Hallo,
grundsätzlich finde ich den Gedanken mit der Emotionalisierung und Verkopfung interessant, kann mir aber keinen Weg heraus aus dieser Missere vorstellen. Unsere Gesellschaft gibt Eltern vor, wie sie sich ihren Kindern gegenüber zu verhalten haben, wie Kinder gesundheitlich zu versorgen sind oder was eine gute Mutter/ einen guten Vater aus macht. Demgegenüber sollen die Eltern, die als Kinder selbst oft autoritär erzogen worden sind, eine freie Pädagogik mit ihrem Kinde praktizieren, die sie an sich selbst nie erleben durften? Wenn sie als Kind in der Familie schon wenig selbstbestimmt lebten, es in der Schule auch nicht anders gelernt haben und später im Berufsleben schlussendlich auch nur "funktionieren" und nicht hinterfragen sollen, dann sind das für mich immer netten Ideen die Leute dieser Welt präsentieren, die aber in dieser Welt keine Zustimmung finden werden!
1. Mär 2016, 16:02 » Insuffizienz hat geschrieben:Als Zusatzinformation: Rousseau soll eine Art Pionier der Reformpädagogiken gewesen sein, wie bspw. die Montessori-, Steiner-, Freinet- oder Waldorfpädagogik. Dabei geht es darum, das Kind die größtmögliche Freiheit zu lassen, nichts zu lehren, es soll eigentlich alles selber lernen, um selbstständig zu werden. Es soll sich frei entfalten und bestmöglich in seinem persönlichen Naturzustand bleiben im Hinblick darauf, auch in einer Gesellschaft leben zu können.
Rousseau kenne ich nicht, habe ich auch noch nicht näher erforscht. Montessori hat gute Ideen und neue Ansätze für die Pädagogik geschaffen, ist aber sehr von ihren Materialien abhängig und somit nicht für alle nutzbar, da auch zu teuer und vom gängigen Frontalunterricht abweichend. Steiner (hier ist wohl Rudolf Steiner) gemeint und Waldorfpädagogik = ein und dasselbe. Wobei dieses "dem Kind nichts lehren und es selber lehren lassen, um seine Selbstständigkeit zu fördern" hier ein richtiges Trugbild ist.
Rudolf Steiner war ein esoterischer Geisteswissenschaftler, der seine spirituellen Einsichten (woher er die auch immer gehabt haben mag) in sämtliche anthroposophische Bereiche einströmen ließ und seinen getreuen Anhängern zumutete, seine Lehren als Absolutismus anzuerkennen. Dies tat er nicht etwa auf eine diktatorische Art, nein, er sagte seinen Anhängern was richtig ist und gibt ihnen das Gefühl Auserlesene zu sein. Die Walddorfkindergärten und -Schulen dienen nicht "nur" dem Gegensatz zur gängigen Pädagogik, und dem Heil der Kinder, sondern verfolgen ihr eigenes Ziel. Die Reformpädagogik war ein gefundenes Fressen für Steiner, der nicht nur in diesem Bereich eigene Lehren erschuf. Diese Schulen dienen dem Zweck das anthroposophische Gedankengut gleich mal in das Gehirn eines Kindes zu "pflanzen". Nicht nur die Kinder leben dann nach einer gewissen Art - durch die sie auf viele gängige Sachen verzichten müssen, sondern auch die Familien haben sich den Geboten der Lehren Steiners, der der Begründer der Walddorfpädagogik ist, anzupassen. So werden gewisse Textilien als Kleidung vorgegeben, das Spielzeug aussortiert, technische Gerätschaften und alles Moderne (Musik, Stilrichtungen, Fortschritte in der Wissenschaft) verteufelt. So sollen Schüler auch keine Bücher nutzen, sondern ihr Wissen allein vom Lehrer gelehrt bekommen. Auch gibt es die Eurythmie (eine Art spiritueller Tanz/ Bewegung) und die anthroposophische Kunst. Darüber hinaus gibt es von ihm die Schöpfungslehre, Engelshierarchien, Äther- und Astralleib, Karma und Reinkarnationslehren, ja sogar Steiners typische Redewendungen gratis dazu. Das Ziel eines Anthroposophen ist es die Lehren Rudolf Steiners nicht zu hinterfragen, sondern durch höchste geistige Anstrengungen vielleicht doch noch nachvollziehen zu können. Um irgendwann selbst, wie der "Meister", zu einem hellseherischen und höchst spirituellem Wesen empor zu steigen. (Mal überspitzt gesagt.)
Nur soviel dazu.
Grüße
Knallschnute