1. Jul 2014, 00:38 » Ghostvoice hat geschrieben:Ohne darauf lang einzugehen: Ja, man kannte bereits seit der Frühzeit der Menschheit Verhütungsmittel! Inklusive Keramikscheiben, die in etwa die Funktion eines Diafragmas erfüllten. Oder - vermutlich häufiger - pflanzliche Mittel welche erwiesene Spermizid-Killer sind.[...] Ich denke aber, daß sie [die Pille] in biologischer Hinsicht ein sehr wichtiger Meilenstein war, welcher den Bestrebungen um sozialer Gleichstellung einen starken Auftrieb gab! (sah mich leider auch gezwungen, darüber etwas mehr zu recherchieren - "Liebes Tagebuch, ..." )
rein logisch betrachtet kann ich mir nicht vorstellen, das gerade die Pille der Meilenstein zur sozialen Gleichstellung war. Meine Ausführung über die Produktionskraft - damit verbunden der Zugriff auf Bildung und Arbeit - war vor allem im (damaligen) Osten Deutschlands gar nicht so abwegig:
(Quelle: http://www.freundschaft-diplomarbeiten.de/4.1-Frauenbewegungen-und-Emanzipation-der-Frau.htm)Im Nachkriegsdeutschland setzte sich im Westen schon bald wieder das Leitbild der Hausfrau durch, während im Osten der marxistischen Grundauffassung gefolgt wurde, dass die Entfaltung menschlicher Fähigkeiten und der Persönlichkeit nur innerhalb der gesellschaftlichen Arbeit geschehen kann. Die SED wollte eine neue sozialistische Gesellschaftsordnung schaffen. Das konnte nur geschehen, wenn Frauen wie die Männer als menschliche Hauptproduktivkraft begriffen wurden, sowie in die parteipolitische Arbeit einbezogen wurden. In der Verfassung der DDR wurde 1949 durch mehrere Artikel die Gleichberechtigung der Frau auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens gesichert. Im Zugang zu Bildung und Ausbildung konnte in der DDR von einer Benachteiligung der Frau keine Rede mehr sein. Die einheitliche zehnklassige polytechnische Oberschule als Pflichtschule für Jungen und Mädchen war dafür die Voraussetzung. (vgl. MENSCHIK 1977: 32 f.)
knallschnute hat geschrieben:Was, wenn es gar nicht so um das sexuelle Thema geht, als vielmehr darum möglichst viele Menschen in Arbeit zu stecken?
Das glaube ich weniger. Ich versuche mir bei solchen Themen die grundsätzliche Motivation zu überlegen. Engagierten Frauenrechtlerinnen ging es nicht um eine Vollbeschäftigung der Frauen, sondern um das Grundrecht jeder Frau selbst zu entscheiden, ob sie die traditionelle Rolle der häuslichen Versorgerin oder die einer berufstätigen Frau einschlagen wollte. Um das Recht als solches!
Kann gut sein, dass die Frauenrechtlerinnen sich das so überlegt hatten. Doch der Staat verfolgt seine eigenen Ziele - die kann man ja mit modernen Sichtweisen einleiten und zum Schein und auch für den Kapitalismus Dinge unter das Volk bringen, die es noch besser zu lenken und zu steuern vermag. (Ich hatte im Forum bereits etwas zum Thema Arbeit geschrieben. Das Buch "Feierabend" hat mich dazu inspiriert.) Eine echte Wahl zwischen Arbeit oder Hausfrauendasein gibt es gar nicht mehr, denn der Staat unterstützt Mütter/Hausfrauen viel zu wenig. Von dem bisschen Kindergeld kann eine Hausfrau und Mutter nicht leben und wenn der Ehemann (sofern vorhanden) ihr nicht gütig gesinnt ist oder genügend verdient ist diese Frau neben ihren anderen sehr anstrengenden Verpflichtungen zudem auf Arbeit angewiesen. Sie wird aber nicht jeden Job machen können, da sie evtl. nicht flexibel genug ist oder es nicht sein möchte, da sie natürlich für ihre Kinder sorgen und sie nicht nur fremdbetreuen lassen mag. (Leidiges Thema, bei dem ich mich immer wieder aufregen könnte - hab aber gerade keinen Bock drauf!)
Achja? Doch was tut die Gesellschaft bzw. der Staat für die Frauen die sich entschließen ihm Kinder zu "schenken"? Ich erinnere mich noch daran, dass es in der Zeit, als meine Tochter geboren wurde für 2 Jahre mindestens 300 Euro vom Staat für die Elternzeit gab oder man verkürzte auf ein Jahr und erhielt 450 pro Monat. Da 300 Euro pro Monat zwei Jahre lang, insgesamt mehr Hilfe ist, habe ich mich damals natürlich für diese "großzügige" Variante entschieden. (Heute gibt es das in dieser Form gar nicht mehr. Man erhält das Elterngeld nur noch für ein Jahr!)knallschnute hat geschrieben:Und die Frau, die als Hausfrau und Mutter "nur" ihren Haushalt und die Kinder hütet kann keine Lohnsteuer abführen oder sonstwie für den Arbeitsmarkt oder den Staat von großem Nutzen sein.
Sie erfüllt gesellschaftlich gesehen sogar einen weitaus wertvolleren Nutzen! Sie stellt sicher, daß die Bevölkerung weiter existiert! Ohne Mütter, keine Nachkommen! Dieses Grundgesetz der Natur wird sogar von der Wirtschaft akzeptiert.
Als Frau, die gerade ihren zweiten Lehrberuf hinter sich gebracht hatte war ich auf der Stufe von Hartz4 und erhielt nur den Mindestsatz, eben diese 300 Euro. Dieser Betrag wurde sogar als Einkommen auf Hartz4 angerechnet. Tja, so einen wertvollen Nutzen hatte mein täglicher 100%iger Einsatz ein gesundes und wohlgeratenes Kind aus meinem kleinen Spross zu machen. Man muss aber erwähnen, dass es in Bayern immerhin noch großzügiger Weise ein weiteres Jahr ca 200 Euro Kohle vom Freistaat gibt. Also hatte ich wenigstens für 3 Jahre ein bissi Geld mit dem ich jedoch nicht einmal die Miete bezahlen, geschweige denn mir und dem Kind was zu Essen oder Kleider hätte kaufen können!
Als Frau mit einem Kind das bereits 3 Jahre alt ist wird man, sofern kein Ehemann für einen sorgt, in gewisser Weise vom Sklaventreiber oder auch ARGE genannt dazu gezwungen wieder arbeiten zu gehen und das Kind zeitweise in die Obhut einer staatlichen oder kirchlichen Einrichtung zu stecken. Dort wird ihm dann alles Nötige, was es über diese Gesellschaft wissen muss, beigebracht - zu Hause lernt es dann aber darüber hinaus seinen Horizont zu erweitern (hoffentlich).
Wo hat eine Mutter hier noch eine Wahl? Hausfrauenarbeit und Kindererziehung scheinen zumindest für den Staat innerhäuslich nur bis zum dritten Lebensjahr nötig zu sein, denn danach sollten Frauen gefälligst wieder allein für sich und die anderen Herausforderungen Sorge leisten - dies ist die gängige Mentalität. Auch die Frauen untereinander haben heute nur noch wenig Verständnis für Vollzeitmamis. Warum nur? Weil der Trend immer mehr in Richtung "Allroundfrau" geht und die Ausbeutung der Frau keine Grenzen kennt.
Warum gibt es denn keine Pille für den Mann, damit er Kinder bekommen kann oder warum sind so wenige Männer Hausmänner? Weil es sich gar nicht (mehr) lohnt.
Nur gut dass Frauen heute dank der Pille verhüten können und Frauenärzte sie ihnen verschreiben. Jetzt steht den vollzeitarbeitenden Frauen nix mehr im Wege... Die Attraktivität der Familiengründung wird systematisch geschmälert - man spart ja gerne am Volk - und nun überlegen wir uns alle ob es schon genügend Gleichberechtigung für die Frauen gibt, denn orientieren müssen wir uns am Bild des Mannes, den es in gewisser Weise zu kopieren gilt.
Ich versuche seit fast 2 Stunden diesen Post zu vollenden, doch sehe keine Möglichkeit dies zu tun, ohne in mehrere sehr große Fettnäpfchen zu treten. Du bringst in deinem Posting eigentlich genau die Punkte, bei denen es mir in meiner ursprünglichen Fragestellung ging... doch die Schlussfolgerungen möchte ich hier nicht ziehen!
Dieses Thema ist noch viel sensibler, als ich bisher gedacht hatte...
Wie darf ich das verstehen? Welche Fettnäpfchen? Voreingenommenheit oder Vorurteile kann ich dir ohnehin nicht nehmen. Wir sehen jeder für sich beschränkt aus der eigenen Sichtweise und oft ist das, was man selbst noch nicht erleben konnte, schwer nachvollziehbar.
Meinen Dank möchte ich dir auf alle Fälle aussprechen!!
Die Auseinandersetzung mit deinem Posting hat mir geholfen mehr Klarheit in diesem Thema zu gewinnen!
Inwiefern denn?
An dieser Stelle muss ich mich wohl korrigieren, denn mir fällt wieder ein, was ein Lehrer damals zu mir sagte: "Man macht keine Fehler, sondern sammelt Erfahrungswerte."knallschnute hat geschrieben:Das Schöne ist doch, dass wir uns weiter entwickeln (können) und aus Fehlern lernen, wenn wir es wollen.
Ich hoffe, daß wir das wirklich können! Das Lernen aus unseren Fehlern!
In diesem Sinne noch einen angenehmen Abend!
Knallschnute