Insuffizienz hat geschrieben:Der Schizoide bspw. hat den Vorteil, dass er es wahrscheinlich recht gut schafft sich nicht zu erpressen lassen, indem er das Pflichtbewusstsein und die Schuldzuweisung durchschnittlich stärker hinterfragt und in sein kritisch beleuchtet Weltbild neu einordnet (nach Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung die postkonventielle Ebene). Zudem sorgt die Verschlossenheit für Schutz davor, dass andere Schwachstellen entdecken.
Ich denke, das stimmt grundsätzlich.
Ich vermute sogar, dass es manchmal eines Schizoiden bedarf, um den Unterschied zur aufrichtigen Freundschaft/Partnerschaft/... zu erkennen.
Inwiefern ich selbst schizoid bin, weiß ich nicht - ein paar Neigungen in diese Richtung habe ich jedenfalls. Ich habe mich in der Vergangenheit quasi "freiwillig", also sehenden Auges emotional erpressen lassen. Zumindest habe ich es so empfunden - mich aber nicht immer konsequent gewehrt. Warum?
a) Fast alle Leute lassen sich auf diese Weise manipulieren. Wer da nicht mitmacht, ist schon kein "Freund" mehr. Es gibt nur wenige Menschen, die es zu schätzen wissen, wenn man nicht regelmäßig nach ihrer Pfeife tanzt. (Okay: Möglicherweise gibt es viele, aber ich bin an die "falschen" geraten.)
Wer also den Wunsch hat, nicht unangenehm aufzufallen (wie ich damals), der kommt womöglich nicht darum herum, sich emotional erpressen zu lassen. Es ist einfach der Standard.
b) Als "Gegenleistung" zum Mitmachen war ich damals Teil eines "Freundeskreises". Und wenn man (wie ich damals) Kontaktschwierigkeiten hat, ist das schon toll, irgendwo dazuzugehören, ohne allzuviel "aktive Kontaktpflege" betreiben zu müssen. Wie oberflächlich dies war, wurde offensichtlich, als ich diesen "Freundeskreis" aufgegeben habe: Auch nach über 10 Jahren "Freundschaft" ist ratzfatz innerhalb von vielleicht einem Jahr KEIN Kontakt mehr da. Zu niemandem.
Um einzelne Dinge, die ich damit ebenfalls aufgegeben habe, ist es schon schade. Aber das ist es mir nicht mehr wert. Besser noch: Diese Menschen haben damals meine eigene Entwicklung behindert. Es war unbedingt notwendig, "da rauszukommen".
c) In gewisser Weise ist es durchaus faszinierend, einige soziale/psychologische Entwicklungen zu beobachten. Man lernt dadurch viel.
Ich glaube: Die Menschen (ich meine explizit nur Erwachsene) lassen sich aus zwei Gründen "gerne" erpressen:
ca) Bequemlichkeit. Sie geben nach, bevor sie wegen "unwichtiger" Dinge einen Konflikt riskieren. Sie denken noch nicht einmal darüber nach. (Man könnte das auch Feigheit nennen.)
cb) Unsicherheit. Sie wollen "Lob" (egal in welcher Form), und "Lob" kriegt man nur, wenn man sich so verhält, wie DIE ANDEREN es wollen. Quid pro quo. Was nichts anderes heißt als: Auch der Erpresste hat einen subjektiv so empfundenen Nutzen. Sonst würde er es nämlich nicht machen. (*überleg* Eigentlich gilt dies streng genommen immer: Wer mit Totschlag bedroht wird, hofft, durch Zugeständnisse am Leben zu bleiben.)