Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon Tourte » 18. Januar 2016, 18:53

Zum Thema Volksverhetzung gegen Meinungsfreiheit habe ich neulich diesen für mich juristischen Laien interessanten Artikel gelesen:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... r-im-recht
Die Verfasser des Grundgesetztes haben sich das gut überlegt.

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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon vanBloom » 18. Januar 2016, 18:59

Nehme ich erstmal so hin.

Was die Katharsis angeht:

Ich kann deine Schlussfolgerung verstehen - finde aber, dass du es nicht weit genug durchdacht hast.

Du führst die USA als Beispiel an für ein Land in dem die freie Rede funktioniert. Selbstverständlich bricht die Gesellschaft nicht gleich wie ein Kartenhaus zusammen. Doch blendest du dabei aus, dass die USA keineswegs Lebenswerter ist als Deutschland, besonders nicht wenn es um Rasissmus geht. Die Straftaten mit rassenideologischem Hintergrund sind weit verbreiteter als bei uns. Nicht-Weiße sind auch 50 Jahre nach Aufhebung der Rassentrennung noch Menschen zweiter Klasse. Sie bekommen die schlechteren Jobs und die schlechteren Löhne, werden bei Beförderungen eher übergangen und die Arbeitslosigkeit unter der schwarzen/latino Bevölkerung ist viel höher. Auch die Bildungsvorraussetzungen sind schlechter für Nicht-Weiße. Verurteilte Schwarze/Latinos erhalten im Schnitt die härteren Strafen. Ja selbst die Polizeit greift gegen Schwarze härter durch. Auch das Gewaltpotential spiegelt das wieder. In den USA werden verhältnismäßig viel mehr Körperverletzungen und Morde verübt - nicht nur mit rasisstischem Hintergrund.

Ich sehe also überhaupt keinen Grund zu der Annahme, dass die Funktionalität der Katharsis vom Individuum auf ein Kollektiv übertragbar sei. Auf Individuen bezogen, würde ich dir sogar zustimmen: Man kann Wut und Agression auf Gegenstände/Tätigkeiten kanalisieren in dem sie keinen Schaden zufügen. Kollektive dagegen lassen sie sich zu leicht manipulieren.

Ja - hier bevorzuge ich Prävention auch wenn das Einschnitte in die persönliche Freiheit bedeutet. Mit der Begründung, dass der Mensch eben nicht verantwortungsbewusst genug ist, die nötige Achtsamkeit von sich aus aufzubringen. Du hälst zu viel von den Menschen, vertraust ihnen zu sehr.

p.s. Wir leben natürlich auch nicht in einer perfekten Gesellschaft in der alle Gleichberechtigt sind. Es funktioniert allerdings besser, als in den USA.

Ne, das ist keine reale Gefahr. Es wird kein Ermächtigungsgesetz mehr geben. Wir haben keine Weimarer Republik mehr. Außerdem ist der Teil über den zweiten Weltkrieg im Geschichtsunterricht scheinbar echt die einzige Schulstunde wo alle aufgepasst haben. Ich bin mir sicher jede Ideologie könnte Fuß fassen, weil die Menschen wirklich doof genug sind dafür. Aber keine rechte Ideologie


Diese Aussage halte ich regelrecht für naiv. Das gehört auch zu den Dingen die ich dir nicht abkaufe. Aber gut. Ich lasse mich darauf ein.

Es gibt zwei Fehler die Gesellschaften immer wiederholen bevor ideologische Gewalt eskaliert.

- Die Annahme, soetwas könne hier nicht passieren.
- Die Annahme, es könne nicht mehr schlimmer werden.

Diese Annahmen sind tatsächlich sogar der ausschlaggebende Grund, warum die Meinung einer Minderheit überhaupt überhand gewinnen kann. Auch in Nazideutschland war eine Mehrheit der Menschen nicht rasisstisch. Sie haben nur die Augen verschlossen und sich die Situation schöngeredet, bis es soweit war, dass jeder Wiederstand erbarmungslos niedergerungen wurde. Und am Ende des Krieges haben sie sich auch noch gefragt "Wie konnte das denn nur passieren?" Auch nach dem Krieg war die Mehrheit des deutschen Volkes nicht Antisemitisch und nicht Raisisstisch. Sie haben sich nur einfach in die Situation ergeben. Sie müssen also gar nicht einer Ideologie verfallen um sie gewähren zu lassen.

Die Gefahr ist immer real. In jeder Staatsform. Kein Gesetz schützt uns davor. Keine Staatsform hat den Anspruch der Unantastbarkeit. Wenn ein gewisser Zenit überschritten ist, an dem Macht und Einfluss überhand gewinnen, hindert kein Gesetz (schon gar nicht das Fehlen eines Legitimierungsgesetzes) irgend eine Ideologie daran einen Staat zu okkupieren. Das ist eine äußerst trügerische Sicherheit in der du dich da wiegst.

Das findet derzeit - wenngleich aus kapitalistischen, nicht rasisstischen - Gründen ja sogar auf EU-Ebene statt. Die EU ist keine Demokratie. Sie ist eine Lobbigesteuerte Politfarce, die nach und nach Landesgesetze durch EU-Recht aushebelt. Das letzte was die dafür brauchen ist ein "Ermächtigungsgesetz". Und niemanden interessiert es, niemand glaubt wirklich "Dass es schlimmer wird" (außer der AFD und bedingt Die Linke).

Soviel gestehe ich ein:

Auch ich habe die Hoffnung, dass gerade wir Deutschen historisch bedingt sensibel genug sind mit diesem Thema. Die Wahrscheinlichkeit hier ist sicher geringer als im restlichen Europa. Dennoch: Sie ist vorhanden, die Wahrscheinlichkeit. Und wenn die Stimmung in den Ländern um uns herum umschlägt, glaube ich wirklich nicht daran, dass wir der Fels in der Brandung sein werden der dem ewig wiedersteht. Und es ist eine Tatsache dass die Zustände in fast allen Ländern Europas weit mehr (auch aus rasisstischen Gründen) eskalieren, als hier bei uns. Schau dir Frankreich, Spanien, Polen, die Ukraine, Italien an beispielsweise. Überall in Europa gewinnen die Rechten derzeit erheblichen Einluss - sogar auf EU-Ebene.

Ich muss betonen: Es geht nicht rein um Rechtsradikale Ideologien. Auch andere Ideologien nutzen Schwachstellen des Systhems und können gefährlich werden. Vor allem der Kapitalismus ist eine reale, wenn auch indirekte Gefahr. Hier werden eher Menschen ausgebeutet und entrechtet, als dass sie unter physischer Gewalt zu leiden hätten.

Er verbreitet einen Bericht und erfindet etwas dazu. Tut mir leid, aber ich sehe keinen Straftatbestand, der hier erfüllt sein könnte. Und ich fände es gefährlich zu verbieten, dass sich Leute Stories ausdenken und verbreiten. Das könnte dann Folgen haben für die Kunstfreiheit. Schließlich laufen darunter auch Geschichten, die ein Schriftsteller verfasst. Werden dann als nächstes Bücher zensiert? Das endet schnell in einer 1984 Vision diese Vorstellung. Eine Finte lässt sich doch leicht widerlegen. Warum gleich überreagieren und die Redefreiheit einschränken. Ich kann diesen Impuls nicht nachvollziehen und werde auch nie können...


Das ist völliger Nonsens. Ich bin mir sehr sicher, dass du das auch weißt. Deshalb komme ich mir leicht verscheißert von dir vor.

Erstmal ist es sehr wohl eine Straftat einen Bericht zu fälschen und diesen mit dem Ziel jemandem zu schaden zu verbreiten. Grundsätzlich wäre das Verleumdung $187 StGB. Zielt es auf eine bestimmte Gruppe von Menschen ab (zb Behinderte, Moslems, Christen, Schwarze, Ausländer etc.) ist es sogar Volksverhetzung §130 StGB.
Das kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis gehandet werden.

Das hat auch mit Kunst überhaupt nichts zu tun. Es ist ein Unterschied, ob jemand eine Geschichte in einem Buch schreibt, in dem ein Moslem ein Mädchen vergewaltigt - das steht im Kontext zur Geschichte und ist als solche klar erkennbar. Oder ob jemand einen professionell wirkenden Artikel - zum Beispiel in einem Blog, auf einer Website - aufsetzt, in welchem als Tatsache Behauptet wird ein Moslem habe ein Mädchen vergewaltigt obwohl diese frei erdacht ist.

Etwas anderes ist es, wenn es tatsächlich einer Tatsache entspricht. Dann fällt dieser Bericht unter die Pressefreiheit und darf nicht sanktioniert werden. Jedoch gibt es auch hier Grenzen. Ein solcher Bericht dürfte beispielsweise nicht suggerieren alle Moslems seien potentielle Vergewaltiger. Hier geht die Einschränkung meiner Meinung nach nicht weit genug. Es dürfte meines Empfindens nach überhaupt nicht erwähnt werden, welcher Ethnischen oder Religiösen Gruppierung ein Täter angehört, da die Zugehörigkeit zu einer Gruppe nicht in Zusammenhang mit der Tat steht.

Ausnahme: Glaubens, Religös, Ethnisch bedingte Taten. Zum Beispiel ein Satanskult der ein Mädchen vergewaltigt hat um Satan zu huldigen. Wobei auch hier wiederum nicht sugerriert werden dürfte, alle Satanisten würden Mädchen vergewaltigen.

Ich hoffe du verstehst worauf ich hinaus will.

Selbstverständlich ist das eine komplexe Sache und ja, Entscheidungen darüber zu treffen ist grenzwertig. Sicher kein einfacher Job, den ich auch nicht machen wollte. Deine Sichtweise ist simpler, einfacher umzusetzen. Das macht sie aber nicht besser.

p.p.s.

Übrigens bin ich Libertarist. Meine Grundsätzliche Einstellung ist, jede Saatsform mit der Zeit abzuschaffen und den Menschen insoweit zu "erziehen" dass er so Achtsam mit anderen Individuen umgeht, dass Gesetzgebungen minimalisiert werden können. Einschnitte des Staates oder eine Machtstruktur in persönliche Freiheiten empfinde ich als ungerecht - nur leider in vielerlei Hinsicht (noch) unumgehbar. Die Gesellschaft muss sich erst noch entwikeln, damit mehr persönliche Freiheiten gewährt werden können. Es ist eben das Ziel (vielleicht ein unerreichbares Ideal) - der Weg dahin steinig. Man muss Idealismus eben auch mal realistisch sehen um etwas zu erreichen. Gesetzgebungen und Staaten sind bis dahin ein Mittel zum Zweck, den es nach und nach abzuschaffen gilt, die aber durchaus ihre temporäre Berechtigung haben.
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon cerebrum » 18. Januar 2016, 19:52

Erstmal ist es sehr wohl eine Straftat einen Bericht zu fälschen und diesen mit dem Ziel jemandem zu schaden zu verbreiten. Grundsätzlich wäre das Verleumdung $187 StGB. Zielt es auf eine bestimmte Gruppe von Menschen ab (zb Behinderte, Moslems, Christen, Schwarze, Ausländer etc.) ist es sogar Volksverhetzung §130 StGB.
Das kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis gehandet werden.

Das hat auch mit Kunst überhaupt nichts zu tun. Es ist ein Unterschied, ob jemand eine Geschichte in einem Buch schreibt, in dem ein Moslem ein Mädchen vergewaltigt - das steht im Kontext zur Geschichte und ist als solche klar erkennbar. Oder ob jemand einen professionell wirkenden Artikel - zum Beispiel in einem Blog, auf einer Website - aufsetzt, in welchem als Tatsache Behauptet wird ein Moslem habe ein Mädchen vergewaltigt obwohl diese frei erdacht ist.

Etwas anderes ist es, wenn es tatsächlich einer Tatsache entspricht. Dann fällt dieser Bericht unter die Pressefreiheit und darf nicht sanktioniert werden. Jedoch gibt es auch hier Grenzen. Ein solcher Bericht dürfte beispielsweise nicht suggerieren alle Moslems seien potentielle Vergewaltiger. Hier geht die Einschränkung meiner Meinung nach nicht weit genug. Es dürfte meines Empfindens nach überhaupt nicht erwähnt werden, welcher Ethnischen oder Religiösen Gruppierung ein Täter angehört, da die Zugehörigkeit zu einer Gruppe nicht in Zusammenhang mit der Tat steht.


Also erstmal sind wir ja beide wohl keine Juristen. Und das halte ich für etwas gewagt diese Behauptung, dass dieses Beispiel strafbar sein sollte. Aber das zur Seite gelegt, ist dieser Auszug aus dem was du geschrieben hast ein perfektes Beispiel für eine Art von Analyse, die ich nicht ausstehen kann. Zwar kann ich empathisch nachempfinden, dass es ja gut gemeint ist die Rede auf die Art einzuschränken und dann so spitzfindig zu analysieren was noch ok ist und was nicht.. Aber ich bin nunmal ganz anderer Meinung. Ich teile die Ansicht des ACLU, dass man Redefreiheit in keinster Weise einschränken sollte, mit der einzigen Ausnahme: direkte konkrete Gewalt- und Morddrohungen gegen Individuen, sowie Telefonterror.

Ein Beispiel illustriert das gut. Was ist etwa mit den Verleumdungsgesetzen in Großbritanien. Zunächst klingt es ja ganz sinnvoll und gut gemeint. Menschen und Firmen vor Verleumdung oder Geschäftsschädigung zu schützen. Leider ist dieses Gesetz zu massiven Problemen geführt und hat die Freiheit der Wissenschaft sogar eingeschränkt. https://en.wikipedia.org/wiki/British_C ... on_v_Singh
Wie man in dem Artikel nachlesen kann wurde das Gesetz dann später stark angepasst. Besser wäre aber es ganz abzuschaffen. Ich bin der Ansicht jegliche an sich gut gemeinte Einschränkung der Redefreiheit führt am Ende zu Problemen dieser Art.

Auch ich habe die Hoffnung, dass gerade wir Deutschen historisch bedingt sensibel genug sind mit diesem Thema. Die Wahrscheinlichkeit hier ist sicher geringer als im restlichen Europa. Dennoch: Sie ist vorhanden, die Wahrscheinlichkeit. Und wenn die Stimmung in den Ländern um uns herum umschlägt, glaube ich wirklich nicht daran, dass wir der Fels in der Brandung sein werden der dem ewig wiedersteht. Und es ist eine Tatsache dass die Zustände in fast allen Ländern Europas weit mehr (auch aus rasisstischen Gründen) eskalieren, als hier bei uns. Schau dir Frankreich, Spanien, Polen, die Ukraine, Italien an beispielsweise. Überall in Europa gewinnen die Rechten derzeit erheblichen Einluss - sogar auf EU-Ebene.


Ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, dass kein Nazi-Regime in Deutschland regieren könnte oder anderswo in Europa. Jedoch halte ich es für extrem unwahrscheinlich. Es stimmt, dass die Rechten überall in Europa Einfluss gewinnen. Das hängt mit der allgemeinen Unzufriedenheit der Bevölkerung zusammen. Ein gekränkter Nationalstolz und andere Faktoren. Ob das zu Faschismus ausartet kann man nicht vorhersagen.
Die Deutschen sind anfällig für alle Art von Ideologien. Sei es der Ökofanatismus, Feminismus, die Genderideologie etc.. Jede Ideologie kann letztlich faschistische Züge annehmen. Wehret den Anfängen gilt bei allem. Deswegen schrieb ich ja auch, dass gerade bei der rechten Ideologie alle im Geschichtsunterricht aufgepasst haben. Sie kennen aber leider nicht die allgemeinen Mechanismen von Fanatismus, nur in diesem speziellen Fall des rechten Faschismus. Eric Hoffer ist dem Durchschnittsbürger völlig unbekannt. So haben wir Extremismus auch auf der linken Seite des Spektrums.

Ja - hier bevorzuge ich Prävention auch wenn das Einschnitte in die persönliche Freiheit bedeutet. Mit der Begründung, dass der Mensch eben nicht verantwortungsbewusst genug ist, die nötige Achtsamkeit von sich aus aufzubringen. Du hälst zu viel von den Menschen, vertraust ihnen zu sehr.


Da bin ich entschieden dagegen. Du verwechselst das Verbot etwas nicht Sagen zu dürfen mit dem tatsächlichen Verschwinden einer Gesinnung, die du nicht haben willst. Das ist aber eine Fehlannahme.
Es hat nichts mit Vertrauen zu tun. Dabei geht es mir vorallem um mich selbst. Wie bereits gesagt beinhaltet die Zensur immer auch einen Verlust an Freiheit für den Zuhörer, Leser und Konsument. Ich will von einem breiten Spektrum von Meinungen umgeben sein. Ich will selbst entscheiden können was ich höre und lese. Was du vorschlägst klingt danach, dass du Menschen wie Kinder behandelst. Sie dürfen gewisse Sachen nicht hören, sonst glauben sie das alles und werden genauso. Da schließe ich mich aber aus. Ich will selbst entscheiden können. In so einer Welt will ich auf keinen Fall leben. Und ich werde es mit aller Macht bekämpfen. Ich nehme keine Einschnitte der Freiheit in Kauf. Man muss auch nicht Achtsam sein bei der freien Rede. Das wäre sogar fatal. Dadurch unterdrückt man Meinungen, die interessant sein könnten. Da muss man sagen wehret den Anfängen.

Das hat auch mit Kunst überhaupt nichts zu tun. Es ist ein Unterschied, ...


Bist du dir denn da so sicher? Der libel-Fall in Großbritannien zeigt das ganz deutlich. Diese Einschnitte in die Redefreiheit führen schnell ganz weit in den Abgrund eines 1984.

Grundsätzlich wäre das Verleumdung $187 StGB. Zielt es auf eine bestimmte Gruppe von Menschen ab (zb Behinderte, Moslems, Christen, Schwarze, Ausländer etc.) ist es sogar Volksverhetzung §130 StGB.


Beide Paragraphen kann man kritisch hinterfragen. Vorallem der letztere macht überhaupt keinen Sinn und sollte abgeschafft werden meiner Meinung nach.
Der erstere trifft in deinem Beispiel übrigens nicht zu. Denn es war ja nicht von einem bestimmten Moslem die Rede. Es gibt also keine geschädigte Partei wo die "Ehrverletzung" zutrifft.
Der erstere Paragraph ist wie schon gesagt extrem problematisch. Am besten ist die freie Rede einfach überhaupt nicht einzuschränken. Man kann falsche Aussagen auch im aufgeklärten Diskurs klären.
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon vanBloom » 18. Januar 2016, 20:30

Ich verstehe, wie du zu deinem Standpunkt kommst. Kann diesem für mich aber weiterhin nichts abfinden.

Ja, ich finde dass man den Großteil der Menschen wie Kinder behandeln, behüten und erziehen sollte. Ich spreche der Merheit unserer Spezies die Fähigkeit ordentlich differenzieren zu können ab. Sie sind dazu nicht in der Lage. Es wäre gefährlich es darauf ankommen zu lassen.

Dabei spreche ich jedoch einzelnen Individuen wiederum nicht ab, dass sie potentiell weiter entwickelt sind als der Durchschnitt und in der Lage wären selbstständig zu differenzieren. Im Gegenteil, ich wertschätze das und es sollte hervorgehoben werden. Da man diese einzelnen Menschen aber schlecht gesondert behandeln kann, ist es ein notwendiges Übel, dass diese eben gleichermaßen behandelt werden. Ab einem Punkt an dem der durschnittliche Mensch weit genug entwickelt ist und nur noch eine Minderheit in den Kinderschuhen steckt, würde ich dies anders sehen. Dann wäre es das größere Übel der Mehrheit ihrer Freiheit zu entziehen aufgrund einiger zurückgebliebenen Vertreter der Gesellschaft.

Wie schon gesagt: Das ist ein temporärers Mittel zum Zweck. Ziel ist selbstverständliche eine maximale persönliche Freiheit. Dafür ist die Menscheit aber eben noch nicht reif genug. Diese muss nach und nach gewährt werden - nicht mit einem mal. Immer nur in kleinen Häppchen, dann gilt es abzuwarten was passiert. Und man muss auch in kauf nehmen, wenn dabei Rückschritte passieren. Dann müssen Freiheiten eben auch wieder eingeschränkt werden. Menschen sind nicht unfehlbar. Das ist insgesamt ein Prozess der noch ein paar Gererationen beschäftigen wird. Ein paar hundert Jahre sicherlich. Ich gehe nicht davon aus in nächster Zeit einmal in uneingeschränkter persönlicher Freiheit leben zu dürfen, obwohl ich das natürlich ebenfalls gerne wollen würde. Da bleibt nut Geduld und sich mit den kleinen Siegen zufrieden geben.

Mir ist auch hier die Gefahr dahinter bewusst. Im Extrem wäre das dann der gescheiterte Kommunismus der Sowjetunion und ehemaligen DDR. Oder so Spaßvögel wie die RAF.

Ich habe übrigens nichts gegen rechte Meinungen per Se. Die können durchaus argumentativ fundiert und logisch sein und müssen nicht schädlich sein. Es ist wichtig, dass diese immer Teil gesellschaftlicher Debatten sein werden und nicht ausgeschlossen werden. Solches zu Verbieten würde ich niemals tolerieren.

Es geht eben um bewusste Falschaussagen (also nicht fundiertes, Lügen) um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen oder bestimmten Individuen oder Gruppen zu schaden. Dies muss kein physischer Schaden sein, sondern kann druchaus auch ein Schaden in der Würde oder dem Ansehen oder der Psyche darstellen. Solches Vorgehen ist überhaupt nicht zu tolerieren. Ich wehre mich auch dagegen, wenn soetwas aus dem Linken Lager kommt. Oder aus irgendeiner anderen Ideologie heraus entspringt. Oder unideologisch ist. Das Fängt bei Beleidigung an, geht über Verleumdung und Mobbing und endet eben im Extrem bei rasisstischer Ausgrenzung und Faschismus.

Der Rechtsextremismus hält nur als Beispiel für mich her, weil es gerade wieder aktuell ist und eben - wie du durchaus recht hast - eine der wenigen Ideologien ist, die die Menschen weitestgehend ausdifferenzieren können. Es ist also ein gutes Beispiel, die Leute zu erreichen. Du kannst aber im Grunde alles was ich sagte, auch auf andere Ideologien übertragen. Ich bitte sogar darum.

Ich begrüße, dass du für die persönliche Freiheit kämpfst. Das tue ich ja auch. Wir kämpfen nur an verschiedenen Fronten.

Ich glaube unsere "Idealgesellschaft" unterscheidet sich gar nicht so sehr voneinander. Nur der Weg dahin. Und das halte ich für durchaus legitim. Ich lege mehr wert darauf, dass es geordnet abläuft. Du forderst den kontinuierlichen Fortschitt und erinnerst an das Ziel. Wenn überhaupt erreichen wir das Ideal nur durch solche augenscheinliche Widersprüche - die halten die Debatte und Entwicklung nämlich aufrecht.
Zuletzt geändert von vanBloom am 18. Januar 2016, 21:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon vanBloom » 18. Januar 2016, 20:50

Übrigens finde ich die Einschnitte der persönlichen Freiheiten der Menschen die derzeit stattfinden (Stichworte: Terrorbekämpfung, Überwachung, Öffentliche Kamera, Neuer Personalausweis, Datenspeicherung, Einschränkung des Internetzugangs, Wiedereinführung der Grenzkontrollen, TTIP, EU, NSA etc.) für enorm bedenklich. Geradezu unerträglich.

Diese sind nämlich unnötig und schießen über das Ziel hinaus. Bzw sie sind einem anderem Ziel dienlich als dem der persönlichen Freiheit. Das ist zum Beispiel ein Rückschritt für die Gesellschaft, der nicht in kauf zu nehmen ist.

Das ist derzeit unser weitaus größeres Problem, welches es zunächst mal anzugehen gilt.

Bei dir habe ich den Eindruck, du willst auf den Gipfel des Berges ohne Bergzusteigen.
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon Geextah » 20. Januar 2016, 18:19

18. Jan 2016, 00:00 » cerebrum hat geschrieben:[...]
Und wenn ich die Medien so empfinde, dass sie einen Gleichschaltungskurs fahren, dann reagiere ich auch mitunter trotzig und wähle dann gerade extra die Partei, die man mir suggerieren will nicht zu wählen.
Hier ist ein gutes Beispiel eines solchen Beitrags: https://www.youtube.com/watch?v=vo3ZBsQyWiw
Wo dann dem "dummen" Bürger genau erklärt wird warum die Partei rechts ist und daher BÖSE. Eigentlich ist das nicht legitim eine einzelne Partei rauszustellen. Außerdem weiß jeder halbwegs gebildete und intelligente Mensch, dass die Partei rechtspopulistisch ist. Daher werden intelligente Zuschauer sofort aus Trotz jetzt AFD wählen, da sie sich durch diese mediale Bevormundung im Intellekt beleidigt fühlen.

Mh, Trotz finde ich in solch einer Situation ziemlich fehl am Platze, weil Trotz für mich etwas mit Phasen der kindheit zu tun hat und ich mich ehrlich gesagt fragen würde, warum ich in ein solches Verhalten zurückfalle?
Nur weil andere der Meinung sind mich bevormunden zu müssen bzw. es wollen? Oder vielleicht doch eher, weil mein intellektuelles Ego verletzt wurde, da mich jemand für dümmer hält als ich bin?
Vielleicht gibt es ja auch noch tiefer sitzende Probleme, die damit zusammenhängen.

Ich kenne ja deine Beiträge hier und ehrlich gesagt, ich kann mir echt gut vorstellen, wie du trotzig werden kannst :D Das meine ich weder angreifend noch böse, scheint aber eine deiner Charaktereigenschaften zu sein.

Aber ich würde solch ein Verhalten eher als Fehlkompensation ansehen.
Meiner meinung nach, ist einem wirklich intelligenten menschen so etwas egal, denn er weiß, dass weder die Pegidioten, noch die afd, noch die öffentlich rechtlichen (sowas ist doch was für alte menschen^^) recht haben werden, sondern die potentielle Wahrheit irgendwo dazwischen liegt.
Demach schert es ihn auch nicht, wenn der eine oder der andere versucht ihn zu bevormunden.
Beleidigt werden sich demnach die wenigsten fühlen, sondern nur derjenige, der sich in seinem Ego oder Ehrgefühl verletzt sieht. Ergo würden diese auch nicht aus trotz die afd wählen. Ich denke da bist du eher ein Einzelfall ;)

Die afd oder pegida versuchen einen ja auch zu bevormunden, nur machen sie es eben anders und haben vielleicht nicht die gleichen Möglichkeiten, wie die Fernsehsender.

Aber meiner Meinung sollte jedem, der halbwegs vernünftig geradeaus denken kann, klar sein, dass eine nationalistische Partei oder Gruppierung nicht der klügste weg, sondern wahrscheinlich eher der dümmste ist, den man wählen kann.

Ja, ich finde dass man den Großteil der Menschen wie Kinder behandeln, behüten und erziehen sollte. Ich spreche der Merheit unserer Spezies die Fähigkeit ordentlich differenzieren zu können ab. Sie sind dazu nicht in der Lage. Es wäre gefährlich es darauf ankommen zu lassen.


Stimme ich dir zu. Alleine wenn man bei zb Facebook sieht was alles ungefiltert weiterverbreitet wird, dann wird einem klar, dass weniger menschen Vernunft besitzen, als sie eigentlich sollten. Demenstsprechend sollten auch viel weniger Menschen einen Führerschein besitzen, weil sie nicht einmal die Grundregeln der StVO beherrschen.
"Erfindungen bedürfen der ungestörten Ruhe, des stillen, beständigen Nachdenkens und eifrigen Erprobens, und all dies gibt nur die Einsamkeit, nicht die Gesellschaft der Menschen."
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon cerebrum » 21. Januar 2016, 00:21

Mh, Trotz finde ich in solch einer Situation ziemlich fehl am Platze, weil Trotz für mich etwas mit Phasen der kindheit zu tun hat und ich mich ehrlich gesagt fragen würde, warum ich in ein solches Verhalten zurückfalle?
Nur weil andere der Meinung sind mich bevormunden zu müssen bzw. es wollen? Oder vielleicht doch eher, weil mein intellektuelles Ego verletzt wurde, da mich jemand für dümmer hält als ich bin?
Vielleicht gibt es ja auch noch tiefer sitzende Probleme, die damit zusammenhängen.


Kindliches Verhalten kann manchmal ganz erfrischend sein. Vielleicht hält es auch jung sich manchmal kindisch zu benehmen. Aber du hast schon ganz gut erfasst was ich sagen wollte. Danke, denn da fühle ich mich gut verstanden. Genau das ist dieser Beitrag nämlich: Bevormundung auf unterstem Niveau. Es wird einem erklärt als wäre man ein totaler Vollidiot, der nix aber auch gar nix merkt. Ich finde es daher eine kluge Art zurückzuschlagen genau das zu tun. Es ist wie ein Doppelbluff. Die denken nur dumme Menschen wählen AfD, die das alles nicht "verstanden" haben. Aber in Wirklichkeit wählt man die Partei, weil man das alles verstanden hat und sich nicht bevormunden lässt. Ich finde es sehr anregend diese Denkweise. Davon abgesehen ist es Fakt, dass wir in DE nach EU-Recht eigentlich gar keine Verantwortung hätten Flüchtlinge aufzunehmen. Das wäre Aufgabe von Türkei und Griechenland. Der Entschluss dazu die Sozialsysteme so unfassbar massiv zu belasten ruht alleine bei der Bundeskanzlerin. Es gibt nicht mal einen parlamentarischen Beschluss. Und der Bürger wurde auch nicht gefragt. In diesem Punkt wenigstens sieht das die AfD genauso. Und man kann ruhig "single issue voter" sein.

Stimme ich dir zu. Alleine wenn man bei zb Facebook sieht was alles ungefiltert weiterverbreitet wird, dann wird einem klar, dass weniger menschen Vernunft besitzen, als sie eigentlich sollten. Demenstsprechend sollten auch viel weniger Menschen einen Führerschein besitzen, weil sie nicht einmal die Grundregeln der StVO beherrschen.


Das Problem ist aber, dass du nicht nur die dummen regulieren kannst. Sondern diese Einschränkungen dann für alle gelten. Daher nehme ich das was mir persönlich unangenehm ist gerne hin um die Redefreiheit zu schützen. Denn damit schütze ich mich letztlich selbst. Außerdem gibt es viele Grenzfälle. Und das hat man immer wieder gesehen, dass "gutgemeinte" Versuche keine guten Folgen hatten. Wenn ich da etwa an Bücher denke, wie Mein Kampf. Ein Buch, dass jeder geschichtsinteressierte Mensch lesen muss. Denn wie sonst will man die Geschichte wirklich verstehen und die Mechanismen, vorallem die Grundlagen einer der Ideologien des 20. Jahrhunderts. Die Bücher von David Irving über den 2. Weltkrieg sind ebenfalls brilliant. Und man verfolgt ihn und sperrt ihn ein, nur für das was er geschrieben hat? Finde ich völlig daneben und zusätzlich eine Einschränkung _meiner_ Freiheit, wenn man seine Bücher zensiert oder ihn am schreiben hindert. Denn ich will alles lesen können, was da draußen ist. Selbst die Hass-Schrift des größten Nazis kann noch einen winzigen Funken Wahrheit beinhalten oder einen winzigen wertvollen Gedanken. Außerdem will ich mich mit Dingen auseinandersetzen können mit denen ich _nicht_ einverstanden bin. Das ist ja der Sinn freien Denkens.
Dazu gehören auch noch die dümmsten Facebook Kommentare. Die werde ich vielleicht nicht unbedingt lesen wollen. Aber ich will unbedingt, dass nichts davon zensiert wird! Denn das würde meine Freiheit indirekt mit einschränken. Ich denke ihr versteht die Mechanismen nicht richtig, die bei Zensur am Werk sind. Sagen wir, dass wir verbieten "verunglimpfende Kommentare" auf FB zu posten. Sagen wir in Deutschland gibt es eine Nazi-Partei und ihr wollt die Leute warnen vor dieser Partei. Also postet ihr auf eurer FB page einen Kommentar. Das wird nach dem Verunglimpfungsgesetz aber strafbar sein. Schon hat es euch in den eigenen Fuß geschossen.
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon vanBloom » 21. Januar 2016, 04:55

Weiß man es nicht besser oder ist überzeugt von der Position der AFD, kann man die wählen. Okay. Find ich persönlich scheiße, aber darauf kommt es ja nicht an. Darf jeder frei entscheiden. Wenn man es aber besser weiß... und es dann aus Trotz macht... das ist in etwa so wie auf eine Herdplatte packen, weil dir einer sagt, du solltest es lieber sein lassen.

Wenn du das erfrischend und anregend findest, will ich dich nicht abhalten. Kann man natürlich machen...
In dem Falle rate ich dir dringendst davon ab auf den heißen Herd zu fassen. Dann komme ich immerhin auch auf mein amüsement.

Die Grauzonen in Sachen Redefreiheit, die gibt es natürlich. Da gebe ich dir vollkommen recht. Es gibt zahlreiche Beispiele bei denen eine Einschränkund der Redefreiheit zu weit gegangen ist oder falsch angewandt oder gar missbraucht wurde. Auch die völlig überzogene political Corectness gehört in diesen Bereich. Man ist ja schon Antisemit, wenn man Israels Politik kritisiert. Oder Nazi wenn man äußert, man müsse die Flüchtlingspolitik strukturierter angehen. Andersherum funktioniert das aber auch. Du kannst als Linker kaum deine Meinung äußern oder ernsthaft debattieren ohne dass die Meinungsfaschismus vorgeworfen wird. Und alle die zwischen links und rechts stehen, die kriegen von beiden Seiten ihr Fett weg. Ja. Einschränkungen haben immer ihren Preis. Dennoch empfinde ich im momentan desolaten Zustand unserer Gesellschaft den Preis als geringer, wie den Preis welchen wir ohne diese Einschränkungen zahlen müssten.

Es braucht in der Gesamtheit der Gesellschaft entsprechende Zivilcourage um sich auch für Menschen einzusetzen, deren Meinung einem persönlich widerspricht. Frei nach Rousseau wäre das die Haltung "Ich verachte ihre Meinung. Doch ich würde dafür sterben, dass sie diese äußern dürfen." Das muss erst ein Gesamtkonsens werden, die Normalität des Zwischenmenschlichen werden. Das Recht der freie Rede muss sich die Gesellschaft erst verdienen und dann erkämpfen, damit sie es auch zu wertschätzen weiß und aufrecht halten kann. Es muss ein inniger Wunsch der Gesellschaft sein. Und zwar nicht aus Egoismus heraus sondern aus Selbstlosigkeit - für die Anderen. Nur Sekundär (wenn überhaupt) für sich selbst. Alles andere kann nicht mit Bestand funktionieren.

Freie Rede für alle würde auf derzeitigem Niveau der Gesellschaft zu Mord und Totschlag führen. Das Recht des Stärkeren würde gelten. Es würde nicht darum gehen, die Rede der anderen zu schützen, sondern in erster Linie darum seiner Rede Nachdruck zu verleien und sich durchzusetzen. In einer offenen Debatte hätte dich jemand bei der Diskussion um die "sinnhaftigkeit der Frau" vermutlich schlicht verprügelt (im besten Fall). Vermutlich eine Frau. Soviel dann zur Redefreiheit. Du kannst dann zwar sagen was du willst, kriegst aber auch aufs Fressbrett wenns in den Augen jemand Andern was dummes war.

Solange es diese Zivilcourage also nicht gibt, sehe ich keinen Grund zu der Annahme, dass es ohne juristisches Eingreifen besser wäre. An unserem fehlerhaften System können wir wachsen und uns in Courage üben ... Bevor wir dann in die freie Wildbahn entlassen werden. Bis dahin bleibt Redefreiheit ein fernes Ideal, dass es anzustreben gilt, welches aber (noch) nicht greifbar ist.

Das gilt übertragen übrigens auf so viele Dinge der Gesellschaft. Anarchie bzw. eine Gesellschaft ohne Staatliche Struktur funktioniert eben nicht ohne entsprechende Courage. Auch wenn ich sofort dabei wäre.

p.s.

An dem Punkt fängt übrigens dann unsere Diskussion von neulich über {individuelle Moral, persönliche Freiheit und Achtsamkeit auf die Freiheit anderer}{Courage} und der Differenz zu Staatlich/Gesellschaftlich vorgegebener Moral/Gesetz wieder an.

Edit:

Demenstsprechend sollten auch viel weniger Menschen einen Führerschein besitzen, weil sie nicht einmal die Grundregeln der StVO beherrschen.


Ich fahre kein Auto. Zu gefährlich bei meiner Unkonzentriertheit. Habe schon nen Panzer kaputt gemacht beim Bund. Das reicht. Aber immerhin hab ich damit auch meine pazifistische Pflicht erfüllt.

Böse Zungen behaupten ich sei aus Pazifismus zum Bund gegangen :rätseln:
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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon Headmatter » 21. Januar 2016, 11:12

Hab in den 80ern die DKP gewählt, weil ich dachte, das "gleicht" die Stimme, die mein Vater den Republikanern gegeben hat, "irgendwie" aus. Muhaha.
"T. H. White always took great pains to be gentle precisely because he wanted to be cruel."

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Re: Petry, die nächste Bundeskanzlerin?

Beitragvon cerebrum » 21. Januar 2016, 17:08

Freie Rede für alle würde auf derzeitigem Niveau der Gesellschaft zu Mord und Totschlag führen.


Das ist offensichtlich falsch. Siehe USA. Und bevor jetzt die üblichen Gegenargumente kommen, ist das Land natürlich auch nicht perfekt. Und die Kriminalitätsrate ist sehr hoch. Aber eine reine Anarchie herrscht da bei weitem nicht. Nein, ich bin nach wie vor der Meinung durch Unterdrückung entstehen 1984-Zustände. Und dabei bleibe ich.

Du kannst dann zwar sagen was du willst, kriegst aber auch aufs Fressbrett wenns in den Augen jemand Andern was dummes war.


Nur, dass eine Ansicht zu äußern eben nicht strafbar ist. Körperverletzung jedoch schon. Und das ist auch gut so.
Die unterschwellige Androhung von Gewalt gehört eben dazu ungeliebte Ansichten zu unterdrücken. Das ist ja typisch für oppressive Regime. Die Geschwister Scholl haben sich davon nicht einschüchtern lassen. Und weil ich so brilliant bin und ein viel tiefergehendes Verständnis habe, sehe ich eben viele Fehlannahmen von Menschen. Dann spreche ich diese direkt aus und das ist natürlich unangenehm. Damit nehme ich Menschen ihre sorgfältig gepflegten Illusionen. Das tut ihnen weh und sie rasten aus, weil sie auf meinem Level nicht mithalten können in einer Diskussion. Wiederum eine schöne Bestätigung meiner eigenen Überlegenheit.
Ich habe auch diese Angewohnheit gerade dann dagegen zu argumentieren, wenn ich merke, dass ein Mensch eine Überzeugung hat. Dass er einen Wahrheitsanspruch hat. Ich habe schon gegen überhebliche Atheisten diskutiert. Und ihre Weltsicht solange angegriffen bis sie sehr wütend wurden. Und das obwohl ich selbst ein Atheist bin. Einfach, weil es mir Spaß macht die geliebten Überzeugungen von Menschen in den Dreck zu ziehen und kaputt zu machen. Außerdem gewinne ich gerne. Ich mag es das Ego meines Gegners zu zerstören, wenn ich etwa in einem Schachspiel von Anfang überlegen bin. Letztlich ist jede intellektuelle Konfrontation eine Art Schachspiel.
Es geht aber auch darum, wie unangenehme Meinungen von der Gesellschaft unterdrückt werden. Und unliebsame Menschen ins Abseits geschoben werden. Vielleicht gefällt mir deshalb die AFD so. Weil ich mich identifizieren kann mit dem Gefühl nicht willkommen zu sein aufgrund meiner ungewöhnlichen Ansichten. Sie sind im Moment der Underdog, der aber unweigerlich trotzdem aufsteigt. Das ist attraktiv. Ganz aktuell: http://www.wn.de/Muenster/2240188-Frauk ... taltung-ab

@Tourte: Sehr interessanter Artikel.
The world's smartest man poses no more of a threat to me than does its smartest termite.


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