12. Feb 2016, 23:15 » Grübelmonster hat geschrieben:Hallo!
Hab mir über dieses Thema seit Längerem Gedanken gemacht, hab mich schon immer gefragt, welchen Bezug die Wissenschaft, gerade Physik und Mathematik, zur Realität haben, dass das doch eigentlich nur Konzepte und Werkzeuge sind, die in sich zwar sinnig und logisch sind, aber keine Aussage über die Welt haben oder Wahrheiten enthalten, wir dies zumindest nicht wissen können...
Hab da mal nen Artikel zu gefunden, der zu dem Thema so einige Blickwinkel beleuchtet:
http://www.spektrum.de/news/auch-physik ... en/1353710
Hat sich da mal jemand Gedanken zu gemacht?
Liebe Grüße
Eine Wissenschaftstheorie wie sie Friedrich Wilhelm Hegel vertreten hat, die allein auf spekulativer Erkenntnis fußte und eine Identität zwischen Subjekt und Objekt in letzter Konsequenz propagierte, wird einer modernen Philosophie nicht mehr gerecht. Hegel erachtete die Naturwissenschaften als belanglos, weil sie seiner Meinung nach nicht das Ganze erforschten, sondern sich im Besonderen - in dem für sich allein nach Hegel belanglosen - verloren. Hegels eigentliche Feindlichkeit gegenüber den Naturwissenschaften wurde seiner Philosophie zum Verhängnis. Solche Ansätze sind m.E. obsolet und einer seriösen Philosophie nicht würdig, die Naturwissenschaften im speziellen und Wissenschaften im allgemeinen nicht ersetzen kann. Hingegen ist die Philosophie durchaus berechtigt, sich in einer Kritik an den Wissenschaften zu bewegen, d.h. sind speziell die kantianischen Fragen über die Metaphysik "Was kann ich wissen?" für die Philosophie durchaus noch relevant. Es ist schließlich ihr immenser Einfluss auf die Wissenschaftstheorie (welche übrigens ein Teilgebiet der Philosophie ist), d.h. die Einbeziehung der Philosophie hinsichtlich der Methodologie der Wissenschaften und Erkenntniskritik. Es ist Aufgabe der Philosophie im Spannungsverhältnis mit den Wissenschaften, sich systematisch mit deren Begriffsbestimmungen auseinander zu setzen und diese insbesondere über eine partikuläre Wissenschaft hinaus mit philosophischen Grundbegriffen in Beziehung zu setzen.
Da alle Theorien sich innerhalb von menschlicher Sprachen, sowohl natürlicher als auch abstrakter, bewegen, hat die analytische Sprachphilosophie eine immense Bedeutung für die Naturwissenschaften erlangt, denn jede wissenschaftliche Theorie muss sich der Kritik der Modell -und Wahrheitstheoretiker stellen. Hier trifft also in einem starken interdisziplinären Rahmen die Philosophie auf die Naturwissenschaften.
,dass das doch eigentlich nur Konzepte und Werkzeuge sind, die in sich zwar sinnig und logisch sind, aber keine Aussage über die Welt haben oder Wahrheiten enthalten, wir dies zumindest nicht wissen können..
Dies behauptet jedenfalls eine wissenschaftstheoretische Position namens kritischer Rationalismus, nach dessen Postulaten sich Theorien allenfalls falsfizierbar (als nicht konsistent, widersprüchlich) erweisen können. Wie jede Theorie, müssen sich auch derartige Wissenschaftstheorien ihren eigenen Kritikansprüchen stellen und demnach wird der Anspruch der objektiven Welterkenntnis beim krit. Rationalismus negiert, obwohl sie die Konzession der Annäherung an die "Regelstrukturen" der objektiven Realität macht. In dieser Hinsicht widerspricht sie sich nicht, sondern geht von einem pragmatischen Standpunkt aus: Auch sich besonders bewährende Theorien wie z.B. die Quantentheorie und Relativitätstheorie können mit keinem Wahrheitsprädikat außerhalb ihrer Theorisprache gekennzeichnet werden, sodass eine Identität zwischen Theorie und einer vermeintlichen "inneren Struktur der Welt" nie behauptet werden kann. Das schadet jedoch keiner Theorie, die - solange sie sich bewährt - gerne genommen werden kann, als ob sie tatsächlich wahr ist. Ein Argument ist dafür das Zusammenspiel von Naturwissenschaften und Technologie, d.h. das Übersetzen von theoretischen Erkenntnissen in praktische Anwendungen, deren Tatsächlichkeit unser alltägliches Leben bereichert.
Philosophie und Naturwissenschaften sollten - und das tun sie ja - sich wechselseitig ergänzen.