicht!
Wie lebt nach abgeschnittnem Kopfe
Das schwere Leben sich so leicht!
Kein Schnupfen mehr, kein Nasentropfen,
Kein Zahnweh und kein Augenbrand
Noch Stirnkatarrh noch Schläfenklopfen,
Es ist wie im Schlaraffenland.
Zwar gibt es ohne Kopf kein Denken,
Doch ist es darum nicht so schad,
Man kann mit Wein die Kehle tränken,
Es ist das beste Gurgelbad.
Und ach, wie lebt es sich so stille:
Kein Wort, kein Lärm, kein grelles Licht!
Und nie mehr sucht man seine Brille
Und nie mehr macht man ein Gedicht.

von Hermann Hesse[/align]

Und noch eins vom selben Autor:

[align=center]Kennst du das auch?

Kennst du das auch, daß manches mal
Inmitten einer lauten Lust,
Bei einem Fest, in einem frohen Saal,
Du plötzlich schweigen und hinweggehen mußt?

Dann legst du dich aufs Lager ohne Schlaf
Wie Einer, den plötzlich Heimweh traf;
Lust und Gelächter ist verstiebt wie Rauch,
Du weinst, ohne Halt - Kennst du das auch?
[/align]

Oh ja, das kenne ich. :röslein:

Quelle
Mopsinator

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Jette » 19. September 2013, 22:47

Zwei meiner von mir verfassten Gedichte/Verse:

Du
Dein Wesen – es spricht mich an,
verursacht Herzklopfen,
lässt Schmetterlinge in meinem Bauch flattern.
Dein Lächeln – das schönste Lächeln der Welt,
es heißt mich „Willkommen“,
sagt mir „Schön, dass du da bist!“
Deine Gefühle – ich muss sie noch ergründen.
Ich will sie ergründen, verstehen, begreifen,
so ein klein bisschen in deine Welt eintauchen können.
Du bist mir wichtig!
ich will dir wichtig sein
- auf Dauer!
(Jette)



Mir ist so eigenartig

Mir ist so eigenartig
- ich denke grad an dich,
es fühlt sich für mich so an,
als denkst du auch an mich.
Hab so ein Zittern im Herzen
und ein Ziehen im Bauch.
Hast du schöne Träume?
Ich hab sie auch.
(Jette)
Die Veränderung des Blickwinkels kann die Wahrnehmung von kleinen Dingen bewirken, die wir manchmal gar nicht mehr sehen. - Namasté

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon WWSCDneutrino » 1. Oktober 2013, 17:14

Einmal schrieb er ein Gedicht
auf ein gelbes Blatt mit grünen Linien
Er nannte es “Chops”
weil das der Name seines Hundes war
Und genau darum ging es
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
mit goldenem Sternchen
Und seine Mutter hängte es an die Küchentür
und las es seinen Tanten vor
Das war das Jahr, als Pfarrer Tracy
alle Kinder in den Zoo mitnahm
Und im Bus ließ er sie singen
Und seine kleine Schwester kam zur Welt
mit winzigen Zehen und ganz ohne Haar
Und seine Eltern küssten sich oft
Und das Mädchen um die Ecke schenkte ihm eine
Valentinskarte mit ganz vielen Herzen
und er fragte seinen Vater, was das bedeutete
Und sein Vater brachte ihn abends immer zu Bett
Und war immer dafür da

Einmal schrieb er ein Gedicht
auf ein weißes Blatt mit blauen Linien
Er nannte es “Herbst”
weil das der Name der Jahreszeit war
Und genau darum ging es
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
und bat ihn, etwas leserlicher zu schreiben
Und seine Mutter hängte es nicht an die Küchentür
wegen der neuen Farbe
Und die Kinder erzählten ihm
dass Pfarrer Tracy Zigaretten rauchte
Und Stummel auf den Kirchenbänken ließ
Und manchmal brannten sie Löcher hinein
Das war das Jahr, als seine Schwester eine Brille bekam
mit dicken Gläsern und schwarzen Bügeln
Und das Mädchen um die Ecke lachte
als er mit ihr den Weihnachtsmann sehen wollte
Und die Kinder erklärten ihm, wieso
sich seine Eltern so oft küssten
Und sein Vater brachte ihn abends nicht mehr zu Bett
Und sein Vater wurde wütend
als er deshalb weinte.

Einmal schrieb er ein Gedicht
auf einen Zettel aus einem Block
Er nannte es “Unschuld: Eine Frage”
weil das bei seinem Mädchen die Frage war
Und genau darum ging es
Und sein Professor gab ihm eine Eins
und sah ihn lang und seltsam an
Und seine Mutter hängte es nie an die Küchentür
weil er es ihr nie zeigte
Das war das Jahr, als Pfarrer Tracy starb
Und er vergaß, wie das Ende
des Glaubensbekenntnisses ging
Und er erwischte seine Schwester
wie sie auf der Veranda rummachte
Und seine Eltern küssten sich nie
oder redeten auch nur
Und das Mädchen um die Ecke
trug so viel Make-up
Dass er kaum Luft bekam beim Küssen
aber er küsste sie trotzdem
weil man das so tat
Und um drei Uhr morgens ging er zu Bett
während sein Vater lauthals schnarchte.

Deshalb versuchte er, auf einer Papiertüte
ein weiteres Gedicht zu schreiben
Und er nannte es “Absolut gar nichts”
Denn genau darum ging es doch
Und er gab sich selbst eine Eins
und einen Schnitt in jedes verdammte Handgelenk
Und hängte es an die Badezimmertür
weil es diesmal nicht glaubte
dass er die Küche noch erreichen würde.


-unbekannter/anonymer Autor

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Ambivalenz » 1. Oktober 2013, 20:49

WWSCDneutrino hat geschrieben:-unbekannter/anonymer Autor

Das ist von Stephen Chbosky (Vielleicht lieber morgen/The Perks of Being a Wallflower).
Vielleicht lieber morgen
Wer leuchten will, der flieht das Licht...
Grey would be the color, if I had a heart.

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Re: Gedichtesammlung

Beitragvon Zamis » 1. Oktober 2013, 20:54

Passend zur Herbststimmung und den am Himmel ziehenden Wildgänsen:
Georg Trakl- Verfall

[bbvideo=425,350]http://www.youtube.com/watch?v=0Vzq2ao5wTI[/bbvideo]
[center]"I´m not an accident, i´m living in my own world, i´m not an accident, in the middle of the road..."[/center]


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