Wissenschaft

Hier haben alle Themen über Religion, Politik oder das Zusammenleben mit unseren Mitmenschen platz.
Pünktchen

Re: Wissenschaft

Beitragvon Pünktchen » 17. November 2013, 22:16

Liebe knallschnute,

Ketzerei ist ein Wort das stark emotional eingefärbt ist und überwiegend im religiösen Kontext benutzt wird. Dass ich der Meinung bin dass sich Esoteriker, Abergläubige und Wissenschaftsfeinde auf dem Holzweg befinden ist richtig. Warum ich mit dieser Meinung angeblich Ketzerei propagiere (für Ketzerei werbe, mich einsetze) verstehe ich nicht.

Du kannst ja gerne deiner Wissenschaft, die du so hoch lobst und fortwährend in unserem Forum vertrittst, weiterhin wohlwollend zugetan sein, musst deswegen aber nicht all jene abstempeln, die sich mit alternativen Heilmethoden befassen und diese lobpreisen.
Ich melde mich zwar überwiegend aber nicht ausschließlich zu wissenschaftlichen Themen. Die wissenschaftlichen Themen zu denen ich mich melde sind bis jetzt durchweg von anderen eingebracht wurden. Nun kann ein Forenbetreiber die Regeln festlegen wie er oder sie lustig ist, ein Forum ist keine Demokratie. Heißt das ich darf mich hier also nicht kritisch äußern zu Beiträgen die meiner Meinung nach inhaltlich falsch, irreführend sind? Ich nehme anderen ja nicht die Möglichkeit weg weiter ihrer irreführenden Meinung nachzugehen, aber wenn ich jemanden zum Nachdenken anrege, was ist daran schlecht?

Im Übrigen hat die Wissenschaft noch weit mehr Menschenleben, Tierleben (Versuchstiere) und sonstige Ausbeutung - auch finanzieller Art! - zu verschulden. Das Leid, welches sie, unter dem Deckmantel ihrer Doppelblindstudien erzeugt ist für mich sogar noch gravierender.
Hier liegt ein großes Mißverständnis vor. Wissenschaft ist nur eine Methode, ein Werkzeug, gewissermaßen. Ein Hammer oder ein Auto kann auch zu gutem oder schlechtem verwendet werden. Ethisch ist die Methode völlig wertneutral. Die Methode selber verursacht und verschuldet kein Leid, weder von Menschen noch von Tieren. Genausowenig wie ethischer Handel Menschen ausbeutet. Aber durch den ethischen Einsatz dieser Methode ist ganz gewiß mehr Leid verhindert worden als durch unethischen Einsatz entstanden. Und wir alle benutzen die Früchte dieser Methode täglich, meist zu unserem wohl.

MfG, Pünktchen

Pünktchen

Re: Wissenschaft

Beitragvon Pünktchen » 18. November 2013, 00:18

BlickwinkelFraktal hat geschrieben:Die Menschen wären ausgestorben, wenn sie auf die moderne Wissenschaft hätten warten müssen. Und nein, diese ist für mich kein Humbug. Aber sie stellt heute bestenfalls ein Fenster in die Welt dar. Ich kann mir vorstellen, das "die Wissenschaft" irgendwann alles zu beschreiben in der Lage ist. Bis dahin möchte ich vom Wissen und der Erfahrung meiner Mitmenschen profitieren dürfen.

Eine Synthese des Wissens unterschiedlichster Kulturen, das würde uns viel Leid sparen. Meine Meinung.
Es sagt ja auch niemand dass wir Erfahrungen mißachten sollen. Bloß weil es jetzt Hochleistungsrechner gibt heisst es nicht dass ich nicht mehr mit Bleistift auf Papier rechnen darf, wenn eine solche Methode der Fragestellung genügt. Aber auch Du möchtest in wichtigen und komplizierten Fragen doch irgendwie unterscheiden können ob eine Behauptung eher wahr ist oder eher falsch ist.

Leider machen viele esoterische Lehren oder sogenannte alternative Heilmethoden aussergewöhnliche Behauptungen ohne sie mit entsprechend gründlich erarbeiteten Beweisen zu belegen. Im Gegenteil, sie behaupten oft dass ausgerechnet ihre Lehre sich aus irgend welchen mysteriösen Gründen einer normalen Analyse entzieht. Sie machen theoretische Annahmen, die in aller Regel im Widerspruch zum modernen Verständnis von Physik, Anatomie, Physiologie oder Chemie bzw Biochemie stehen. Als Beleg führen sie lediglich anekdotische Einzelfallbeschreibungen auf.

Zudem sind diese Lehren meist völlig starr, da sie nach ihrem Entwurf durch einen mehr oder weniger charismatischen Begründer in Dogmenartigen Lehrsätzen festgefroren sind, und es in Abwesenheit des Gründers keine Methode gibt für Nachfolger weiter daran zu arbeiten. Homöopathie und Bachblütentherapie sind dafür bekannte Beispiele.

Ich bezweifle stark dass es jemals möglich sein wird alles wissenschaftlich zu beschreiben.. immer wenn man an eine Grenze gestossen ist und diese gründlich erforscht hat, eröffnen sich neue Fragen und neue Grenzen.

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Re: Wissenschaft

Beitragvon BlickwinkelFraktal » 19. November 2013, 15:04

Liebes Pünktchen

Pünktchen hat geschrieben:Aber auch Du möchtest in wichtigen und komplizierten Fragen doch irgendwie unterscheiden können ob eine Behauptung eher wahr ist oder eher falsch ist.

Ich möchte gern besser unterscheiden lernen, was wahr und falsch ist. Wenn Du das schon kannst, freu ich mich für Dich, gerade was die komplizierten Fragen angeht. Was Du für wichtig und kompliziert hälst, weiß ich nicht. Ich persönlich unterscheide da wenig, mir sind vermeintlich unwichtige Sachen wichtig, durfte schon Manches aus ihnen lernen.
Pünktchen hat geschrieben:Es sagt ja auch niemand dass wir Erfahrungen mißachten sollen. Bloß weil es jetzt Hochleistungsrechner gibt heisst es nicht dass ich nicht mehr mit Bleistift auf Papier rechnen darf, wenn eine solche Methode der Fragestellung genügt.

Nein so allgemein war das auch nicht gemeint. Und doch, Du sagst das immer wieder - auch wenn das nette Bild "Bleistift und Hochleistungsrechner" erstmal einen anderen Eindruck macht, und Du es auch meist nicht direkt tust.
Ich kann Dir das unter Deiner augenscheinlich unumstößlichen Prämisse naturwissenschaftlicher Verifikatin aber nicht abnehmen. Du würdest ausschließlich annehmen, was nach derzeitiger Lehrmeinung gilt, auch und obwohl Du sagst...
Pünktchen hat geschrieben:Ich bezweifle stark dass es jemals möglich sein wird alles wissenschaftlich zu beschreiben.. immer wenn man an eine Grenze gestossen ist und diese gründlich erforscht hat, eröffnen sich neue Fragen und neue Grenzen.

Darum geht es mir ja, bitte erkenne den heutigen Kenntnissstand der Naturwissenschaften als eben genau das an, einen heutigen, eine Momentaufnahme.

"Immer wenn man an eine Grenze gestoßen ist, und diese gründlich erforscht hat. ....." Die Grenzen werden wohl derzeit in unseren Breitengraden eher am "Markt" definiert. Daher kommen auch zu einem großen Teil die vielen "naturwissenschaftlich" verifizierten Präparate, die aus guten Gründen wieder vom Markt zurückgenommen werden mussten und noch müssen. Auch naturwissenschaftliche Verifikation ist käuflich. (Stichwort "Scharlatanerie"). Und das ist ein bekanntermaßen nicht zu unterschätzender Markt, dessen Einfluss bis in die akademische Bildung reicht. Diese akademischen Lehrmeinungen scheinen die alleinige Basis Deines Verständnisses von Wissenschaft zu sein. Deine "Wissenschaft" bzw. dein Bild von Naturwissenschaft schütz Dich also nicht vor Unwahrheit. Dein naturwissenschaftliches "wahr und falsch" wird eben auch an der Börse gehandelt. Das entzieht sich deiner Kontrolle.
Pünktchen hat geschrieben:Hier liegt ein großes Mißverständnis vor. Wissenschaft ist nur eine Methode, ein Werkzeug, gewissermaßen. Ein Hammer oder ein Auto kann auch zu gutem oder schlechtem verwendet werden.

Das klingt schlüssiger, als es ist. Wissenschaft ist keine einheitliche Methode. Wissenschaft im naturwissenschaftlichen Sinne "unserer" Kultur ist ein Sammelbecken auf Aristoteles' Logikbegriff basierender Disziplinen der Erkenntniss. Das ist zumindest mein Eindruck. Diese Perspektiven bieten viel, haben uns Menschen in vielen Bereichen weitergebracht und dafür bin ich dankbar. Sie allein bieten dennoch kein Abbild aller Erkenntnissmöglichkeiten. Und ein so reduktionistisches Bild des Begriffes "Wissenschaft" zu verbreiten ist verantwortungslos.
Pünktchen hat geschrieben:Aber durch den ethischen Einsatz dieser Methode ist ganz gewiß mehr Leid verhindert worden als durch unethischen Einsatz entstanden. Und wir alle benutzen die Früchte dieser Methoden täglich, meist zu unserem wohl.

Sagt auch Niemand etwas dagegen. Ich habe aber ein echtes Problem damit, wenn von verschiedenen Leuten immer wieder ein so undifferenziertes "Wissenschaftsbild" in den Raum gestellt wird. Denn wir alle suchen Orientierung, das ist auch legitim, aber wir sollten dabei nicht vermeintlichen Lagerzugehörigkeiten zum Opfer fallen. Diese Lager gibt es so nicht. Derartige Polarisierungen sind im Sinne des Erkenntnissgewinns zum Wohle aller, ich wiederhole mich, reduktionistisch und schädlich.

In diesem Zusammenhang sollte man nicht nur darauf achten, was man sagt, sondern auch darauf, welche Klischees man durch seine Wortwahl im Subtext verbreitet.

Deine Suggestionen setzt Du hier zwar rethorisch an, schätze ich, aber durch diffamierende und unnötige Begrifflichkeiten wie Esotherik und Scheinwissen, Begriffe, die Keiner wirklich definieren kann - die einfach nur negativ belegt sind, erzeugst Du ein Klima diffuser Ablehnung, das sich gegen Alles richtet, was nicht deinem Bild aktueller Lehrmeinung entspricht.


:Ballon:

Pünktchen

Re: Wissenschaft

Beitragvon Pünktchen » 22. November 2013, 02:29

BlickwinkelFraktal hat geschrieben:Ich möchte gern besser unterscheiden lernen, was wahr und falsch ist. Wenn Du das schon kannst, freu ich mich für Dich, gerade was die komplizierten Fragen angeht. Was Du für wichtig und kompliziert hälst, weiß ich nicht. Ich persönlich unterscheide da wenig, mir sind vermeintlich unwichtige Sachen wichtig, durfte schon Manches aus ihnen lernen.
Dein Ansatz hört sich vielversprechend an. Wieviel Aufwand Du verwendest um welche Fragen gründlicher und welche Fragen oberflächlicher zu untersuchen, das kannst nur Du für Dich entscheiden, das ist in der Tat für jeden anders.

BlickwinkelFraktal hat geschrieben:Und doch, Du sagst das immer wieder - auch wenn das nette Bild "Bleistift und Hochleistungsrechner" erstmal einen anderen Eindruck macht, und Du es auch meist nicht direkt tust.
Ich kann Dir das unter Deiner augenscheinlich unumstößlichen Prämisse naturwissenschaftlicher Verifikatin aber nicht abnehmen. Du würdest ausschließlich annehmen, was nach derzeitiger Lehrmeinung gilt, auch und obwohl Du sagst...Darum geht es mir ja, bitte erkenne den heutigen Kenntnissstand der Naturwissenschaften als eben genau das an, einen heutigen, eine Momentaufnahme.
Glaubst Du wirklich daß Du mich nach den gerade mal etwas mehr als ein Dutzend Beiträgen von mir so gut einschätzen kannst? Denn, wie bereits geschrieben, es geht mir gar nicht um irgend eine bestimmte derzeitige Lehrmeinung, sondern vor allem um eine Methode. Und, was ich noch nicht so deutlich geschrieben habe, um ein übergeordnetes Prinzip.
Auf die Diskussion zur Methode komme ich gleich noch zurück, weil Du darauf später noch weiter eingehst. Das übergeordnete Prinzip an dem mir liegt, ist das einer kritischen Auseinandersetzung mit pseudowissenschaftlichen und parawissenschaftlichen Systemen im Sinne der Skeptikerbewegung (nicht des philosophischen Skeptizismus!), wie er in Deutschland zum Beispiel von der GWUP oder in den USA von der Skeptics Society vertreten wird. Immerhin gibt es in diesem Forum zum Glück eine ganze Reihe von Leuten, die angepriesene, 'tolle neue Erkenntnisse' im Bereich der Heilkunde, Impfmedizin oder ADHS mit einer gesunden Skepsis betrachten und kommentieren.. HamsterOfDeath, Zamis und WWSCDneutrino sind mir da angenehm aufgefallen. Einige dieser Leute sind trotz ihres jungen Alters anscheinend recht scharfsinnig.

BlickwinkelFractal hat geschrieben:"Immer wenn man an eine Grenze gestoßen ist, und diese gründlich erforscht hat. ....." Die Grenzen werden wohl derzeit in unseren Breitengraden eher am "Markt" definiert. Daher kommen auch zu einem großen Teil die vielen "naturwissenschaftlich" verifizierten Präparate, die aus guten Gründen wieder vom Markt zurückgenommen werden mussten und noch müssen. Auch naturwissenschaftliche Verifikation ist käuflich. (Stichwort "Scharlatanerie"). Und das ist ein bekanntermaßen nicht zu unterschätzender Markt, dessen Einfluss bis in die akademische Bildung reicht. Diese akademischen Lehrmeinungen scheinen die alleinige Basis Deines Verständnisses von Wissenschaft zu sein. Deine "Wissenschaft" bzw. dein Bild von Naturwissenschaft schütz Dich also nicht vor Unwahrheit. Dein naturwissenschaftliches "wahr und falsch" wird eben auch an der Börse gehandelt. Das entzieht sich deiner Kontrolle.
Hier verwechselst Du wieder etwas. Nicht nur ist die Methode als Werkzeug neutral, sondern in diesem Fall sollte man Marketing nicht mit der Methode verwechseln. Beim Marketing geht es um Verkauf. Da kann es vorkommen, daß die gleiche Salbe unterschiedlich verpackt mehrfach auf den Markt geworfen wird: einmal als ein Produkt angeblich nach "neusten wissenschaftlich Erkenntnissen", einmal "nach altem Traditionsrezept" und dann vielleicht sogar noch als ein von einem Schamanen vertriebenes Geheimrezept. Welche davon hat tatsächlich mit Wissenschaft zu tun? Keine, es sei denn man zählt Abzocke neuerdings zu den Naturwissenschaften dazu. Die andere Frage die Du (zu recht) ansprichst ist die der Integrität der Akademischen Wissenschaftler. Wer überprüft die Prüfer? Wir sind dabei weitgehend auf die Selbstreinigungskräfte des Systems angewiesen. Bei diesem System kann jemand der unehrlich arbeitet, wie z.B. der Wissenschaftsbetrüger Andrew Wakefield sich u.U. ein paar Jahre durchmogeln, aber die meisten werden bei wichtigen Fragen früher oder später entlarvt, weil ihre Ergebnisse einer genauen Überprüfung nicht standhalten.

BlickwinkelFraktal hat geschrieben:Das klingt schlüssiger, als es ist. Wissenschaft ist keine einheitliche Methode. Wissenschaft im naturwissenschaftlichen Sinne "unserer" Kultur ist ein Sammelbecken auf Aristoteles' Logikbegriff basierender Disziplinen der Erkenntniss. Das ist zumindest mein Eindruck.
Völlig Richtig. Jede Disziplin hat ihre eigenen Methoden, aber einige Grundsätze lassen sich im Vorfeld auf fast alle Wissenschaftsbereiche anwenden. Begriffe wie kausale Logik, Nachprüfbarkeit / intersubjektive Überprüfbarkeit oder Offenheit gegenüber Korrekturmöglichkeiten bzw. Falsifizierbarkeit gehören unter Anderem dazu.

Denn wir alle suchen Orientierung, das ist auch legitim, aber wir sollten dabei nicht vermeintlichen Lagerzugehörigkeiten zum Opfer fallen. Diese Lager gibt es so nicht. Derartige Polarisierungen sind im Sinne des Erkenntnissgewinns zum Wohle aller, ich wiederhole mich, reduktionistisch und schädlich.
Meine Kritik wendet sich nicht gegen eine Diskussion um wissenschaftliche Standpunkte, sondern gegen eine unkritische Übernahme oder eines Zitierens von vermeintlichen Experten, deren Hintergrund sich selbst bei oberflächlicher Betrachtung als höchst fragwürdig herausstellt. Daß man einem Herrn Wakefield, seinen Artikel im Lancet zunächst glaubt kann ich verstehen, aber der Fall zeigt daß Vorbehalte auch in Journalen mit einem hohen Qualitätsanspruch nötig sind. Demgegenüber sind dann allerdings Artikel die ein Herrn Tolzin ganz ohne "peer review" in seinem eigenen impfreport herausgegeben hat, nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden.

Deine Suggestionen setzt Du hier zwar rethorisch an, schätze ich, aber durch diffamierende und unnötige Begrifflichkeiten wie Esotherik und Scheinwissen, Begriffe, die Keiner wirklich definieren kann - die einfach nur negativ belegt sind erzeugst Du ein Klima diffuser Ablehnung, das sich gegenüber Allem was nicht deinem Bild aktueller Lehrmeinung entspricht richtet.
Nein. Denn Begriffe wie Esoterik und Pseudowissenschaft sind sehr wohl definiert, auch wenn es zumindest was Pseudowissenschaft angeht Grenzfälle gibt. Das kann jeder nachprüfen, der sich nur ein wenig damit beschäftigt. Zum sanften Einlesen reichen da sogar die Definitionen und Diskussionen zu diesen Begriffen bei Wikipedia. Aber ansonsten diffamieren sich diese Bereiche selbst. Sehr nett z.B. erklärt vom Religionswissenschaftler Hartmut Zinser in einer Aufklärungs-Broschüre der Hamburger Innenbehörde:
Über ein Verborgenes können eigentlich keine Aussagen gemacht werden, dann wäre es kein Verborgenes mehr. Anhänger des Okkultismus und der Esoterik aber machen genau dies. Sie schreiben dem Unbekannten und Verborgenen bestimmte Eigenschaften zu, beispielsweise die Wirkung von Geistern, Toten, anderen Lebenden oder eines Weltbewusstseins usw. zu sein. Es ist dies der Grundfehler der Esoterik und des Okkultismus, dass er über ein tatsächliches oder angenommenes Unbekanntes Aussagen macht. Wenn immer es möglich ist, diese Aussagen zu überprüfen, stellt sich heraus, dass die esoterischen Aussagen über ein Unbekanntes und Verborgenes falsch, unnötig und irreführend sind. Esoteriker wie Okkultisten ertragen offensichtlich die Tatsache nicht, dass uns Menschen vieles unbekannt und verborgen ist und schreiben sich ein Wissen und auch Macht über das Unbekannte und Verborgene zu. Dies mag ihren Wünschen entsprechen, nicht aber der Wirklichkeit.

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Re: Wissenschaft

Beitragvon Nordstern » 22. November 2013, 08:09

Als Laie habe ich mir persönlich folgende Frage gestellt:

Reichweite und Grenzen der Wissenschaft?

Wissenschaft hatte für mich als Kind etwas Richtiges, Bewiesenes, Unumstößliches an sich (z.B. das Schulwissen wurde von mir nicht hinterfragt). Wenn man sich das mit etwas Abstand und im Verlauf der Zeit betrachtet, kann das so nicht stehen bleiben.
Jede neue wissenschaftliche Erkenntnis hat eine alte abgelöst und es war schon immer schwierig, andere von der Richtigkeit der neuen Erkenntnis zu überzeugen. Auch das ein oder andere was heute als erwiesen gilt, wird sich als fehlerhaft oder unvollständig herausstellen. Das ist der Gang der Dinge.
Was lerne ich daraus?
Man darf sich keinem Frage- und Denkverbot unterwerfen. Die Freiheit des Denkens ist nur dann begrenzt, wenn dadurch die Freiheit oder Würde des anderen Menschen verletzt wird.
Man darf eine heute als erwiesen geltende Sache nicht als für immer und ewig einbetoniert betrachten. Man muss sich die geistige Beweglichkeit erhalten und alles hinterfragen.

Auch heute gibt es Phänomene, die wissenschaftlich noch nicht erklärt sind. Aus meiner laienhaften Betrachtung gilt das z.B. für das Verhalten der Quantenteilchen (Zustände und Verschränkungen) oder auch für die Frage, ob Vorgänge der Quantenmechanik in Mikrotubuli bei bewusstseinsbildenden Gehirnvorgängen eine Rolle spielen. Es gibt möglichweise auch noch Teilchen, die noch gar nicht (oder gerade erst - Higgs) gefunden sind (oder geglaubt wird, sie seien entdeckt). Weitere Beispiele gibt es sicherlich.
Außerdem sind Geschehen trotz umfangreicher Kenntnis der Zusammenhänge noch nicht vorhersehbar, z.B. Wetter und Wetterphänomene. Fukushima zeigte aus meiner Sicht, dass weder Kenntnis über das bestand, was dort geschah, noch wie diesem begegnet werden konnte. Für mich regierte bei den Erklärungs- und Reparaturversuchen das System try & error.
Was bedeutet das für mich?
Die Wissenschaft weiß heute nur einen Bruchteil von den tatsächlichen Zusammenhängen auf der Erde und im Universum. Am Beginn jeder neuen wissenschaftlichen Entdeckung stehen Gedanken und Beobachtungen von Menschen. Früher waren dies tlw. die einzigen Grundlagen der Wissenschaft (Aristoteles, Galilei). Es waren Gedankenexperimente und Ergebnisse aus Beobachtungen, die zu Erkenntnissen geführt haben. Und nicht wenige wurden zunächst von den anderen belächelt, wenn sie ihre Theorien vorstellten.

Die Relativitätstheorie und die Quantenphysik haben revolutionäre neue Erkenntnisse gebracht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es noch weitere grundlegende Dinge gibt, die unser heutiges Verständnis von Physik evtl. noch einmal von Grund auf verändern werden. Von diesen Dingen haben wir heute noch nicht einmal ansatzweise eine Vorstellung.
Für mich hat die Wissenschaft eine große Bedeutung bei der Entdeckung der Zusammenhänge, der Erklärung von Sachverhalten oder dem Heilen von Krankheiten. Sie versucht, so objektiv wie möglich belastbare Erkenntnisse hervor zu bringen.
Wie weit geht die Objektivität?
Ich bezweifle für mich persönlich, dass die Wissenschaft wirklich umfassende objektive Rahmenbedingungen für ein Experiment schaffen kann. Es kann weitere Einflüsse geben, die eine Rolle spielen, aber nicht erkannt werden und daher bei der Bewertung des Experiments außer Acht gelassen werden. Durch Wiederholungen sollen solche Unwägbarkeiten ausgeschlossen werden. Aber was ist, wenn diese Einflüsse eben immer auftreten, nur gar nicht erkannt werden?
Für mich ist die Wissenschaft mit der größtmöglichen Objektivität ausgestaltet. Daraus resultiert dann auch die hohe Treffsicherheit der Erkenntnisse. Daher vertraue ich ihr, aber nicht blind. Das "Verbiegen" bzw. "Missbrauchen" der Wissenschaft durch wirtschaftliche oder andere Interessen nehme ich hier mal aus.
Die Wissenschaft beweist Zusammenhänge und formuliert eine Ursache für eine bestimmte Wirkung. Schließt sie damit andere Erklärungen und Möglichkeiten auch aus? Damit bin ich wieder bei meiner Grundaussage, dass wir niemals aufhören sollten, zu hinterfragen und zu denken, denn das ist eine uns gegebene Gabe, für die wir dankbar sein und zu deren Nutzung wir uns aufgerufen fühlen sollten.

Ich bin nicht wissenschaftlich tätig, daher erhebe ich auch keinen Anspruch auf wissenschaftliche Korrektheit meiner Überlegungen. Ich verbiete mir deswegen aber nicht, eigene Gedanken zur Wissenschaft zu formulieren, wenn ich diese als meine derzeitige persönliche Sichtweise ausdrücklich kennzeichne.

Liebe Grüße an alle Lesenden und Fragenden
Nordstern. :stern:
[align=left]Die Tatsache ist ein kleiner kompakter Glaube.[/align] (Les Murray)

Pünktchen

Re: Wissenschaft

Beitragvon Pünktchen » 22. November 2013, 09:20

Nordstern, ich kann Deinen Überlegungen nur uneingeschränkt zustimmen. Den Wandel der Erkenntnisse und wissenschaftlichen Entdeckungen finde ich etwas faszinierendes. Und außerhalb wissenschaftlicher Fragestellungen dürfen und sollten wir frei philosophieren, spekulieren, träumen, soziologisieren, albern und uns freuen. Am Leben und an allem drum und dran.

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Re: Wissenschaft

Beitragvon tournesol » 22. November 2013, 10:27

Zu Wissenschaft fallt mir immer wieder neu----übergeordnet--- der Spruch aus Nietsches" ....also sprach Zarathustra "ein :

" ...und die Menschen bauten immer größere Häuser und höhere Türme,
damit sie alles besser übersehen konnten.....
Und deshalb übersehen sie dann ALLES" :lachen:

Lieber Gruß Tournesol

Pünktchen

Re: Wissenschaft

Beitragvon Pünktchen » 22. November 2013, 11:16

Nietzsche schrieb auch folgendes über Wissenschaft:
Auch heute noch habt ihr die Wahl: entweder möglichst wenig Unlust, kurz Schmerzlosigkeit – und im Grunde dürften Socialisten und Politiker aller Parteien ihren Leuten ehrlicher Weise nicht mehr verheissen – oder möglichst viel Unlust als Preis für das Wachsthum einer Fülle von feinen und bisher selten gekosteten Lüsten und Freuden! Entschliesst ihr euch für das Erstere, wollt ihr also die Schmerzhaftigkeit der Menschen herabdrücken und vermindern, nun, so müsst ihr auch ihre Fähigkeit zur Freude herabdrücken und vermindern. In der That kann man mit der Wissenschaft das eine wie das andere Ziel fördern! Vielleicht ist sie jetzt noch bekannter wegen ihrer Kraft, den Menschen um seine Freuden zu bringen, und ihn kälter, statuenhafter, stoischer zu machen. Aber sie könnte auch noch als die grosse Schmerzbringerin entdeckt werden! – Und dann würde vielleicht zugleich ihre Gegenkraft entdeckt sein, ihr ungeheures Vermögen, neue Sternenwelten der Freude aufleuchten zu lassen!
[align=right](Friedrich Wilhelm Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft - Kapitel 4, Erstes Buch)[/align]und über Mystik:
Die mystischen Erklärungen gelten für tief; die Wahrheit ist, dass sie noch nicht einmal oberflächlich sind.
[align=right]Friedrich Wilhelm Nietzsche, in "Die fröhliche Wissenschaft"[/align]


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