Die "Das-eigentliche-Selbst-Hypothese"

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vanBloom
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Die "Das-eigentliche-Selbst-Hypothese"

Beitragvon vanBloom » 1. Mai 2016, 22:46

Ich glaube, dass wir uns alle selber helfen können, wenn wir vor jeder Entscheidung die wir treffen kurz bedenken: Wäre ich der Mensch, der ich idealerweise geworden wäre, der ich sein möchte, würde ich mich genau so entscheiden? Wenn die Antwort Nein ist, ist es eine falsche Entscheidung.

Der erste Schritt ist es unser innerstes und eigentliches Selbst zu erkennen. Wer bin ich?

Dazu gehört, dass man sich zunächst mal darüber im klaren ist, welches einem die wichtigstens Werte überhaupt sind. Was sind die eigenen Ideale? Und welche Priorität haben sie?

Bei mir wären das zum Beispiel:
Bedingungslose Liebe.
Bedingungslose Loyalität.
Bedingungslose Achtsamkeit.
Bedingungslose Gerechtigkeit.

Wichtig: Seid ehrlich zu euch selbst! Eure Oberflächlichen Ideale, eure Fassaden und Masken bringen euch nicht weiter. Es ist nicht leicht das zu unterscheiden. Was ist euch wirklich wichtig. Was ist euch am wichtigsten? Vor allem anderem.

Der zweite Schritt ist in die Vergangenheit zu Blicken und zu überlegen ob man bei seinen Entscheidungen auf seine Werte und ihre Priorität geachtet hat. Wenn nein, warum nicht?

Vermutlich wird bei den meisten Menschen die Antwort sein: Weil meine Erfahrungen, meine Ehrziehung, meine Lebensumstände mich dazu gezwungen haben. Ich bin aufgrund meiner Umwelt der Mensch, der ich nuneinmal bin.

Der dritte Schritt ist, sich bewusst zu machen welche Erfahrungen, Ehrziehung, Lebensumstände das waren. Das kann vom Trauma bis hin zur Etikette "Das macht man nicht" alles mögliche sein. Stellt euch einfach vor, wie ihr mal als Kind wart. Einen Glücklichen Moment in eurer frühen Kindheit visualiseren. Und überlegen wieso dieses Kind zu dem Menschen geworden ist, der ihr heute seit und was passieren musste, weshalb das kind nicht die Person geworden ist, die ihr eigentlich sein wollt.

Der vierte Schritt ist, sich zu überlegen ob diese Umstände es tatsächlich wert waren, sich von seinen Werten und Idealen, seinem eigentlichem Selbst abzuwenden. Bei mir ist die Antwort klar: Nein. Niemals.

Der fünfte Schritt ist es, zukünftige Entscheidungen bewusst zu überprüfen. Wiederspricht eine Entscheidung meinen Werten? Ist es notwendig, mich gegen mein Selbst zu richten?

Ich glaube es ist oft der einfache Weg, den wir fälschlicherweise wählen. Der einfache Weg muss aber nicht unbedingt der richtige Weg sein, wenn er den eigenen Werten wiederspricht. Weshalb wählen wir ihn dann sooft?

Der sechste Schritt Niemals von den eigenen Werten abweichen. Selbst dann wenn es jeder Erfahrung wiederspricht, wenn es weh tut und schmerzt oder einen harten Weg bedeutet. Alles ist besser als unser Selbst zu verleugnen. Denn dann werden wir unglücklich.

Der siebte Schritt vergebt euch selbst, wenn ihr trotz allem eine falsche Entscheidung trefft die eurem Selbst wiederspricht und macht es das nächste mal besser. Kein Weltuntergang!

Jeder kann die Person sein, die er eigentlich sein möchte!
"Wenn der Schnee schmilzt, sieht man, wo die Kacke liegt."
- Rudi Assauer, Focus Nr. 39 (2005)

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Jette
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Re: Die "Das-eigentliche-Selbst-Hypothese"

Beitragvon Jette » 9. Juli 2016, 18:29

Bei all dem, was ich in der Therapie über mich selbst erfahren habe oder in mir aufbrach, bin ich wieder davon abgekommen, dies alles im Alleingang zu versuchen. Glaube mir, das Unterbewusstsein, das macht Sinn! Man stelle sich nur vor, man schafft das, in der Selbsthypnose tatsächlich, bis zum eigenen Unterbewusstsein durchzudringen und es bricht zu vieles auf einmal auf. Das ist doch dann gar nicht mehr aufzuhalten. Und dann noch womöglich keiner da, der dich auffängt... !!!

Was dann?

In der Therapie passiert das dosiert. Und ich habe im Zweifelsfalle jemanden, der das kompetent mit mir verarbeitet.
Die Veränderung des Blickwinkels kann die Wahrnehmung von kleinen Dingen bewirken, die wir manchmal gar nicht mehr sehen. - Namasté

Themis

Re: Die "Das-eigentliche-Selbst-Hypothese"

Beitragvon Themis » 1. April 2017, 21:02

vanBloom hat geschrieben:Der dritte Schritt ist, sich bewusst zu machen welche Erfahrungen, Ehrziehung, Lebensumstände das waren. Das kann vom Trauma bis hin zur Etikette "Das macht man nicht" alles mögliche sein. Stellt euch einfach vor, wie ihr mal als Kind wart. Einen Glücklichen Moment in eurer frühen Kindheit visualiseren. Und überlegen wieso dieses Kind zu dem Menschen geworden ist, der ihr heute seit und was passieren musste, weshalb das kind nicht die Person geworden ist, die ihr eigentlich sein wollt.

Interessanter Thread, bißchen missionarisch, aber das macht ja nichts.
Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich noch nie eine Entscheidung getroffen habe, die ich nicht wollte. Nicht immer der leichteste Weg, aber stets ehrlich zu sich selbst zu sein, erscheint mir das Allerwichtigste. Die Lebensumstände können sich ändern, Personen begleiten einen ein kurzes oder längeres Stück Wegs - aber sich selbst wird man nie los, was auch kommt, mit sich muss man es ein Leben lang aushalten. Daher ist nichts wichtiger, als bei allen Entscheidungen darauf zu achten, dass man damit auch hinterher dauerhaft leben kann.

Stimme vanBloom da in seinen Punkten weitgehend zu ... Hilfreich schon in jungen Jahren ist es da sicher, eine Mutter zu haben, bei der immer die Anderen schuld sind ... so wollte ich nicht werden! Und dann entwickelt sich das Konzept der unbedingten Aufrichtigkeit zum eigenen Selbst fast automatisch.

An dem dritten Punkt bleibe ich aber hängen, er ist (für mich) unverdaulich. Sich rückbesinnen auf das Kind, das man war ... Leicht in Form von Erinnerung. Aber was tun, wenn man da niemanden findet, der überhaupt ein Selbst war, sondern glatt, brav, emotions- und bedürfnislos, weniger als eine Person und schon gar kein Kind?

Nicht immer findet man also im eigenen kindlichen Gewesensein den Schlüssel zum "Selbst" ...
Natürlich knüpft sich daran wieder die alte Frage, ob man eigentlich ein unveränderliches (?) Selbst hat oder dieses nicht vielmehr, ähnlich wie das Ich ein dynamischer Prozess ist.

In der Kindheit nach dem eigenen Selbst zu suchen, finde ich daher schwierig. Kann natürlich auch sein, dass das an der so frühkindlich entstandenen Persönlichkeitsstörung liegt ... in dem Fall dann wirklich eine "Störung" im Sinne von "Kommunikation/ Verbindung zu sich selbst unterbrochen"?

@ Jette, Deinem Einwurf zum kontrollierteren und damit sichereren Entdecken des eigenen Selbst im Schutz einer Therapie stimme ich voll zu. Diese Begleitung schützt einen oft davor, am eigenen Verstand zweifeln zu müssen. Dann kann man sich trauen, den Weg weiterzugehen und sich erstmal auf sein Gefühl zu verlassen, dass er so "richtig" ist ... Denn das eigene Selbst ist ja nicht immer etwas, das man so gern hat, man muss sich erst damit "anfreunden".

@ vanBloom, danke für diesen Gedankenanstoß, wenn auch nicht in die von Dir beabsichtigte Richtung. ;-)

Themis

Re: Die "Das-eigentliche-Selbst-Hypothese"

Beitragvon Themis » 25. August 2017, 21:08

Auf diesen alten Thread war ich bei meinen Lesezeichen gestoßen.

Er macht mich gerade bloß furchtbar traurig.

Zu Punkt 6 fällt mir noch ein: "Niemals von den eigenen Werten abweichen" - damit gieße ich mich ja in Beton und hänge mir gleich noch die Bleikugel an die Füße, bevor ich von der Brücke springe.

Ach, ich weiß nicht ... Zur Zeit ist wieder die Vorstellung oder das Ziel sehr attraktiv, nichts und niemand Greifbares zu sein, nur diffus zu existieren. Mit nichts verknüpft außer sich selbst, falls überhaupt. Eine runde, abgeschlossene Sache. Tot vielleicht, aber sicher.

An dem Threadtitel mit dem "wahren Selbst" blieb ich wohl auch deshalb wieder hängen. Ich denke, das Abgeschlossene, Dissoziierte ist vielleicht mein "wahres Selbst" ... alle Ansätze, sich mehr nach außen, in die Welt zu orientieren, nur Wunschdenken oder "blinder Mut"?

Wobei mir der Begriff "wahres Selbst" schon wieder zu viel Anbindung an was ist, und wenn nur an mich selbst. Ich will einfach an nichts gebunden sein, das ist mir alles zuviel.

Na ja, wohl ein Beitrag, den man besser wieder löscht. Aber ich lass ihn mal so stehen. Vielleicht gehts mir dann besser.


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