knolle hat geschrieben:Das klingt fast so, als würde dich das beruhigen
So ist es. Das gilt schon seit meiner Jugend und ist seither noch ausgewogener und tiefer geworden. Durch ein bestimmtes Ereignis in letzter Zeit gab es nochmal einen starken Schub in diese Richtung.
knolle hat geschrieben:Wenn Leben und Tod dasselbe sind, nur zeitlich getrennt, wäre alles dazwischen ja nur Zeitverschwendung. Das nimmt ja der Gegenwart jegliche Existenzberechtigung.
Das könnte man natürlich so sehen. Allerdings könnte dies dann auch für jede Feier, jedes Essengehen, jedes Konzert gelten: Zeitverschwendung, weil es sowieso irgendwann endet. Sehe zumindest ich aber nicht so. Man freut sich ja in der Zeit daran, wo es stattfindet. Evtl. ergeben sich noch einige schöne (oder anderweitig eindrückliche) Erinnerungen daraus, die weitere Lebensenergie geben.
"Dasselbe" würde ich persönlich aus meiner Erfahrung nicht sagen. "Eins" meinte ich eher im Sinne von "zwei Seiten derselben Medaille".
Existenzberechtigung ... ein großes Wort. Warum kann nicht die Gegenwart für sich stehen und man in ihr leben? Der Weg ist das Ziel.
Man ist im Leben, ohne gefragt worden zu sein. Das Wissen, irgendwann ebenso fraglos wieder gehen zu können, hilft mir in der Tat sehr, den Weg durchzuhalten, vieles nicht so schwer zu nehmen und oft sogar ein Lächeln parat haben zu können.
Das von tiffi Geschriebene gibt m. E. "Existenzberechtigung" genug:
tiffi hat geschrieben:Ich finde, es erhöht das Staunen, am Leben zu sein.
Ist für mich auch ein Gegenpol gegenüber vielen kleinkarierten Sachen.
Das fängt bei mir schon an bei dem Bewusstsein und der Dankbarkeit, doch bisher recht gut durchs Leben gekommen zu sein;
recht gesicherte Lebensbedingungen zu haben und trotz häufiger Gefährdung doch letztlich immer halten zu können; über das Staunen über die so vollkommene Ausarbeitung der Natur, von der Schönheit eines Schmetterlings über die Gewalt eines Sturms bis hin zu den spürbaren Funktionen des eigenen Körpers. Staunen über das im Leben sein Können und das Leben an sich eigentlich. Ohne aber sich daran festzuklammern. Das Schöne wie das Schwere sind nur Leihgaben.
tiffi hat geschrieben:Oder man hatte noch nicht soviel hinter sich und hatte nicht so das Gefühl, jetzt ein
"Recht auf Fortsetzung" zu haben.
Interessanter Gedanke. Ein bißchen bei mir ähnlich ... Fast aber eher "Pflicht zur Fortsetzung": Schon so lange durchgehalten, das darf man nicht gering schätzen und wegwerfen. Lieber staunen (siehe oben
), oft sogar dankbar sein und weitergehen.
Kalliope hat geschrieben:Denke, jede/r geht anders mit dem Tod um.
Ja, das denke ich auch. Glaube auch, je mehr man schon mit ihm in Berührung kam (direkt oder indirekt), desto weniger Angst macht er.
Na ja, obwohl: Das stimmt so nicht. Einigen Menschen, die z. B. schon viele nahe Bezugspersonen verloren haben, scheint er dadurch eher mehr Angst zu machen; vielleicht wegen eines gewachsenen Gefühls der Ohnmacht?
Da hier Rubrik "Gesellschaft und Kultur", werfe ich noch ein, dass auch zwischen Tod und Sterben noch unterschieden werden muss: Da man heute stets so gut über Krankheiten und erschreckende Todesfälle informiert wird, besteht vielleicht noch mehr als früher eine Angst vor einem langwierigen Sterben z. B. in Krankenhausumgebung. Da geht es aber m. E. eben nicht um den Tod (das Totsein), sondern das Sterben.