Parentifizierung und schizoider Rückzug

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Zamis
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Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon Zamis » 4. April 2013, 21:04

Hier gibt es einen Einstieg in das Thema "Parentifizierung", der Begriff beschreibt, wie Kinder auf emotionaler Ebene in die Elternrolle schlüpfen können. Die Erwachsenenwelt und die Kinderwelt sind dann nicht mehr voneinander getrennt. Folglich kommt es zu keiner Spiegelung der Ängste und Gedanken eines Kindes, ein narzisstisch schizoider Rückzug in "die eigene Welt" ist da eigentlich vorprogrammiert und ein Überlebensreflex...

http://de.wikipedia.org/wiki/Parentifizierung
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Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon Anton » 5. April 2013, 00:11

Danke. Wieder ein Puzzlestück mehr.
MfG

whocares

Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon whocares » 5. April 2013, 01:40

Klingt ein wenig wie Alice Miller,Das Drama des begabten Kindes.Fuehrt so eine "Erziehung" oder Entwicklungsbedingung nicht eher zu abhaengigen,selbstunsicheren und narzisstischen Persoenlichkeitsstilen als zu schizoiden???

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Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon knallschnute » 5. April 2013, 08:48

Hallo Zamis,

ein wirklich interessanter Link. Vielen Dank!

Besonders bei diesem Abschnitt (dem letzten Satz) aus deiner Quelle:

Im Falle der Parentifizierung allerdings verschwimmen die Grenzen und es kommt zu einer (Selbst-)Überhöhung des Kindes; es sieht sich selbst - unbewusst und aufgrund der (meist ebenfalls unbewussten) Erwartungen, Handlungen und Forderungen der Eltern - auf gleicher Ebene mit diesen, somit als in gleichem Maße verantwortlich (und damit überfordert). Möglicherweise erhöht es sich sogar noch darüber, sodass es einen Elternteil als ihm gegenüber bedürftig versteht und glaubt, ihn emotional versorgen zu müssen.

muss ich unweigerlich an meinen Vater denken. Durch seine Alkoholsucht war er für mich keine Vaterfigur, wie man sie sich idealer Weise vorstellt. Auch meine Mutter war durch ihre Wechselstimmungen teils unberechenbar und unzuverlässig.
Da geht in mir so manches Lämpchen auf... :erleuchtet:

Lieben Gruß
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Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon Zamis » 5. April 2013, 23:55

whocares hat geschrieben:Klingt ein wenig wie Alice Miller,Das Drama des begabten Kindes.Fuehrt so eine "Erziehung" oder Entwicklungsbedingung nicht eher zu abhaengigen,selbstunsicheren und narzisstischen Persoenlichkeitsstilen als zu schizoiden???


Hmm, das Buch kenne ich noch nicht, mag sein...
Wenn so ein Erziehungsstil früh greift, deutlich vor dem Beginn der Pubertät, kann er eine Erklärung für die Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung bieten.

Häufige Komorbitäten einer SPS sind Depression und (stoffliche) Abhängigkeiten.
Zum einen, wie sollte ein schizoider Rückzug nicht narzisstisch sein können(!), zudem ist gesichert, daß eine Parentifizierung mütterlicherseits bedingt zu einer Depression führen kann, und väterlicherseits zur Entwicklung von somatoformen Schmerzen. (Ich spüre Schmerzen im Knie, obwohl somatisch keine Ursache gefunden werden kann...)

Es gibt darüber hinaus schizoide Persönlichkeiten, die extrem selbstsicher auftreten können, im Berufsfeld, oder auch privat, dennoch verspüren sie innerlich ein Gefühl vollkommener Insuffizienz und überwiegend das dringende Bedürfnis, sich zurückziehen zu können.
Sie sind gar nicht so sozial kompetent, wie sie auf die Außenwelt wirken.

@Knallschnute
Mein Großvater und mein Vater waren alkoholabhängig und mütterlicherseits gab es bei der Großmutter Depression, und histrionisches, überaktives, So-Tun-Als-Ob-Man-Glücklich-sei, bei der Mutter...
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Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon Huch » 6. April 2013, 10:52

Hallo,
muß das denn wirklich immer so sein? Ich selbst habe ja keine Geschwister, konnte aber bei andren früher beobachten, daß in den Familien mit vielen Kindern oft die oder der Erstgeborene (intuitiv?) eine Beschützer- und Fürsorgerolle gegenüber den jüngeren Geschwistern einnimmt. Dies wird von den Eltern auch wohlwollend und dankbar angenommen, trägt es doch zu deren Entlastung bei. Dieser Status bleibt oft auch bis ins Erwachsenenalter hinein bestehen. Ich denke aber, das ist ein ganz normales Sozialverhalten und evolutionär auch so vorgesehen. Bei schwierigen Familienverhältnissen führt dies sicher auch schon mal zu Belastungen der/des Erstgeborenen und die Grenzen zu der im Wikipedia Artikel geschilderten Entwicklungsstörung sind dann fließend. Ich finde aber dennoch nicht, daß sich hinter jedem Problem gleich eine Störung verbirgt.
Some of them want to be abused

whocares

Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon whocares » 6. April 2013, 11:05

Alice Millers drama des begabten kindes beschreibt die Ursachen/Entstehungsmoeglichkeiten des "falschen Selbsts" bei dem Kinder die unerfuellten,unausgesprochenen Erwartungen und Wuensche ihrer Eltern erfuellen und dabei ihre eigenen Beduerfnisse/Gefuehle verleugnen,teilweise auch garnicht mehr spueren.Es geht mit einer hohen Empathiefaehigkeit einher,abhaengige und narzisstische ps sind die Folge.Die Parentifizierung erinnerte mich stellenweise daran da auch dort beduerftige Eltern zu viel vom kind verlangen,es teilweise als Partnerersatz nehmen und es staendig in loyalitaetskonflike bringen-"wer hat jetzt unrecht,zu wen haelst du?"Das kommt mir nicht unbekannt vor daher hab ich etwas ausgeholt.Das Buch ist empfehlenswert.Die Verbindung zwischen SPS und Narzissmus sehe ich jetzt nicht so?

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Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon Zamis » 6. April 2013, 12:21

Es geht ja auch nicht um Verallgemeinerung oder eine Monokausalität.
Die kann es ja gar nicht geben, da jedes Individuum ein einzigartiges psychisches System aufweist und die Herkunftsfamilien ebenfalls unterschiedliche Muster aufweisen. Ich habe Alice Miller noch nicht gelesen, aber so wie Du es wiedergibst, beschreibt sie etwas anderes als eine (emotionale) Parentifizierung.

Ich sehe nicht generell eine Verbindung zum Narzissmus, ich denke aber, daß einem schizoiden Rückzug auch ein narzisstischer Anteil innewohnt, die Motivation ist ganz klar ein Schutzbedürfnis, ob sich dadurch auch eine narzisstische Störung entwickelt, ist da eine andere Frage.
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Re: Parentifizierung und schizoider Rückzug

Beitragvon whocares » 6. April 2013, 20:58

Sehe da schon einige Paralellen,in beiden Fällen können die Eltern ihrer Rolle nicht entsprechen da sie bedürftig sind. Das Kind kann kein wahres Selbst entwickeln weil es entweder ihren Part übernimmt und nicht Kind sein darf oder weil es als Partnerersatz fungiert.Das nennt man wohl auch emotionalen Mißbrauch.
Da gebe ich dir Recht was den schizoiden Rückzug betrifft aber im Unterschied zum Narzissten benötigen SPSler niemand anderen um sich selbst aufzuwerten.


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