Wer ist hier krank?

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Ambivalenz
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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Ambivalenz » 25. April 2013, 14:05

Wer ist hier krank? Mal sehen...:

"In Paris gingen wieder Hunderttausende auf die Straße..."
Weshalb? Um zu demonstrieren/protestieren. Für ihre Rechte? Gegen Einschränkung/Mißachtung selbiger?

Nein.

Gegen die Rechte anderer Menschen (Eheschließung, Adoption etc gleichgeschlechtlicher Paare). Für die Abschaffung selbiger (nachdem das Gesetz beschlossen war/ist).

Paris - die Hauptstadt der Liebe.
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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Soleil » 26. April 2013, 18:49

Liebe Ambivalenz,

ok: das IST krank. Kann ja wohl nicht sein, oder? Für mich gibt es überhaupt keinen Zweifel, dass man in 20 Jahren lauthals drüber lachen wird, dass Schwule und Lesben nicht heiraten oder Kinder haben sollen. Das sollte doch längst durch sein, ohne einmal Wimpernzucken, oder? Das ist für mich eine Frage von Demokratie. Genauso gut könnte man sagen, alle Blauäugigen dürfen keine Kinder mehr haben (wie gut, dass ich grüne Augen habe, ha-ha). Alter.

LG, Soleil

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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Schattentanz » 26. April 2013, 19:35

Selig sind die Bekloppten, denn sie brauchen keinen Hammer!


... bei völlig klarem Bewusstsein ist das Leben auch nicht zu ertragen. Man entdeckt zu viel systematischen Irrsinn.
Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke.

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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon knallschnute » 26. April 2013, 19:41

Schattentanz - wie wahr, wie wahr! :feiern:
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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Soleil » 26. April 2013, 19:47

So isses. Da bin ich lieber nach allen Seiten offen: also nicht ganz dicht.

Soleil

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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Ambivalenz » 26. April 2013, 19:55

Soleil hat geschrieben:Das ist für mich eine Frage von Demokratie.


Demokratien leben von Mehrheitsentscheidungen. Wo die Mehrheit entscheidet, haben Minderheiten meist das Nachsehen.

Ethische Grundsätze sollten darum immer und unter allen Umständen Priorität haben, egal in welche Richtung die Meinung der "Öffentlichkeit" (wer soll das eigentlich sein?) gerade tendiert/mal wieder pendelt.
Ethische wohlgemerkt, nicht moralische. Moral ist die etwas schwerfällige(re) Schwester der Mode: Je nach Zeit, Gesellschaftsform, Religion, Ideologie, Kulturkreis verschieden und wandelbar. Nichts anderes als... Geschmackssache.

Der "Mehrheit" stehe ich persönlich noch aus einem weiteren Grund skeptisch gegenüber. So misanthropisch ich auch sein mag, muss ich doch zugeben: Die meisten Menschen sind für sich allein gesehen (als Individuum) durchaus in Ordnung. Doch sobald die Anzahl steigt, sinkt das Niveau. Man einigt sich gewissermaßen mathematisch, nämlich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Und der liegt dann oftmals leider in den Ur-Instinkten, genetisch weitergegeben über Generationen hinweg, aus der "guten alten Zeit", in der derjenige Recht hatte/bekam, der die größte Keule oder zumindest den lautesten Brüllapparat vorzuweisen hatte.

Aber keine Panik! Das ist nur meine persönliche Sicht der Dinge. Und ich bin ja - krank... :breites grinsen:

MfG Ambivalenz (heute etwa(s) auf Krawall gebürstet?) :feiern:

ps: Die Sache hat zugegebenermaßen einen Haken. Wer definiert diese von mir so hochgelobten Ethischen Grundsätze? Hm... Der gesunde Menschenverstand... Da dreht sich dann die Kuh auf dem Eis und die Frage dieses Threads: Wer/was ist gesund? :kein Plan:
Zuletzt geändert von Ambivalenz am 28. April 2013, 19:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Ambivalenz » 27. April 2013, 22:44

"Die Ethik ist von ihrer Zielsetzung her eine praktische Wissenschaft. Es geht ihr nicht um ein Wissen um seiner selbst willen (theoria), sondern um eine verantwortbare Praxis. Sie soll dem Menschen (in einer immer unüberschaubarer werdenden Welt) Hilfen für seine sittlichen Entscheidungen liefern. Dabei kann die Ethik allerdings nur allgemeine Prinzipien guten Handelns oder ethischen Urteilens überhaupt oder Wertvorzugsurteile für bestimmte Typen von Problemsituationen begründen. Die Anwendung dieser Prinzipien auf den einzelnen Fall ist im Allgemeinen nicht durch sie leistbar, sondern Aufgabe der praktischen Urteilskraft und des geschulten Gewissens. Aristoteles vergleicht dies mit der Kunst des Arztes und des Steuermanns. Diese verfügen über ein theoretisches Wissen, das aber situationsspezifisch angewendet werden muss. Entsprechend muss auch die praktische Urteilskraft allgemeine Prinzipien immer wieder auf neue Situationen und Lebenslagen anwenden. Dabei spielt für die richtige sittliche Entscheidung neben der Kenntnis allgemeiner Prinzipien die Schulung der Urteilskraft in praktischer Erfahrung eine wichtige Rolle." (dem Wikipedia-Artikel "Ethik" entnommen)

Hm. Ethik ist also der wissenschaftliche Versuch eine ALLGEMEINGÜLTIGE Moral zu definieren; eine, die eben NICHT wandelbar und schon gar nicht Geschmackssache ist.
Hört sich erst einmal gut an, doch: Es gibt viele unterschiedliche ethische Theorien, je nachdem welche Kriterien man hierbei zugrunde legt oder von welcher Ausgangsposition man beginnt. Von allgemeingültig kann also (noch?) keine Rede sein.

So stellt sich meine flammende Lobeshymne bezüglich ethischer Grundsätze im vorherigen Beitrag wieder einmal als :Ballon: heraus - voll heißer Luft und Naivität.

Selbst wenn diese Grundsätze zweifelsfrei definiert wären, ist (wie im obigen Zitat erwähnt) im konkreten Fall die praktische Urteilskraft des Einzelnen vonnöten, um sie anzuwenden.

Womit wir wieder beim "gesunden" Menschenverstand wären... [;)]
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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Lonely » 10. August 2013, 18:57

Ich bin auch krank! Realisiert habe ich es erst als die Diagnosen gekommen sind (Aufenthalt in der Psychatrie).
Wenn ich mich von aussen betrachte leide ich nicht darunter weil ich es nicht anders kenne.
Trotzdem bin ich froh hier unter Gleichgesinnten zu sein und ein reger Austausch stattfindet.

Mfg
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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Cronn » 18. August 2013, 09:01

Huhu Knallschute!

knallschnute hat geschrieben:Angenommen in unserer Welt wäre die schizoide Wesensart Normalität, dann würde jeder emotional agierende Mensch total heraus stechen, und womöglich als "abnormal" beurteilt werden?


Ja, das wäre sicherlich der Fall, denn letztendlich gibt es keine objektive oder übergeordnete Normalität. Normal ist das, was die Mehrheit als normal definiert hat, oder auf einer tieferen Ebene: Normal ist, was sich evolutionär oder gesellschaftlich durchgesetzt und am besten funktioniert hat. Und leider ist das, was am besten funktioniert, nicht immer das, was ethisch am vertretbarsten ist. Allzu oft war es das Prinzip "ich Keule, du Beule", das "am besten" funktionierte... ;)

Daher stimme ich Ambivalenz zu, Demokratie kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Sie ist zwar besser als die meisten anderen Gesellschaftsformen, aber auch sie hat ihre Haken. Eine totale Demokratie würde dazu führen, dass in jeder Hinsicht immer die Mehrheit bestimmt und Minderheiten stets das Nachsehen haben.

Vielleicht werden wir irgendwann in der Lage sein, eine auf Ethik basierende Gesellschaft zu bilden. Das wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollte man von der Ethik keine allgemeingültigen oder universellen Antworten erwarten. Ihre Aufgabe besteht darin, ein Gleichgewicht zu finden zwischen den Interessen des Individuums und denen der Gruppe. Allgemeingültige Antworten kann es in dieser Hinsicht nicht geben, denn das würde erfordern, das es so etwas wie eine übergeordnete Moral außerhalb des Menschen gibt, die dem Universum gewissermaßen innewohnt. Und nein, das kann nicht Gott sein, denn wenn die Moral von Gott ausgehen würde, wäre sie nicht objektiv, sondern subjektiv für Gott und damit letztendlich bedeutungslos. Siehe Platons Euthyphron-Dilemma:

http://de.wikipedia.org/wiki/Euthyphron-Dilemma

Moral sollte niemals allgemeingültig sein, denn zu jedem moralischen Grundsatz, egal wie universell er auch erscheinen mag, lässt sich eine Ausnahmesituation denken. Moral hängt von der gesellschaftlichen Situation ab, und die Ethik ist meiner Meinung nach der beste Weg, eine Annäherung an eine universelle Moral zu erzielen; den bestmöglichen Kompromiss zu finden.

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Re: Wer ist hier krank?

Beitragvon Nordstern » 31. August 2013, 19:25

Demokratie:

Ambivalenz hat geschrieben:Demokratien leben von Mehrheitsentscheidungen. Wo die Mehrheit entscheidet, haben Minderheiten meist das Nachsehen.


Wie Cronn bin ich voll bei der Meinung von Ambivalenz. Mehrheitsentscheidungen müssen nicht die richtigen Entscheidungen sein. Das "Hinterherlaufen" ist nur eine einfache Lösung für die Menschen. Es wird zu wenig hinterfragt, insbesondere danach, welche Personen/Verbände bei der Entscheidungsfindung mit am Tisch saßen.
Außerdem sehe ich in dem Mehrheitsprinzip auch eine Gefahr für die Demokratie: Ansichten einer Person mit ausreichend Charisma könnten nur durch das Finden einer Mehrheit zur Realität werden.

Ethik:

Damit kommen wir auch zur Ethik. Wenn die Menschen einem allgemeinen Kodex von ethischen Ansätzen folgen würden, wäre die beschriebene Gefahr der Demokratie abgemildert. Aber leider gibt es keinen Weltethos. In diesem Zusammenhang finde ich das "Projekt Weltethos" von Hans Küng spannend (http://de.wikipedia.org/wiki/Weltethos).

Nach meiner persönlichen Meinung ist das Gleichgewicht zwischen eigenen Interessen (sicherlich verbunden mit den negativen Eigenschaften Gier und Egoismus) und der Pflicht zur Verantwortung und Verlässlichkeit gegenüber den Mitmenschen absolut aus den Fugen geraten. Mit anderen Worten: Es gibt zu viel egoistischen, eigennütziges Handeln und zu wenig Verantwortung und "Wort halten". Sehr vieles, was ich in der Welt beobachte und bemängele, kann ich eines der beiden Etiketts anhängen: Entweder zu viel Egoismus oder zu wenig Verantwortung.

Wer ist krank?:

In diesen Momenten stellt sich für mich immer die Frage: Wer ist eigentlich krank, wer ist eigentlich normal?
Die normentsprechenden Menschen bezeichnen meine Meinung dann als unzureichende Realitätswahrnehmung.
An dieser Stelle komme ich dann einfach nicht mehr mit; ich dreh mich im Kreis. Sehr treffend:

Ambivalenz hat geschrieben: Da dreht sich dann die Kuh auf dem Eis und die Frage dieses Threads: Wer/was ist gesund?
[align=left]Die Tatsache ist ein kleiner kompakter Glaube.[/align] (Les Murray)


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