Interviews mit Sterbenden

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Interviews mit Sterbenden

Beitragvon sdsdsdsv » 8. März 2015, 17:12

[align=justify]Die fünf Sterbephasen nach Elisabeth Kübler-Ross

Vorgeschichte


Gerade habe ich das titelgebende Buch beendet. Für dieses Forum und seine Betroffenen ist es möglicherweise interessant, weil die weiter unten erklärten fünf Phasen für alle Arten von Verlusten gelten.

Die Psychologin Elisabeth Kübler-Ross hatte die ungewöhnliche Idee von Sterbenden zu lernen, wie man mit Sterbenden umgeht und welche Hilfe sie sich erhoffen. Als sie 1965 damit anfing in Chikago mit Todkranken zu sprechen, erlebte sie zunächst Unverständnis und Abwehr von den Ärzten und dem Krankenhauspersonal, während ihr fast alle Kranken dankbar waren für die Möglichkeit sich auszusprechen. Indem man sich damals ausschließlich auf die Heilung der Krankheitssymptome konzentrierte, wurde die menschliche Seite des Sterbens vernachlässigt und verschwiegen. Der Kranke erhielt auch oft keine offene Auskunft über seinen Zustand und die Ärzte empfanden seinen Tod als eine Niederlage. In ihrem Buch „Interviews mit Sterbenden“ machte die Autorin auf Verhaltensweisen aufmerksam, die in dieser Weise vor ihr noch nicht beschrieben worden waren.

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1. Phase: Nicht-wahrhaben-Wollen und Isolierung (Denial)
Der Betroffene erfährt von seiner Krankheit, doch will er sie nicht wahrhaben. Er verdrängt die tödliche Diagnose und glaubt an Verwechslungen und Irrtümer. Er sucht andere Ärzte auf und schmiedet weiterhin Zukunftspläne. Wenn die Wahrheit nicht mehr verleugnet wird, drohen Rückzug, Isolation und Suizid.

2. Phase: Zorn und Ärger (Anger)
Getrieben von der Frage, warum es gerade ihn trifft, reagiert der Sterbende negativ auf seine Umwelt: Er beschimpft gesunde Personen, ist unzufrieden und aggressiv. Pflegekräfte und Angehörige werden zum „Blitzableiter“.

3. Phase: Verhandeln (Bargaining)
Der Sterbende versucht Aufschub zu bekommen. Er verhandelt mit Ärzten und sogar Gott, um Zeit zu gewinnen. Er möchte sich noch letzte Wünsche erfüllen (z. B. an bestimmten Familienfeiern teilnehmen). Im Allgemeinen ist er kooperativ.

4. Phase: Depression (Depression)
Der Patient wirkt in dieser Zeit traurig und deprimiert. Er zieht sich zurück, zeigt Angst und weint oft. Er trauert um vergebene Chancen aber auch um sein Leben, das er verlieren wird. Er kümmert sich um Dinge, die er selbst regeln will, wie das sein Testament, möchte Konflikte bereinigen und bewusst von anderen Abschied nehmen.

5. Phase: Akzeptanz (Acceptance)
Der Kranke akzeptiert sein Schicksal in dieser letzten Phase, die frei von Gefühlen ist. Er zieht sich langsam von seiner Umwelt zurück, was von dieser als Zurückweisung empfunden wird. Längere Gespräche sind meist nicht mehr erwünscht. Auch wenn er es nicht zeigt, reagiert er sehr sensibel auf seine Umwelt.


Hoffnung und Angst

Kübler-Ross hat auf der Basis von mehr als 200 Interviews mit Sterbenden das Konzept des Fünf-Phasen-Modells entwickelt, welches die psychischen Vorgänge im Zusammenhang mit dem nahenden Tod in fünf Sterbephasen zusammenfasst. Doch jeder Patient stirbt auf seine eigene, individuelle Art und Weise, was sich innerhalb weniger Minuten oder über Monate hinziehen kann. Zudem können auch Phasen wegfallen oder mehrfach durchlaufen werden. Dabei sind nicht nur die Sterbenden betroffen, sondern auch die Angehörigen, welche ebenfalls nervlich stark belastet sind. Das Modell lässt sich darüber hinaus auch auf andere Lebenskrisen anwenden, deren Bewältigung so leichter verstanden werden kann (z. B. den Verlust des Arbeitsplatzes).
Der Verlust von Kontrolle über das eigene Leben und die Wahrnehmung des unaufhaltsamen Endes erzeugt dabei in allen Phasen ein Grundgefühl von Angst, die in allen Phasen spürbar ist. Daneben schwingt auch immer Hoffnung mit, da der Patient hofft, dass sich doch noch alles zum Guten wendet.[/align]
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[align=justify]Bedeutung und Kritik

Als Kübler-Ross ihre Interviews mit den Sterbenden 1969 veröffentlichte, machte sie damit einer breiten Öffentlichkeit bewusst, dass das Sterben eine wichtige Lebensphase ist und man sterbende Menschen wahrnehmen sollte und mit ihnen sprechen kann. Das Buch war ein Tabubruch und hat entscheidend dazu beigetragen das Thema Tod in die Öffentlichkeit zu bringen. Damit gab sie den Helfenden Sicherheit im Umgang mit den sterbenskranken Menschen, die nun den Mut fassen konnten, auf diese zuzugehen und sie aus ihrer Isolation zu befreien. Das Buch fand breite Anerkennung, wurde schnell zum Bestseller und Kübler-Ross eine Autorität auf dem Gebiet der Sterbeforschung, Vieles von dem was sie schrieb ist heute selbstverständlich, war damals aber neu und provozierend.[/align]

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Re: Interviews mit Sterbenden

Beitragvon Jette » 12. März 2015, 22:53

Ich weiß nicht, reichte ihm die Zeit nicht mehr, oder gibt es davon auch einfach Abweichungen. Aber bei meinem ersten Mann fehlten die Phasen 4 und 5 definitiv. Bei meiner Mutter konnte ich sie aber beobachten.

Ich habe auf Grund eines Vortrages, in dem es um diese fünf Schritte ging, das Buch auch gekauft und gelesen. Ich finde, diese Schritte lassen sich auch auf ganz viele andere Krisensituationen umdenken. ich glaube, ganz vieles läuft in ganz ähnlicher Weise ab.
Die Veränderung des Blickwinkels kann die Wahrnehmung von kleinen Dingen bewirken, die wir manchmal gar nicht mehr sehen. - Namasté


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