Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon Lemur » 30. Juli 2015, 13:36

Vielleicht würde man die Geschlechter am ehesten dadurch gleichstellen, dass man sie amtlich einfach abschafft. Wozu muss in irgendwelchen Papieren wermerkt sein, was für Geschlechtsteile jemand hat? Auf der sprachlichen Ebene könnte man das feminine Geschlecht auf Personen bezogen durch das Maskulinum (das Geschlecht für das Allgemeine) ersetzen, und Vornamen könnten nach Belieben vergeben werden (wobei diese Umstellung wohl naturbedingt am längsten dauern würde).

Halte ich für sinnvoller, als irgendwelche Quotenregelungen, Genderisierungen von Sprache usw. Die Kategorie Geschlecht sollte nur noch in den wenigen Zusammenhängen eine Rolle spielen, wo sie von Belang ist (bei der Partnerwahl z.B.)

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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon cerebrum » 30. Juli 2015, 19:59

@Lemur: Das würde es aber unmöglich machen Menschen gezielt zu fördern auf ihr jeweiliges Geschlecht angepasst. Da weibliche und männliche Menschen im Durchschnitt extrem unterschiedlich sind, nicht nur von den körperlichen Merkmalen, sondern auch in anderen Veranlagungen wäre das bestimmt ein Nachteil! Ich finde die Untersuchungen von Simon Barron-Cohen dazu höchst interessant.
Zum Thema GleIchstellung will ich anmerken, dass ich dagegen bin. Ich bin für gleiche Grundvoraussetzungen für jeden und gegen Diskriminierung auf Basis des Geschlechts. Aber Gleichstellung wäre ja eine Mission Impossible. Frauen und Männer sind ja nicht gleich, sondern extrem unterschiedlich. So sehr, dass es sich um zwei verschiedene Spezies handeln könnte. Ich finde jeder Mensch muss die gleichen Möglichkeiten haben. Was er damit tut ist dann eine andere Frage. Gleiche Möglichkeiten für alle impliziert nicht automatisch das gleiche Ergebnis für alle. Umgekehrt kann man aus einem ungleichen Ergebnis nicht auf mangelnde Gleichheit in den Möglichkeiten für alle schließen. Denn das folgt nicht automatisch. So ist es z. B. bei den olympischen Spielen im Sprint praktisch immer der Fall, dass Männer afrikanischer Abstammung weit vorne sind vor ihren weißen Gegnern. Es hatten jedoch alle die gleichen, fairen Startmöglichkeiten. Nach der Logik der Genderistiker müsste man jetzt schließen, dass die weißen garantiert diskriminiert werden. Weiter müsste man sich Einschränkungen überlegen, z. B. schwarze weiter hinten starten lassen etc.. Ich glaube die Analogie kann jeder alleine fortführen..

@Headmatter: Ich finde geschichtliche Parallelen zu erkennen und darzulegen legitim, hingegen das Prinzip eine Ungerechtigkeit in der Vergangenheit mit einer neuen Ungerechtigkeit auszugleichen unethisch.
Man könnte etwa fordern, dass in Zukunft nur noch weibliche Soldaten gibt. Als Ausgleich für die Milliarden von Männern, die zur Landesverteidigung auf Zwang eingezogen wurden in der Vergangenheit und so ihr Leben lassen mussten. Wiederum eine Ungerechtigkeit der Vergangenheit ausgeglichen mit einer neuen Ungerechtigkeit. Das ist offenbar der falsche Weg Probleme zu lösen.
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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon Headmatter » 30. Juli 2015, 20:11

30. Jul 2015, 19:59 » cerebrum hat geschrieben:@Headmatter: Ich finde geschichtliche Parallelen zu erkennen und darzulegen legitim, hingegen das Prinzip eine Ungerechtigkeit in der Vergangenheit mit einer neuen Ungerechtigkeit auszugleichen unethisch.
Man könnte etwa fordern, dass in Zukunft nur noch weibliche Soldaten gibt. Als Ausgleich für die Milliarden von Männern, die zur Landesverteidigung auf Zwang eingezogen wurden in der Vergangenheit und so ihr Leben lassen mussten. Wiederum eine Ungerechtigkeit der Vergangenheit ausgeglichen mit einer neuen Ungerechtigkeit. Das ist offenbar der falsche Weg Probleme zu lösen.
Das klingt plausibel.

Ich hatte sdsdsdsv aber so verstanden, dass er die Gleichstellung der Frau als Fortschritt innerhalb der historischen Entwicklung begreift, nicht als Ausgleich wie Du es zu verstehen scheinst, also Gleichstellung der Frau = Unterdrückung des Mannes.
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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon cerebrum » 30. Juli 2015, 20:19

Ich hatte sdsdsdsv aber so verstanden, dass er die Gleichstellung der Frau als Fortschritt innerhalb der historischen Entwicklung begreift, nicht als Ausgleich wie Du es zu verstehen scheinst, also Gleichstellung der Frau = Unterdrückung des Mannes.


Dann haben wir es scheinbar beide falsch verstanden. Scheinbar gilt die Gleichung (eher eine Implikation) je nachdem wie man Gleichstellung versteht (etwa als zwanghaft herbeigeführte Gleichheit im Ergebnis, statt herbeigeführter Gleichheit in den Voraussetzungen). In meiner Analogie verstehe ich den Begriff ja auch so, also den schwarzen Sprintern Gewichte anhängen, ihnen notfalls auch ein Bein amputieren (so wie man es derzeit mit Männern macht im übertragenen Sinn, also ihre Karriere sabotiert, weil Frauen - so die Unterstellung der Erschaffer angesprochener Programme - nicht in der Lage sind unter fairen Voraussetzungen in Wettbewerb zu treten).
Ich hatte sdsdsdsv aber nochmal anders verstanden: Nicht der Fortschritt in den Rechten der Frauen (was ich begrüßensert und gut finde), sondern die derzeitige Diskriminierung von Männern bei Bewerbungen ist nichts weiter als ein legitimer Ausgleich für vergangene Ungerechtigkeiten. So hatte ich sds.. verstanden. Und damit habe ich ein Problem. Aber vielleicht habe ich es auch missverstanden?
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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon SunlessDawn » 31. Juli 2015, 23:32

@Cerebrum
Ich glaube, dass Hauptroblem an der ganzen Sache ist, dass du davon ausgehst, dass ohne Quoten ein faires System bestünde, indem niemand bevorzugt wird. Ich denke, dass es ein Irrglaube ist zu denken, dass es mehr Männer in gutbezahlten Positionen gibt, weil sie qualifizierter sind als Frauen. Sie sind dort, weil sie Männer sind und Frauen mit gleichen Qualifikationen wie ein Mann diese Stellen nicht bekommen würden.
Das System ohne Quote ist nicht fair und es wird nie Gleichheit zwischen den Geschlechtern herrschen. Ja, die Quote dreht dieses System zugunsten der Frau um. Vermeintlich. Die Realität sieht selbst mit Quote noch anders aus, wo sich eine Vielzahl von Firmen immernoch darum drücken können Frauen einzustellen. Und sicherlich nicht, weil sich keine qualifizierte Frau dort bewirbt, sondern weil die Firmen an diesen Positionen einfach keine Frauen haben möchten.

Man kann auf die Quote schimpfen, aber man sollte sich auch immer im klaren sein, dass ohne die Frauenquote eine Männerquote und keine "Der Bessere bekommt den Job"-Quote herrscht!

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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon MirrorMirror » 1. August 2015, 16:26

29. Jul 2015, 23:06 » cerebrum hat geschrieben:@Mirror: Ich widerspreche hier stark. Schonmal etwas vom Bildungsprekariat gehört? Ein Wissenschaftler arbeitet jahrelang in nur befristeten Stellen an Universitäten bis sie eine gewisse Zahl (und ja dazu gehört auch Qualität) an Publikationen haben und dann ein Habilitationsverfahren anstreben. Wenn dieser Wissenschaftler dann keine feste Professur bekommt ist er arbeitslos und hat nur geringe Chancen in der freien Wirtschaft, denn dort ist vorallem Berufserfahrung gefragt, welche ein Wissenschaftler Mitte 40, der nur an Unis als Postdoktorand /wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt war nicht vorzuweisen hat. D.h. es werden hier tatsächlich nicht nur Träume, sondern auch Existenzen zerstört durch solche unfairen Programme.


Nocheinmal. Wieviele männliche Mitarbeiter bleiben gegen männliche Mitbewerber auf der Strecke? Einer schaffts und zehn andere Männer nicht?
Für meine Begriffe geht es hier nicht um eine Bevorzugung oder Benachteiligung eines Geschlechts. Das System stinkt, da es offensichtlich zu wenige Festanstellungen gibt. Respektive, es ist eine "geschützte Werkstatt", aus der die Probanden nicht in der freien Wirtschaft punkten können. Trotzdem plagen sich die Damen und Herren bis Mitte 40 :rätseln: ohne festen Boden unter den Füßen? Wieso packt keiner mit Anfang 30 die Koffer und geht ins Ausland? Wieso lässt man sich vom System so verschaukeln? Das alles ist kein Problem der Quote. Es gibt auch studierte Frauen mit Familie, denen ausser Befristungen und permanenten Umzügen nichts bleibt.

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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon cerebrum » 1. August 2015, 17:41

Man kann auf die Quote schimpfen, aber man sollte sich auch immer im klaren sein, dass ohne die Frauenquote eine Männerquote und keine "Der Bessere bekommt den Job"-Quote herrscht!


Es herrscht keine Männerquote. Männer stehen (wie Mirror korrekt anführt) miteinander in hartem Wettbewerb. Ich habe schon etliche männliche Politiker gesehen, die Frauenpolitik machen, sowie Frauen, die Frauenpolitik machen, aber noch keinen einzigen Mann (und selbstverständlich keine Frau), der Männerpolitik macht.

Genau diese "Der Bessere bekommt den Job" Situation will ich! Das haben wir auch ohne durch etliche Gesetze und Initiativen herbeigeführte systemische Diskriminierung von Männern nicht. Auch ohne das gibt es den Weg über gute Beziehungen etc.., was nicht sein dürfte. Aber mit dieser Diskriminierung wird es auch nicht besser.

Auch korrekt ist, dass es viel zu wenige feste Stellen gibt. Gerade deshalb ist es umso härter, wenn ein hervorragender Wissenschaftler sich mühsam über Jahre eine Zahl an guten Arbeiten und Lehrerfahrung angehäuft hat um dann unfairerweise nicht eingestellt zu werden, weil er das falsche Geschlecht hat.
Und ich lasse dieses dämliche Argument Frauen wären ja ohnehin benachteiligt nicht gelten. Aus dem einfachen Grund, dass es _Gesetze_ gibt, die Männer absichtlich benachteiligen. Während es auf der anderen Seite hauptsächlich eine "gefühlte" Benachteiligung gibt. Oder aus der geringeren Zahl von Frauen in einem bestimmten Berufsfeld gleich auf diese Art diffuser (nicht nachweisbarer) Diskriminerung geschlossen wird. Ohne dabei andere Interessen / Vorzüge / familiäre Situation (z. B. Entscheidung für Kinder statt Karriere) / Veranlagungen zwischen Männern und Frauen zu berücksichtigen.

@Mirror: Ich habe bereits geschrieben, wenn Männer im fairen Wettbewerb unterliegen ist das völlig in Ordnung. Die Situation im Ausland ist nicht immer besser in dieser Hinsicht.. (wäre jetzt ein anderes Thema). Ich denke diese Wissenschaftler auf Zeit tun diesen Job und nehmen das Risiko der Arbeitslosigkeit in Kauf, weil es ihre Leidenschaft ist zu forschen.
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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon MirrorMirror » 1. August 2015, 17:54

1. Aug 2015, 17:41 » cerebrum hat geschrieben:
@Mirror: Ich habe bereits geschrieben, wenn Männer im fairen Wettbewerb unterliegen ist das völlig in Ordnung.


Wenn das in Arbeitslosigkeit endet? Ich glaube nicht, dass das dann für den Betroffenen ok ist. Gegen wen man verloren hat dürfte da nebensächlich sein.

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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon cerebrum » 1. August 2015, 18:15

Wenn das in Arbeitslosigkeit endet? Ich glaube nicht, dass das dann für den Betroffenen ok ist. Gegen wen man verloren hat dürfte da nebensächlich sein.


Nicht gegen wen man verloren hat. Darum geht es doch nicht. Man hat in dem Falle ja nicht verloren, sondern wurde diskriminiert. Das ist ein enormer Unterschied. Alles andere ist nebensächlich. Wenn ich in fairem Wettbewerb verliere ist das akzeptabel für mich. Siehe meinen Link und anschließende Diskussion (Stellen, die nur an Frauen vergeben werden). Generell vielleicht das nächste mal besser mitlesen!
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Re: Gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Teil I: Geschlechter

Beitragvon MirrorMirror » 1. August 2015, 19:00

1. Aug 2015, 18:15 » cerebrum hat geschrieben:Nicht gegen wen man verloren hat. Darum geht es doch nicht. Man hat in dem Falle ja nicht verloren, sondern wurde diskriminiert. Das ist ein enormer Unterschied. Alles andere ist nebensächlich. Wenn ich in fairem Wettbewerb verliere ist das akzeptabel für mich. Siehe meinen Link und anschließende Diskussion (Stellen, die nur an Frauen vergeben werden). Generell vielleicht das nächste mal besser mitlesen!


Diskriminierung kann nie ausgeschlossen werden. Ob jemand über innere oder äussere Beziehungen den Job gekriegt hat, wer weiss das? Sogar ein fairer Wettkampf, sollte es den überhaupt geben, macht einem eine Arbeitslosigkeit nicht leichter.
Wie schaut es denn prozentual mit der Verteilung männlich/weiblich auf einen Posten aus? Drei Frauen treten gegen wieviele Männer an? 60? 70? Und die drei Frauen sind automatisch alle wesentlich weniger qualifiziert als die Gegenseite? Wieviele Männer arbeiten prozentual in der Forschung zu Frauen? Wieviele hoch dotierte Posten bei Männern sind Gefälligkeiten? Es gibt unter Männern eine uralte Struktur der Seilschaft. Frauen sind überall nach wie vor eine Rarität. Grade deswegen geht ausschliesslich von ihnen eine massive Bedrohung für männliche Kollegen aus. Der Mann selber bremst seine Geschlechtsgenossen niemals aus, kann gar nicht sein.

Ich bin vor 10 Jahren aus Deutschland weg, ich wäre sonst in Hartz 4 gerutscht. Von qualifizierten Akademikern erwarte ich Eigeninitiative. Die haben weitreichende globale Möglichkeiten ihr Geld zuverlässig zu verdienen. Was ich komplett daneben finde, ist das Geheul wegen der bösen Frau. Wenn das System eine zufriedenstellende berufliche Zukunft nicht zulässt, dann geh ich eben. Das haben Hunderttausende an ganz normalen Berufstätigen aus Deutschland getan und sind überall am Geld verdienen.
Die Demütigung vom Amt abhängig zu sein und zum Bittsteller zu werden, dagegen hab ich mich massiv gewehrt und bin zum Teufel. Jammern hätte mir damals auch nicht geholfen.


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