Artikel zur Bindungstheorie

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Artikel zur Bindungstheorie

Beitragvon Kalliope » 23. November 2018, 22:47

https://www.spektrum.de/news/auf-der-su ... en/1589956


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"In Wirklichkeit ist der andere Mensch Dein empfindlichstes Selbst in einem anderen Körper" Khalil Gibran
"Das Ideal einer vollkommenen Gesundheit ist bloß wissenschaftlich interessant. Krankheit gehört zur Individualisierung." Novalis

Themis

Re: Artikel zur Bindungstheorie

Beitragvon Themis » 24. November 2018, 00:34

Danke für den Artikel.

Gerade hatte ich in dem kürzlich empfohlenen Buch (Brisch) auch darüber gelesen:
"Traumatische Erfahrungen im Kindesalter während der Reifungszeit des kindlichen Gehirns können auch einen Einfluss insbesondere auf die Reifung der orbito-frontalen Hirnregion haben, die für die Steuerung, Integration und Modulation von Affekten zuständig ist. Eine Misshandlung bzw. ein Trauma in der frühen Kindheit verändern zudem stark die Entwicklung der rechten "nonverbalen" Gehirnhälfte, die für verschiedene Aspekte der Bindung und Affektregulation verantwortlich ist."
(K. H. Brisch, Bindungsstörungen. Stuttgart 2013 (12. Auflage), S. 43)

Es wird auch dargelegt, dass eine traumatisch bedingte Fehlentwicklung der Dopamin-, Cortisol- und anderer Rezeptoren mit entsprechend fehlreguliertem Botenstoffhaushalt durchaus später im Leben durch positive Erfahrungen noch verändert werden kann - dauerhaft. Der Botenstoffhaushalt ist also nachgewiesen lernfähig. Das finde ich sehr erfreulich.

(Wer sich an dem Begriff "traumatisch" stört: Darunter fallen Kindheitserlebnisse und Elternbeziehungen wie viele hier im Forum berichteten - neurologisch, psychiatrisch und psychologisch - locker. "Trauma" bedeutet ja wörtlich nur 'Verletzung' ... Die fängt für die genannten Disziplinen schon bei Dingen an, die mir immer ganz normal und eben hinzunehmen erschienen ... an die man eben immer gewöhnt war. Frage des Blickwinkels.)

Dass Personen mit Geschichten wie "wir hier" unbewusst ständig unter extremem Stress stehen, obwohl "eigentlich" gar kein Anlass besteht, kann durch einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel im Blut nachgewiesen werden. Ziemlich schädlich für Organe und Psyche ... ständiges Hyperarousal, das "naturgemäß" eigentlich nur bei akuter Bedrohung auftreten und entsprechende Fight-or-flight-Reaktionen ermöglichen soll. Durch Fehlprogrammierung im Kindesalter aber Dauerzustand ...

Das mit den Autoimmunerkrankungen sehr interessant. Denke, auf niedrigerem Niveau fallen da auch schon die ganzen neurologisch bedingten Hauterkrankungen mit rein, da die Haut primäre Kontaktzone mit der Umwelt ist und sich dann wehrt. :rätseln:

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Re: Artikel zur Bindungstheorie

Beitragvon Kalliope » 24. November 2018, 08:51

@Themis: danke auch für's Zitat aus dem Brisch-Buch.

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Themis

Re: Artikel zur Bindungstheorie

Beitragvon Themis » 24. November 2018, 13:49

Ich frage mich auch, wie es den Müttern mit dem Arrangement zu Bowlbys Zeiten ging, das ja bekannt, aber auch im Artikel nochmal eindrücklich geschildert ist.

Nach den Mühen der Schwangerschaft und den Schmerzen der Geburt das Kind nur einmal täglich zur Teestunde sehen? Auch wenn das allgemein so üblich und vorher bekannt war, wahrscheinlich doch recht schmerzlich. Gerade durch den Geburtsschmerz und die entsprechenden Hormonausschüttungen entsteht ja - von der Natur gewünscht - eine emotionale Bindung ans Kind. Dann wurde es aber gleich weggenommen und einer Amme übergeben. Die Mutter blieb ferne Bezugsperson.
Stelle ich mir qualvoll für Kind UND Mutter vor. Da wird ja auch auf ihrer Seite ein Bindungswunsch (an das Kind, das eigene Produkt) enttäuscht. :rätseln:
Kalliope hat geschrieben:Was das aber angeht, so könnte man auch mal schauen, wie Trauma (im Sinne der wörtlichen Übersetzung "Verletzung" sich auf den Körper auswirkt und ob es eben Gemeinsamkeiten gibt bzgl. seelischem und physischem Trauma. Eine Übereinstimmung ist ja bereits nachgewiesen/bekannt: dass psychischer Schmerz in der derselben Hirnregion wahrgenommen wird wie physischer.
Danke auch für den scinexx-Link. Das wiederum bestätigt meine Annahme, dass eine recht hohe physische Schmerztoleranz (wenn Ursache des Schmerzes bekannt) mit erlernter Unemotionalität/Apathie in Bezug steht.


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